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Auerthal -Mmg. Lokalblatt für Aue, Auerhammer, Jette Klöfterlem, Rieder- u. Oberpsannenftiel, Lauter, Bockau, Bernsbach, Beyerfeld und die umliegenden Ortschaften. Erschein! «i««»»«, Sreita-S u Sonntag«. UdannenirntspreiS incl. der 3 weribvoUen Beilagen vierteljährlich mit Bringerlrlm 1 Mk. LV Pf. durch die ^-r'st 1 Pi. LS Pf. Wit 3 illu strikten Aeiölättern: Aeutsches Aamitienvlatt, Hute Heister, Zeitspieget. Berantwortlicher Redakteur: Emil Hegemeister in Aue (Erzgebirge). Redaktion u. Expedition: Au«, Marktstraß«. Inserat, die einspaltige EvrpuSzeile 10 Pf., die volle Seite 30, >/, S. 20, >/« St. 8 Mk. bei Wiederholungen hoher Rabatt. Alle Postanftallen und Landbriesträger nehmen Bestellungen an. 6. Jahrgang. No. 52. Mittwoch, den 3. Mai 1893. Bekanntmachung. In Gemäßheit der in § 46 des Einkommensteuergesetzes vom 2. Juli 1878 enthaltenen Bestiminungen werden alle Personen, welche am hiesigen Orte ihre Bei tragspflicht zu erfüllen haben, denen aber die erlassene Zufertigung nicht hat behält- digt werden können, hiermit aufgcfordcrt, wegen Mitthcilung des Einschätzungsergeb nisses sich bei der hiesigen Stadlsteuer-Einnahme zu melden. Dabei machen wir hiermit bekannt, daß der I. Termin Einkommensteuer am 30. dieses Monats fällig und die Beitreibung desselben nach Ablauf von 14 Tagen sofort erfolgen wird. Aue, am 25. Ap.il 1893. Der Hlcrtb der Stadt. vr. Kretzschmar. Krch. Bestellungen aus die WG^Auerthat'-Aeitung (No. 665 der Zeitungspreislist«) für Mai und Juni 18SS werdeu in der Expedition (Aue, Marklstraße), von den Aus trägern des Blattes, sowie den Lendbriesträgern jederzeit gern angenommen. Expedition der „Auertstat-Aettmrg," Von der Balkanhalbinsel. Ferdinand der Unbestätigte wird mit der jungen bulga rischen Landesmutter freudig erwartet. Bon West bi« Ost, in alle» Dörfern.rüstet man sich zum enlhtljiatjjchen Em pfange des HerrscherpaareS; in langen Karawanen ziehen die Bauern heran, den Schulzen und Popen an der Spitze, «in malerischer und origineller Anblick. Wunderlicher Gang des G.schicke«! Alexander hatte seine Bulgaren in raschem SiegeSlause von Triumph zu Triumph geführt. Europa ftierte den jungen Helden überschwenglich. Und die Bul garen? Sie trennten sich leichten Herzen« von ihm. Ferd' «and wurde von der Mehrzahl der europäischen Dip lomaten mit Murren, von den Bulgaren kühl abwartend, empsangen. Geraume Zeil erfuhr die weitere Orffentlichkeit nur wenig von dem Walten des neuen Fürsten, desto mehr von der unermüdlichen Miniecarbeit der russischen Agenten. Aber der Prinz behauptete sich auf dem schwanken Boden, und heute glaubt er und mit ihm sein getreuer Stamdulow an die Begründung einer Dynastie gehen zu dürfen. Zu dem Erfolg trugen hauptsächlich 2 Umstände bei. Die unterzeichneten Mächte des Berliner BertragS, entrüstet über die immer kühner und unverhüllter im Bal kan austretenden Machenschaften der russischen Politik, nahmen eine Haltung ein, welche es Rußland nicht rätlich erscheinen ließ, die äußersten Mittel gegen da« Fürstentum anzuwenden. Mit den Bulgaren wurde Ferdinand schon fertig. Die Zuversichtlichkeit feines Auftretens imponierte, die sichere, joviale Art des Verkehrs mit dem Volke fesselte, und was seine Person nicht vermochte, wirkte das Geld, das seine Mutter Klementine, eine überaus kluge Dame, reichlich bereit hielt. Es sind nicht immer groß« Thaten oder hervorragende Charaktereigenschaften, welche die Liebe eine« Volkes zum Herrscher gründen und festigen. Die Geschichte nennt manche« Beispiel, daß an sich unbedeutende Handlungen, ja, ost nur einige charakteristische Worte hoher Persönlichkeiten im Augenblick die