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doch »licht lange . alte Mann seinen Musketieren nach, die nun hinter dem Kom- pagnieches der Zweiten halb springend, halb rutschend in die Schlucht hinunterkollern. Noch ein stöhnendes „O Gott", dann sinkt sein Oberkörper langsam vornüber ... Johann Peter Brinkmann schaut sich nach seinem Bruder um — der ist nicht zu sehen. Vielleicht liegt er schon längst da hinten ir gendwo. Und auf ein mal sind gar keine Sie benundfünf ziger mehr da, nur lau ter Sechzeh ner ... doch nein, da ist ja noch der Lüttring haus. Ohne Helm springt er über den Bach im Grunde, und da sind ja auch ein Paar Kerls von der Ersten — der lange Hahn aus Kohlfurtund der Gefreite Hirth von «ne «uhmestat der Sachse«. (Mit Text.) Barmen, al les durcheinander. Aber der Hauptmann ist ganz, ganz vorn, klet tert schon durch Brombeergestrüpp und Ginsterbüsche den Nordab hang hinan. Ihm nach! Wir sind ja hier im toten Winkel, der Feind kann uns nicht fassen ... also hinauf — hinan! doch nicht lange ... denn drüben auf dem jenseitigen Hange liegt Keiner befiehlt — die Offiziere sind schon längst fast alle... der Feind, in drei Etagen übereinander aufgereiht, und schleudert aych würde m dem wahnsinnigen Getöse kein Befehl verstanden, dichte Garben von Geschossen hinüber ... Also in GotteS Namen Jeder ist sein eigener Führer. Gott allein weiß, wie's gelingen - .... konnte — woher der Körper die Kraft i genommen hat, auch diesen letzten Knud- ben noch zu nehmen. Doch es ist ge tan — wir sind am andern Rande der Schlucht! Wir erklettern den letzten Ter rainabsatz — und nun — Teufel, nein — das geht doch nicht — das ist doch kein Kampf mehr — das ist — Es rast daher wie der brüllende Föhn ... es tost und grollt wie der Donner des Jüngsten Gerichtes ... kein Hagel mehr — eine Woge, eine Sturmflut von Geschossen .. . Wo ist der Feind? ! Man sieht ihn nicht . . . man sieht nichts, nichts ms eine graue Wand, eine dicke Mauer von Rauch, in der es knistert und zuckt, knat tert und rasselt wie die beständigen Entladungen einer gigantischen Elektri siermaschine ... man möchte sich ganz klein machen, sich in die Erde verkrie chen vor diesem Schlossensturm, diesem- Glutorkan. Aber das hülfe ja nichts, helfen kann da nur eins: schießen — schießen! Gott, wie kann der schießen, der längst nicht mehr lebt?!, In weniger als einer Minute sind die paar Dutzend, die hinaufgekommen sind mit Haupt mann von Hohenhausen, zusammenge schmolzen wie Märzschnee im Föhnsturm. Nur der Hauptmann selber liegt noch ganz vorn, zusammengerollt wie ein Igel, hinter einer winzigen Erdwelle — hingeworfen hinter der Hecke, wo jeder eben steht, und feuern! Endlich feüern! Von selber gehen die Gewehre los, und ein Geknatter und Geprassel hebt an, als spie die Erde selber Ftammen und siedendes Blei ... . Aufrecht steht der Hauptmann von Hohenhausen zwischen seinen am Boden liegenden und kauernden Musketieren, das Monokel ins Auge geklemmt, keine Wimper zuckt in dem bronzenen Gesicht. Neben ihm plötzlich der Bataillonskom- ! mandeur: sein ausgestreckter Säbel weist in dis Schlucht. „Was sagen Sie, Hohenhausen?! Das hat der Teufel selber uns angerichtet!" „Glaub' ich auch, zu Befehl, Herr Oberstleutnant." „Kann nichts helfen — wir müssen hinüber! Wo ist die Fahne?" „Hier, Herr Oberstleutnant!" brüllt der Fahnenträger, Sergeant Draeger, der die ihm anvertraute Fahne bisher dicht hinter seinem Kommandeur herge tragen hat m starker Faust. „Geben Sie her! Vorwärts, Jun gens, hinunter ins Loch, und wenn da unten die Hölle selber " Er verstummt, greift sich nach der Brust — das kaum ergriffene Banner entsinkt seiner Hand — der alte Herr fällt in die Knie. „Nehmen Sie, Draeger ... vor wärts, Hohenhausen, vorwärts —I" , „ . „Zu Befehl, Herr Oberstleutnant!" «hrexgrab zweier vatzr. vffi,iere a« der lothr. «renze. Igel, hinter einer winzigen Erdwelle — Und Hohenhausen klettert über die M» Text., dem erschossenen Musketier Lüttrmg- Hecke. Mit brechendem Auge schaut der Haus hat er das Gewehr aus den inein ¬ andergekrampften Fingern gezerrt und die Patronentaschen vom Leibe losgeschnallt, — und wie beim Offizierschießen draußen auf dem Scheibenstand, so knallt er Schuß um Schuß mit hunde schnauzenkalter Gelassenheit in die graue Wand da vorn hinein ... Und rechts von chm liegt Brinkmann II und folgt dem Bei- » spiel seines Kompagnie chefs ... und links, ein paar Schrit te zur Seite, liegt auf ein mal wieder Brinkmann I, aber schie ßen kann er nicht mehr, denn er hat nicht eine einzige Pa trone mehr . ..errutscht auf dem Bauche nach links hin über, wo der Musketier Stockder liegt, dem eine Kugel den Kopf zerschmet tert hat, viel leicht hat der noch ein paar Knall schoten in sei ner Tasche. Nun tönen aus der grauen Wand da drüben Fetzen wild aufjubelnder Marschweisen ... nun schallt kurz und abgerissen ein hundertstimmiges: „Hurra ! Hurra! Hurra!" und graue Schat ten wirbeln durch den Rauch, die Umrisse feindlicher Offiziere,