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Der sächsische Erzähler : 01.07.1922
- Erscheinungsdatum
- 1922-07-01
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1735715891-192207011
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1735715891-19220701
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1735715891-19220701
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Bemerkung
- vorlagebedingter Textverlust
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Der sächsische Erzähler
-
Jahr
1922
-
Monat
1922-07
- Tag 1922-07-01
-
Monat
1922-07
-
Jahr
1922
- Titel
- Der sächsische Erzähler : 01.07.1922
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noch einer Vermengung von Industrie und Handwerk, es geht nach klarer Scheidung. Norm und Typus sind die For derungen, die wir an die Industrie stellen. Höchste Wertstei gerung des Materials, Beseelung und inneres Leben aber werden mebr als je vom Handwerker erwartet. Diese Gesundung führt gleichzeitig zu einer Abrechnur^g mit den Verfallserscheinungen des Handwerks. Vor allem warnt sie jeden Meister davor, mehr Verkäufer als Gestalter sein zu wollen und die Verbindung mit dem Künstler und dessen schöpferischem Wissen nur als Festdekoration, nicht aber als ernste Verpflichtung aufzufassen. Wir brauchen die Abkehr des Handwerkes von der materiellen Auffassung, die ihn seine Arbeitsmethoden zu sehr auf Verkauf einstellen und damit zum kleinen Zwischenhändler werden liest. Wir brau chen Handwerker, die bewußt und stolz das Können ihres Volkes in festen Händen über die Krisen der Zeit hinüber retten, Männer also, die ihren Arbeitsbetrieb nicht als La den, sondern als Werkstatt ausfassen, und die darum ein Recht hoben, sich „Meister" zu nennen. Der Werl der Handwerksarbeit. Von Reichskunstwart Dr. Edwin Rcdslob. Gute Arbeit wird nur geleistet, wo Wissen und Können sich die Wage halten. Sobald das Wissen gegenüber dem Können einseitig wiegt, tritt eine Stagnierung ein. Dieser Gefahr ist das 19. Jahrhundert vielfach unterlegen. Man , verlor das Verständnis für das Entstehen der Dinge und < kümmerte sich nur um ihre äußere Erscheinung. Es kam bei- spielsweise bei einem Schrank weniger auf die Qualität und werkgerechte Behandlung des Materials an, als vielmehr : darauf, daß sein Zierrat historischen Sentimentalitäten oder : der Sucht zu modischen Neuerungen gehörig Rechnung trug. Der Entwursszeichner wurde über den Meister geseßt. Un- > ter dieser ästhetisierenden Einstellung, welche die leßten und > feinsten Fragen des Geschmacks vorwitzig an den Anfang ^stellte, hatte vor allem der Handwerker zu leiden. Statt Ar- rbeit zu würdigen, die auf der gediegenen Grundlage tech- ' löschen Könnens zu höchster Durchbildung und Vollendung ! gelangt, wollte das Publikum Schnörkel und Beiwerk. ' Heute hat sich eine Änderung durchgescßt. Wir sehnen : uns wieder nach handfestem Können und begreifen, daß nicht ! das „Was" der Ornamentik, sondern das „Wie" der Arbeit - den Wert eines Stückes ausmacht. Auch sieht man ein, daß auch dem Großbetrieb Meisterarbeit nötig ist, weil der Hand werker als Hüter und Entwickler von Können und Material kenntnis der beste Lehrer des Nachwuchses ist. Man begreift auch, daß man erfolgreich nur da typisieren und normieren i kann, wo die experimentelle Arbeit des erfahrenen Hand- . werkers vorausgegangen ist. Man begreift also, daß die Er- > Haltung der Tradition und damit die Erziehung eines gesun den Nachwuchses davon abhängt, ob sich das Handwerk wie der zu künstlerischer Gesinnung durchringt. Es will scheinen, : als ob wir aus der Periode heraus mären, in der das Hand werk sich genötigt sah, die Industrie zu unterbieten. Das i Handwerk muß bewußt nach Höchstleistung streben, denn in- ! folge der Erfahrungen de§ letzten Jahre dringt im Publikum i die Einsicht durch, daß ein handgearbeitetes Stück bereits , prinzipiell mehr wert ist als ein Massenartikel. Nicht zuleßt z verbreitete