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Auerthal-Zeitung. Lokalblatt für Aue. Auerhammer. Zelle «löftrrlein, Rieder-«. Obrrpfannenstiel, Lauter, Bockau. Bern-bach, Beyerfeld und die umliegenden Ortschaften. Erscheint Mtttw-a», Freitag« u «-««tag». Mbonnementspret» tncl. der 3 werlbvollen Beilagen vierteljährlich mit Bringerlohn 1 Alk. LV Pf. durch di« Post 1 Al. 28 Pf. Mit 3 issustrirten AeiStättern: Deutsches JamiNenSlatt, Kute Krister, Aeitspieget. Berantwortlicher Redakteur: «Mil H«ge»ttst«r in «ue (Erzgebirge). Redaktion u. Erpedition: N«e, Marktstraß«. Inserat« die einspaltig« Eorpulzeil« 1V Pf«, die voll« Seit« 3V, '/, S. 20, >/« St.» Mk. bei Wiederholungen hoher Rabatt- Alle Postanstalten und Landbriesträger nehmen Bestellungen an. Freitag, dm 21. April 1893. 6. Jahrgang. No. 47. Zur Feier des Geburtstages Sr. Majestät des Königs in Verbindung mit der Weih« unserer neuen Schnlturuhalle haben wir beschlossen, Sonntag, den 23. April 1893 nachfolgende Festlichkeiten abzuhalten: »/«Li Uhr Vormittags Kestzug von der Filialschule auf der Reichsstraße nach der Turnhalle. 11 Uhr Kestactu« in derselben. S Uhr Nachmittags Schauturnen de- allgrm. Turnvereins in der Turnhalle. 8 Uhr Abends Festeommer» im Saale des Bürgergartrns (früher Bleyt's Saal). Wir laden zur regen vetheiligung an diesen Festlichkeiten hierdurch ergebrnst ein und bitten zugleich, die Häuser der Feier des Tages entsprechend zu schmücken. Nichttheilnehmer am Festzug kann der Zutritt zur Turnhalle erst nach Ein tritt de» Zuges gestattet werden. Aue, den 17. April 1893. Der WclLH der Stadt. vr. Kretzschmar. Kh. Politische Nachrichten. Deutschland. Berlin, den iS. April. — Im Reichstag wurde am Montag wieder die Be- schlußunsähigkett konstatiert. Es waren nur 151 Mitglieder anwesend. Und das angesichts der nahe devorstehenden Entscheidung über die Militärfrage! Der traurige An blick, den dieser Reichstag die ganze Session über geboten hat, würde seinen unübertresstichen Höhepunkt erreichen, wenn auch die Mititärreform vor Halbleeren Bänken zur Verhandlung käme. Die Beseitigung dieses Zustande-, der das Ansehen deS Reichstages aufs liesst« schädigt, ist eine Aufgabe, die -sich nicht länger abweisen läßt. Alle Er mahnungen und Hinweise aus die Unwürdigkeit diese« Zustandes haben sich wirkungslos gezeigt, das Ucbel wird immer schlimmer und hat in dem gegenwärtigen Reichstag eine Höhe, wie nie vorher erreicht. Die augenblickliche kritische Lage mag freilich ungeeignet jein, eine so tiefgrei fende Frage auszuwerfen. Wenn aber wieder beruhigtere Zetten zurückgekehrt sein werden, ist es eine unerläßliche Pflicht, in diesem Uebelstand Wandel zu schaffen. Da Diätenzahlungen sür den Reichstag, welche vielfach em pfohlen werden, in absehbarer Zeit schwerlich zu erreichen fein werden, muß man andere Maßnahmen inS Augc fassen. Zunächst wird man dabei sein Augenmerk aus eine Herabsetzung der BeschlußsähigkeitSzahl, wenigsten« bei nicht entscheidenden Abstimmungen, zu richten haben. Man sage nicht, dann würde der Besuch noch dürstiger «erden. Die gewissenhaslen Männer, die jetzt auSharren, würden unter allen Umständen, ihren parlamentarischen, Kindern rin Handwerk lernen zu lassen. Nach dem Ar- Pflichten genügen, und besser und würdiger ist rS jeden-1 falls, wenn eine kleine Anzahl von Mitglieoern ohne Störungen ohne fortwährende Drohung mit Auszählungen die Geschäfte erledigt. Der tiefere Grund der fortdauernden Beschlußunfähigkeil liegt allerdings in der gesunkenen Dis ziplin und Straffheit der Zucht im Reichstag. In früheren! Zähren wurden die Geschäfte sachlicher und rascher erledigt; die Sessionen dehnten sich nicht so ziel- und planlos lange Monate aus. Biel mehr