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SECHSTES GEWANDHAUS-KONZERT DONNERSTAG, DEN 16. NOVEMBER 1916. Leitung: Professor Arthur Nikisch. ERSTER TEIL. Die Waldtaube (Op. 110). Symphonisches Gedicht nach der gleich namigen Ballade von K. Jaromir Erben für großes Orchester von Anton Dvorak. (Zum 1. Male.) I. Andante, Marcia funebre. Wehklagend folgt die junge Frau dem Sarge ihres verstorbenen Gatten. — II. Allegro — Andante. Ein fröhlicher, schmucker Bursche begegnet der schönen Witwe, tröstet und überredet sie, ihren Kummer zu vergessen und ihn zum Manne zu nehmen. — III. Molto vivace — Allegro grazioso. Sie erfüllt den Wunsch des Freiers; fröhliche Hochzeit. — IV. Andante. Aus den Zweigen der frisch grünenden Eiche, die das Grab ihres — durch sie vergifteten — ersten Gatten beschattet, ertönt das klagende Gurren der Waldtaube. Die wehklagenden Laute dringen zum Herzen des verbrecherischen Weibes, das, von Gewissensbissen gepeinigt, dem Wahnsinn verfällt und in den Wellen den Tod findet. — V. Andante — Piü lento. (Epilog.) Lieder für gemischten Chor von Anton Dvorak, gesungen vom Thomaner-Chor (unterstützt durch einige Freunde des Chores). 1. In der Natur: a) Es zog manch Lied. Es zog manch Lied ins Herz mir ein, von wannen weiß ich nicht zu sagen, Fragst du die taubeglänzte Flur, woher die Halme Perlen tragen? Rings schimmert reizvoll die Natur, rings duftet neu erblühtes Leben, Bald fühl ich Wonne, fühl ich Lust, bald Wehmut, mir die Brust erbeben. Der Tau erstand im Mondenschein, und aus dem Herzen quillt der Born der Lieder: Drin strömen Freud und Leid, und neuer Morgen kehret wieder. b) Im Haine hört das Abendläuten. Im Haine hört das Abendläuten, der Vöglein Sang schon leis’ verklingend, Des fernen Kuckuck neckend Rufen, die Nachtigall von Liebe singend. Der linde W’est durchrauscht die Zweige, betaut von feuchtem Perlenkranze, Rings prangt der Wald, vom Mondensilber umwebt mit tausendfachem Glanze. Bald träumen Halme, träumen Blumen, in Baumeswipfeln hangen Träume, Nur Rehlein wacht noch, daß im Taue es Bad und Nachttrunk nicht versäume. Dann schlummert’s auch, die Vöglein schlummern, Nachtigall läßt allein hören Ihr Liebeslied, das sanfte Flöten wird Schläfer nicht, noch Träumer wecken. Drauf schweigt auch sie. Nun ruhen alle, und Nacht bedeckt mit dunklem Schleier Den Hain, und drinnen jeglich Leben. Das ist des Waldes Abendfeier.