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AuMhal -Mw«-. Lokalblatt für Aue, Auerhammer, Zelle «lSfterlein, Nieder-« Oberpfannenftiel, Lauter, Bockau, Bernsbach, Beyerfeld nnd die umliegenden Ortschaften. Erschein» «ittwoch«, Areitag« u. «onnta«». AdonnemcntSprei« incl. der 3 werlhvollen Beilagen vierteljiihrlich mit Bringerlohn 1 Vlk. LV Pf. durch die Post 1 ». LS Pf. Wit 3 issustrirteu Aeiötättern: Deutsches Aamittenölatt, Kute Krister, Aeitspieget. Derantwortllcher Redakteur: Gmtl Hegemeiftee in Lu« (Erzgebirge). Redaktion u. Erpedition: Rx, Marktstraße. Inserate di« einspaltige Serpuezeile 1V Pf., di« volle Seit« 30, -/» S. A>, '/« Ei. ii «k. b«i Mederbolungen h»h«r Rabatt. All« Poftanftalttn und Landdri«str!igtr n«hm«n B«sttllung«n an. No. 45. Sonntag, den 16. April 1893. 6. Jahrgang. Bekanntmachung. Es wird hiermit zur öffentlichen Kenntniß gebracht, daß ^nächsten Sonntag, den 1«. April d. I. die Schießübung«« der hiesigen Schützengilde aus dem Schieß. Hause beginnen. Die ausgesteckten WarnungSfignale find daher zu beachten und den Wachen ist unverzüglich Gehorsam zu leisten. Aue, den 13. April 18S3. Der HlcrLH der Stadt. 0r. Kretz sch mar. Bestellungen auf die WG^Auertycrt'-Aeitung 'MU (No. 6S5 der ZeilungSpreilliste) für daS 2 Quartal 1SSS «erden in der Expedition (Aue, Marktstraße), von den Aus trägern des Blattes, sowie den Lendbriesträgern jederzeit gern angenommen. Krpedition der „ Auerthal-Aeitung," öÜMLll Politische Nachrichten. Deutschlnnd. Berlin, den 14. April. — Die in BuenoS-Ayres erscheinende „La Plata Ztg." tritt sehr entschieden sür die Errichtung «iner deutschen KriegSschiffstalion an der Ostküstc Südamerika» ein. Nach, dem da» Blatt daraus hingewiesen hat, daß in Brasilien gegen SO 000, am La Plata gegen 30000 Deutsche leben, daß der Handel Deutschlands in Argentinien den zweiten Rang einnimmt, und in Brasilien wahrscheinlich ebenlaüs, daß der Dampferverkehr der großen deutschen Gesellschaften dem italienischen immer näher rückt, und daß die deutsche Auswanderung nach Brasilien, Argentinien und Uruguay im Zunehmen begriffen ist, fährt eS fort: „Dieser Teil Südamerika» beherberg«, außer den Ver- ripigten Staaten von Amerika, die grögten geschlossenen deutschen Kolonien, und für deren Znteressen, die zugleich die Interessen des Mutterlandes find, sollte man kein Kriegsschiff zur Verfügung haben? Wir leben hier im Lande der Revolution und da fühlen wir um so mehr den Mangel an Schutz, den uns ein Kriegsschiff dringen würde. Hätte man gewagt, den deutschen Patrioten Hinsel in Porto Alegro amtlich Meuchelmorden zu lassen, würde vielleicht die brasilianische Schandpolizei wagen, Deutsche bei ihren Festen in ihrem eigenen Verein-Hause zu überfallen und ohne Unterschied des Alters und Geschlecht- blutig zu miß handeln, wie die- in San Paulo und jüngstens wieder in Curithyba geschehen ist, wenn hin und wieder ein deutsche- Kriegsschiff seine Kanonen in den brasilianischen Häsen zeigen würde? Gewiß nicht. Italien hat fünf Kriegsschiffe zum Schutze seiner Staatsangehörigen in südamerikanischen Gewässern, Deutschland nicht einmal ein Kanonenboot. S. M. S. „Marie" geht nun an die Westküste nach Chile, wo eS durch einige Monate statio niert bleibt. Man srägt sich erstaunt: warum? Sind doch in Chile unsere deutschen Landsleute durch den Um stand, daß rin angesehener und einflußreicher Deutscher der Reformator der Armee ist, indirekt ohnedies so gut beschützt, daß sie der Anwesenheit eines Kriegsschiffe» glücklicherweise nicht bedürfen. Wenn man ferner bedenkt, daß die Er haltung eines Kriegsschiffe- hier sehr billig ist, daß dir Häsen sehr sicher sind und daß Bedenken wegen der Seuchen in Brasilien nicht vorliegen, da während der heißen Jahres zeit