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Die Grsolgezunserer Artillerie. Senf. 27. November. In einem für die Gegner verlust reichen Gefechte behaupteten die Deutschen ihre östlich Der- dun errungenen Vorteile. Alle Anstrengungen der Berbün- deten, die deutsche Artillerie an der Fortsetzung des Bom bardements der Stadt Arras und der gegnerischen Stellun gen bei La Bassöe zu hindern, blieben erfolglos. Um da-» Dorf Mussy am Aisneflusse wird heute fortgekämpft. Ange legentlich befaßt die französische Militärpresse sich mit den geräuschlos die Flugbahn durchlaufenden Geschossen der neu artigen, in Flandern aufgestellten Geschütze. In Ermange lung technischer Einzelheiten behilft man sich mit einer Be kräftigung der Vorzüge der bewährten Systeme. Ein Ge neral äußerte: Für den Artilleristen existiere nur ein Ge- räuschlosigkeitsideal: die gegnerische Batterie zum Schwei gen zu bringen. Der raffinierteste Mechanismus könne die Geschicklichkeit des Artilleristen nicht ersetzen. Immerhin verdiene diese Neuheit ernste Beachtung. In Armenttsres während der Beschießung. Carlo Scarfoglio, der Kriegsberichterstatter dec „Stampa", hatte aus französischen Zeitungsnachrichten ent nommen, die Engländer hätten Lille den Deutschen wieder entrissen, und hatte sich daher von Calais aus dorthin aufge macht. Er kam jedoch, da die Nachricht falsch war, nur vir Armentiöres, und so hatte er Gelegenheit, sich dort die eng lische Besatzung und die Reste der Bevölkerung in der be schossenen Stadt gründlich anzusehen. Mit einem alten, klapperigen Wagen war er angekommen. Sofort fielen ihm die außerordentlich zahlreichen englischen Munitions-, Pro viant- und Rote Kreuz-Automobile auf, die dastanden wie eine Reihe Elefanten. Neben ihnen waren Gruppen eng lischer Soldaten mit ihren Motorrädern; dagegen sah Scar- soglio nur ein einziges Pferd, und dieses gehörte nicht zu dem kriegführenden Heere, sondern es war ein Luxuspferd, das durch einen Diener bewegt wurde. 32 Rote Kreuz-Auto- mobile, die zu einem Zuge vereinigt dastanden, betrachtete Scarfoglio näher. Sie sind kakifarbig angestrichen und sol len innen ganz vortrefflich eingerichtet sein. Wenn sie un terwegs sind, fahren zur Seite, wie bei den anderen Traus portwagen, Begleitmannschaften auf dem Motorrad. Ueber der Betrachtung des englischen Biwaks hatte Scarfoglio beinahe vergessen, daß er in einer beschossenen Stadt sei. Erst der Offizier, der ihn durch die Straßen begleitete, machte ihn darauf aufmerksam und riet ihm, sich an der Wand entlang zu drücken, um nicht durch niedersausende Granaten getrof fen zu werden. Diese Vorsicht erwies sich allerdings als unnötig, denn daß Granaten auf die Straße fielen, war eine Seltenheit, meistens trafen sie Mauern und zertrümmerten sie. Beim Gehen durch die Straßen fiel es Scarfoglio auf, daß er nicht einen einzigen Bewohner der Stadt erblickte, und sein Begleiter erklärte, sie seien in den Kellern. Nun machte er sich auf, sie zu suchen. Mehrmals rief er in die Häuser hinein, ohne eine Antwort zu bekommen; die einzi gen Geräusche, die er hörte, waren das Rattern der Automo bile und der Lärm der Geschütze. Keine menschliche Stimme erklang in der verlassenen Stadt. Es schien ihm, als sei Ar mentiöres vollständig den englischen Truppen übergeben. Schließlich fand er ein kleines Kaffeehaus, in dem Menschen zu sein schienen. Er stieg ein paar Stufen abwärts und be fand sich bei diesen neuen „Höhlenbewohnern", wie er sich ausdrückt. Wäre die Luft nicht so muffig und übelriechend gewesen, hätte es nicht nach ungewaschenen Menschen ge rochen, so meint er, so wäre der Raum vielleicht bewohnbar gewesen. Es war Stroh vorhanden, und eine Kerze brannte. Bei deren Licht sah er eine Frau, die ihr Kind nährte. Selt sam, so meint er hierzu, all den armen Kindern dieser Be völkerung fehlt die Milch, die wegen des nächtlichen Schrek- kens den Müttern weggeblieben ist, und nur diese robuste nordfranzösische Bäuerin scheint nicht davon betroffen zu sein . . . Zwei Männer saßen beim Kartenspiel. Zum Teufel mit diesen