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AuMhal-Mmg. Lokalblatt für Aue, Auerhammer, Jelle-Ktöfterlrin, Rieder.«. Oberpsannenftiel, Lauter, Bockau, Bernsbach, Beyerfeld nnd die umliegenden Ortschaften. Erschein! Mittwoch-, Freitags u Sonntag«. AdonnementSpreiS incl. der 3 werchvollcn Beilagen vierleljLhrlich mit Bringerlehn 1 Mk. LU Pf. durch die Post 1 M. 2K Pf. Mit 3 issustrirten Aeiölättern: Deutsches Aamittenvlatt, Kute Krister, Aeitspiegel. Verantwortlicher Redakteur : «Mil Hegemeister in Aue (Erzgebirge). Redaktion u. Expedition: Ave, Marktstraße. Inserat« die einspaltige EorpuSzeile lv Pf«, die volle Seite 30, S. 20, >/, St. 8 Mk. bei Wiederholungen hoher Rabatt. Alle Pvslanstalien und ^andbriestriiger nehmen Bestellungen an. No. 46. Mittwoch, den 19. April 1893. 6. Jahrgang. Die orientalische Frage rollt sich auf. Kaiser Franz Zosef hat eine Handlung vollzogen, die in Petersburg wie eine Bombe einschlug. Er hat den bulgarischen Minister-Präsidenten Stambulow in Privat audienz empfangen. Daß Fürst Ferdinand, wie schon früher, so auch gestern in der Hosvurg begrüßt wurde, kann mit verwandtschaftlichen Rücksichten begründet «erden, und die russischen Kreise haben, nachdem sie die unange nehme Empfindung des ersten Empfanges verwunden, sich mit der Thatsache abgefunden. Etwa» andere« ist es mit Gtambulo«. Dieser Mann gilt al» der Vernichter de« russischen Einflusses in Bulgarien, al» der Schöpfer seiner gegenwärtigen Unabhängigkeit. Er wird nur als Bluthund, als Usurpator neben dem Fürsten Ferdinand von den russischen Blättern bezeichnet; gegen ihn richtet sich aller Haß der Petersburger amtlichen wie der panslavistischen Kreist; gegen ihn sind die Mordanschlägc gerichtet gewesen, die bisher nur durch die sorgsamste Wachsamkeit vereitelt wurden. Und dieser Minister einer amtlich nicht aner kannten R gierung wird von dem ösireichischen Kaiser em pfangen. — Stambulow sagte nach seiner Audienz: Es ist die künftige Königin von Bulgarien, die wir heimsühren. — Kaiser Franz Josef ist un« geneigt; aber warum sollte er es auch nicht sein? Vertreten wir doch die Zivilisation im Osten. Bulgariens ganzes Bestreben ist aus den Frie den und Fortschritt gerichtet, das muß doch allmählig ganz Europa rmsehen. Aus die Bemerkung, daß ja Oestreich mit »« Aneolennrmg Bulgarien» nicht «inen Lag zögern würde, wenn e« nicht fürchten müßte, Rußland dadurch zum Kriege zu treiben, bemerkte Stambulow: Ich bin nicht so sehr der Ansicht, daß Rußland gleich mit einem Krieg bei der Hand wäre, und was die Anerkennung be trifft, finden Sie, daß u»S so viel dazu fehlt? Wir haben die Empfindung, daß wir in allem Wichtigen vollkommen anerkannt werden uns um das Bischen Form ist es uns wahrlich nicht zu lbun. Wir sind zufrieden, daß wir als Bollwerk der Zivilisalion anerkannt werden. Wen.» Ruß land seinen Fuß nach Bulgarien s.tzt, wa« e« ja unauf hörlich anslredt, ist die Geographie von ganz Europa verschoben. Es yiebt dann kein Aushalten mehr, Ruß land geht nach Konstantinopel und die Mächte haben daS Nachsehen; die Barbarei reicht dann bi» an die untere Donau. Der Wiener Berichterstatter der „Times" übermittelt einen Bericht über eine Unterredung mit Stambulow der sagte: „Er fürchte vorläufig keinen Einmarsch Rußlands. Ein Angriff Rußland« sei nicht durch Rumänien oder die Dobrudscha, sondern vom Schwarzen Meere aus zu ge wärtigen. In diesem Falle würde England sofort ein schreiten. Wenn nicht, würde die Pforte für Bulgarien Partei ergreifen. Schlimmsten Falls würden die Bulgaren allein die Russen bekämpfen mit 200 000 Mann Truppen, die, gut bewaffnet und gut ausgerüstet, bereit seien, für das Vaterland zu sterben. Nicht« sei gefährlicher in der Politik al« Unwissenheit. Leiver sei Rußland über die Volk-stimmung in Bulgarien schlecht unterrichtet; der russischen Regierung sei von ihren Agenten gesagt worden, eine Abteilung Kosaken brauche nur in Burgas oder in Varna zu landen, um einen Ausstand zu Gunsten Ruß lands, die Absetzung des Fürsten und die Hinrichtung aller seiner Minister