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Wenigst««- scharf beschneidenund da- öffentliche Gewissen schirfen. Diese- Ziel erstrebt der neue „Gesetzentwurf »um Etbutze der Warenzeichnungen", der kürzlich dem deutschen Bundesrat von der ReichSregierung zugegangen ist und vor einigen Togen im „Reich-mizeigrr" veröffent- Itcht wurde. Dieser Entwurf will auch Maßregeln einsühren, die über den bisherigen Schutz der War «marke binauS- gehen und auf die Untererückung des unredlichen Wettbe werbes überhaupt gerichtet sind. Uebcr die Erscheinungsformen dieses zu bekämpfenden unredlichen Wettbewerbes hak kürzlich der Handelskammer sekretär Schulze in Dresden einen auch für den Sozial politiker lehrreichen Vortrag gehalten. Derselbe zeigte, wie vielfach verschlungen und mannigfaltig die Wege der ge schäftlichen Unlauterkeit im modernen Erwerbsleben sind, von unredlichen Geschäftsleuten wird beute das Publikum durch falsche Angaben über dir Herkunft der Ware» und Nachahmung fremder Schutzmarken unendlich ost irre ge führt. Es geschieht die- mit einer Schlauheit, daß ter Strafrichter trotz des bestehenden MarkensedutzgesetzeS macht los ist. Der unlautere Wettbewerb täuscht über den UrsprnngSort und die Herkunft der Ware, er macht falsche Angaben über die Echtheit, z. B. der Nahrungsmittel, verwendet Surrogate, fallches Maß und Gewicht, fingierte Preisaus zeichnungen und hochklingende Firmenprädikatc, Käufer und Kreditgeber werden angeleckt durch prahlerische Ausstellungs medaillen und öffentliche Belobigungen, die dem Betreffen den niemals zugefallen sind; auf Rechnungen, Adressen, in Anzeigen und Reklamen werden Medaillen und Schutz Marken abgebildet, die niemals bestanden haben und nie mals eingetragen sind. „Der Metaillenschwindel", bemerkt der genannte Sekretär der Dresdener Handelskammer, „ist einer der Verbreitesten geschäftlichen Uebelslände, und wenn hier nicht eine Aenderuug eintritt, fv erscheint cS bald ehrenhafter, gar nicht ausgezeichnet zu jein." Scheinbare Ausverkäufe, zahllose Kniffe, den Konkurrenten zu ver dächtigen, die unredliche Aneignung und Ausbeutung fremder Geschäftsgeheimnisse, die Abspenstigmachung tüchtger Beam ten und Arbeiter, bie rücksichieloseste Herabdrückung ter Arbeitslöhne, nm zu Schleuderpreisen verkaufen zu können, der Kniff, gute Waren dem Absender zur Verfügung zu stellen, um dieselben billiger zu erlangen, da- „Drücken" der Fabrikanten seilen- großer Besteller — das sind ge schäftliche Uebelslände, die für unserer sozialen Verhältnisse von außerordentlicher Leoeulung sind. Und doch ist der Strafrichter in den meisten Fällen gegen diese machtlos. Auch hier, wie auf so manchen Gebieten unseres öffentlichen Leben-, muß man weit mehr, als es bisher geiclnhen ifl, zur Selbsthilfe selbst dann seine Zuflucht nehmen, wenn gegen die erwähnten Uebelslände mehr gesetzliche Schranke» al« heute geschaffen sind. Ein zweckentsprechendes Vereins wesen, geschärfte Vorsicht der Käuser, Ausklä ung durch Wort und Schrift, eine ruhige, aber zielbewußt auf die Läuterung ter geschäftlichen Moral gerichtete gemcinsamc Arbeit vermag viel Gutes zu stiften und ist als eine un erläßliche und kräftige Ergänzung allen gesetzlichen Maß regeln gegen den unredlichen Wettbewerb zu betrachten. Aeußerlich hat sich seit der Vertagung beS Reichstags nichts geändert; der Reichskanzler Graf kaprivi hat auch den weitgehendsten der damals «ingedrachten Anträge, den der Xbg. v. Bennigsen, als nicht genügend bezeichnet, und rin Nachgeben der ReichSregierung ist nicht zu erwarten. Es ist deshalb verschiedentlich angenommen worden, v. Ben nigsen »erde bei der zweiten Beratung de» Gesetzentwurf«, im Reichstage selbst noch einen neuen Antrag einbringrn, welcher sich den Forderungen der ReichSregierung noch mehr nähern soll und von dem auch behauptet wird, er werde schließlich die Zustimmung de« Reichskanzler» finden; aber die Zustimmung des