Volltext Seite (XML)
AuerUM -Mang. «okalblatt kür Aue, Anrrhammer, Zelle Klöfterlein, Rieder, u. Oberpsannenftiel, Lauter, Bockau, Bernsbach, Beyerfeld und die umliegenden Ortschaften. Nr scheint Mtttwoch», Freitag» n Sonntag». AbonnementSprei» incl. der 3 werthvollen Beil-!,en vierleljLhrlich mit Bringerlohn 1 Mk. 2V Pf. durch die Post 1 M. 25 Pf. Mit 3 issustrirten Aeivtättern: Deutsches Aamilienvlatt, Hute Heister, Jettspieget. Verantwortlicher Redakteur: «Mil Hegemeister in Aue (Erzgebirge). Redaktion u. Erpedition: An«, Marktstraße. Inserate die einspaltige Corpu-zeile 1V Pf., die voll« Seite 30, >/, S. 20, >/« St. i Mk- bei Wiederholungen hoher Rabatt. AU« Postanstalten und Landbriestriiger nehmen Bestellungen an. No. 44. Gestellungen aus die WM^Auertycrl'-IeiLung "WK (No. 665 der Zeitung-Preisliste) für bas 2 Quartal 1SSS werden in der Expedition (Aue, Marktstraße), von den Aus trägern des Blattes, sowie den Landbriesträgern jederzeit gern angenommen. Hrpeditio» der „ AuertHal-Zeitung," Luail Ltegvmvintvr. Politische Nachrichten. Deutschland. Berlin, den 13. April. — Um ein paar Schattierungen sreuudlicher ist seit einiger Zett das Verhältnis zwischen Beilin und Petersburg geworden. Es giebt dafür eine ganze Reihe von Anzeichen. Die Nachwirkung des Besuchs des ThronsvtgerS >n Berlin hält mit einer bemerkenswerten Stetigkeit an. Diejenigen hervorragenden Personen >n der Umgebung des Zaren, die ein gewisses Gegengewicht gegen die Annährung an Frankreich gebildet haben, finden sich seitdem in ihrer Tbätigkeit erleichtert, und zuverlässige Berichte stellen fest, daß der Zar mit größerer Freundlichkeit als vormals nach Berlin blickt. Der Anteil der Pariser Skandale an diesem zunächst rein persönlichen Umschwung in den Gesinnungen des russischen Herrschers wird von den hochgestellten Beo bachtern als nahezu entscheidend bezeichnet. Doch hat dec frischere Lustzng, der zwischen Berlin und Petersburg weht, bis jetzt nicht die Verhandlungen vorwärts zu bringen vermocht, die über den Handelsvertrag geführt werden. Zn den nächsten Tagen soll endlich die Antwort kommen, welche die russische Regierung auf die Vorschläge Deutsch lands zu erteilen gedenkt. Seitdem die deutsche Note in Petersburg eingetroffen ist, sind schon etwa vier Wochen vergangen, als eigentlich hinreichend Zelt, nm eine Ant wort zu finden. Aber Rußland zögert, weil es uns glauben machen will, daß ihm der Handelsvertrag sehr gleichgiltig sei. ES ist ja ein längst verbrauchter Kniff, sich kaufSun- Freitag, den 14. April 1893. lustig zu stellen, um den Preis herabzudrücken. Nur muß er in dem Falle scheitern, wenn der Verkäufer den Kniff so klar durchichaut, wie Deutschland die russischen Ver hältnisse. Rußland hat mit gerade entgegengesetzten Fak toren zu rechne«, als Deutschland. In Deutschland leisten die Landwirthe dem Vertrage Wicerstand; in Rußland verwünschen dagegen die Fabrikanten die drohende Zoll- berabsetzung, während die Bauern den Vertrag brauchen, wie die Lebenslust, wenn sie nicht zu «runde gehen sollen. Deutschland ist oer beste Abnehmer de» UebelflusseS an russischen Korn, denn die anderen Nachbarn, der Orient uud Oestreich, erbauen selbst mehr als sie brauchen. Ruß land muß sein Korn an uns verlauten können. Die Petersburger Regierung mag sich au» GeschäflSrücksichten r och so kühl stellen. Innerlich zittert doch die Angst vor einem Mißglücken des Geschäftes. Diese Angst führt auch den russischen Zeitungsschreibern die Feder, wenn sie den Deutschen mit einem russisch französischen Handelsverträge »rohen. Ein solcher könnte uns sehr gleichgiltig jein. Räumt nämlich Frankreich den Russen handelspolitische Wehllhaten ein, so werben wir auf Grund des Frankfurter Friedens-Vertrages daran ohne weiteres reilnehmen. Ob aber ein russisch-sranzösifcher Handelsvertrag dem Zarenreiche nur halbsoviel als ein Vertrag mit Deutschland nützen