Volltext Seite (XML)
i'j Str. 228 Freitag, den 2S. September 1V22 77. Jahrgang. Nur wenig Menschen haben an ein so schnelles Ende der .Herrschaft König Konstantins geglaubt, als er vor zwei Jah ren unter dem Jubel seines Boltes aus dem Exil in seine Hauptstadt zurückkehrte. Al» er sedoch fast unmittelbar darauf die Politik des gestürzten Venizelos nicht nur auf nahm, sondern noch zu übertrumpfen versuchte, da begann man in Europa die Köpfe zu schütteln. Benizelos stürzte, weil er als Knecht der Räuberentente in unersättlicher Gier den Eroberungskrieg gegen die anscheinend wehrlos« Türkei sortsetzte. Der Traum eines großgriechischen Reiches mochte wohl in den Köpfen eines nicht allzu großen, wenn auch ein flußreichen Teiles des Volkes sputen und zu kriegerischer Be tätigung drängen: die Maste des Griechenvolkes aber war des Krieges überdrüssig und hatte nur die «in« Sehnsucht, Frieden und Ruhe Wiederkehr«« zu sehen. Als derjenige Mann, der sich mit seiner Person dafür eingesetzt hatte, Grie chenland aus dm Strudel des Weltkrieges herauszuhalten, der erst gewichen war, als französische Truppen und britische Schifssgeschütze Athen in Schutt und Asche zu legen drohten, war König Konstantin der Liebling des Volke« geworden. Und nun wagte er nicht, dem Druck Englands und der Kricgspartei entgegenzutreten, ließ sich von ihnen ins Schlepptau nehmen, enttäuschte die Hoffnungen der griechi schen Soldaten aus das bitterste, als er st« nicht in die Heimat entließ, sondern Jahr um Jahr in der Wildnis Kleinasiens der Todesgefahr und den Leiden des Kriege« aussetzte. Vst genug deuteten Wetterzeichen am griechischen Himmel aus das, was der König hätte tun müssen. Konstantin hat sie mißachtet. Solange England seine schützende Hand über Griechen land hielt, ihm die ausschweifendsten Versprechungen machte, konnte König Konstantin seine Stellung behaupten. Aber kaltlächelnd ließ man ih' in London und Paris fallen, als sein Heer versagte und die Macht Griechenlands nicht mehr wenn sich diese Forderungen als authentisch Herausstellen lallten, so wurden st« eine sehr ernste Lage schassen. Kemals Fcrderung, die Küsten des Marmarameeres befestigen zu dürfen und die Abneigung gegen di" Entmilitarisierung der Dardanellen seien ein äußerst schweres Hindernis für den Frieden, besonders wenn sie mit der Forderung verbunden seien, daß Großbritannien die Entsendung militärischer Ver- stärkungen nach der Türkei einstellen solle. Die Freiheit der Meerengen sei im britischen Interesse ebenso wichtig wie im Interesse der ganzen Welt, und in dieser Frage könne es für England unter keinen Umständen ein Kompromiß geben. Es wäre ein Kompromiß, wenn türkische hecresteile von der asiatischen Seite der Meerengen Besitz ergreifen würden. Ner lutionüre Unruhen in Griechenland. London, 27. September. (Reuter.) Nach Meldungen aus Athen sind in Griechenland ernst« revolutionäre Unruhe n ausgebrgchen, besonders in Larissa, Mitylene und Saloniki. Heer und Marine sind daran beteiligt. Unabhängige Zeitung für alle Stände in Stadt und Land. Dichteste Verbreitung in allen Volksschichten Beilagen: Sonntags-Unterhaltungsblatt und Landwirtschaftliche Beilage Geschäftsstelle Bischofswerda, Altmarkt 15. — Druck und/Verlag de» Buchdruckerei Friedrich May in Bischofswerda. — Fernsprecher Nr. 22 Mschofsweröaer Einzige Tageszeitung im Amtsgerichtsbezirk Bischofswerda und den angrenzenden Gebieten Die» Blatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen der Amtshaupt- Mannschaft, der Schulinspektion und des Hauptzollamts zu Bautzen, de« Amtsgerichts, des Finanzamtes und des Stadtrats zu Bischofswerda. der Nationalversammlung die Königsmacht zu retten, sind gescheitert. Von allen preisgegeben, geht König Konstantin zum zweiten Male ins Exil. Wer weiß, ob er nochmal» zu-, rückkehren wird; sehr wahrscheinlich ist es nicht. Erstaunlich ' wäre es freilich, wenn das griechische Volk ausgerechnet ve nizelos, den