leitenden Staatsmannes ist noch nicht diejenige der Mehrheit des Reichstages. Der Antrag Bennigsen würde sicher nur auf die Unterstützung durch eie Mitglieder der nationollibcralen, der konservativen Partei und verschiedener vereinzelter ReichSboten rechnen können, aber da« bedeutet immer noch nicht die Mehrheit reS Hauses. Die freisinnige Partei, die Elsaß-Lothringer, die süddeutsche Volkspartei, jetzt auch die Polen rc. hallen nach wie vor daran fest, daß tir zweijährige Dienstzeit auch unter Beibehaltung der heutigen Friedensstärke der Armee eingesührt werken kann, und sie wollen deshalb nur diejenige Zahl von neuen Rekruten zugestehen, welche durch den Fortfall des dritten DiensijahreS nötig werben wird, aber nicht mehr. Die ZenirumSpartei hat bisher wesentlich auf dem gleichen Standpunkt gestanden und eS ist nicht anzunehmen, daß sic sich insgesamt zu einer an deren Auffassung bequemen wird. DaS verbietet schon die Rücksicht auf die Wähler vieler Zentrumswahlkreise, die von der Mstilärvorlage wenig wissen wollen. Die Vorlage wird also höchstwahrscheinlich scheitern. Handelsgeschäfte ! mit dem Zentrum werden nicht getrieben, darüber hat die ! ReichSregierung keinen Zweifel gelassen, und ebensowenig ' ist eine Zurücknahme der Vorlage wie s. Z. beim VolkS- schulgcfttz zu erwarten. DaS könnte höchstens dir Fall fein, wenn die Militärvvrlage ein Werk deS heutigen Reichskanzlers wäre, was sie ab r nicht ist, denn dieser hat sic bei seinem Amtsantritt schon in allen ihren Grund lagen fertig vvrgesunden, und sie nicht etwa verschärft, sondern sie noch durch Einführung der ursprünglich nicht bann enlba ten gewesenen, kürzeren Dienstzeit gemildert. Die Militärvorlage ist aus der Eniwickuing unserer HeereS- organisalion, aus der Rücksichtnahme ans die miliiäriichen Anstrengungen unserer Nachbarstaaten herauSgewachsen, und deshalb wird sie auch bleiben und wiederkommen, wenn vorerst auch keine Annahme erfolgt. DaS Schulgesetz war keine absolute politische Notwendigkeit, die Militärvvrlage ist es. — Fürst Bismarck empfing an seinem diesmaligen Ge burtstage rund 30 000 Glückwünsche, darunter 8000 telegraphische. — Auf dem in Nürnberg abgehaltenen Parteitag der bayrischen Konservativen sprachen sämtliche Redner gegen die Militärvorlage. Die „Magd. Ztg." meldcl, daß eer Reichskanzler Caprivi bereits Vollmacht von be» ver bündeten Regierungen habe, im Falle der Ablehnung sofort die ReichStagöauflösung anzuordnen. Die Entscheidung werde schon bald nach dem Wiedcrzusammcutritt erfolgen. — Die Abstriche, welche der Reichstag am Marineelat vorgcuommen bal, haben die Regierung veranlaßt, daS Kcetizeigkschwader auszulösc.n. — Eine verzweifelte Stimmung beherrscht die süddeut sche» Tabakbauern. In Sp>ycr hielten 1500 derselben Ostern eine Versammlung ab. Dabei kam eS zu erregten Gutsbesitzer Frey aus Linkfcld führte au-, baß, wenn es jo weiter gehe, nicht allein der Bauer sondern auch die Stadt verloren sei. Der Bauer dürfe sich bet den nächsten Wahlen nicht als Stimmvieh gebrauchen und I sich nicht die Schlafmütze üver kic iOhren ziehen lasten, sondern er müsse fragen, welcher Bewerber ist für uns ober gegen un«I Der Bauer habe von sämtlichen jetzt bestehenden Parteien nicht- zu erwarten. Dieselben bekämpften sich gegenseitig und vergäßen darüber, bie Bedürfnisse der Bauern. Darum misse zur Gründung einer Mittelpartei geschritten «erden; für den Bauer, ob Protestant oder Katholik, dürfe nur sein Bestehen maßgebend sein. Die Bauern dürften sich nicht mehr künstlich in zwei Lager spalten lassen, sondern sil müßten örtliche Bauernvereine gründen, die zu einem großen pfälzischen Bauernbünde zusammen zn fassen seien. Wenn nicht bald Ablülfc gescheh-, würden die Bauern in die Rethen rer Sozialoemokratie hiueingesloßen. Für die Bauern dürfe nur die Rücksicht aus ihren Geld beutel maßgebend sein. NeichStagsabgeordneter Klemm von Ludwigshafen sagte, »aß die Lage der Lar » Aschaft so schlimm doch noch nicht sei, daß die Dauern in da» Lager der Sozialdemokratie getrieben würden. Diese Worte des Herrn Klemm fanden seit.»