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DkrMlWeLrMer WMHofsweröaer Einzige Tageszeitung im Amtsgerichtsbezirk Bischofswerda und den angrenzenden Gebieten Dies Blatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen der Amtshaupt- Mannschaft, der Schulinspektion und des Hauptzollamts zu Bautzen, des Amtsgerichts, des Finanzamtes und des Stadtrats zu Bischofswerda. dcrge.öccrtt-. Unabhängige Zeitung für alle Stände in Stadt und Land. DichtesteVerbreitung in allen Volksschichten Beilagen: Sonntags-Unterhaltungsblatt und Landwirtschaftliche Beilage Geschäftsstelle Bischosswerda, Altmarkt 15. — Druck und Verlag der Buchdruckerei Friedrich May in Bischofswerda.— Fernsprecher Nr. 22 Erscheinungsweise: Jeden Werktag abends für den folgend. Tag. Bezugspreis: Bel Abholung in der Geschäftsstelle monatlich Mk. 1.77— bei Zustellung ins Hans monatlich Mk. 185.—, durch die Post bezogen monatlich Mk. 185.— mit Zustellungsgebühr. 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Die Deutsche Notgemeinschast. »Freiwillige Überstunden!" — Lin Vorschlag der Gewerk schaften. Im Reichsarbeitsniiinsterium wurde Montag mittag unter dem Vorsitz des Reichsarbeitsministers Dr. Brauns die Gründung der deutschen Notgemeinschaft vollzogen. Der Gründungsversammlung wohnten außer den Vertre tern der Gesandtschaften der Länder die deutschen Arbeit- geder» und Arbeitnehmer-Verbände, die gewerkschaftlichen Spitzenorganisationen, Vertreter der Städte und Gemein den, der Industrie und des Handels und der privaten Wohl- fahrtsorganisationen bei. Alle sicherten der Reichsnot aktion wärmste Unterstützung zu. Zunächst soll nach der Erklärung des Ministers der dringendsten Not der jeder Hilfe baren deutschen Volksgenossen gesteuert werden. Man will zunächst durch einen Aufruf um Abgabe von Gel dern und Waren bitten, von der Landwirtschaft ins besondere erhofft man die Bereitstellung großer Mengen von Lebensmitteln. Di« deutsche Ar- beiterschast soll die Erträge einer freiwillig zu leistenden Überstunde zugunsten dieser Notaktion abführen. Für diese Seite der Sammlung haben die Gewerkschaften weitest gehende Unter st ützung zugesichert. Nach einer längeren Aussprache über die Richtlinien der Samm lung wurde ein engerer Ausschuß eingesetzt, in dem die drei großen Arbeitsgemeinschaften, Vertreter der Länder urch Mitglieder der privaten Wohlfahrtspflege mit dein Reichsarbeitsminister die Organisatiansfragen regeln sollen. Die Verwendung der Gaben soll .zunächst lokal erfolgen und insbesondere zunächst nur die der Armenpflege anheimfallen- den Versonen unterstützt werden. — Von allen Vertretern der Verbände wurde die Befürchtung ausgesprochen, daß bei dem ungeheueren Umfange der Not in Deutschland nur einem kleinen Kreis von Unterstützungsbedürftigen einiger maßen geholfen werden kann. * Hierzu werden noch folgende Einzelheiten gemeldet: Von den Sprechern und Arbeitervertretern wurden erschütternde Tatsachen über die bereits bestehende Not zur Sprache gebracht. So ist am vergangenen Sonntag in einer Arbeiterversammlung in Esten mitgeteilt worden, -aß in den letzten Wochen allein im Ruhrbezirk über bundert Selbstmorde aus Nahrungssgrgen verübt oorden sind. Die entsetzliche Not werde noch durch den vor der Tür stehenden Winter verschärft, und die ständig wachsende Arbeitslosigkeit laste die Gefahr allergrößter Unruhen emporsteigen. Bedauert wurde dabei von den heutigen Dersamm- lungsteilnehmern, daß nach einer Mitteilung des Reichs arbeitsministers Bayern erklärt habe, von der Deutschen Notgemeinschast ausgeschlossen zu bleiben, da Bayern