die Auffassung der Künstler, sowie die Tätigkeit jder Sammler und Forscher ein neues Verständnis für die i geheimnisvolle Kraft des handgefertigtcn Stückes wie für das Geheimnis der Lebenswärme, die nur aus der Hand, nicht aber aus her Maschine zum Menschen zu strömen ver- ttzM, Das Streben der kommenden Zeit geht daher nicht Neues aus aller Welt. — Ein schweres Aulomobilunglück hat sich am Mittwoch auf der Chaussee zwischen Weißkeißel und Rietschen (preu- Politische Attentate. Das Rathenau-Attentat ist nicht das erste Attentat, das in Berlin auf einen Minister des Auswärtigen verübt wur de; 1866 schoß der Student Cohen-Blind auf B i s - marck, der damals Minister des Auswärtigen und preußi scher Ministerpräsident mar. s7. Mai.) Bismarck ging zu Fuß vom Palais des Königs nach seiner Wohnung in der Wilhclmstratze, als der Attentäter, der im Portal der russi schen Botschaft Unter den Linden stand, auf ihn schoß. Die Kugel traf eine Rippe, aber diese federte, und Bismarck blieb unverletzt. Ebenso bei dem zweiten Attentat, das in Bad Kissingen 1874 auf ihn verübt wurde. Attentate auf hervor ragende Personen waren in Deutschland vor dem Kriege sehr selten, es sind nur die beiden Anschläge auf den ersten Kai ser im Sommer 1878 zu verzeichnen. Die häufigsten politischen Verbrechen kamen in Ruß^ land vor, das auf Liese Weise den zweiten Zaren Alexan der, dessen Bruder Sergius und Zar Nikolaus mit seiner Familie, sowie eine große Anzahl von Ministern und hohen Beamten verlor. König Alfonso von Spanien war wieder holt lebensgefährlich bedroht, am schwersten bei seiner Heim- kehr von seiner Trauung. Drei spanische Ministerpräsiden ten sind ermordet worden. In Frankreich fiel außer anderen Attentaten Präsiden« Carnot, in Italien König Humbert, in Österreich die Kaiserin Elisabeth und her Thronfolger Franz Ferdinand und Frau, in Serbien der König Alexander und die Königin Draga, in Grie chenland der König Georg, in Bulgarien der Regent Stambulow, in Konstantinopel der Sultan Murad usw. solchen Verbrechen zum Opfer. In Irland sind ver schiedene» hohe englische Beamte von politischen Gegnern ge tötet worden. Alle diese Greueltaten erreichten nichts. Die bekanntesten Opfer nach der Revolution waren in Deutsch land der bayrische Ministerpräsident Kurt Eisner und der Abgeordnete Mathias Erzberger. Gesundheitspflege. wie kühlt man sich am besten ab? Es ist selbstverständ lich, daß man sich an heißen Tagen und für größere Spazier märsche so hell und leicht als möglich kleidet, damit die Haut ausatmung ungestört vor sich gehen kann. Unsere Wander vögel, Pfadfinder und Pfadfinderinnen ufw. sind in dieser Beziehung schlecht beraten, zumal sie sich noch mit allen mög lichen Dingen beladen. Eine richtige Kleidung und mög lichste Entlastung von jederlei Gewicht auf dem Körper ge nügt sedoch nicht, um einer übermäßigen Erhöhung der Kör perwärme vorzubeugen und damit, wie dies beim Hitzschlag plötzlich zur Erscheinung kommt, einen schädlichen Einfluß derselbest auf die Funktion.der Organe, besonders des Zen- tral-Nervensystems hintanzuhalten. Um den Verlust durch Schweißabsostderung auszugleichen, trinke man Wasser, kal ten Kaffee oder Tee, Zitronenlimonade und dergl., aber nie mals zu kalt und stets nur langsam schluckweise, niemals Äuch, wenn der Körper vom Laufen oder Arbeiten noch aufgeregt ist. Man gönne sich wenigstens einige Mi- nuatn Ruhe zuvor. Durch das Löschen des Durstes wird der Magen erfrischt, was ein kühleres Empfinden zur Folge Hal. Sehr zweckdienlich ist aber auch ein direktes Abtühlen der Haut durch Waschen des Gesichtes, des Halses und der Hande und ein AbJühlen des Blutes, indem man die Hande b i s überden P u l s in kaltes Master taucht. Dieses einfache Mittel wirkt ausgezeichnet, die Abkühlung ist gerade wun derbar. Hat man längere Fußmärsche hinter sich, so kühle man auch die Füße, was vielfach unterwegs an einem Bach oder Teich geschehen kann. Dadurch wird das Blut vom Kopf herabgezogen, und di« Füße haben nicht mehr das Ge fühl der Ermüdung. Endlich empfiehlt es sich, gute Pfeffer minzküchel auf die Wanderungen mitzunehmn, sie wirken sehr günstig aus den Magen und Darm «in und erfrischen di- Mundhöhle. , „ - M.