Vater der unglückseligen Politik, di« Griechen land so viel Blut und Elend gekostet hat, an die Spitze de» Staates beriefe. Aufstand in Albanien. Frankfurt a. NI., 27. September. (W. T. B.) Wie der „Frankfurter Zeitung" aus Rom gemeldet wird, Negen dort Nachrichten über den Ausbruch eines Aufruhrs in Albanien vor. Die albanischen Regierungstruppen seien bei Tirana ge« schlagen worden. Ursache de» Aufstandes sei vermutlich Rückwirkung der Ereignisse im Orient auf Albanien. ... , , > . > Anzeigenpreis: Die Saefpaltene Grund-eile (Zlm. Moste 14) oder deren Raum 7.50 Mk., örtliche Anzeigen S.— Mk. Im Tchtz teil (Zlm. Moste 14) 25.- Älk. die 3ge,pallr — Athen, 27. September. (Drahtb.) havas. Griechische Truppen, die in Begleitung von Kriegsschiffen au» Nlytilene und Chios kamen, landeten im Lause des gestrigen Nachmit tags in Laurion und anderen Stellen der Küste in der Nähe Amens. Vas Panzerschiff „Lenina," schickte funkentelegra phisch ein Ultimatum an die Regierung, worin sie aufgefor- derl wird, daß Vormitternacht die Bedingungen und die Pro klamation des obersten Gonats angenommen werden. Um g Uhr abends fand ein BNnisierrat unter dem Vorsitz de» Königs statt, an dem auch General Papulös teilnatzm. Nach Schluß der Versammlung erklärte der Ministerpräsident Tri- andalylako«, daß die Negierung zurücktrete. General Papu lös ist beauftragt mordest, mit den Aufständischen zu verhan deln. Er fuhr sofort nach Laurion ad, um sich mit den Parla mentären der Truppen zu treffen. Abdankung König Konstantins. Amsterdam, 27. September. Au» London wird gemel det: Nach hier eingelaufenen Nachrichten aus Athen hat Kö nig Konstantin von Griechenland zugunsten des Kronprinzen dem Thron entsagt. Die Regierung ist zurstckgetreten. Mk. 72.50, ort Zustellung tn» H, 5!?. bezogen monatlich Mk. 125.— mit Zustellungsgebühr. Alle Postanstalten, Dostboten, sowie Zeitungsausträger und di« Geschäftsstelle de» Blattes nehmen jederzeit Bestellungen entgegen. . Gemeinde« Bischofswerda Konto Nr. S4. - . - -, -- --- 77 Krieg oder sonstiger irgend w Störung des Betriebes der Zeitung .... tungen — hat der Bezieher keinen Anspruch Nachlieferung der Zeitung oder auf Rückzahlung des Bezugspreises. Der Tabakzoll. Bersin, 27. September. Sm Reichstagoausschuß für Volkswirtschaft wurde heute über die Erhöhung de» Tabak- zolle» weiterb«raten, von deutschnationaler Seite wuwe de- antragt, die Ausführabgabe für die Erzeugnisse der Tobak- industrie sofort ausWdeden. Von der Deutschen Vvlkapaickei und den Demokraten wurde dieser Antrag uptrrstützt. Em Sozialdemokrat beantragt«, daß "-.-lk-bun« der Et» Leschetanngsweis,: Jeden Werktag abend« für den folgend. Tag. Postscheck-Konto: Amt Dresden Rr. 1521. -^Abholung in der Geschäftsstelle monatlich verbandsgirokasi« Bischofswerda Konto monatt^ MK.7S.-. duA Zm ttgend-we.cher ttll'.Z^ M^ hr. Störung der Betriebes der Zeitung oder der Besörderungseinrich- Holungen Nachlaß nach seststehenden Säften. — Amtliche Ayzeiarn , aus Lieferung oder die 3ge,paltrne Zeile. 15.— Mk. — Für bestimmte Tage oder Plätze . ig des Bezugspreises. wird keine Gewähr geleistet. — Erfüllungsort Bischofswerda. Um die Preiserhöhung für da» Umlage-Getreide. Die Frage der Heraufsetzung der Preße für Umlaa-a^ treibe scheint in ein- kritisches Stadium getreten zu sein. M» wir hören, hat der Reichsernährungsminister Dr. Fehr dem Kabinett eine Vorlage zugehen lassen, die «ine we sentliche Heraufsetzung der Preise für Um« lagegetreid« Vorsicht. Di« zur Beratung über dies» Vorlage für Dienstag angesetzet gewesen« Sitzung de» Reich»- kabinetts ist jedoch vertagt worden, weil bei der gegenteiligen - - Auftastung der sozialistischen Minister in der Frage des Um- lagepreises eine Beratung als aussichtslos erschien. Es soll ' nun versucht werden, den Reichsernährungsminister zur Zu - rückziehung seiner Vorlage zu veranlassen und durch interne Besprechungen zwischen den Ministern zu einer Ein!