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V DerSSHWeLrzHrer 6McrgeHLcrtt>» Unabhängige Zeituüg für alle Ständern Stadt und Land. Dichteste Verbreitung in allen Volksschichten Beilagen: Sonntags-Unterhaltungsblatt und Landwirtschaftliche BeUagc Geschäftsstelle Bischofswerda, Altmarkt 15. — Druck und Verlag der Buchdrucker?! Friedrich May in Bischofswerda. — Fernsprecher Nr. 22 'Drschofswerdaer Einzige Tageszeitung im Amtsgerichtsbezirk Bischofswerda und den angrenzenden Gebieten Dies Blatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen der Amtshaupt- Mannschaft, der Schulinspektion und des Hauptzollamts zu Bautzen, des Amtsgerichts, des Finanzamtes und des Stadtrats zu Bischofswerda > — > Erscheinungsweise: Jeden Werktag abend, für den folgend. Tag. Bezugspreis: Bei Abholung in der Geschäftsstelle monatlich Mk. 177.— bei Zustellung in. Hau« monatlich Mk. 185.—, durch die Post bezogen monatlich Mk. 185.— mit Zustellungigebühr. 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November. Nach der Ablehnung der So zialdemokraten, gemeinsam mit der Deutschen Vottspartei in der Negierung zu arbeiten, wird seht, wie die Plätter schreiben, Cuno ein Ministerium der Arbeit, oder, wie einige Zeitungen schreiben, ein Geschästsministerium ohne Sozial demokraten bilden, dar teils au« R elchstagsabgeordneten, eils au» nlchtparlamentarischen Wirtschaftern zusammen- gesetzt sein wird. Mt dieser Regierung werde Cuno vor den Reichstag treten. Die Blätter Höften, dah die ver- stnigte sozialdemokratische Partei, ohne die eine Mehrheit ür die Billigung der Regierungsprogrammes durch den Reichstag nicht zu gewinnen sei, keine allzu grohen Schwie rigkeiten machen und da» Kabinett Cuno zunächst dulden werde. Diese» Geschästrkabinett werde laut «Bost. Zig." nur als ein Provisorium angesehen werden, da» über die Zwischenzeit bis zur Bildung eine» im Parlament fest fun dierten koalitonskabinett« hinweqhelsen soll, von der Bil dung einer Minderheitsregierung, die sich nur auf die bür gerliche Arbeitsgemeinschaft stützt, habe Cuno abgesehen, hauptsächlich deshalb, wie es in der „Germania" heisst, weil im Zentrum wenig Neigung bestehe, sich an einer bürger lichen Minderheitsregierung zu beteiligen. Die mutmaßliche Ministerliste. Berlin, 21. November. (Drahtb.) Zn Ausführung de, Auftrags de» Reichspräsidenten zur Bildung eine, Ge schäftsministeriums hat vr. Cuno wegen der Zusammen setzung der neuen Regierung gestern den ganzen lag über verhandelt. Die Blätter veröffentlichen bereit, ein« mut- mähliche Mlnlsterliste, in denen folgende Namen genannt Reichskanzler: vr. Enno, Außeres: der Londoner Botschafter Vr. Sthamer, Innere,: der Polkspavielter Abgeordneter v. Sar- borff oder 0be^,räsident Schwaader oder Scholz, Finanzen: Minister Vr. Hermes. Reichswehr: vr. Gehler, Arbeit: vr. Brauns, Justiz: vr. Heinze, der gleichzeitig Vizekanzler fein soll, Wirtschaft: der geschästsführ-nde Vorsitzende de» Reichrverbande, der deuftchen Industrie. Vr. Sorge, oder der frühere Schahminister Raumer oder der vi rektor der Deutschen werke Yenrick leinig« Blätter sprechen von der beabsichtigten Zusammenlegung de» Reichsschahminifleriums mit dein Reichswirtschaftsmini. sterlum), Ernährung: der Führer der bayrisch«« Volkspartei vr. heim oder Kommerzienrat Rahethge, Tagesschau. * Der Reichspräsident hat Dr. Cuno erneut mit -er Bildung de» Relchskabinetts beauftragt, vr. Cuno hat den Auftrag angenommen. Cr beabsichtigt. ein Geschäftsmini- skerium zu bilden und hofft heute diese Ausgabe zu Ende zu führen. Dr. Cuno wird voraussichtlich am Donwrrstag dem Reichstag die neue Regierung vorstellen und seine Pro grammrede hallen. * Die sozialdemokratische Reichstag-.'