das StationSschiff ja im La Plata liegen könnte, so erscheint die Bitte, die deutsche Marineverwaltung möge ein Kriegsschiff in Südamerika stationieren, gewiß nicht un- bescheiven." Leider ist kaum AuSsichl auk die Erfüllung diese» Wun sche-, nachdem jetzt sogar da« Kreuzelgrschwader, das be rufen war, die deutsche Flagge in fremden Meeren zu zeigen, ausgelöst worben ist. — Die italienische Reise de- deutschen KaiserpaareS erhält eine interessante Zugabe dadurch, daß auf dem Heimwege eine offizielle Begrüßung der kaiserlichen Maje stäten durch den Präsidenten «er Schweizer Eidgenossen schaft erfolgen wird. Wenn die Schweiz auch in erster Linie damit einen Trumpf gegen Frankreich auSspielen will, so beweist sie doch auch, daß die Erinnerung an die Zeiten verfchwunden ist, in denen Herbert Bismarck di« Schweiz als „ein wilde- Land' bezeichnete und Polizeikommiffar Wohlgemut- da» eidgenoffenschastliche GesänguiSwefen am eigenen Leide erproben konnte. Wesentlich gefördert wurden die sreundnachbarlichen Beziehungen zwischen beiden Staaten durch den 1892 erfolgten Abschluß de« neuen Handels- Vertrages, der uns allerdings keine neuen erheblichen Zu geständnisse gebracht, aber uns auch davor bewahrt hat, ein Absatzgebiet zu verlieren, welches jährlich sür mehrere hundert Millionen Mark deutscher Waren in sich aufnimmt. Daß von der Schweiz nicht mehr zu erlangen war, al« erlangt worden ist, zeigt der inzwischen zwischen der Eid genossenschaft und Frankreich ausgrbrochene Zollkrieg, wel cher der französischen Industrie recht schweren Nachtheil gebracht hat. Dieser Zollkrieg und mehrere andere politische Zwischenfälle, welche die Franzosen gerade nicht von der höflichsten Seite zeigten, Haden tn der Schweiz und unter den sonst recht verträglichen Schweizern^eine sehr lebhafte Abneigung gegen die benachbarte Republik hervorgerufen, und dem deutschen Reiche Sympathien und Warenaufträge auch aus den französisch sprechenden Kantonen der Schweiz zugewendet. Es ist vvrauszusehen, baß die Reise de» deut schen Kaiserpaares diese Sympathien verstärke» wird. — Abermals wurde 5 Generälen, darunter v. Schkopp, Kommandant von Köln, und v. Albetyll, Kommandeur der 4. Div.sion, der Abschied bewilligt. — Die „Köln. Ztg." betont in einem offiziösen Artikel, daß an ein Rachgeben der Regierung in der Militärfrage nicht zu denken ser: „Caprivi hat, ehe er die Militärvorlage einbrachte, seinen äußersten Einfluß aufgeboten, die Forderungen der mili tärischen Autoritäten aus da« knappste Maß herunterzu setzen; noch im letzten Augenblick ist es ihm gelungen, die Streichung von noch etwa 10 Millionen Mk. ZahreS- (Nachdruck verboten). Jeuill'eton. Aus stürmischen Tagen. Roman von E. H. Siegfriedt. (Fortsetzung.) „Von Z«it zu Zeit liest er wohl dann auch in der Zei tung etwas von Mord und Todftchlag, Ausruhr, Streike» «. in den Bergwerks-Distrikten, von wilden Horden von Ztaiienrrn, Ungarn, Polen rc. die nicht zur Ruhe zu bring«» find und er stellt sich als gesetzliebender Bürger sofort auf die Seite der Arbeitgeber, welchen nicht ver dacht «erden kann, wenn sie diesen wilden Horden gegen- üb» «nergisch verfahren, denn eS ist ja selbstverständlich, daß in dem gesegneten Amerika und unter der freundli chen Fürsorge eines enormen Schutzzolles diese Arbeiter -bet nicht zu schwerer Arbeit ein auskömmliches Einkommen -haben müssen. Und damit legt er sich beruhigt zu Bett «der Verzehrt den Rest seines Frühstück«. „Denn," so sagt er sich noch zu guter Letzt, „wenn die Löhne auch Nein klingen, «a« brauchen denn die Leute viel?" Doch ganz andere Gedanken bekommt man, wenn man sich da« Bild nicht blos vom Wagenfenster, sondern in der Rihe betrachtet, wenn man aussteigt und einmal die Verhältnisse studirt, wie