- ' - > ßstche Oberlausitz) ereignet. DerChavffeur desvtrerwr» Müller der Glashüttenwerke Hirsch, Zanke L (ko. wollt» : einem größeren Stein auvbtrgen. Labei platzte ein Resten j und der Wagen überschlug sich, Dtrekwr Miller und der Chauffeur kamen mit leichteren Verletzungen davon, von den übrigen vier Insassen wurden getötet: Direktor Klücher von den vereinigten Lausitzer Glaswerken und der Sphn ! des Pantoffeffabrlkanten Gebauer; schwerverletzt in» Kran- kenhgus gebracht wurden Frau Camilla Rate und deren Schwester Dora Greiner. — Ein Vrawa in der Lust. Die Untersuchung über einen Unfall, den ein französische» Flugzeug beim überflie gen des Kanals hatte, ergab ein merkwürdiges Resultat.' Die Autopsie hat ergeben, daß der französische Pilot da» Opfer eiyes Attentats geworden ist, indem ihm während de» Flu ges eine Kugel in den Kopf gejagt wurde. Tiner der Passa giere soll in einem plötzlichen Wahnstrmsansall den Piloten astgegriffen haben. „Bayrische Holzverwertung G. m. b. H.", und hat al» solche auch einige Holzgeschäfte gemacht. Da» Geld für diese Geheimverbinhung soll, au» Jndustriekreiien stam men. Näheres über da» ganze Wesen dieser Organisation' L und über ihre eigentlichen, der Öffentlichkeit gegenüber na türlich verhüllten Ziele wird man aus dem Prozeß erfahren, der gegen 56 Personen wegen Geheimbündelei angestrengt ist, wenn nicht vorher schon der Prozeß gegen die Nathenau- Mörder restlose Klarheit schafft. Erwiesen ist jedenfalls, daß die Erzbergermörder Schulz und Tillesen Mitglieder der OrganisationsC gewesen sind. « Maßnahmen zum Schutze der Republik. Berlin. 89. Juni. (Drahtb.) In der Konferenz der Mi nisterpräsidenten der Länder mit der Reichsregierung, die beute nachmittag stattfand, sprach sich die Mehrheit der er schienenen Landervertreter für eine gesetzliche Haftung der zum Teil durch die Verordnung des Reichspräsidenten ge regelten Bestimmungen zum Schuhe der Republik aus. Her- ner erklärte sich die Mehrheit bereit, im Reichsrate auf die gcsckäftsordnungsmähige Frist zu verzichten, die für die Be handlung von Gesetzentwürfen vorgesehen ist. und sofort in eine Beratung des Gesetzentwurfes zum Schutze der Repu blik cinzutreten. Es ist demgemäß zu erwarten, daß der Entwurf schon Anfang nächster Woche dem Reichstag zu gehen wird. Die Beratungen der Reichsregieruna mit den Ministerpräsidenten der Länder werden morgen fortgesetzt. Berlin, 29. Juni. Die zweite Verordnung auf Grund des Art. 48 der Reichvverfastung zum Schutze der Republik besagt: Art. 1: Personen, die an einer Vereinigung teilneh- men. von der sie wissen, daß es zu ihren Zielen gehört. Mit glieder einer im Amte befindlichen oder früheren republikani schen Regierung durch Tod zu beseitigen, werden mit dem Tod oder lebenslänglichem Zuchthaus bestraft, ebenso Per sonen, die eine solche Vereinigung wissentlich mit Geld unter stützen. wer um das Dasein einer solchen Vereinigung weiß, wird mit Zuchthaus bestraft, wenn er es unterläßt, von dem Bestehen der Vereinigung Anzeige zu erstatten. Art. 2: Die Verordnung zum Schuhe der Republik vom 26. d. M. wird in mehreren Punkten abgeändert. Art. 3: wird durch deu Inhalt einer periodischen Druckschrift die Strafbarkeit einer zur Zuständigkeit des Staatsgerichtstzofs gehörenden Hand lung begründet, so kann die Druckschrift, wenn es sich um eine Tageszeitung handelt, aus die Dauer von vier Wochen, in anderen Fällen bis sechs Monaten verbalen werden. Rach Art. 4 tritt die Verordnung mit der Verkündigung in Kraft. Sie ist unterzeichnet: Berlin, den 29. Iuni 1922. Reichsprä sident Ebert. Reichskanzler Dr. Wirth. Reichsminister des Innern Dr. Köster. Reichsminister der Iustiz Dr. Rg^rxch. Vorläufige