- fraktion wendet sich gegen fede Derlängerng der acht stündigen Arbeitszeit. Die Stabilisierung der Mark sei die dringendste Aufgabe der deutschen Politik. Im Reichsfinanzministerium und dem Reichswirtschofts- wmisterium ist «in Gesetzentwurf zur Bekämpfung der Kapitalflucht ausgearbeitet worden, der dem Reichs tag soeben zugegangen ist. In Berlin verlautet, dah der amerikanische Ban kier I. P. Morgan demnächst in der Hauptstadt im strengsten Inkognito eintrefsen wird. Man rechnet, dah Morgans Reise mit den Stabilisiernngs- und Anleiheplänen im engen Zusammenhang steht. In Preußen ist nunmehr auch die National sozialistische Arbeiterpartei verboten, ferner die Nationale Sparvereinigung in Berlin, sowie deren sämtliche Landesverbände, Bezirks- uttd Orts- gruppen aufgelöst worden. Zu den mit " bezeichneten Meldungen finden die Leser aus führliches an anderer Stelle. Poft: der Leiter der bayrischen Abteilung des Reichs- postminislcriums Staatssekretär Stingl. Eisenbahn: GrSner. Das Wic-crm>sbauministerium soll angeblich d«r wirt schaftspolltisären Abteilung des Auswärtigen Amtes anxc- gliedert werden. Ms mutmaßlicher Chef der Reichskanzlei wird der frühere bayrische Handelsministcr Dr. hgm m ge nannt. Die Sozialdemokraten für eine sofortige Stabilisierung der Mark. Berlin, 21. November. (Drahtb.) Zn Übereinstim mung mit dem Allgemeinen deutschen Gewerkschaftsbund, der Äfa und des Allgemeinen deutschen Veamtenbundes hak die sozialdemokratische Reichstagssraktion einen Beschluß gefaßt, in dem die Stabilisierung der Mark als die drin gendste und erste Ausgabe der deutschen Politik bezeichnet wird, um die fetzige Notlage zu heben. Jede Verlängerung der gesetzlichen achtstündigen Arbeitszeit wird mit oller Ent schiedenheit abgelehnt. Überstunden sollen nur nach kollek kiver Vereinbarung mit den zuständigen Gewerkschaften er folgen. Einer Korrespondenz zufolge werden sich heute die Vorstände der vier Bergarbeiterverbände mit der Trage einer sofortigen Kündigung des Überschichtenabkommens be schäftigen. Eine Aera des Glücks? Bon unserem wirtschaftspolitischen Mitarbeiter wird uns geschrieben: Wie sehr wir Gefühlen und Stimmungen unterliegen haben wir in den letzten Tagen wieder einmal wahrnehmen können. Kaum, dah durch die Betrauung des General direktors der Hamburg-Amerika-Linie, Dr. Cuno, mit dem Auftrag der Bildung des neuen Kabinetts die übrigens ja schon seit langem genährte Hoffnung und Erwartung auf Besitzergreifung der politischen Macht durch die Wirtschafts kräfte, zum mindesten auf die erhöhte Einflußnahme dieser Kräfte auf den Gang der Dinge wieder stärker in die Er scheinung trat, konnte man beobachten, daß zum mindesten in den breiteren Massen der Optimismus ebenso überschlug, wie das vorher nach der pessimistischen Seite der Fall war. Weder dem einen noch dem anderen dürfen wir uns hingeben. Wer nun glauben würde, daß, selbst wenn die Bildung eines neuen Kabinetts mit Wirtschaftskräften ge lingt, nun eine Ära des Glücks, des wirtschaftlichen Auf schwungs oder auch nur der wirtschaftlichen Festigung