- der Versammlung so stürmischen Widerspruch, daß derselbe einige Mi. ul n lang nicht mehr zu Worte kommen konnte. Mehrere nach olgende Redner erklärten unler dem tosenden Beifall o«r Ver sammlung, daß, wenn den Bauern nicht geholi.m würde, sie bei zukünftigen Wahlen sämtlich für Sozialdemokraten stimmen würden, nicht, weil sie Sozialisten seien, lonbern weil sie dadurch ihrer Unzufriedenheit Ausdruck geben wollten. — Für de» Garantie-Fonds »er Berliner GcwerbeauS- stellung für 1896 sind bis jetzt 2 300000 Mk. gezeichnet werden. Die großen Verkehrsinstitute und Banken sind dabei noch nicht beteiligt. — Die königliche Geschützgicßerei zu Ingolstadt kündigte 80 sozialdemokratischen Arbeitern. — Der Heizer- und Trimmer-AuSstaud in Hamburg nimmt erheblich zu. Sämtliche Feuerteute und Trimmer des Schnelldampfers „Augusta Viktoria" h. den da« Schiff verlassen und sich den Streikenden angeschtossen; sie Heizer und Trimmer waren für die ganze Saison angenommen. Di« Polizei ist bemüht, die Leute wieder an Bord zu dringen. — Aus Halle ist der Bankier Lindner entflohen. Er hatte falsch spekuliert. Viele kleine Leute verlieren ihr Geld. Lindncr besaß ftüher 700000 Mark Vermögen, weitere 200 000 Mk. brachte ihm seine Fran zu. — Dieser Tage bestellte die Deulfch-Ostafrikauiiche Ge sellschaft bei Krupp einige Tausend Tonnen Schienen m t Zubehör und Weichen für bie erste Eisenbahn Deutsch- Ostafrikas, die Uiambaralinie. Diese Etsenbahn soll die reichen Kafseepflanzunge» in Usambara mit der Küste verbinden. Frankreich. Das neu. Ministerium unter Dupuy stellte sich au der Mittwoch der Kammer vor. Die Regierung von Columbien hat die französische Panama-Kanal-Kvnzession um 20 Monate verlängert. Zur allgemeinen Genuglhuuug ist am Montag das Ministerium deS Panamaskanvals, das Minifteiinm Ribct, gefallen. Die Kammer verweigerte ihm n»l S Stimmen Mehrheit das Vertrauensvotum. Der neue Ministerpräsi dent heißt Dupuy. Bulgarien. Fürst Ferdinand will Anfang April zur Ho.lzest nach Italien reisen. Die italienische Polizei trifft besonder« Vorst htsmaßreaeln. In Sofia wurden mehrere Offiziere und Eisenbahnbeimte verhaftet. Sie sollen ein Dynamit attentat geplant haben. Amerika. Die Befreiung der Neger in Amerika ist nur eine halbe Thatsache. Der Neger hat seine politischen Rechte, aber Politische Nachrichten. Deutschland. Berlin,' den 8. — Der deutsche Reichstag nimmt in nächster Woche "Szenen, seine Arbeiten von neuem auf, die zwar noch einer ganzen Reihe von anderweitigen Vorlagen und auch verschiedene Anträgen gelten werden, von allem aber doch berufen sind, das letzte Wort über die neue HeereSvrganisation zu bringen. spitzen Nase und der getollten Haube recht sehenswürdig aussah, „wie eS scheint, findet heute wieder meine Koch kunst keine Gnade vor Ihren Augen. Aber ich kann Ihnen mit aller Bestimmiheit die Versicherung geben, daß Bratwürste nun einmal nicht anders schmecken." „Ich zweifle ja gar nicht daran," jagte Herr Krunkel. „So, Sie zweifeln nicht iWban?" entgegnete Frau Su sanne. „DaS sagen Sie so sheinheilig vor sich hin. wäh rend die Stimme Ihres Inner» eine ganz andere Sprache führt. Zch weiß, was Sie wünschen. Sie wünschen mich zu allen Teufeln . . ." „Aber ich muß doch bitten ..." „Lächerlich, kommen Sie mir nicht mit solchen Redens arten. Mich betrügt man nicht. Aber wenn Sie einen Funken von Verstand hätten, so müßten Sie sich sagen, daß Bratwurst gar nicht ander- schmecken kann. Sie sind vier zu Lande aus Schweinefleisch gemacht, Stellen Sie mir einen Elephantcn zur Verfügung, so werde ich Zhnen Bratwurst aus Elephanteufleisch Herstellen. Ober nehmen Sic sonst «in Thier, welche- Sie wollen, eine Hyäne . . ." „Eine Hyäne wiederholt- Herr Krunkel er ¬ schreckt. -Zch weiß nicht, ob Sie