Verordnungen Berlin, 29. Juni. (Drahtb.) Das Ergebnis der Unter- suchung gegen die Mörder Rathenaus und deren Hinter- männer hat gezeigt, daß es sich auch diesmal wieder um Mit glieder der sogenannten Organisation 6 handelt. Die Reichsregierung sah sich infolgedessen im Einvernehmen mit dem Reichspräsidenten in die Rotwendigkeit versetzt, im In teresse der Sicherheit des Staates und der wirksamen Fort führung der Untersuchung zu sofortigen Maßnahmen zu greifen, ohne die geplante gesetzliche Regelung zum Schuhe der Republik abzuwarten. Es wird deswegen der auf gründ des Art. 48 der Verfassung erlassenen Verordnung des Reichspräsidenten eine Ergänzung hinzugesstgt, die alle Teilnehmer und Mitwisser solcher Organisationen trifft. Weitere Zusätze stellen unter Strafe Verleumdung und öf fentliche Beschimpfung der Opfer von Gewalttaten. Unter: stühung von Geheimorganisationen mit Geldmitteln und er- . möglichen ein Verbot von periodischen Druckschriften, die sich einer zur Zuständigkeit des« Skaaksgerichtshofes zum Schuhe der Republik gehörenden Handlung schuldig machen. Städtische Bekakmtmachungen. alte Bücher (unter 10 «K Anschaffungswert) 30 i neue Bücher (von über 10 Anschaffungswert) 50 L, : --Bersäumnisgelder täglich 25 „Z. ^Bischofswerda, am 30. Juni 1922. Der Rat der Stadt. der Ministermord verübt morden war, kehrte der Chauffeur mit dem Wagen zurück, wieder ohne seinen angeblichen Herrn. Auch diesmal war der Wagen sehr bestaubt, so daß der Garagenbesitzer annahm, der Wagen müsse wieder eine Dberlandfahrt gemacht haben. Abermals erklärte der Chaus- reur, daß der Besitzer des Wagens später kommen würde, imd entfernte sich. Nun kam der Chauffeur nicht mehr wie der und von dieser Zeit an kümmerte sich überhaupt niemand 'mehr um den Wagen. Wenn es zunächst unverständlich swar, daß der Garagenbesitzer von diesem Vorfall und von Dem herrenlosen Wagen der Polizei trotz des Bekanntwer dens der näheren Umstände bei der Ermordung Rathenaus deine Mitteilung gemacht hat, so hat sich dieses auffällige Verhalten in der Zwischenzeit dahin erklärt, daß der oder die Garagenbesitzer selbst als Mitwisser der Mvwtat in Frage kommen. In einer späteren Meldung wird denn auch schon berichtet, daß beide Besitzer als der 'Teilnahme überführt verhaftet worden sind. Wer ist die Organisation C. Seit Mittwoch ist die Polizei im Besitz der Mitglieder liste der Geheimorganisation 0. Die Mitgliederliste ist in - Geheimschrift gehalten, deren Entzifferung voraussichtlich ' bald gelingen dürfte, so daß die nächsten Tage entscheidende , Handlungen der Polizei bringen werden. Die Zahl der Mitglieder der Organisation 6 beträgt über 1000, die sich auf das ganze Reich und auf das Ausland verteilen. Im Interesse der Untersuchung sind nähere Angaben zur Zeit ! nicht zu machen. Eine Verbindung der Geheimorgani- - sation 0 mit den offiziellen Organisationen der rechtsstehen- . den Parteien und Vereinigungen ist auf Grund der bisheri- gen Ermittlungen nicht f e st gestellt. Die Haussuchungen in den Bureaus der rechtsgerichteten l Organisationen, die zur Beschlagnahme der Mitgliederlisten ' und der Korrespondenz geführt hatten, sind nicht fortgesetzt worden. Wie zuverlässig verlautet, hat sich die Resultat- »losigkeit der Haussuchungen ergeben. Der i größte Teil der beschlagnahmten Schriftstücke ist bereits wie- der zurückgegeben worden. Durch die Vernehmungen im Killinger-Prozeß in Offen- > bürg ist für die Oeffentlichkeit einige Aufhellung über die so- ! genannte Organisation 0 geschaffen worden. Hervorgegangen ' aus der „nationalen Arbeitsgemeinschaft," die seinerzeit auch im Jagow-Prozeß vorm Reichsgericht eine gewisse Rolle : spielte, hat sich die Organisation 0 als Ziele gesteckt: Weiter- > Verbreitung des nationalen Gedankens, Bekämpfung jeder ' internationalen Bewegung, namentlich des Bolschewismus, Bekämpfung des Judentums. Ihren Sitz hatte sie in Mün- ^-chen. Ihren Namen hat diese