- gungsformel zu gelangen. Über die Schwierigkeit einer Einigung in dieser Frage K äußerte eine gut unterrichtete Persönlichkeit, daß es durchaus den Anschein habe, al« solle es über die Gestaltung des Ge- treibe-Umlagepreises zu einer schweren inn « rpoliti- Z schen Krisis kommen. Wenn man die scharse Stellung-' nähme der Sozialisten in Augsburg und Gera und di« Äuße- runaen des „Vorwärts" vergleiche, dann müsse man darauf A («saßt sein, baß die sozialistischen Minister einer Heraus- etzung der Umlagepreise für Getreide den heftigsten Wider- tand entgegensetzen würden. Die Minister haben sich auf i »em Augsburger Parteitage derart sestgelegt, daß es für ie fast kein Zurück geb«. Anderseits hätte die nochmalige Nachprüfung der landwirtschaftlichen Verhältnisse durch die vom Ernährungsminister einberufene Preisprüfungskommis- u sion die Notwendigkeit eines besseren Kostenaus gleiches ergeben. Die Regierung stehe heute vor größeren Schwierigkeiten als jemals, und das Leidige sei eben, daß jede Regierungsmahncchm« vqn außen her von parteipo - > litIschen Einwirkungen beeinflußt werde. Im Reichswirtschastsministeium wird versichert, daß die Getreideumlage die einzige Sicherung unserer Bottsernäh rung sei und daß der Preis für Umlagegetreide so niedrig wie möglich gehalten werden müsse. An dem Standpunkt des Wirtschaftsmimsters habe sich in dieser Beziehung nichts ge- L- ändert. Diese Äußerung offenbart den Widerspruch der Auf- - fassung zwischen den, Reichswirtschaftsminister Schmidt urid dem Reichsernährungsminister Dr. Fehr, der nach ' . einer Münchener Meldung im Bayerischen Bauernbund er klärt haben sott, daß er zurücktreten werde, falls der Umlagepreis für Getreide nicht auf ungefähr 35 Prozent des . , Marktpreises erhöht werde. ' Im Ernährungsministerium wird hierzu bemerkt, daß es sich lediglich nm eine unrichtige Wiedergabe einer , Äußerung des bayerischen Landwirtschaftsminister» Wutzel- Hofer handeln könne. Minister Fehr habe in vertrau-, lichem Münchener Kreise über di« Getreidepmlaa« gespro chen und dabei aus der von ihm für nötig erachteten Herauf- setzung der Preise kein Hehl gemacht. Es sei ihm aber nicht > eingefallen, mit R ü cktri tts ab s i ch ten zu drohen. So etwas tu« ein Minister in dieser Situation nicht. Der Minister habe -in« entsprechende Vortage dem Reichskabinett eingereicht. Was sich für den Fall einer Ab lehnung der Vorlage ergeben könne, müsse abgewartet wer den. Die Orientwirren. Die Wetterwolken auf dem Balkan ballen sich immer drohender zusammen: zum dritten Mal Ist türkische Kavallerie in die neutraleZone eingedrungen, und zwar diesmal in der Gegend non Bigha. Während man auf oie amtliche Antwort Kemal Paschas noch vergeblich wartet, wollen die englischen Blätter wissen, daß Kemal es ableh ne n wird, unter den Bedingungen der Alliierten die Konfe renz von Venedig zu beschicken. Er wird noch einmal dis Teilnahme Rußlands an der Konferenz fordern und keinesfalls auf die Befestigung der Küsten des Mar marameeres verzichten. Die Einstellung seiner Operationen wird er abhängig machen von dem Rückzug der britischen 'Verstärkungen. Daran aber denkt England nicht: es werden im Gegenteil noch immer neue Truppen- und Flotteneindei- ten nach Gallipoli und dem Bosporus entsandt. In Kon- stantinopel herrscht Panikstimmung, da die bis herige Regierung des Sultans jeden Einfluß verloren hat. Man erwartet die Entsendung eines kemalistischen uno «monni. eer uno M ar, ne I.uv voran beteiligt. Groß wesirs nach Konstantinopel als solcher wird Hamid! Der Minister des Innern tcilte gestern mit, die Regierung Bei genannt. Der Sultan wird voraussichtlich ent- !