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L: 2 »er Verteidiger von «iantschou, Gouver- «e»r Mfred Metzer-Wald«», der beim «ekanntwerden de» i-lpanischen Ultima, «um» an den Deutschen Kaiser telegraphierte: „Ein- stehe sür Pflichterfüllung hi» ans» liu-erste." Brigade Medell. Erzählung von W. B. «Nachdruck verboten.) ottverdeck! Wenn wir unsere Patronen aber auch heilt wieder kalt in de Tasche behalten —!" Der Musketier Heinrich Brinkmann I der zweiten Kompagnie knurrte es zwischen Zähnen und Pfeifen - 2 stumme! hindurch und puffte mit dem Ellbogen seinen Bruder Johann Peter Brinkmann II, der verbissen, grimm zerfressen neben ihm im Glieds fürbaß döste und nichts hörte, nichts fühlte als die stumme, verkniffene Wut, die hinter seiner Stirne tickte und pickte, den schmalen Brustkasten des Türkisch rotfärbergesellen aus Elberfeld härter zusammenschnürte denn die schwere starre Wurst des gerollten Mantels. Halunk, gott- verdeckter Halunk! So brummte und knurrte es drinnen im Hirn» in monotonem Takt. Wer war der Hallunk? Der war — der hagere Semmelblonde auf dem' starkknochigen Fuchs, sein Kom pagniechef, der Hauptmann v. Hohenhausen, — der ihn vor drei Tagen als Burschen hatte ablösen lassen, weil er — weil er -7 war das auszudenken? — weil er — gestohlen haben sollte — seinen Herrn bestohlen. Heinrich hatte sich's m den Kopf gesetzt, den Bruder auf andere Gedanken zu bringen, und fing immer wie der von vorne an: „Wat meinste, Jung? Ob wir en heut am Kopp kriegen — den Ba- zaine? Oder ob er uns durch die Lappen geht? Un wir müssen wieder tippeln und tippeln, wie all die Tage, dat die Fetzen von die Füße fallen?" Aber Johann Peter antwortete nicht. Zuweilen flog sein Blick zur Seite, wo der Hauptmann ritt, unruhig, bald halt machte, um die Kompagnie an sich vorbeimarschicren zu lassen, den Gesichtsausdruck seiner Leute . zu beobachten, die Ermüdeten, von Fußkrank heiten Zermürbten mit herbem Befehlswort aufzumuntern — bald wieder an die Spitze preschte, um mit dem Oberleutnant v. Wa rendorf, dem Führer der ersten, halblaute Vermutungen über das Schicksal der nächsten Stunden auszutauschen. Pah, der Haupt mann hatte schon längst vergessen, daß er vor wenig Tagen einen braven Jungen, der ihn seit einem halben Jahr betreut, unter schimpflichem Verdacht in die Kompagnie zurückgesteckt hatte. Ja, mein Gott, was hatte ein Kompagniechef im Kriege nicht alles zu bedenken! Und nun gar in der Stunde des Anmarsches auf das erste Schlachtfeld des Feldzuges? Soviel stand fest: vorgestern im Quartier in Dieulouard war ihm seine gol dene Uhr abhanden gekommen — und hatte sich im Tornister seines Burschen Brinkmann II wiedergefunden, sorgfältig zwi schen schmutzigen Fußlappen versteckt. O, Johann Peter Brinkmann wußte ganz genau, wie sie dahin gekommen war. Das hatte ihm der Kaminski eingebrockt, des Hauptmanns Pferdebursche. Wegbeißen hatte der ihn wollen, weü er ihm auf die Finger paßte, und nicht erlaubte, daß er von des Hauptmanns Zigarren mauste. — Aas, verfluchtes! Aber das beweisen, — beweisen können das! ' Nein, er war verloren, — verloren war er, — geschändet und gebrandmarkt. Zwar hatte der Hauptmann keinen Tat ¬ bericht gegen ihn eingereicht, weil er keine Lust hatte, die fatale Sache an die große Glocke zu hängen, und den guten Geist seiner Kompagnie bet den Vomesetzten in Mißkredit zu bringen. Was half das dem Johann Peter? Den durfte seitdem jeder einen Spitzbuben heißen, vor dem Man sich in acht nehmen müsse, — und man durfte dem frechen Spötter Noch nicht einmal die Zähne entzwei schlagen, — denn der's zuerst gesagt hatte, das war ja — der Hauptmann! Herrgottsdunnerkiel! „Pitter," sagte Brinkmann I, dem des Bruders stumpfes Brüten das Herz abdrücken wollte, „Helt et Kreut steif! Paß op — heut geht et in de Schlacht — da kannst du et ihnen weisen, wat en rechte bergischen Jungen is! Vor die ganze Front soll der Nullet bekennen: der Johann Pitter Brinkmann II, dat is den bravsten Kerl in de ganze Kompagnie! Un dat ich den für en Uhrendieb tituliert hab', dat war eine Gemeinheit von mich! UN dafür tu ich ihn schön um Verzeihung bitten! Un dann steckt he dich et Eiserne Kreuz an — un dann schreiben wir en Feld postkarte an den Vatter nach Elberfeld, — wohl, Pitter?" Tränen standen dem ehrlichen Burschen in den Augen, während die derben Finger der Rechten das Kolbenblech umklammerten, schlang er den linken Arm mit einer unge wohnten Zärtlichkeit um des Bruders Hals zwischen dem Nackenleder des Helms und dem toten verschwitzten Kragen lind zog den schmerzenden Köpf an seine Schulter, die auf blauem Achselstück in grobwollener Stickerei die rote 57 trug — die Nummer des jungen Regiments, das bei Königgrätz die ersten Ruhmeskränze erstritten hatte, in den kurzen, lorbeerschweren Erstlingstagen des neuen Feldzuges aber noch ganz leer ausgegangen war. Doch mit einer rauhen Bewegung schüttelte Johann Peter des Bruders unge wohnte Liebkosung ab. „Loht mcr, Hendrik!" knurrte er, „mich is verdeck alles egal!" Ein Blick aus des Musketiers bräunlich grünen Augen hatte zur hageren, trainierten Gestalt des Hauptmanns hinübergczielt — des Mannes aus altpreußischcm Adelsge- fchlecht, dessen ostelbisch herrische Formen so wenig Verständnis und Liebe im Herzen der freiheitgewohnten Rheinländer seiner Kom pagnie zu wecken verstanden, — ein Blick, der ihn wobl ein wenig beunruhigt haben .. würde, wenn er ihn bemerkt hätte, — aber seine Augen hingen just an der Karte, die er über Sattelknauf und Pferdehals gebreitet hatte, und versuchten die Namen der beiden Dörfer zu ermitteln, die eben vorwärts der marschierenden Kolonne der verstärkten 38. Brigade auftauchten, drunten im sumpfigen Wiesental, durch das ein schmales Flüßchen sich schlängelte, von der Karte als „R. d'Uron" bezeichnet. Das Kirchdorf zur Linken, das mußte Hannonville sein; die niedere Häusergruppe zur Rechten aber, die sich am Bergabhang hinzog, das nannte die Karte Suze- mont, — schon wälzte sich dort die Spitze hindurch, die Bataillone des Schwesterregiments Nr. 18, in ihrer Mitte die rasselnden Geschütze der zugeteilten Batterien, während die Gardekavallerie, zwei Eskadrons Zweite Gardedragoner, schon längst drüben jen seits eines kahlen Höhenrückens wieder m einer Geländefalte ver schwunden waren. „Vorwärts, Kerls!" schnarrte Herr von Hohenhausen immer