würbe, das darf man bezweifeln. — Die n itionalliberale Wählerschaft ist mit dem Feilschen der Führer nicht einverstanden. In Alchcrslcben und noch anderen Orten sprachen sich nationalliberale VotkS- versammlungen lüc die unveränderte Annahme der Mili tärvorlage aus. Die Regierung läßt inzwischen abermals durch die «N. A. Zlg." Bennigsens Vorschlag als unan nehmbar bezeichnen, da er nicht weniger als 720 000 Mann der allgemeine., Wehrpflicht dauernd entziehen würde. — Der aus Halle flüchtig gewordene Bankier Lindner wurde bei seinem in der N.che von Delitzsch wohnenden Schwager ermittelt und festgenvmmen. Von den Depots ist fast nichts mehr vorhanden; setbst in den letzten Tagen vor dem Zusammenbruche hat Lindner noch Gelder und Papiere angenommen. Ein Kunde übergab ihm kurz vorher u. a. sür 7000 Mk. Papiere zum Verkauf. Lindner hat diese sofort in seinem Nutzen verwendet. Selbst nahe 6. Jahrgang. Verwandte und langjährige Freunde sind von ihm in ! empfindlichster Weise benachtheiligl worben. Auch sein alter Kontordiener verliert sein ihm anvertraute» kleines Vermögeii von 7500 Mk. Beteiligt bei dem ausgcbrochenen Bankerott sind die Mitteldeutsche Kreditbank in Berlin, sowie ein Halle'scheS und ein Lupziger Bankinstitut. Die Schulden betragen eineinhalb bis 2 Mill. Mk. — Das «Billig und schlecht" gilt im deutschen Volke noch immer. Der Besitzer eines der größten Berliner Bazar- hatte noch vor etwa 5 Jahren nur einen kleinen Laden inne. DaS Geschält ging schlecht und da der Be sitzer nicht die Mittel besaß, nm die Miete zu bezahlen, traf er bereit» Vorkehrungen, um die Konkurseröffnung herbeizuführen. Er musterte seine Warenvorräte und fand darunter einen größeren Posten Handschuhe, die bereit» lange lagerten und von Motten stark zerfressen waren. Die ziemlich wertlose Ware beschloß ec schleunigst zu ver kaufen und legte die Paare, die in gutem Zustande einen Wert von 1 Mark haben mochten, in langen Reihen in seinem Schausenster auf; die stark zerfressenen bot er sür IO Psg., die weniger beschädigten für 15 u»c 20 Psg. aus. In wenigen Lagen waren 'ämiliche Handschuhe ansverkanft, und Mit der Einnahme hals sich der Verkäufer über den Konkurs hinweg. Zugleich aber war ihm das Verständnis für du Einträglichkeit des Verkaufs verdorbener und beschädigter Waren aufgegangen. Heute bezieht er befchäoigte und minberwerle Waren auch ans Frankreich und Italien. Vor kurzem kamen große Kisten nut Glas waren aus Frankreich an. Die eine wurde beim Ablaben stark gestaucht und der Inhalt vielfach zerbrochen. Einige Verkäuferinnen mußten die Sachen kitten nnd nach we nigen Tagen waren sie verkauft. Ein Glashändler meinte: „Daß ein Geschäftsmann Scherben verlaust statt reeller Ware, ist kaum zu glauben, daß aber die Käufer sich nach solchen Scherben drängen, das glaubt niemand, der es nicht gesehen hat." — Der neuernannte Kommissar Schmidt hat die ameri kanischen Missionare von den Marschallinseln auSgewiesen. Die Marschallinseln sind deutsch und es soll verhindert werden, daß uns Amerika aus ihnen ebenso Unkraut unter den Weizen sät, wie in Samoa. — Der Domturm in Berlin, den man Dienstag früh wiederum vergeblich zu sprengen versuchte, ist am Nachmittag, (Nachdruck verboten). Feuilleton. Aus stürmischen Tagen. Roman von E. H. Siegfried). (Fortsetzung.) Ich kann eS Ihnen nicht so aussprechen, Herr In spektor, wie ich es möchte, aber ich kann Ihnen wohl sa gen, daß Eie auf dem Holzwege sind, Herr Inspektor." «Sprechen Sie etwas respektvoller mit Ihrem Vorge setzten," rief Herr Krunkel. «Entschuldigen Sie, Herr Inspektor, wenn ich mich nicht so ausgedrückt habe, wie es hätte geschehen sollen, aber es geschah nicht aus bösem Willen. Wir sind nur gekommen, um unsere Wünsche vorzutragen im Namen unserer Kameraden." Und nun begann John, die Forderungen vorzutragen und zu begründen, die in den gemeinsamen Beralhungen der Bergleute