herbeizuführen. Dies sei ein grober Irr tum. Die Kosaken und deren Führer würden vom Volke gehängt werden, wenn sie es wagten den Fuß auf bul- garischen Boden zu setzen. Die Lage Bulgariens nach außen könne nur als befriedigend erachtet werden; die Lage der inneren Angelegenheiten sei niemal« günstiger gewesen al« gegenwärtig. Im Falle eine» europäischen Kriege« würde Bulgarien sich auf Seite seiner Freunde stellen. DaS Bündnis mit einem kleinen Staate, der 200 000 Mann Truppen bieten könne, sei nicht zu verachten. Politische Nachrichten. Deutschland. Berlin, den 17. April. — Die erste Niederlage, die Frankreich 1870 erlitt, war nicht die bei Weißenburg und Wörth. Frankreich hatte schon eine Schlacht damit verloren, daß cS sich in der Mobilmachung von Deutschland zuvorkommen ließ. Das deutsche Volk glaubte, daß alsbald Heere von Straßburg unv Metz aus hetvorbrechen und den Krieg nach Deutsch land tragen würden. Nur in der Reklameschlacht von Saarbrücken betraten jedoch französische Krieger deutschen Boden. Dann waren die Deutschen soweit, den Nachbar im eigenen Lande auszusuchen. Kommt eS zu einem neuen Kriege, dann wird Frankreich nicht wieder in diesen Fehler verfallen. Es hat von 1870 gelernt und ist leitdem in rastlosem Eijer und unter Aufwendung außerordentlicher Mittel bestrebt gewesen, gerade die Mobilmachungsvorbe- reitungen bis in die kleinste Einzelheit zu regeln. Alle deutschen Einrichtungen sind nachgeahmt, teilweise noch weiter ausgearbeitet worden. Die Grcnzregimenter stehen aus Kriegsfuß. Zahlreiche Bahnen sorgen balür, daß wenige Tage nach der Kriegserklärung der Feind über die Grenzen rücken wird. Ebenso rührig war der Nachbar im Osten, der im jämmerlichen Türkenkriege Lehrgeld bezahlt Hal. Das heilige Rußland hat zwar kein Geld für Schulen, e« weiß kein Mittel, die Verarmung seiner Adeligen und Bauern auf zuhalten, aber eS hat Millionen für Kriegszwecke. Während tznoe 1871 nur vier eingeleisige Bahnen nach der West grenze führen, stehen jetzt vier zwei- und iüns eingeleisige Linien (also daß Dreifache) zur Verfügung. Ohne Rück sicht aus die Koste» ist das Heer im Westen zusammen gedrängt worden. Während 1871 die Friedensstärke in den vier westlichen Grenzbezirten 154 Bataillone, 196 Schwadronen, 430 bespannte Geschütze betrug, ist sie jetzt aus 6S0 Bataillone, 400 Schwadronen, 1460 Geschütze gestiegen. Auch die Verquartierung im einzelnen hat sich in den letzten Zähren viel günstiger gestaltet. Früher waren die Truppen zum großen Teil >u kleinen Städten, Flecken und Dörfern des Grenzgebiets zerstreut, jetzt liegen sie in grögeren Verbänden in den bedeutenderen Städten ober in großen, neugebauten Kasernen vereinigt, Kavallerie geschwader und Grenzwachen sind eingcübt, die Mobilma chung zu verschleiern. Die Grenzwache ist allein über 32 000 Mann stark und aufs genaueste mit dem Gelänve bekannt. Sie vermag nicht nur die eigene Mobilmachung zu decken, sondern auch durch Verstöße die feindliche zu stören. Zum Schutz dienen auch noch eine ausgedehnte Reihe von Befestigungsanlagen, die sämtlich erst in den letzten 10 Jahren entstanden sind. Während es bis dahin im Grenzgebiet nur die veralteten Befestigungen von No- wogevrgiewSk, Warschau, Iwangorod, Brest-Litewsk gab, sind an diesen Punkten, sowie bei Kowno jetzt große moderne Lagerfestungen entstanden, zwischen deuen die Flußlinien durch weitere Beseitigungen bei Olita, Grodno, Ossewez, Lvmga, Ostrolenka, Reschau, PuluSk und Zgierz gesperrt sind. Eine Störung der russischen Mebilmachung dürfte unter (Nachdruck verboten). JeuMeton. Aus stürmischen Tagen. Roman von E. H. Siegfried:. (Fortsetzung.) „Aber könnte es sich bei diesen Zusammenkünften nicht um ein« harmlose Lirbesaffaire handeln?" wagte Herr Franke zu bemerken. „Eine LiebeSaffaire mag mit hineinspiel-n," entgegnete Krunkel, „aber darum handelt e« sich nicht. Ich habe, wie gesagt. Beweise in Händen, die klipp und klar dar- thun, daß e» sich um ernstere Dinge handelt, die bei den Zusammenkünften zur Sprache kommen. Und Fräulein Breneck handelt im