als früher ist der Reichstag zu einem Tummelplatz sür die Förderung von Parteünterrff«» und für die nach außen gerichtete Agitation geworden. Das steht einer raschen zielvewußtep sachlichen Erledigung der Arbeiten im Wege, macht eine ununterbrochene Teil nahme an so vielen ausgedehnten und nutzlosen, ermüden den und verstimmenden DerhändlüNgen für zahlreiche Mitglieder unmöglich und untergräbt eine erfolgreiche Wirksamkeit und da« notwendige Ansehen des Reichstages. Wir halten es sür unabweisbar, auf Mittel zur Abwen dung diese« Uebelstandes, der immer mehr an dem Mark des Parlamentarismus nagt, ernstlich zu sinnen, sobald die äußeren Zeitumstind« r« gestatten. — Das von den Sozialdemokraten erzwungene Arbeiter- schutzgesetz trifft dir Arbeiter selbst am härtesten. Hier rin Beispiel! Fast alle größeren Zeitungen «erden nachts ge druckt und fast in allen Druckereien »erden zum Sammeln und Ordnen der ZeitungSexemplare Frauen verwendet, deren Arbeit in die Zeit von 10>/, bi» 3'/, Uhr nachts fällt. Der Tag ist frei. Die Arbeit selbst ist leicht und lohnend, sodaß die Arbeiterinnen imstande sind, nicht bloß sich, sondern auch ihre Familien zu erhalten uuv ihren beilerschutzgesetz dürfen aber Arbeiterinnen nacht- nicht mehr beschäftigt werden. Alle die Frauen verlieren damit ihre gutbezahlte, leichte Beschäftigung. Es bleibt ihnen nichts anderes übrig, sich al« Näherinnen oder Wäscherinnen tümmerlich durchzuschlagen oder sich von früh bis abends in die Fabrik zu stellen. Zn ihrer Not haben sich die Arbeiterinnen in einer Bittschrift an den Kaiser und jetzt noch in einer Petition an den Reichstag gesandt. Aehn- lich hart greifen die Bestimmungen über die Kinderarbeit ein. Es ist Kindern nicht gestattet, täglich ein paar Stunden leichte Fabrikarbeit in großen Hellen Räumen zu thun. Zn der Hausindustrie aber dürfen sie von früh bis in die Nacht hinein sitzen und spulen, anstreichen oder klöppeln. — Der Reichstag zählt gegenwärtig 394 Mitglieder, da 3 Sitze rrlerigt sind. Es gieltt 65 Konservative, 18 Freikonservative, 41 Nationalliverale, 17 Polen, 108 Ultramontane, 67 Freisinnige, 10 Bolksparteiler, 36 So zialdemokraten und 32 Wilde. Man erwartet, daß bei der Abstimmung über die Militürvorlage stimmen werden: dafür 6b Konservative 18 Fr-ikons. 41 Nationalliberale 17 Polen 10 Freisinnige 15 Wilde dagegen 83 Ultramontane 57 Freisinnige 17 «il»e 10 VolkSparteiler 3« Sozialdemokraten 191 203 Die Mehrheit liegt also selbst nach der Abkommandierung noch auf Seite der Gegner. Da aber ca. 70 Mitglieder (Nachdruck verboten). Aeuill'eton. Aus stürmischen Tagen. Roman von E. H. Sirgfriedt. (Fortsetzung.) XIX. Die Erwartung des Herrn Franke, daß sein Artikel be deutendes Aussehen erregen werde, erwies sich als voll kommen berechtigt — das Publikum von Neckllngrn war über die ihm gemachten „Enthüllungen" geradezu ver blüfft, und wie jede Verleumdung willige Gläubige findet, so «ar r« auch hier der Fall: di« Zahl derjenigen, die an ded Begründung der erhobencn Anschuldigungen nicht glauben wollte, war sehr gering im Vergleich zu der gro ßen Menge der Ekandalsüchtigen, die mit innerem Beha gen den weiteren Angriffen auf den Direktor Brenneck «ntgeaensah. Seltsam war der Eindiuck, den die „Enthüllung" auf die Bergarbeiter machte. Der Direktor Brenneck war bei seinen Arbeitern keineswegs beliebt, indessen bracht« «an ihm quch keinen Haß entgegen, wie r« dem Inspektor Krunkel gegenüber der Fall war. Brenneck kam mit den Bergleuten wenig in Berührung, die Erbitterung der Berg leute richtete sich in erster Linie gegen de« Inspektor, der eine gewisse Befriedigung darin zu finden schien» dem Ar« beiter in grober, abstoßender weis« zu begegnen. Obwohl