festgestellt worden waren. Der ungeduldig zuhörende Inspektor vernahm all die Klagen über jene zahlreichen Mißstände, die sich im Laufe der Jahre in fast allen Bergbetrieben eingestellt hatten und weiter wucherten weil sich niemand um deren Abstellung kümmerte. Die Hauptforderung ging auf eine Erhöhung der Löhne und Herabsetzung der Arbeitszeit. Trotz seiner aufreibenden und gefahrvollen Thätigkeit verdiene der Bergmann nicht so diel, um sich eine kräftige, nahrhafte Kost bieten zu können und seine Familie anständig zu »halten. Mit großer Liebe häng« der Bergmann an seinem Berufe, der sich vom Vater aus den Sohn vererbe, aber man müsse doch auch daran denken, die Mißstände aus der Welt zu schaffen, die ihm allmählich die Freude an seiner Wirk samkeit verderbe» können. „So — seid Zbr nun fertig?" fragte Herr Krunkel, als John geendet hatte. „Jawohl, Herr Inspektor da« wäre vorläufig Alles waS wir zu jagen hätten." „Vorläufig? Nicht wahr, der Appetit kommt beim Es sen? .. . Meyer ... Wo stecken Sie denn wieder . ." „Der Herr Inspektor wünschen?" „Schreiben Sie mal die Namen von diesen Leuten auf und dann beordern Sie den Obersteiger, unter welchem sie arbeiten, hierher. Meyer ließ sich die Namen der Bergleute sagen und schrieb sie auf. „So jetzt könnt Ihr gehen," sagte Krunkel zu den Männern. „Und welchen Bescheid sollen wir unseren Kameraden überbringen, Herr Inspektor?" fragte John. „Welchen Bescheid? . . Ihr wollt also auch noch ei nen Bescheid haben aus Eure unverschämten Forderungen. Der Herr Direktor wird Euch den Bescheid schon besor gen. Vorläufig werdet Ihr abgelegt, da Ihr, die Rädels führer seid. Und Euren Kameraden könnt Ihr jagen, daß es Jedem so gehen wird, der Eurem dreisten Beispiel folgt . . . So, und nun könnt Ihr gehen . . Die fünf Bergleute sahen sich bestürzt an. Einen solchen Erfolg ihrer bescheidenen Vorstellungen hatten sie' natürlich nicht erwartet. John faßte sich zuerst. „Herr Inspektor," sagte er, „mit einem solchen Be scheid können wir nicht zu unseren Kameraden zurückkeh- ren, und ich glaube auch nicht, daß e» zum Nutzen der »rubengesellschaft »äks, wenn wir ihn überbrächten." „Etwa zum Schaden der Gesellschaft?" rief Krunkel höhnisch. Seid doch sroh, daß Ihr. daS Leben und Euer gutes Auskommen habt uud erdreistet Euch nicht, der Gru- bengeselljchasl^zu drohen. Was wollt Ihr denn anfangen, wenn Ihr sammt und sonders abgelegt werdet?" „Das wäre freilich schlimm sür uns, aber auch schlimm sür die Grubengescllschast," jagte John. „Für die Grubengeselljchaft? Ei seht mal, was soll die denn von Euch zu fürchten haben? Denkt Ihr etwa au Aufstand und Umsturz? Da habt Ihr die Rechnung ohne die Polizei gemacht." «An solch thörichte und nutzlose Dinge denken wir nicht," entgeguete John ruhig. „Wir sind friedfertige Leute, die nur ihr Recht auf gesetzlichem Boden suchen. WaS könnt« uns ein Ausstand nützen? Er brächte un» nur in das Zuchthaus. . . Nein, nein, Herr Inspektor so leichtfertig und dumm sind wir Bergleute doch nicht. Aber, daß die GrudeugeseUtchast Schaden erlitte — sehr großen Schaden erlitte, wenn sie uns iuSgesammt ablegte, da» liegt ja aus der Hand. Die Förderung müßte einge stellt werden und die Schächte würden ersaufen." „So?" Glaubt Ihr denn, daß nur nicht zehnfachen Ersah sür Euch fände»? Daß sür einen Jeden von Euch zehn andere mit Kußhand eintreten würden?' „Da dürften Sie sich doch wohl irren, Herr Inspektor" sagte Zohu. „Grtt sei Dank ist das Gefühl der Kame radschaft unter den Bergleuten ein so tiefe-, daß nicht ein einziger Mann sich dazu hergeben würde seine Kol legen mit unterdrücken zu helfen. Wie mir scheint. Herr Inspektor, kennen Sie d e Bergleute noch recht schlecht. Bei un« stehen Alle sür Einen und Einer sür Alle. Ein solcher Schuft existirt in unseren Reihen gar nicht, der fähig wäre, seine Kameraden zu verrathcn." »3^ ich gerade genug von Euren Redensarten,"