sel ber eine Notgemeinschaft gegründet habe und die Mittel auch selber zu verteilen beabsichtige. In dieser großen, das ganze Volk umfassenden Not aktion — so wurde von einem Redner ausgesührt — dürfe es keine Sonderbestrebungen geben, um so we. niger, als die in jedem Bezirk gesammelten Gaben auch dort verteilt werden sollen. Interessant war besonder, auch die Erklärung der Gewerkschaftsvertreter. Diese wollen den Ge danken freiwilliger überstunden ln der Arbeiterschaft an- regen. Das gesamte arbeitende deutsche Volk soll die Er trägnisse dieser freiwilligen Notüberstunden der Notgemein schaft zur Verfügung stellen. Man denkt dabel nicht an eine tägliche Überstunde, hofft aber, daß die Arbeiterschaft zu Gunsten der hungernden Volksgenosten ein- oder zweimal wöchentlich eine Stunde Mehrarbeit leisten wird, deren Lohn dann der Sammlung zufließen würde. Die Beratungen mit der Reparationskommission. Berlin, 31. Oktober. Die Reparationskommifsion, die gestern in Berlin angckommen ist, wurde heute mittag 1? llhr vom Reichskanzler in Gegenwart der an den kommen den Verhandlungen beteiligten Staatssekretär« empfangen. Der Reichskanzler begrüßte die Reparationskommission und insbesondere den neu ernannten Vorsitzenden Barthou. dem es vergönnt sein möge, sein Ami mit Erfolg für di« in der Reparationskom- mission vertretenen Völker und ftir Deutschland zu führen und die Voraussetzungen zu schaffen, die ftir ied« künftig« ökonomische und kulturelle Zusammenarbeit der europä ischen Völker und damit auch der Nationen der Welt not- ivendig sind. Er begrüßte die Initiative, Gläubiger und Schuldner zusammenzuführen, um einen Ausweg zu finden. Er und seine Mitarbeiter stellten sich mit voller Offenheit md Aufrichtigkeit der Aussprache zur Verfügung. Der Reichskanzler wies sodann aus die Änderungen hin, die in der Lage Deutschlands seit dem letzten Besuch des Garantie komitees im Juli eingetreten sind und belegte diese Ände rungen mit den vergleichenden Daten der deutschen Wäh rung und der deutschen Großhandelspreise. Das deutsche Volk, dem es an den notwendigsten Nahrungs mitteln und an Kohlen fehle, stehe vor einem furchtbaren Winter des Hungers und der Kälte. Die bisherigen Versuche, aus der kranken deutschen Wirt schaft möglichst große Leistungen herauszuholen, hätten weder Gläubiger noch Schuldner befriedigt. Der richtige weg sei, erst die kranke Wirtschaft zu heilen, nur dann be stehe Aussicht, die Leistungen auszubessern. Die Aufgabe der Stabilisierung der Währung werde von selbst das Gleichgewicht in den deutschen Staatssinanzen scheu Sachverständigen wurde eine Einigung über feste deutsche Vorschläge erzielt, die der Reparationskommision gemacht werden sollen. Diese Vorschläge sind bereits schrift lich firiert worden und werden der Reparationskommission noch heute zum Studium vorgelegt werden, über den In halt der deutschen Vorschläge wird natürlich vor Eröffnung der Diskussion Stillschweigen bewahrt. Aus den kurzen, persönlichen Beobachtungen in Berlin hat man den Eindruck, daß die Verständigung zwischen Barthou und dem englischen Hauptdelegierten Dradbury besser ist, als sie es zwischen Barthous Vorgänger, Dubckts und Bradbury, gewesen war. Soweit es bei den Verhand lungen mit der Reparationskommission auf äußere Ein drücke ankammep wird, ist es interessant, mitzuteilen, daß die französischen Mitglieder die letzte Rede Stresemanns in herbeiführen. Er begrüße die Mitteilung der Reparations kommission, daß Gegenstand der Berliner Verhandlungen di« Stabilisierung der Mark und der Ausgleich des Budgets sein sollen. Die