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. Oberlsusther UsnSwirtschsWches Wochmblstt. Erscheint jeden Donnerstag.—Bezugspreis vierteljährlich 50 Pfg. —Die Abonnenten des .Sächsischen Erzähler" erhalten das Blatt gratis. — Druck und Verlag von Friedrich May. » Wie sollen wir unsere Kartoffelernte nutzen? Gegenüber manchen irrtümlichen Darstellungen sei ein mal festgestellt, daß unsere diesjährige Kartoffelernte nach eingehenden sorgfältigen Schätzungen rund 47 Millionen Tonnen betragen dürste, das ist etwas mehr als der Durch- schnitt der letzten 10 Jahre. Ein Mangel an dem Haupt nahrungsmittel unseres Volkes ist also nicht zu befürchten, wenn die gute und ausreichende Ernte richtig verwertet wird. Um die Frage nach der besten Verwertungsmethode drehen sich denn auch die tausend Erörterungen, denen man auf Schritt und Tritt begegnet, und die meistens die tat sächlichen Verhältnisse aus dem Auge verlieren. Für die Volksernährung kommt die Kartoffel hauptsäch lich in zweierlei Form in Betracht: 1. direkt, als Speisekar toffel, 2. indirekt, als Futtermittel. Die Verarbeitung zu Brotmehl ist noch zu gering, als daß sie ins Gewicht fiele. Die Kartoffelernte fand bisher etwa folgende Verwendung: ein Drittel diente als Speisekartoffel der menschlichen Er nährung; ein ztveites Drittel sand Verwendung zu Mast zwecken, und auf das letzte Drittel entfiel der Saatbedarf, der Bedarf der Gewerbe und der Abgang bei der Aufbewah» rung, der auf 10 v. H. der Ernte geschätzt werden muß. Ist nun diese bisher übliche Verwendungsart als richtig und -s zweckentsprechend anzusehen? Ein Blick auf die Entwicklung ? unserer Landwirtschaft und unserer Volksernährung genügt, i um diese Frage zu bejahen. Es ist klar, daß eine höhere In- nnspruchnahme der Kartoffel auf dem einen Gebiete sine 'M entsprechende Verminderung der zu anderen Zwecken ge- M brauchten Mengen zur Folge hat. Aber das nicht allein, auch andere sehr wesentliche Faktoren bleiben in den neuen Vorschlägen unberücksichtigt. Sehen wir uns die vorgeschln- - 'M genen Maßnahmen einmal näher an. Die wichtigste enthält die Forderung nach einer stär- ArA keren Heranziehung der Kartoffel zur menschlichen Ernäh- rung, sei cs, daß man einen größeren Kartoffelverbrauch k M auf Kosten des Fleischkonsums empfiehlt, oder daß man k' einer weitgehenden Verwendung der Kartoffel als Brotzu- M satz in Form frischer Kartoffeln, Kartoffel-(Stärke)-Mehl oder Kartoffel-(Flocken)-Walzmehl das Wort redet. Ohne Zweifel ist ein solcher Zusatz nicht nur unbedenklich, sondern er liefert sogar ein Brot von hervorragender Qualität, wie das unserer Landbevölkerung seit altersher bekannt ist. Aber 1. ist die Leistungsfähigkeit unserer Fabriken eine so be schränkte, daß sie nur wenige Prozente des Mehlbedarss durch die Kartoffel zu ersetzen imstande sind; 2. würde eine derartige Vertoendung den Bedarf für unsere Fleischerzen- gung wesentlich beschränken uüssen. An sich ist nun der Streit müssig, denn wir haben ge nug Brotgetreide im Lande, um vor Not gesichert zu sein. Es kommt lediglich darauf an, die Berfütteruug vo» Brot getreide zu unterbinde«. Ein Verbot allein wird nicht aus reichen, vielmehr dürste die Festsetzung von Höchstpreisen für Getreide, Mehl und Futterartikel aller Art, sowie die Be schlagnahme der Brotgetreidebestände durch den Staat drin gend geboten sein. Sofern die Verfütterung von Brotge treide aufhört, steht die genügende Menge Mehl zur Brot erzeugung annähernd zur Verfügung, nur für den Rest ist eine Verlängerung durch Kartoffelmehl notwendig. Daß aber bei der Verwendung der getrockneten Kartoffeln zur Brotbereitung nicht viel übrig bleiben kann, um fehlende eiweißhaltige Futtermittel durch Trockenkartoffeln zu er setzen, sei nebenbei bemerkt. Man darf sich daher nicht Illu sionen hingebcn. Unser Bestreben muß dahingehen, die bei der Aufbewahrung entstandenen Verluste — 10 v. H. — mindestens auf die Hälfte zu verringern. Das kann neben zweckmäßiger Konservierung dadurch geschehen, daß alles Minderwertige so schnell als möglich zu Futterzwecken ver wendet Nürd und damit Hilst, den notwendigen Fleischbe darf zu decken. Eine Verminderung unserer Fleischerzeu- gnng würde nicht nur eine schwere Gefahr für die Volker- nährung bedeuten, sondern unheilvolle Folgen auf anderen Gebieten auslösen. Sie würde eine Entwertung der Vieh zucht, des stärksten Faktors in der landwirtschaftlichen Pro duktion, bedeuten. Die Verminderung des animalischen Düngers — bei dem teilweisen Mangel der Kunstdünger heute doppelt bedenklich — würde eine Verringerung un serer Erträge für die nächsten Jahre herbeiführen. Eine