sagen wollen, daß ich eine Hyäne sei, ober ob Sie wünschen, daß ein solches Thier käme, um mich zu verschlingen," sprach Frau Susanne ruhig ohne Leidenschaft. „Die Wahrheit wird wohl sein, wenn ich annehme, daß Sie beide Gedanken verbinden. Aber das glauben Sie mir, wenn ich mit Ihnen fertig gcworden bin, dann werde ich tvohl auch mit einrr Hyäne fertig werden. Denn daß Sie «in Scheusal sind, mein lieber Zoksbus, da« werden Sie wohl selbst nicht mehr bezweifel». Es wäre schändlich, wenn Sie eö lhälen, nachdem ich e« Zhnen s» ost gesagt habe." Frau Susanne ging. Sie lebte nach festen Grundsä tzen, und der vornehmste davon war, sich niemals zu er regen, niemals den Ton anständiger Gemüthlicbkeit zu verlassen. Sie fühlte, daß sie jetzt nahe daran war etwas heftig zu werden, und um cS nicht dazu kommen zu las sen, zog sie sich lieber in ihre Küche zurück. Herr Krunkel aber schlug die Häute zusammen und sprach seufzend: „Wen Gott lieb hat, de» züchtigt er I" Er fand stets heraus, daß der himmlische Vater ein ganz bciondcrcs Wohlgefallen an ihm gefunden habe. Als Frau Susanne wieder in der Stube erschien, sagte er:„Morgen, zum Sonntag, will ich eine Fußtour nach Neckliugen machen, um meinen Vetter zu besuchen, Sie können mir etwas Schinken und Käse einpackeu." Frau Susanne sann einen Moment »ach, um i» dieser Zumuthung etwas Verletzendes zu entsecken; da ihr dies aber nicht gelang, ging sie knurrend von dannen. Am solgende» Tage machte Herr Krunkel sich in der Thal auf den Weg, nachdem er zu dem Schinken und dem Käse noch eine halbe gebratene GanS und eine Flasche Nolhwein gekauft hatte. Ec dachte gar nicht daran, sei nen Vetter zu besuchen, eS war ihm nur darum zu thuu, einmal eilte» ganzen Tag betreit zu sei» von der Talmi- Schwiegermutter. Draußen im freien Felde wollte er schmausen, trinken und schissen, um dann in einem Dorf kruge bei tanzenden Knechten und Mägden den Tag zu beschließen. Ein wohliges Gefühl überkam ihn, al- er daS Dors hinter sich hatte. Es war ein schöner, sonniger Tag, der ihm die herrlichsten Genüsse in Aussicht stellte. Draußen auf der Landstraße war e« still und einsam. Die Landleuie au« den nahegelegenen Dörfern waren be reit» in der Kirche. Herr Krunkel schritt tapfer fürbaß. Eine Stunde mochte er bereits gegangen sein, als er endlich Hast machte. Un ter einem großen, b cstästtgen Birnbaum 'test er sich auf bcm weichen Grase scilwäitö ter Straße nieder. O, wie frohgelaunt war er heute! Seit Jahren halte er sich nicht so frei und unabhängig geuchlt. Es kam ihm sogar der Einfall, daß es heute, am Tage des Herrn, am Ente gar nicht tadelusweUh sei, einem armen Men schen eine kleine Freude zu machen. Er zog seinen Held beutel aus der Tasche und suchte nach einem Zweipfeunig- stück für den Fall, daß ein armer Handiverköbursehc des Weges käme. Da aber die kleinste Münze, dir er bei sich sührte, ein Fünspseunigjlück war, gab er seufzens seinen edlen Vorsatz auf. Jetzt machte ec sich daran, seinen Korb anszupacken. Ach, wie behaglich fühlte er sich, als er seine Schätze über schaute: den Schinken, die Gans und den Nolhwein. Er weidete sich erst eine Wei e an dem herzerquickenden An blick, bevor er zur Vertilgung der Leckerbissen und de» RvthweinS schr'tt, dann endlich band er sich sein blau- und rothkarrirtes Taschentuch als Serviette vor und nahm den Schinken in Angriff. Während er mit Emsigkeit aß, ließ er seine Blicke um« berschweisen. Die weiße Chaussee war, soweit man sie überblicken konnte, menschenleer, über den Feldern rings um und den grünen Wieftulmatteu lagerte die feierliche Ruhe deS Sonntags. Nur das Sänftln der Biälter und daS Zwitschern der Vögel war vernehmbar. Herr Krunkel genoß das Glück, allein zu sein — al lein mit seinem Schinken und^scinem Nolhwein — mit vollem Behagen. Ach, wenn seine unechte Schwiegermutter ihn so sehen könnt«! Die wundervolle Neoe, die er zu hören bekämet (Fortsetzung folgt.)