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fen! Jedes Schwanken, jedes Zögern wäre Verrat am Va terland! Um Sein oder Nichtsein unseres Reiches handelt es sich, das unsere Väter neu gründeten, um Sein oder Nichtsein deutscher Macht und deutschen Wesens. Wir werden uns wehren bis zum letzten Hauch von Mann und Rotz, und wir werden diesen Kampf bestehen auch gegen eine Welt von Feinden. Noch nie ivard Deutsch land überwunden, wenn es einig war. Vorwärts mit Gott, der mit uns sein wird, wie er mit unseren Vätern war! Berlin, 6. August 1914. Wilhelm. An die deutschen Frauen. ' Dem Rufe seines Kaisers folgend, rüstet sich unser Volk zu einem Kampfe ohnegleichen, den es nicht heraufbeschwo- rcu hat und den es nur zu seiner Verteidigung führt. Wer die Waffen zu tragen vermag, wird freudig zu den Fahnen eilen, um mit seinem Blut einzustehen für das Va terland. Der Kampf aber wird ein ungeheuerer, und die Wun den werden unzählig sein,-die zu schließen sind. Darum rufe ich euch, deutsche Frauen und Jungfrauen, und alle, denen es nicht vergönnt ist, für die geliebte Heimat zu kämpfen, zur . Hilfe aüf. Es trage jeder nach Kräften dazu bei, unseren Gatten, Söhnen und Brüdern den Kampf leich ter zu machen. Ich Weitz, datz in allen Kreisen unseres Vol kes ausnahmslos der Wille besteht, diese hohe Pflicht zu er füllen. Gott der Herr aber stärke uns zu dem heiligen Lie- beswerke, das auch uns Frauen beruft, unsere ganze Kraft dem Vatcrlande in seinem Entscheidungskampfe zu weihen. Wegen der Sammlung freiwilliger Hilfskräfte und Ga ben aller Art sind weitere Bekanntmachungen von denjeni gen Organisationen bereits ergangen, denen diese Aufgabe in erster Linie obliegt und deren Unterstützung vor allein vonnöten ist. Berlin, 6. August 1914. Auguste Viktoria. Serbien erklärt den Krieg au Deutschland. Auch mit Montenegro werden die diplomatischen Beziehungen abge brochen. Briey, nordwestlich von Metz, wird von deutschen Trup pen besetzt. Österreich-Ungarn erklärt durch seine« Botschafter in / Petersburg, Grafen Szapary, der russischen Regierung den Krieg. Dem russischen Botschafter in Wien, v. Schebeko. I»erden die Pässe zugestellt. Die montenegrinische Regierung erklärt an Österreich- Ungarn den Krieg. Deutsche Truppen besetzen, auch hier von der polnischen Bevölkerung jubelnd empfangen, Wielun, südlich von Kalisch. Bei Schwiddern und Grodken angreifcnde russische Ka valleriedivisionen werden durch den deutschen Grenzschutz nach Rußland znrückgeworfen. Im Vertrauen auf seine Verbündete« Frankreich u«d England erklärt Belgien dem Deutschen Reich den Krieg.. Eine unbedeutende Truppenabteilung unternimmt er folglos einen kühnen Handstreich auf die belgische Festung Lüttich. Einzelne Reiter dringen mitten in die Stadt ein und versuchen, sich des Kommandanten, General Löman, zu bemächtigen. Nur schleunige Flucht entzieht ihn der Gefan gennahme. „Goeben" und „Breslau", die am 5. August nach Be endigung ihrer Unternehmungen an der Küste von Algier den neutralen italienischen Hafen Messina angelaufen wa ren und dort von einem englischen Geschwader bewacht wer den, durchbrechen die Flottenkette und gewinnen die hohe See. Stach Heranziehung weiterer Truppen setzt der Sturm auf Lüttich ein. Prinz Wilhelm zur Lippe stirbt hierbei den Heldentod. 7. August. - Am 7. August, morgens 8 Uhr, wird die starke, modern ausgebaute Festung Lüttich von den deutsche« Truppe« nn Sturm genommen. Sechs schwache, noch nicht auf Kriegs- stärke gebrachte Brigaden im Verein mit etwas Kavallerie und Artillerie vollbringen diese glänzende Leistung, unter stützt durch einen „Zeppelin", der dreizehn Bomben irr die Festung wirft. General der Infanterie v. Emmich, der die Truppen im Sturm persönlich vorwärts führt, erhält den Orden Pour le msrite. — Ein Viertel der gesamten belgischen Streitmacht kämpfte gegen unsere Truppen, so datz die Festungsbesatzung an Zahl stärker war, als die stür mende Truppe — ein einzig dastehender Erfolg! Die bel gischen Verluste an Toten, Verwundeten und Gefangenen sind grotz. Die Nachricht von dem ersten großen bedeutenden Siege traf in Bischofswerda gegen 7 Uhr ^abends ein. Zu gleicher» Stunde fand hier der erste Kriegs-Butz- und Betgottesdienst statt. Die freudige Kunde wurde von Herrn Oberpfarrer Schulze von der Kanzel verkündet und machte auf die zahlreichen Beter tiefen Eindruck. Lüttich. . Die Erstürmung der starken Festung Lüttich, deren Aufbau als ein Meisterwerk des neuen Vauban, des groben modernen Festungserbauers Brialmont galt, hat weit hin aus über den strategischen Erfolg eine ungeheuere morali- sche und auch eine gewaltige politische Bedeutung. Mora lisch — weil hier, wo zum ersten Male in diesem Weltkriege große Truppenmassen aufeinander trafen, der Sieg den Deutschen blieb, weil wir die erste Schlacht des Feldzuges gewannen, und weil ein solcher Erfolg deutscher Waffen je den Zweifel töten, jedes Hoffen in festen Glauben, in frohe Zuversicht verwandeln muß. Wo ist denn auch, solange die Welt steht, solche Tat vollbracht worden. Monat für Monat lagen Engländer und Franzosen vor Sebastopol, bis sic end- lich in die Werke des Malakoff drangen — Lüttich aber ohne Belagerung, ohne Hunger, so ganz einfach im Vorbeigehen, in Sturm genommen, Herrgott, das ist so groß, daß gestern wohl ein Feuerstrom durch alle deutschen Herzen ging, daß überall der Geist Heinrich von Kleists erwachte: „Eine Lustjagd, wie tvenn Schützen Auf der Spur dem Wolfe sitzen! Schlagt sie tot! Das Weltgericht Fragt euch nach den Gründen nicht!" Welche Tapferkeit! Welcher Todesmut! Welche pracht volle Kerle, die da zuerst, zu zehn oder zwölf, oder zwanzig in die Stadt einreiten, um den Kommandanten zu fangen, der auch prompt wie Schafsleder ausreibt! Dieses Bild wird noch in tausend Jahren die Dichter begeistern, die Künstler entflammen. Reitergeist — des Kaisers ältester Sohn schrieb ihin vor Jahresfrist das begeisterte Lied. > Und dann die politische Wirkung: Man wird es jetzt draußen spüren, daß wir noch leben! In Frankreich, wo rnan über uns wegstllrmen zu können glaubte, und wo der >Ma- tin" und andere Blätter schon am Sonntag von einer schwe ren Niederlage der Deutschen durch die Russen bei Posen erzählten, in England, wo man uns schon am Boden zap-