Dummköpfen; wenn sie Furcht haben, wo zu bleiben sie im Lande, und wenn sie keine Furcht haben, warum verkriechen sie sich in diese Gräber, die übrigens nicht die geringste Sicherheit bieten? Scarfoglio gesteht, er könne dieses Rätsel nicht lösen. Dennoch wiederholt sich bas gleiche Schauspiel in ganz Nordfrankreich, in allen Or ten, die bombardiert worden sind: die Bevölkerung hat Furcht vor der Flucht und fürchtet sich davor, im Freien zu bleiben. Ein verirrter Selbsterhaltungstrieb im Verein mit dem Sinn für ihr Eigentum führt zu diesem Höhlenleben und von den Kellern aus „bewachen" die bleibenden Leute ihr Haus gegen die Haubitzengeschosse! Sehr zahlreich sind die Reste der Bevölkerung von Armentiöres übrigens nicht, wie Scarfoglio hat feststellen können: die Stadt ist zum größ ten Teil geräumt, und binnen kurzem wird niemand mehc von der Bevölkerung drin sein. Die wenigen, die ausgehal ten haben, haben ein unnützes Opfer gebracht. . . . Scar- ioglio ging weiter nach der Feuerlinie zu, bis die Posten ihn nicht mehr durchliehen. Dann erblickte er zwei oder drei Kilometer vor sich die englische Artilleriestellung, die die Festungswerke von Lille beschoß. Deutlich konnte er das Feuer der Geschütze erkennen . . . Wie ein Maschinist vom „v 18" in den Tod ging, um seine Kameraden zu retten. lieber den Untergang des deutschen Unterseebootes 18" berichtet ein Mann der Besatzung des Torpedojägers „Garry", der die Verunglückten an Bord nahm, nach einer Meldung der „Franks. Ztg." aus Amsterdam folgendes: Eines der Patrouillenfahrzeuge, das aus dem Hafen heraus- iuhr, signalisierte plötzlich, daß es auf ein Unterseeboot ge itvßen sei. Unser Kommandant ließ sofort Dampf ansetzen. Wir konnten das Unterseeboot in der Richtung des Anker katze« fahren sehen. Wir verfolgten das Unterseeboot und gaben ihm die volle Breitseite. Plötzlich sahen wir da« Un terseeboot an die Oberfläche kommen. Al» die Bemannung nach oben kam, sank das Unterseeboot plötzlich und die Be satzung wurde auf da» Wasser geschleudert. Wir nahmen sie an Bord und erfuhren von den Geretteten, daß einer ihrer Kameraden im unteren Raume de» Unterseeboote» die Klappe geöffnet habe, um da» Boot dann zum Sinken zu bringen. So konnten wir uns de» Bootes nicht bemächti gen. Einer der Deutschen, der englisch spricht, hat erzählt, daß die Offiziere und die Besatzung des Unterseebootes aus gelost hätten, wer in den Unterraum gehen sollte, um das Boot zu vernichten, sobald die Sicherheit der anderen fest stand. Das Los sei dabei auf einen der Maschinisten gefal len. Dieser Held hat sich also geopfert, um das Schiff nicht Wie deutsche Truppen durch eine Kriegslist englische Regimenter zum Rückzug zwangen. Ueber die Kämpfe bei Bixschoote meldet ein Telegramm des Londoner „Standard": „Am 21. und 22. November er schienen eine große Menge deutscher Flugzeuge über unseren Stellungen, die jedoch keine Bomben abwarfen. Sie flogen so hoch, daß sich eine Beschießung unsererseits als unmöglich herausstellte. Die Tauben hatten offenbar nur den Auftrag, unsere Stellungen nach Möglichkeit auszukundschaften, um den Sturmangriff vorzubereiten. Trotzdem wir auf diese Weise gewarnt waren, gelang den Deutschen eine sehr merk würdige Kriegslist. Im Morgengrauen des nächsten Tages sahen die englischen Regimenter in Schützengraben hinter Bixschoote eine lange Reihe enorm großer feldgrauer Krie ger auf sie zustürzen, von denen trotz des furchtbaren Ge wehrfeuers kaum einer fiel. Erst als die Deutschen ganz . nahe an unsere Schützengräben herangekommen waren, ent deckten wir die Kriegslist, durch die unser Feuer viel zu hoch dirigiert worden war. Die Deutschen hatten an ihre Ge wehre kleine Tragbalken gebunden, über die sie ihre Mäntel gehängt hatten. Auf die Bajonettspitzen hatten sie ihre Hel me gesteckt. Im trüben Morgennebel erweckten die Figuren durchaus den Eindruck riesiger Gardemänner. Unsere Ku geln schlugen natürlich viel zu hoch ein und durchlöcherten nur den Mantel. Erst im letzten Augenblick warfen die Deut schen die Verkleidung von sich und es