Geheimverbindung von dem : Decknamen „Consul," der in Marinekreisen angeblich für den Kapitänleutnant Ehrhardt, den ehemaligen Führer der be- kannten MarinSdrigade, üblich war. Ehrhardt ist auch das ' Haupt der Organisation, obwohl er wegen Hochverrats steck- , brieflich verfolgt wird. Der Stellvertreter Ehrhardts war der l in München jetzt verhaftete Kapitänleutnant a. D. Hofmann. Mitglied der Organisation 0 konnte jeder „national denkende Deutsche" werden. Ausgeschlossen von der Ausnahme waren , „Fremdrassige." Verräter an der Organisation und ihren : Plänen waren der „Feme" verfallen, die freilich nur „ge f fellschaftlich" ausgübt werden sollte. Die Organisation 0 ; war in drei Abteilungen gegliedert, deren erste sich ' nüt den politischen und allgemeinen Aufgaben (unter Lei- tung des verhafteten Hoffmann), deren zweite sich mit mili- tärischen Angelegenheiten (unter Leitung des Kapitänleut- ' nants von Killinger), deren dritte sich mit Pressesachcn zu ' befassen hatte. Die Organisation 0 trug den Decknamen Aus Sachsen. Dresden, 29. Juni. Mittwoch abend drang in «inen Diskussionsabend de» Verein» deutscher Studenten in der Wielandstraße 1, bei dem der bekannte demokratisch« Poli tiker und frühere Landtagsabgeordnete Dr. Menke-Tlückert über das Thema „Der Student und das neue Deutschland" sprach, ein Haufen junger Burschen ein, die sich vorher am Hauptbahnhof gesammelt hatten. Sie hatten, wie sich aus verschiedenen Äußerungen ergab, Len Verdacht, es handle sich dort um «ine Geheimorganisation, während in Wirklich keit der Borttag der Aufklärung und der Versöhnung diente. Eine Fensterscheibe wurde zertrümmert, aber kein weiteres Unheil angerichtet, da die Studenten drei Vertreter der Kundgeber zu ihrer Diskussion einluden und die drei jungen Leute sich davon überzeugen konnten, daß alles andere eher als eine Verschwörung ausgeheckt wurde. Einer von ihnen dankte dann auch für die versöhnenden Worte und gab der Sehnsucht der Arbeiterschaft nach höherer Bildung Aus druck. Ohne weiteren Zwischenfall konnte die Aussprache beendet werden. Auch am Tage vorher war übrigens das Haus von Kundgebern heimgesucht And einige Fensterschei ben zertrümmert worden. Oschatz, 30. Juni. - Im Reisekorb versteckt traf gestern vormittag ein junger Mann auf dem Bahnhof Oschatz ein. Er entpuppte sich als der 21jährige Eisenbahngehilfe Max Steinacker aus Wurzen. Er hatte sich in Wurzen einen Reisekorb anfertigen lassen, der 1,55 Meter lang, 55 Zenti meter hoch und breit war. Der vierfache Verschluß des Kor-, bes war so eingerichtet, daß er von innen durch Schrauben und Flügelmuttern Köffnet werden konnte. In diesen Die- beskäfig hat er sich mit Hilfe seines Bruders verstaut. Dann ist der Kork von dem Bruder als beschleunigte» Eilgut nach Oschatz äufgegeben worden, auf dem Frachtbrief als Pack material deklariert und adressiert an Kaufmann Paul Girndt in Wurzen, Empfangsstation Oschatz. Steinacker beabsichtigte, hier auf dem Güterboden lagernd« Felle, Tuche, Leder oder andere wertvolle Sachen zu stehlen und sie an einen ihm bekannten Hehler in Leipzig zu veräußern. Er wurde ins Amtsgericht Oschatz eingeliefert. Der Korb reisende soll sich dadurch verraten hohen, daß er einqeschla- fen war und für das Eisenbahnpersonal hörbar laut schnarchte. H Aus der Oberlaufitz. » Bischofswerda. 30. Juni, —* Eine Erhöhung des Bezugspreise» muffen zum 1. Juli alle Zeitungen in Deutschlaich infolge der weiteren enormen' Steigerung der Dvuckpapierpreise, der Gehälter, Löhne, der Kosten des Nachrichtendienstes usw. vornehmen. Diesem Zwange folgend erhöhen wir den monatlichen Be zugspreis ab 1. Juli auf <^l 25.— für Selbstabholer und 26.— frei Haus. Diese Preise entsprechen noch keines ¬ wegs der ungeheueren Geldentwertung, die in den letzten Wochen^eitzgetreten ist. Das Aeitungspapier wird im Mo nat Juu auf annähernd das hundertfache steigen. Hundert-
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