Popularität ent flammten. Die Erzählung der Begebenheiten geht von Mund zu Munde, immer mehr auSgejchmückt von der Phantasir,. immer begeisterter ausgenommen. So giebt eS auch von der Leutseligkeit des Prinzen Ferdinant viele kleine Züge. In Phillppopel verging während der Aus stellung im letzten Herbfl kaum ein Tag, wo der Fürst nicht einige hundert Bauern bei sich sah und bewirtete. Zm Restaurant der Ausstellung speiste der Fürst, ringsum an langen Tafeln seine bulgarischen Bauern, so stolz, so glücklich und überrascht von dem entsalteten Luxus, daß sie kaum zu essen, noch weniger zu sprechen wagten. Sie dankten dem landesväterlichen Gastgeber durch Aufführilng ihrer Nationaltänze. Fürst Ferdinant scheint der rechte Herrscher sür das Land. Mit der Geduld des Deutschen vereinigt er das Feuer und die Leichtblütigkeit des Fran-, zosen, die eigenwillige Zähigkeit und den gesunden Wirk lichkeitssinn der Bulgaren. Mehr in kecker Abendteuerlust als in überzeugter Mission war er gekommen; aus dem Lebemann wurde er in ernster politischer Arbeit ein ziel bewußter Charakter. Es ist nicht zu bezweifeln, daß die Vermählung mit der jungen anmutigen Fürstin, vielleicht in ganz naher Zeit Königin — denn gerade jetzt ist der günstige Augenblick, den Enthusiasmus der Bevölkerung zu nützen — den Thron sestigt. Die Verschwägerung der Orleans uno Bourbonen bedeutet eine nicht gering zu veranschlagende Vergrößerung der Macht und de- politjchen Ansehens. Prinzessin Klementine zog dies sicherlich in Rechnung, als sie estrig diese Heirat betrieb. Politische Rachrichten. Drntjchlaud. Berlin, den 28. April. — Kaiser und Kaiserin weilen Montag in Spezzia, wohin sie am Sonntag abend von Neapel au» ausdra- chen. Noch heute abend erfolgte über Genua, Mailand, Como, BellinzvvLi ^en GvktharohpnArj, Meter, Hst Leise nach Luzern, wo die Begrüßung mit den Spitzen der Schweizer Eidgenossenschaft stattfindei. Nach zweistündi gem Aufenthalt wird über Basel die Weiterreise nach Karls ruhe fortgesetzt. Mit Rücksicht auf den Ernst der Lage soll der Besuch in Karlsruhe abgekürzt und die Rückreise nach Berlin beschleunigt werden. — Die Tageszeitung sprechen fast einstimmig die Ueber- zeugung aus, daß die Auflösung des Reichstages nunmehr zweiselloS erfolgen werde. Man sührt aus, daß, wenn innerhalb des Zentrums eine Mehrheit für HueneS Ver mittelungsvorschläge gefunden werden soll'e, doch noch im- , mer die Konservativen übrig bleiben, die für die Vorlage auf der Basis der zweijährigen Dienstzeit nicht zu gewin nen sein würden. Wenn man dazu hört, daß die zweite Beratung bis zur Rückkehr des Kaisers verschoben werden soll, so ist demgegenüber nach Meinung einiger Blätter zu bemerken, daß der Kaiser nach den getroffenen DiSpo- (Nachdruck verboten). Aeuilleton. Aus stürmischen Tagen. Roman von E. H. Siegsriedt. (Fortsetzung.) „Herr Rothenberg ist ein Freund unserer Familie, er wohnt in unserem Hause, und es ist deshalb erklärlich, daß wir Theilnahme sür ihn liegen. Ich war heute aus der Grube und habe mich nach ihm umgesehen, man sagte mir, daß er mit den Uebrigen verhaftet worden sei. „ES ist leider so." »Ich glaubte, daß auch Sie diesem Schicksale nicht ent gangen seien. Man nahm sogar die Möglichkeit an, daß ein« tödtlich« Kugel Sie getroffen habe. „Wie Sie sehen, hat man sich in dieser Annahme ge täuscht. „Aber da- Haus Ihres Vaters ist zerstört; ich stand an dem rauchenden Trümmern." Martha nickte nur schweigend mst dem Kopf. „Nicht wahr, Sie kommen, um Zcugniß dafür abzulegen daß Rothenberg sich nicht an dem Angriff« gegen die Sol daten betheiligt hat?" sagte Anna mit solch' innigem Tone daß Martha mit Interesse zu ihr ausblickte. „Sie können sicher