ein treten würde, sähe sich doch alsbald durch den Gang der Dinge sehr empfindlich getäuscht, und wir fühlen uns ver pflichtet, vor voreiligen Hoffnungen zu warnen. Wie liegen denn die Dinge? Es wird auch keiner im Ernste annehmen können, dah, wenn nun auf die Kunde der wahrscheinlichen Beteiligung von Wirtschaftlern an der Führung der politischen Geschäfte des Refches der Dollar fällt und die Mark entsprechend steigt, nun die Epoche des Abbaus der Devisensteigerungen und der Markentwertung eingetreten sein. Man hat sa auch schon vierundzwanzig Stunden später, als Cunos Kabinettsbildung Schwierigkei ten begegnete, den Rückschlag beobachtet, übrigens will man in unterrichteten Bank- und Börsenkreisen wissen, daß der allerding auffallende Dollar-Rückgang in der verstossenen Woche zo ganz ron ungefähr kam. Man weiß, dah di« Hopag Grupp- mit den großen Harriman-Konzern zufam- mevarbesteft und man wollte unterrichtet fem, daß an '«nein Tage in New Rmk starke Markkäufe und nicht uner- hebliche Dollarabaabrn stattgefunden holen W<nn man die internattonale Dörsenwelt mit einander Fühlung halten, dann wich man sich über «in« derartig« Situation gar nicht weiter zu wundern brauchen. Aber gerade, weil man das weiß und weil man andererseits auch sich keiner Täuschung darüber hingeben darf, daß wirtschaftliche Eifersüchteleien vielleicht noch viel stärker sich geltend machen, als politische Reibereien — denn bei Geschäften und bei Geldsachen hört die Gemütlichkeit auf! — dann wird man gut tun, der politi schen Wirksamkeit einer überwiegend aus Wirtschaftskräfte eingestellten Regierung mit einem Überschwang von Hoff- nungen nicht entgegenzukommen. Man wird schon froh sein können, wenn der leitenden Persönlichkeit, die in diesem Falle nun einmal ganz besonders geschäftlich abgestempelt ist, nicht von vornherein große Schwierigkeiten sust aus den eigenen Geschäftskreisen heraus bereitet werden, daß sie überhaupt akttonsunfähig wird. Und hier müßen wir auf einen Punkt verweisen, der nachdrücklichster Beachtung bedarf: Hinter der Hapag stehen groß« Konzerne, die sich vorwiegend nach England und Amerika orientieren. Gewiß bestehen auch mit Rußland Verbindungen, doch nicht so stark«» Art, wie fte ander« Konzerne besitzen, die ihre Gunst dem Norddeutschen Lloyd zugewondt haben, oder gar ein so übermächtiger Trust, wie ihn die Stinnesgruppe darstellt. Diese ist der Hapag ganz und gar nicht freundlich gesinnt. Sie hielt unter der Präsi dentschaft Cunos ostentativ ihren Auszug au» dem Nord deutschen Lloyd Und Stinnes hat sich ja dann eine eigene Ubersee-Linie gegründet. Hier sind Fährlichkeiten, die sich für das praktische Wirken einer an die Spitze der Geschäfts», fübrung des Reiches gestellten Persönlichkeit vielleicht noch' viel schroffer und hemmender geltend machen können, als das semals bei einen, ausgesprochenen Politiker der Fall wäre. Der bisherige Verlauf der Kabinettskrise hat sa auch ge zeigt, daß es ganz unmöglich ist, sich vollständig von Par teien zu lösen. Die Parteien sind nun einmal diHenigen Faktoren, die die Verantwortlichkeit gegenüber dem Volks ganzen übernehmen müssen und darum auch an der Bestim mung der Politik des Kabinetts ein entscheidendes Wort mit zusprechen haben. Der Reichstag ist kein Wirtschaftspakts- ment, der sich aus Jnteressen-Gruppen, Ständen mck> Beru fen zusammensetzt, sondern er ist die Vertretung