di« Bergleute am wenigsten Grund gehabt hät« ten, all die Beschuldigung zu glauben, daß der Direktor Brenneck e» gewesen, der ihnen den Gedanken Angegeben, einen höheren Lohn zu fordern, so fand sich aber auch unter ihnen eine nicht geringe Zahl, welche den Behaup tungen de« „Courier" die willigst« Beachtung schenkte. Von dem Treiben der Börse verstanden st« nicht», aber gerade deshalb erschienen ihnen die Gründe, die der „Cou rier" für da« behauptete eigenthümliche Verhalten de« Herrn Brenneck angegeben, sehr plausibel. Daß Rothen berg öfter mit Fräulein Martha Brenneck verkehrte, und daß diese selbst den Bestrebungen der Arbeiter nicht un sympathisch gegenüberst^nd, wußten sie sehr wohl, und da sie bis dahin vergeblich nach einer Erklärung des wohl wollenden Verhalten» der jungen Dame gesucht hatten, so entsprach die vom „Courier" gegebene ihrer mißtrau ischen Auffassung vollkommen. Dieser Theil »er Arbeiter schaft konnte sich nicht leicht zu dem Glauben an eine wohlwollende Gesinnung derjenigen anschließen, die durch ihre gesellschaftliche Stellung durch eine «rite Kluft von ihnen getrennt waren. Unter diesem Gesichtspunkte fand denn auch die Haltung Rothenberg» eine andere, miß trauischere veurtheilung. Mochte da«, wa« er sür sie »er langte» auch in ihrem Znteresse liegen, so konnten seine Motiv» doch ganz andere sein» al« Lheilnahme sür ihre Lage. Zu der Zahl dieser Brurtheiler gehörten freilich fast nur die Anh-ngrr Kolberg«, die aber mit jedem Tage größer wurde. Kolberg selbst hütete sich sehr wohl, dies« Auffas sung seiner Getreuen zu berichtigen, er beantwortete ihre Fragen allrrding« in au«weichrnd«r Weise, aber au« sei nen Mienen mußten sie lesen, daß er west davon ent fernt sei» den Auistassungen de« „Courier" zu mißtrauen. Vie Entgegnung, dir Rothenberg auf den Artikel de« „Courter" in seinem Blatte brachte, vermocht« da« Miß trauen der Leut« nicht zu besiegen. Er bezeichnete di« „Enthüllungen" al« albern« Erfindungen; aber gerade der Umstand, daß er sich in diesem Falle zum VerthetU- ger de« angegriffenen Direktor« aufwarf, verstärkte den Verdacht, daß er ein Werkzeug desselben sei. Der Direk tor selbst wußte ihm sür seine Bertheidigung wenig Dank, er wie» dieselbe in ziemlich schroffer Weise zurück und be gnügte sich mit der Erklärung, daß er «ine Klage gegen den Redakteur des „Courier" eingereicht habe. Martha Brenneck erfuhr erst durch ihren Vater, in wel cher Weise mau sich öffentlich mit ihr beschäftigte. Er ließ sie in seine Stube kommen und legte ihr den roth angeslricheaen Artikel des „Courier" vor. „Hier lies, und dann gieb mir Auskunft, wa« da« zu bedeuten hat," sagte er. DaS Erstaunen, da- sich beim Dvrchlesen de- Artikels in ihrem Antlitz malte, war zu natürlich, al« daß er «» nicht für ein aufrichtige- hätte halten sollen. "Nun, waS hast Du mir zu sagen? fragt« er. „Zch nehme an, daß man hier aus Deine Person hinzirlt, denn daß man Deine Schwester gemeint haben könne, daran ist nicht zu denken. „Gewiß nicht," entgegnete Martha, und unwillkürlich mischte sich dem Tone ihrer Stimme ein leiser Anflug »on Spott bei; „Ada ist sicher über den verdacht erhaben, mit den Bergarbeitern zu paktiren." „Du scheinst also diesen Verdacht nicht so ohne Weite re» von Dir abzuweisen?" fragte ihr Vater scharf. „Zch will keine-weg« bestreiten, daß ich mich für da« Schicksal der Leute interesstre und daß ihr« Lage mir Theilnahm« einpößt," entgegnet« Martha, „aber es dürste wohl kaum nothwendig sein, mich auf di« thirichtrn An griffe, die in diesem Blatte enthalten sind, zu vertheidigen. Zch glaub«, »aß ich e« eben so wenig nöthig habe, wie Du e« für erforderlich halten wirst, ein« Erklärung auf solch« Anschuldigung«»» abzugrbrn."