sie sind, nicht wie fle .au« der Fern« scheinen. Zwei Tage lang bin ich in der Nähe »on Wilkesbarre von Schacht zu Schacht gewandert, und wenn diese Zeit auch nicht genügt, um sich durchaus rich tig« Pigriff« von een Verhältnissen zu machen, so hat sie doch den letzten Rest alter Bergmannspoesie zerstört, und die schwarzen Lhürme, welche mir srüher als Wahrzeichen geschäftigen, nutzbringenden Schaffen- die Fundgruben der Schätze der Erde, die glückbringend, überall hin verrheilt werden, erschienen, starren mir jetzt al« Denkmale der Verworfenheit, »es Elendes, der blinden Habsucht und de« Betruges entgegen. „Der französische Schriftsteller Zola hat, um reichen Stoff sür seine lebenswahren Schilderungen zu finden, ei nen seiner Romane in ein französisches BrrgwerkSdorf ge legt, er hätte die Szene ebenso gut in ein« pensylvauifche „Mining-Tvwn" (Bergwerlstadt) legen können; denn die Zustände sind hier nicht um ein Haar besser, als er sie schildert, vielleicht mit der Ausnahme, daß die Frauenar. beit nicht tn so ausgedehntem Maße zur Verwendung kommt. — Bände sind über da« Elend in Jrrland ge- schrieben worben, über den reichen „Landlord", der da« Geld, welche« er dem verhungernden Pächter abgezwackt hak, verpraßt, ohne einen Augenblick daran zu denken, durch welche Methoden sein« Agenten da« Geld erlangt haben, und wie Hunderte darben müssen, um einen Ueber- fluß zu produziren; aber der pensylvanische Kohlenbaron unterscheidet sich nicht im Geringsten von dem irischen Landbaron, nur vielleicht darin, daß der Landbaron mensch licher ist." Kolberg ging dann zu einer Schilderung der Bergarbei ter-Verhältnisse in anderen Staaten über, und auch hier hielt er sich im Wesentlichen an Bericht«, die im Drück vorlagen. Sein Bestreben, ruhig und leidenschaftslos zu sprechen, was unverkennbar, desto eindringlicher aber wirk» ten seine Worte aus seine leicht empfänglich« Zuhörer schaft. Er kam zu dem Schluß, daß die Bergleute übe rall unter demselben Druck« lebten und daß überall da« Sehnen nach Erlösung gleich groß sei. Plötzlich brach er seinen Vortrag ab, trotzdem man erwartete, daß er nun weitere Schlußfolgerungen au« den vorgetragenen That- fachen ziehen rv-rde. Mehrere Minuten verharrten die Anwesenden in er wartungsvollem Schweigen, dann aber, au« Kolberg mit einem der Zunächsljitzenden ein Gespräch begann, ging es wie ein dumpfes Grollen durch den dichtgefüllten Raum. Die Bilder, die ter Redner den Zuhörern vorgeführt, hat ten einen mächtigen Eindruck hinterlassen, die Erbitterung, die schon vorher die Gemüthcr erfaßt, war bis zum Aeußer- sten gestiegen. Aus den Gesprächen, die in seiner näch sten Umgebung gesührt wurden, hörte Kolberg, daß der Rest der Hoffnung, die auf einen gütlichen Ausgleich mit den Herren der Gruben gerichtet war, jeden Boden ver loren hatte. Er wußte, daß e« jetzt nur einer leisen An regung bedurfte, um die Leute zu den verwegensten Tha- ten zu bestimmen. Sollte er dies« Anregung geben, die Flamm« der Em pörung hell auflodern lassen? Noch war er nicht fest entschlossen dazu — die Zahl derjenigen, di« seinen berechnenden Einflüsterungen gefolgt waren, erschien ihm noch nicht groß genug, und «ine Er hebung, die ein«» großen Theil der Gruben-Belegschaft ge gen sich gehabt hätte, wäre einen kläglichen Mißerfolg sei ner Mission gleichgekommen. Einen Mißerfolg seiner „Mission" — den mußte er unter allen Umständen vermeiden. Wa« lag ihm daran, was au» den Bergleuten und ihren Angehörigen würde, wa- kümmerte ihn da- Glück und Wohlergehen der Ein zelnen, wenn nur der „Zbee" gedient wurde, für die er eintrat. Kolberg sah seine Zeit noch nicht gekommen. Er deu tete durch ein« Handbewegung an, daß er zu sprechen wünsche, und iw Augenblick trat lautlose Ruh« «in.