Einverständnisse mit ihr« Vater." „Aber welches Interesse könnte Herr Brtnneck daran haben, die Bergleute zur Unzufriedenheit zu reizen?" „Ein sehr großes vielleicht," erwiderte Krunkel lächelnd. „Unsere Bergwerksaktien, sind in Folge der Vorgänge der letzten Zeit schon erheblich gesunken, und es ist sehr wohl denkbar, dasz einem gewissen Bank-Konsortium viel daran gelegen ist, die Kurse noch mehr hinabzudrücken. Was kommt e« solchen Leuten darauf an, eine anständige Summe sl'tgen zu lassen, wenn sie ihre «ohlbrrrchneten Pläne durchsetzen wollen. Herr Franke war nicht übermäßig scharfsinnig, aber er begriff sofort, daß die Enthüllungen, die er in die Oef- sentlichkeit tragen sollte, ungeheure» Aussehen erregen muß ten. Konnte er seine Behauptungen al« begründet dar« thun, so stand der „Courier" ja außerordentlich glanzvoll da, die Besitzer der Bergwerke hatten dann gewiß alle Ursache, dem Blatte und seinem Redakteur dankbar zu sein. Ließen ihn aber die Beweismittel im Stich, so befand er sich allerdings in einer sehr schlimmen Lage. „Ginge e« nicht an," fragte er nach einer Weile, „daß Sie die in Rede stehenden Thatsachen in Form einer Ein sendung unserem Blatte unterbreiteten? Sie begreifen, daß die große Verantwortung, die ich übernehme . . „Ich unterschätze diese Verantwortung keineswegs, mein lieber Herr Franke," entgegnete der Inspektor, „und ich würde sie Ihnen durchaus nicht zumuthen, wenn ich nicht in der Lage wäre, im geeigneten Moment als Z uge für Sie einzutreten. Eine Einsendung würde wenig Eindruck machen, Erfolg verspreche ich mir nur, wenn Sie mit dem ganzen Gewicht Ihrer persönlichen Stellung für da-, wa« Sie im „Courier" ver-ffentlichen eintreten." Herr Franke fühlte sich durch, dies« Bemerkung nicht wenig geschmeichelt. Di« Bedeutung de- „Courier" wurde also von berufener Seite rückhaltlos anerkannt, und er, Herr Franke, hatte dem Blatte diese Bedeutung verschafft. Da» hätte Herr Zapp, der Verleger hören müssen. „Wenn ich also auch die Verantwortlichkeit Ihrer Stel lung sehr wohl zu schätzen weiß," suhr der Inspektor fort, „so übersehe ich aber auch auf der anderen Seite nicht, welche Ehre, welchen Ruhm Sic erringen «erden durch die Tapjerkeit und Geschicklichkeit, mit welcher Sie eine unerhört« Verschwörung aufdecken. Zm ganzen Lande wird man Ihren Namen nennen, überall wird man da von sprechen, daß der „Courier", der Recklinghäuser Cou rier e« war, der dies« erstaunlichen Thatsachen an'- Licht gefördert hat." Herr Franke rückte unruhig auf seinem Stuhl umher. Die Versuchung «ar groß, übermächtig groß, aber noch schwankte er. „Auch der materielle Gewinn wird nicht ausbleiben," suhr Krunkel fort, „er wird so sicher «intreten, daß ich jederzeit bereit wäre, einen Vorschuß daraus zu leisten." „Zn der That?" fragte Herr Franke lebhaft; das Wort Vorschuß hatte für ihn einen zauberhafte» Klang. „Ganz gewiß," entgegnete der Inspektor, „und wenn e« hundert Mark wären." „Hm, ich möchte in der That die Probe darauf ma chen, ob ihre Worte ernst gemeint sind," sagte der Re dakteur lächelnd. „In der That, das möchte ich." Herr Krunkel zog ohne weiteres seine Brieftasche her vor, entnahm derselben einen Hundert-Markschein und legte ihn auf den Tisch. „Ach, Sic überzeugen mich in der That," rief Franke lachend. „Nun jetzt sollen Sie aber auch daran glauben. Ich nehme ihn, so wahr ich Franke heiß« . . . Wahr haftig, ich nehme ihn." Selbstverständlich! Sie würden mich kränken, wenn Sie e« nicht thäten." Herr Franke faltete die Banknote schnell zusammen und ließ sie in seine Westentasche verschwinden. „Nun die Thatsachen, die Thatsachen," sagte er eifrig. „Es würde der Sache vielleicht sehr dienlich sein, wenn Sie mir bei der Abfassung des Artikels zur Hand gingen. „Sehr gern." „So wollen wir also sofort beginnen. Ich bin bereit, xvm. Als Herr Krunkel eine Stunde später die Redaktion de« „Courier" verließ befand er sich in einer sehr ver- gnügtea Stimmung. Der Direktor Brenneck «ar ihm niemal- recht sympa thisch gewesen, von jeher hatte er die Ueberzeugung gehegt,