bekunden, daß er dies nicht gethan hat, daß er über haupt keine Schuld trägt an dem Ausstand der Arbeiter?" „Gewiß kann ich da« bezeugen," entgegnete Martha, Und will r» auch, da er das Möglichste that, um die Empörer an Vewaltthitigkeiten zu hindern, und daß er st« in der That gehindert hat, meinen Vater zu tödten." Diese Mittheilung übten auf Anna offenbar eine be deutende Wirkung aus, ihre Gesichtszüge verriethen die Er regung, die sich ihrer bemächtigt hatte „Da« hat er gethan? Welche Dankbarkeit Sie sür ihn empfinden müssen? sagte sie leise. Noch einige Minuten stand st« vor der schönen Tochter des Direktors — stumm, unbeweglich. Dann verließ sie langsamen Schrittes, ohne Gruß das Zimmer. Sie ging nach dem elterlichen Hause. Das Gastzimmer war dicht gefüllt, die aufgeregten Bürger besprachen mit großer Lebhaftigkeit die Vorgänge der letzten Tage, Vater Gummlich hatte alle Hände voll zu thun, um die Gäste zu bedienen. Anna beachtete es nicht. Sie schrstt an der Gaststube vorüber und luchte ihr Zimmer auf, um in der Eins«mkeit zu weinen. Jetzt wußte sie, daß der Geliebte sür sie verloren war, daß eine Andere Rechte an ihn geltend macht«. * * Unt«n im Gastzimmer wurden unterdessen die Neuig keiten des Tage- besprochen, und in jedem Augenblick ka men neue Nachrichten. Man erzählte sich, daß Krunkel, der verhaßte Inspek tor der Wuth der Bergleute zum Opfer gefallen war — vergeblich hatte Rothenberg versucht ihn vor der vor Auf regung halb wahnsinnigen Menge zu schützen. WaS ihm indeß hier nicht gelungen war, hatte er an einer anderen Stelle erreicht — er war mit dem alten John zur rech ten Zeit gekommen, um den Direktor Brenneck den to benden Arbeitern zu entreißen. Brenneck befand sich in der Stadt, man zweifelte nicht daran, daß seine Schilde rung der Vorgänge es bewirken werde, daß Rothenberg auf freien Fuß gesetzt würde. Jetzt war e» ja Allen klar daß nicht rr die Schuld an dem Ausstand trug, daß dies«' 1 vielmehr allein dem Einflüsse KolbergS zuzuschreiben war. s Aber wo war der Aufwiegler geblieben ? Niemand wußte es. Im Kampfe halte man ihn nicht gesehen, aller Wahr scheinlichkeit nach hatte er sich sofort in Sicherheit ge bracht, als da«, wozu er angefeuert, zur Thatsache ge worden war. Mit Kelberg war die Streikkasse verschwun den, in welcher sich in den letzten Tagen ein bedeutender Betrag angesammelt hatte. Wir haben nur noch wenige Worte unserer Schilde rungen hinzuzufügen. Was man in Bezug auf Rothen berg erwartet hatte, traf ein — er wurde schon nach we nigen Tagen aus der Hast entlassen, worauf er sich nach der Hauptstadt wandte, wohin auch Direktor Brenneck mit seiner Familie übergesiedrlt war. Dort führte er da« stille zurückgezogene Leben eine« Mannes, der nur seinen Stu dien lebt. Nach einiger Zeit kam nach Stecklingen die Nachricht, daß Martha Brenncck sich mit Rothenberg ver lobt habe. Eine Fahrt zur Sonne. Wie lange würde «in« Fahrt mit d m Blitzzuze zur Sonn« dauern? Siner der sich gründlich mit dieser Frage beschäftigt, schildert di« Reis« in anschaulicher Weise. Am Neujahrstage geht e» lo«, die Luftgrenze der Erde ist bald erreicht, der Weltenraum in dem jeder Wechsel von Wärme und Kälte aushört, nimmt uns auf. Mutmaßlich ist. eS frisch wie an ein«m kalten Wintertage. Tag und Nacht bestehen nicht mehr, die Jahreszeiten hören auf, ewiger Sonnenschein umgieb» uns, und wir müssen schon einen eigenen Kalender erfin den, um nicht zu vergessen, wa» für ein Tag auf Erden ist. Der erste Tag geht hin, der zweite» eine ganze Woche, ja den ganzen Monat fahren wir mit gleicher Schnelle vor- wärt«. Der Mond erscheint uns zwar schon um ein gu te» Stück größer, ist aber noch lange nicht erreicht an de.