des gan zen Volkes in allen seinen Interessen, die ja nicht nur wirtschaftlicher Natur sind. Freilich sind wir heute viel mehr als jemals auf wirt schaftliche Dinge eingestellt, unsere ganze Politik muß sich notwendigerweise danach richten. Wir müssen wünschen, ja fordern, daß die Wirtschaftskraft unseres Volke« durchaus ihrer Bedeutung entsprechend am politischen Einfluß betei ligt werde. Aber damit ist die Aera de« wirtschaftlichen Glückes gewiß noch nicht eröffnet. Ja, wenn e« möglich wäre, in den nächsten Wochen billiges Brot, billige Kartof feln, billige Kohle und billiges Holz zu verschaffen, dann wäre d i e Regierung, die oas fertigbrächte obenauf. Das ist aber nicht möglich. Und die gefährlichen Anzeichen, die wir jetzt schon in Teuerungsunruhen in verschiedenen Teilen des Landes beobachten können, gehen, wenn auch linksradi kale politische Tendenzen dahinter stehen, doch im Grunde auf den Hunger und die Entbehrung zurück und aus die stei gende Unmöglichkeit, trotz der immer von neuem steigenden Einkünfte mit dieser Teuerungswelle Schritt zu halten. Cs wäre aber auch eine irrige Auffassung, wenn man glauben würde, daß nun durch die Überleitung der politi schen Geschäfte des Reiches in di« Hände von Wirtschaftlern die Währungsfrage sich glatt lösen ließe. Hinsichtlich all dieser Dinge, nicht zuletzt der auf die Stabilisierung der Mark bezüglichen Maßnahmen, müssen wir uns mit größter Geduld wappnen. Es wird noch langer Heft bedürfen, bis wir auf festem Boden stehen können. So lange die Unsicher heit nicht beseitigt ist, die durch das Reparationsproblem all unsere Regungen belastet und erdrückt, solange wir- keim Rede davon sein können, daß die gegenwärtigen Schwierig testen behoben werden können. War uns setzt not tut, ist geduldiges Ausharren und ernste verantwortungsbewußte Mitarbeit, frei von geschäftlichen Eifersüchteleien und positi- schem Hader, und nur getragen von dem Gedanken, unsenmi Vaterland« und unserem Volke in der Gesamtheit zu dienen! Aus Sachsen. Keine Fälschungen des sächsischen Notgelde». Di« Nachrichtenstelle der Staatskanzlei teilt mit: „Es sind Gerüchte im Umlauf, daß von dem Notgeld der Sächsischen Staatsbank Fälschungen aufgetaucht seien. — Demgegenüber kann in bestimmtester Form versichert werden, daß bisher noch kein einziges Falschstück bekannt geworden ist. Die Beunruhigung de« Publikums geht zu- rück auf di« Haltung der Postverwaltung, di« von den Her ausgebern des Notgeldes eine allgemein« Verpflichtung ver langt. etwa von den Postkassen ausgenommen Falschstückc einzulösen. Au einer solchen Erklärung konnte sich die Säch sische Staatsbank nicht verstehen, da dann ein bequemer Weg zur Unterbringung von Fälschungen eröffnet worden wäre. Die Reichsbank und andere Notenbanken überneh men dem Publikum nd den öffentlichen Kaffen gegenüber auch keine Garantie gegen das Vorkommen von Fälschun gen, obwohl ihre Interimsnoten auch nicht mehr Sicherheit qeqen Nachahmungen bieten al« die mit aller Sorgfall her- gestellten Notgeldscheine der Sächsischen Staatsbank. — Die Herausgeber van Notgeld sind zur vorübergehenden Unterstützung der Notenbanken eingesprungen, als der Mangel an Zahlungsmitteln drohte, das ganze Wirtschafts leben zu erdroffeln. Sie haben dabei insbesondere den 'dringenden Anregungen und Wünschen von Nelchsbehörden l Folge geleistet. E» ist unbillig, wenn ihnen nunmehr in de'