entspann sich ein Hand gemenge. Um unnützes Blutvergießen zu vermeiden, traten unsere Regimenter den Rückzug nach der zweiten Verteidi gungslinie an, so daß sie jetzt nur auf 400 Meter Entfernung den Deutschen gegenüberstehen. Winterkriegsbilder von der Bser. Der belgische Kriegsberichterstatter der „Tijd" schickt sei nem Blatte aus Dünkirchen einen Kriegsbericht, den man als „Winterkriegsbilder von der Mer" überschreiben könnte. „Es wintert stark an der Mer", so heißt es da etwa. „Eine Weile haben die Schneestürme angehalten, die auf beiden Seiten die kriegerischen Operationen behindern. Jetzt ist strenger Frost eingetreten, der Sumpfboden wird hart, und aus den aufgeweichten Bodenstellen wird eine glatte Masse, auf der die Menschen frieren, aus der Kanonen nicht bewegt werden können und wo Kavalleriebewegungen fast unmög lich sind. Der Winter hat aber auch eine ganz andere Ver änderung mit sich gebracht, über die man die trübe Wirk lichkeit vergessen könnte. Es ist dies die bildartige Winter- landfchast, der die farbige Tracht der Franzosen ein besonde res Gepräge verleiht. Auch das Feldgrau der Deutschen ver schwimmt nicht mehr mit der Landschaft zu etwas Einheit lichem, und schwarze Striche im Schnee verraten, wo die Laufgräben liegen, in denen Abteilungen des feindlichen Heeres stecken. Unser Heer hat gerade wie das deutsche ver sucht, die Laufgräben so zweckmäßig wie möglich auszugestal ten. Wo Zeit und Gelegenheit vorhanden war, haben die Verbündeten einige rückwärts gelegene Laufgräben zemen tiert, während die Deutschen vor ihren Schützengräben kleine Deiche aufgeworfen haben, die mit einer Holzbekleidung ver sehen sind, so daß sie den Soldaten ganz vorzügliche Deckung bieten. Durch Erde und Stroh waren die einzelnen Stel lungen versteckt, aber seit der Schnee die Landschaft weiß gefärbt hat, ist zu erkennen, wo Menschen im warmen, siche ren Schutz sitzen, und die Stellen werden der Artillerie ver raten." Der Belgier kommt dann auf die Geschütze zu spre chen; er meint, die der Verbündeten seien gegenwärtig — sein Brief ist vom 18. November datiert — überlegen und beherrschten das Gelände, weil wegen der Ueberschwem- mung die deutschen Geschütze zurück mußten. Die deutsche Infanterie und die Pioniere konnten jedoch noch arbeiten und von ihnen sagt er: „Es ist wahrhaft bewundernswert, mit welcher Todesverachtung und Ausdauer die feindlichen Pioniere in den letzten Tagen versucht haben, das Ueber- schwemmungsgebiet und die Mer selbst zu überbrücken. Mit ten im Kugelregen fuhren sie fort zu arbeiten, bis der Tod oder die Kälte ihre Finger erstarren ließ." In diesem belgi schen Kriegsbericht erfährt man auch von einer Kriegslist der Verbündeten, die von den Franzosen stammt: „Die Fran zosen haben eine eigentümliche Kriegslist, um den Feind über die Aufstellung ihrer Geschütze im unklaren zu lassen. Sie bedienen sich dabei gewisser Sprengstoffe, die starken Lärm erzeugen und einen leichten Rauch heroorbringen. Aus der Ferne wirkt es, als ob Geschütze abgefeuert würden. Der Feind kann nun nicht herausbekommen, wo die wirk lichen Geschütze stehen, und wo nur mit solchen „Scheinge- schützen" geschossen wird. Dies ist eine Kriegslist, die der Feind schon kennt; manck"nal schlägt sie fehl; manchmal aber wird sie doch noch mit angewandt." Der Belgier kommt schließlich auf die Verwüstungen, die der Krieg in der Mergegend angerichtet hat. „Ueberall hat der Geschützzwei kampf Dörfer und Städte schwer geschädigt. Seit ich bei der ersten Schlacht an der Mer einige Tage in Nieuport ver weilte und von da weiter ging, ist dieser uralte, ruhige Ort, wo das Gras zwischen den Steinen wächst und wo in jenen Tagen ein Leben herrschte, wie seit Jahrhunderten nicht, ganz ausgestorben und zum Teil zusammengeschossen. Trost ¬ los, trostlos ist da» Elend und der Jammer anzusehen. Ganze Häuserreihen liegen in Trümmern, herrlich« Giebel sind vernichtet, di« spätmittelalterliche, monumentale Kirche ist zertrümmert. . . Nieuport hat da» ganze Elend des Krie ges erduldet." Gin stilles Begräbnis. Es war