Hauptaufgabe sei, schnell zu praktischen Vor schlägen zu kommen und sie raschen Entschlusses durchzufüh ren. Nur eine schnelle Aktion könne die Lage retten und die Leistungsfähigkeit Deutschlands wiederherstsllen. Auf diese Ansprache des Reichskanzlers legte der Vor sitzende der Reparationskommission Barthou die Gründe dar, die die Reparationskommifsion veranlaßt hätten, sofort mit der deutschen Regierung in Verbindung zu treten. In den Worten des Kanzlers läge ein Zeugnis und ein Programm. Die Reparationskommission schätze beides um so höher, als es van einer durch ihre amtliche Stellung im Geiste qualifizierten Persönlichkeit Herrühre. Was das Zeugnis anbelange, das der Reichskanzler über die Lage Deutschlands ablegte, so nehme es die Reparations kommission zur Kenntnis, ohne es für den Augenblick zu erörtern. Cs werde das erste Blatt des Aktenstückes sein, das sie zusammenstellen werde. Was das Programm anbe lange, so habe der Reichskanzler eher Fragen aufgeworfen als Lösungen gewiesen. Diese Fragen seien indessen durch aus diesenigen, die in das Arbeitsgebiet der Reparations kommission fielen. Die Stabilisierung der Mark sei die erste Frage, deren Verbindung mit dem Gleichgewicht des Budgets niemand bestreite. Die Reparationskommission danke dem Kanzler für sein Versprechen, an den Verhand lungen mit voller Offenheit und Ehrlichkeit mitzuarbeiten. Es handle sich darum, möglichst schnell das Ziel zu erreichen, das gemeinsam ins Auge gefaßt worden sei. Die Repa rationskommission sei hergekommen, nm den kranken Kör per zu behandeln, um den Ausdruck des Kanzlers zu ge brauchen. Es sei daher notwendig, daß sie die ganze Ausdehnung und alle Anzeichen der Krank heit kennenlerne. Der Augenblick sei gekommen, ohne Umschweife zu sprechen und an die Arbeit zu gehen. Von diesem Nachmittag ab heiße die Parole: Arbeiten wir! Es wurde hierauf beschlossen, die Verhandlungen so fort zu beginnen. Die erste Sitzung der Reparationskommission mit den beteiligten deutschen Ressorts hat heute nachmittag im Finanzministerium stattgefunden. Die Aussichten. Berlin, 1. November. Die gestrige Sitzung der deut schen Refforts mit der Reparationskommission war vollstän dig ausgefüllt mst eingehenden Darlegungen von Dr. Her- mes und Dr. Schröder über die Lage des deutschen Budgets. Die Delegierten stellten hier und da Zwischenfragen. Die Beratungen werden heute nachmittag 4 Uhr fortgesetzt wer- den. Die Delegierten der Reparationskommission traten gestern nachmittag zu einer internen Beratung zusammen. In gut unterrichteten diplomatischen Kreisen wird der Standpunkt vertreten, daß die Aussichten ftir einen Aus gleich diesmal günstiger sind als die letzten Male. Vorschlag und Gegenvorschlag. Berkin. 31. Oktober. Tatsache ist es nach Mitteilungen der D. Z., daß die belgischen Delegierten Delacroix und De- melmanns einen festen Plan für die Berliner Verhandlun gen mitgebracht haben. Dieser Plan erstreckt sich auf di« Sachlieferungen. die Finanzkontrolle und auf eine Neurege- lung der Barzahlungen, die bei Vereinbarungen über die vorangestellten Sickerungen durch ein längerfristiges Mora torium hinausgeschoben werden sollen. Es scheint aber, daß sich die Reparationskommission als Ganzes mit diesem bel- gischen Vorschlag noch nicht einverstanden erklärt hat. Dagegen steht es fest, daß die deutsche Regierung ihrer seits sogleich oder sehr bald mit einem eigenen Programm hervortreten wird. In der Schlußberatung des Reichskanz ler» und des Reichs finanzministers Hermes mst den deut- Braunschweig mit großem Interesse gelesen haben und die sem