^'c».chtw,c "'eie Kr.egsschi fe sich der Bewegung ange thront werden und an seiner Stelle Prinz Selim den schlossen batten Die Sicherheit des Komgs ,st anschetnend Thron besteigen. ungefährdet. Die Revolutionäre verlangen die Abdankung In den übrigen Valkanst^ P°aris"'27. September. (Drahtb.) Nach einer havas- 3<rg« mi Oriertt zu Unruhen "U" Art 2n G r i e Meldung aus Athen wird die militärische Bewegung ch e n l g n d herrsche, wic^an^anderer,^ le gemeldet, eine gleichzeitig von royalistischen und venizelistischen Offizieren -7-re<A« Revolution. Aus Sofia meldet der Droh. Sie hatten keinen ausgesprochen venizelislischen ^crasA und geheime M o b 1 im achunga „ ^r,nd!a Prinz Paul soll sich als Gefangener an Bord des ischen Grenze die freilich uo "der Schulschiffe« „Elli»- befinden. Trotz der ernsten Lage Herr- -stritten wird. Die ^meldete,.Straßenkä^ inSofiawer- ^hen völlige Ruhe. >11 in Abrede gestellt. Doch ist kein Zweifel, daß es unter «»tben. 27. Sevtember. (Draktb.) üaoas. Grieckiicke Thron besteigen. Lag« im Orient zu Unruhen aller Art Acsührt. Jn^G r i e - regelrechte Revolution eine ' wi Gestritten wird. Die den in DD..'.. „T—. ... „ der Decke gefährlich glimmt; es haben sich Gehelmorganisatio nen gebildet nach laizistischem Muster, um die Staatsautori- ! -t zu stürzen. Aus Belgrad kommt die Nachricht von üne-m Putsch des Prinzen Georg von Serbien, der von üner Militärpartei zum König ausgerufen sein soll. Belgrad ''! der Scbauplatz blutiger Zusammenstöße gc- r-r-.'den. Man erinnert sich, daß Prinz Georg seit langem - gen die Regierung seines Bruders intrigiert und bemüht -ir. allo Unzufriedenen des südslawischen Königreiches in ' ine Güo'gschast zu bringen, unter ihnen auch die kroati- --H e n Landcsparteien. Prinz Georg hat 1912, als er im "-hzarn seinen Kammerdiener erschossen hatte, auf den / ron zugunsten seines Bruders verzichtet: er lebte längere ?üt in Paris aus sehr großem Fuße. Als er in Geldver- '---it-'n geriet, brachte er seine Sache vor die Öffentlichkeit 1-:^ kloo! die serbische Regierung an, ihn absichtlich ahne Mit- i ,'u haben. Die Verhandlungen endeten vor eini- r. a damit, dos, ein serbischer Minister dem Prinzen l-'uc i A-'enthattsort in de> Nähe von Risch anwies; Prinz Oo-g ober meige,ie sich, Belgrad zu verlassen, und.antwor tete mit dem Aufruhr. Krnml bleibt fest. AirzleDom, 26 September. Aus London wird gemel det: In de' Negierung nahestehenden Kreisen glaubt man an eine neue «Verwicklung in der Dardanellen- und Thrazien frage infolge d-r umiochgiedigen Haltung Kemyl Paschas. Nach Meldungen im Foreign Office hat der Tnrkenführer etwa folgendes erklärt: „Die augenblickliche Stellung der siegreichen türkischen Armeen gibt uns die Meerengen bereits in unsere Hand, zumindest aber unter unseren Einfluß. Wir verlangen nur unser billige'' Recht, wenn wir mn der Überschreitung der Meerengen besieben. Es märe auch unlogisch, wenn die Dsrfolguna des Feindes, den wir in Kleinasien geschlagen haben, uns versagt winde, mährend er in Thrazien fick' reoraonisicrt und weitere i'.nruhen über das Reich bringt." Kemal Pascha erklärte, eine indirekte Kontrolle der tür- l,schon Hauptstadt, wie sic durch eine Festsetzung der Englän- f-r auf Gallipoli gegeben werde, für unerträglich. Auch c-äbs cs keine neutrale Zone, wie die Engländer behaupteten; sie sei nicht neutral, sondern diene dem Zweck, die britische Vrmee zu beschützen. Neben dieiem Ziel verfolge die eng lische Negierung noch d i- 'weite: die D.ndanellcn und Kon stantinopel zu besitzen. Die gegenwärtige englische Regie rung greife zu jeder Intrige, um die anderen Mächte zu täu schen. Er, Kenias Pascha alanbe aber nicht, daß diese ande- deren Mächte ihre Vernunst so weit verlieren würden, um mit Großbritannien zusommenzugeheu. Wenn die britische Nation ihre öffentlichen Angelegenheiten länger in den Hän gen von Staatsmännern, wie Lloyd George, lasse, so werde sie in dem Fundament des britisckien-Reiches einen unheil baren Bruck, herbeifnbren. Lloyd George bat seine Meinung im Daily Ckiouicle über die Gegensordc- r. ngen sestaelegt. Da» Blatt schreibt in feinem Leitartikel, in die Woafchoie fiel. Luch die Versuche, durch Einberufung Aus Sofia meldet der Draht