am 27. September, al» mir vorübergehend die Geschäfte des in die Heimat zurückkehrenden Zahlmeister», für den Ersatz noch nicht eingetroffen war, übertragen wurden. Wenige Stunden erst waren seit der Uebernahme des neuen Amtes vergangen, als sich bei mir ein Krankenwärter, der bei Schwerverwundeten in einer Scheune Dienst hatte, meldete, und anzeigte, daß ein . . er, namens ge ¬ storben sei. Der Tote möchte schnell weggebracht werden, da sich ein daneben liegender schwerkranker Kamerad vor dem Leichnam entsetzte. Schleunigst nehme ich vier Leute, die sich mit Spaten versehen und eine Krankentrage mitnehmen, zusammen und begebe mich nach der Scheune. Ich finde noch den Arzt, der den Tod und die Todesursache festgestellt hat, anwesend und nehme den Befehl entgegen, wegen der Eigenart der Krankheit, der der Verstorbene zum Opfer gefallen ist, zur sofortigen Bestattung Sorge zu tragen. Zunächst wird die Persönlichkeit festgestellt. Wir sehen die Erkennungsmarke nach, die dem Toten zunächst noch belassen wird, leeren sämtliche Taschen, wobei der Inhalt genau geprüft und aus gezeichnet wird. Alles nehme ich an mich. Die Mannschaften heben die traurige Last auf die Trage. Ich erteile Befehl, den Leichnam nach dem Friedhof zu brin gen, und ein 11/2 Meter tiefes Grab zu schaufeln. Währenddessen begebe ich mich nach dem Kompagnie revier, und lasse ein schlichtes Holzkreuz zimmern. Nachdem dieses fertig gestellt ist, trete ich allein den Weg nach dem Friedhof an. — Wunderliche Gedanken waren es, die mich auf dem Wege dahin beschlichen. Besonders der eine, daß es mir in der Heimat wohl niemals eingefallen wäre, abends 9 Uhr im Dunkeln einen Friedhof aufzusuchen. Im Gegen teil, ein Gruseln würde wohl manchen überkommen, wenn es ihm zugemutet würde. Hier sprachen aber ganz andere Umstände mit. Vor allem rief die Pflicht. So war ich, mit meinen Gedanken be schäftigt, auf dem Friedhof angelangt. Die Mannschaften fand ich noch in voller Tätigkeit. Der Boden war nicht schwer auszuheben. Was aber die Tätig keit ungemein erschwerte, waren eine Menge starker Wur zeln eines in der Nähe stehenden großen Baumes, die sich quer durch das Grab zogen. Die Kameraden arbeiteten sich derart in den Schweiß, daß sie sich des Rockes entledigten. Doch endlich hatte das Grab die nötige Tiefe. Ich nehme als Letztes dem toten Kameraden die Erkennungs marke ab. Dann übergehen wir ihn dem Schoß der franzö sischen Erde. Wir entblößten das Haupt. Ich empfehle die Seele des Entschlafenen in Gottes gnädige Hände und bete ein Vaterunser. Wohl niemals werde ich dieses Begräbnis am 27. Sep tember abends 9 Uhr auf dem Friedhof zu St. Souplet bei magischem Mondlicht und sternenklarem Himmel vergessen. Erhebend, ergreifend und erschütternd! Und welch heiße Gebete mögen von den nicht ahnenden Angehörigen zu gleicher Zeit zu dem himmlischen Vater gestiegen sein. Sol datenlos! Wenige Minuten und das Grab ist zugeschaufelt. Mit einigen armseligen Blüten, die wir im Halbdunkel zusam mengetragen, schmücken wir das Grab und stecken am Kopf ende das Holzkreuz mit den Personalien des Gefallenen be schrieben in die Erde. — Mit dem Gesicht nach Osten, nach der Heimat blickend, haben wir den Entschlafenen gebettet. Schweigend treten wir den Heimweg an. Beeilen Sie sich für unsere braven Bischofswerdaer im Felde Aellmachtt-Liebergaben zu packen und dieselben umgehend den verschiedenen Liebes gabensammlungen zur Weitergabe zu übermitteln. Eile tut not! Heraus mit den «oldftiickeu! Ueberall in Stadt und Land sind noch Goldstücke zurückgehaltea. Helft alle, dies Gold zu sammeln! Klärt darüber auf, daß unser gutes deutsches Papiergeld denselben Wert und dieselbe Kaufkraft hat, wie das Gold. Ss ist eines Irden vaterländische Pflicht, durch Zu- führuug des Goldes zur Reichsbank uns« ganzes Geldwesen weiter sicherzustelle«. Dir verehrlichr» Abonnenten werden ge beten, bei unpünktlicher oder uurrgel- mäßiger Zustellung de» Blattes sich nicht an das Trägrrprrsoual, sondern zweck» F »Hilfe sofort an die Geschäftsstelle, ? Altmarkt Id, »» wende»! j