Interesse auch bereits öffentlich Ausdruck gegeben haben. Der neue Kurs in Italien. Auf der Faschistentaguug in Neapel hat der Haupt führer der Bewegung, Mussolini, den Faschismus als die bedeutendste politische Erscheinung der Nachkriegszeit ge- kennzeichnet. Wenn inan auch nicht ohne Vorbehalte bereit zu sein braucht, sich diese Kennzeichnung zu eigen .zu machen, so wird man doch ohne Einschränkung die Bewegung zu den merkwürdigsten und neuartigsten Bildungen auf.dem politi- schen Gebiete zu rechnen haben. Zu einem unzweifelhaft richtigen Urteil über den Faschismus zu gelangen, dürfte heute noch ungeheuer schwer sein. Aus den kleinsten und unscheinbarsten Anfängen hat sich die Bewegung über raschend schnell zu einem überragenden Machtfaktor im politischen Leben des Landes entwickelt, wobei wohl das romanisch-südliche Temperament der italienischen Bevölke rung und die geschichtliche Entwicklung des Landes im Laufe der letzten 100 Jahre stark mit zu berücksichtigen und zur Er klärung heranzuziehen sind. Der Ausgangspunkt des Fa schismus war eine starke Reaktion der Gesamtbevölkerring — die Arbeiterklasse eingeschlossen — gegen die Ausschrei tungen des italienischen Sozialismus. Bemerkenswert ist, daß' das Haupt der Faschisten, Mussolini, früher eifriger Sozialdemokrat war. Der Hauptteil der großen Anziehungskraft des Faschis mus beruht jedoch in seiner starken Betonung des Nationa lismus mit der sich eine ebenso starke Abneigung gegen den modernen Parlamentarismus verbindet, über die voraussichtlich« Entwicklungslinie des Faschismus ge winnt man aus den heute vorliegenden Meldungen das nachstehende Bild: Durch die Porta Pia in Rom ist Mussolini an der Spitze seines fl zrcichen Faschistenheeres einmarschlert. Unter dem Jubel einer vieltausendköpfigen Menge begab er sich sofort zum König, und zwar in der Tracht seiner Fa schisten. Nach der „Jdea Nationale" sagte er zum König: »Ich bitte um Verzeihung, Majestät, wenn ich mich in schwar zer Dlu.se vorstelle. Ich komme mis einer glücklicherweise unblutigen Schlacht, die wir haben liefern müssen. Ich bringe auch das durch den Sieg neu geweihte Italien von Vittorio veneto. Ich bin der treue Diener Eurer Majestät." In der Tat ist der Sieg der Faschisten ein so glänzen der, daß schon die Demobilmachung der Schwarzhemden angeordnet werden konnte. Die Worte Mussolinis, di« er der versammelten Masse zurief: „Mitbürger, in einigen Stunden werdet ihr wieder eine neue Regierung haben, nicht nur ein Ministeriufttt" kennzeichnen durchaus die Lage. Die italienische Presse ist voll von Kundgebungen für die neue Richtung. Widerstand macht sich in den wenigsten Organen noch geltend, was begreiflich er scheint, wenn man sich vergegenwärtigt, daß zahlreiche sozial! stische und demokratische Redaktionen von den Fasch,- sten zerstört, zum Teil sogar in Brand gesteckt worden sind. Die Zensur wird in vollem Umfange aufrecbt- erhalten. Die Machtenffaltung des Faschismus ist so groß, daß nicht nur die Kommunistische Partei ihre Auflösung voll- vollzoaen hak, sondern auch mit dem Ende der Soziollsliscken Partes gerechnet werden muß. Blutige Zusammenstöße fan den u. ä. in Bologna, Mailand und in geringem Umsauge auch in Rom statt, doch sind die Verluste auf beiden Seiten nur sehr gering. 800 000 Arbeiter sind zu Mussolini Nberge- S""^?e Gefahr für den neuen Kurs liegt einmal ft, der Möglichkeit, daß die Disziplin innerhalb des saAffk- schen Aufgebots nickst gehalten werden kann da es sich schließ- lich doch um irreguläre Truppen handelt, andererseits in bE Entstchen auswärtiger verwickluu-o«,