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äS. Do««erSt»s, 5. Vo-ember. LSI4. Kberlausther Uanöwirtschaftliches Wochenblatt. Erscheint jeden Donnerstag. — Bezugspreis vierteljährlich 50 Pfg.—Die Abonnenten des »Sächsischen Erzähler" erhalten das Blatt gratis. — Druck und Berlag von Friedrich May. Die Arbeiterverhültrrlffe in der Landwirtschaft im Kriege. Trotzdem seit dem Kriegsausbruch eine große Zahl von Landwirten und Landarbeitern zur Fahne geeilt ist, haben die landwirtschaftlichen Arbeiten keine Unterbrechung erfah ren. Die Getreideernte konnte unter der Gunst der Witte rung in wenigen Wochen zu Ende geführt werden; der Drusch des Getreides konnte vielfach sofort ausgeführt wer den; die Kartoffelernte ging, obgleich durch Regenwetter hin und wieder gestört, glatt von statten; zwischendurch wurde die Wntersaat überall in ausgedehntem Matze vor genommen. So hatte der Krieg, Gott sei Dank, bisher keine nachteiligen Folgen für das ländliche Wirtschaftsleben. Das ist um so erfreulicher, als die deutsche Landwirtschaft in die ser ernsten Zeit Volk und Heer fast ganz allein ernäh- rcn mutz. Die Aufgabe der Volks- und Heerernährung wurde der Landwirtschaft während des Krieges wesentlich erleichtert durch den Unistand, daß russische Arbeiter freiwillig und gezwungen ihren Arbeitsvertrag erfüllten. Ferner kamen der Landwirtschaft zahlreiche gelverbliche und industrielle Arbeiter zugute, welche die Arbeitslosigkeit in den Städten aufs Land führte. Zwar waren viele darunter, die zu kei ner landwirtschaftlichen Arbeit brauchbar waren, aber im allgemeinen konnten sie gut verwendet werden. Die Frage ist nun, ob auch in Zukunft sich die Arbeiter verhältnisse in der Landwirtschaft günstig gestalten werden. Denn die Hoffnung, daß der Krieg bald zu Ende, ist eitel. Deutschland wird noch lange kämpfen müssen uni die Palme des Friedens, und es wird noch Mann um Mann zu den Fahnen eilen, um die heimatliche Scholle gegen die Feinde zu schützen. Da wird die Arbeitskraft auf dem Lande immer geringer werden. Aber deshalb brauchen wir die Hoffnung auf einen gnten Fortgang der landwirtschaftlichen Arbeit nicht aufzugeben. Die russischen Arbeiter bleiben der Land wirtschaft während des Krieges erhalten, wenigstens zum großen Teil. Dazu kommen dann noch die Gefangenen, die im Notfälle auch zu landwirtschaftlichen Arbeiten verwendet werden können. Die Industriearbeiter, deren Erwerbs zweige durch den Krieg immerfort beeinträchtigt werden dürsten im nächsten Jahre in vielen landwirtschaftlichen Be trieben auch wieder willkommen sein. Alles in allem genommen, sehen wir, daß -ie deutsche Landwirtschaft während des Krieges unter -er Leutenot wenig oder gar nicht zu leiden haben dürste. Daher brau chen wir nicht um die Männer zu klagen, -ie zur Fahne eilen, um den Sieg zu erkämpfen. Und Deutschland muß siegen oder untergehen. ^du. Genossenschaften und landwirtschaftliche Vereine im Kriege. In der Zeit de Krieges haben Genossenschaften un landwirtschaftliche Vereine die Aufgabe, die einzelnen Land wirte über die schwere Zeit hinweg zu helfen. Die Beschaf fung von Zugtieren ist in erster Linie wichtig; denn der Krieg hat von den Landwirten gerade die besten Pferde ge fordert und wird voraussichtlich noch mchr fordern. Unter den heutigen Verhältnissen sind aber die Pferde die uneni- -ehrlichsten Zugtiere in der Landwirtschaft. Daher müssen die abgehenden immer wieder durch neue ersetzt werden. Aber woher sollen neue Pferde genommen werden. Nun, die Händler sorgen schon dafür, daß Pferde zu haben sind. Leider haben sich in vielen Gegenden die Landwirte nach der ersten und zweiten Pferdemusterung auch ganz auf di? Händler verlassen. Die Folge davon war, daß vielfach alte, abgetriebene, fehlerhafte und kranke Gäule übern Kopf be zahlt wurden. So haben nicht wenig Landwirte geradezu das Geld zum Fenster hinaüsgeworfen und dazu noch eine weitere Musterung außerordentlich erschwert. ES hat sich hierbei wieder einmal gezeigt, daß der einzelne Landwirt allein große wirtschaftliche Schwierigkeiten nicht zu über- winden vermag. Da ist der Zusammenschluß dringend ge boten. Dieser ist vorhanden in den landwirtschaftlichen Genossenschaften und Vereinen. Jede Genossenschaft und jeder Verein kann die Pferdebeschaffung übernehmen; eS ist nur nötig, besonders pferdekundige Mitglieder mit dem Einkauf zu betrauen. Dieser kann selbstverständlich nur von Fall zu Fall vorgenommen werden. .. ..