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ZSischosswerdaer Einzige Tageszeitung im Amtsgertchtsbezirk Bischofswerda und den angrenzenden Gebieten Dies Blatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen der Amtshaupt- maunschast, der Schulinspektion und des Hauptzollamts zu Bautzen, des Amtsgerichts, des Finanzamtes und des Stadtrats zu Bischofswerda. Unabhängige Zeitung für alle Stände in Stadt und Land. DichtesteVerbreitung in allen Vo lksschichten Beilagen: Sonntags-Unterhaltungsblatt und Landwirtschaftliche Beilage Geschäftsstelle Bischofswerda, Altmarkt 15. — Druck und Verlag der Buchdruckerei Friedrich May in Bischofswerda. — Fernsprecher Nr. 22 Erschefturn-owetf« r Jeden Werktag abend, für den folgend. Tag. Bezugavbe«: Vei.Avhplung in der Geschäftsstelle monatlich Mk. 18.25, bet Zustellung ins Haus monatlich Mk. IS.—, durch die Post bezogen vierteljährlich Mk. 48.— mit Zustellungsgebühr. Alle Postanstalten, Postboten» sowie Zeitungsausträger und die Geschäftsstelle der Blatt«, nehmen jederzeit Bestellungen entgegen. 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Statt des Umrechnungskurses von 1 : 40 hat man, dem Wunsche der Entente folgend, einen splchen von 1 : 70 eingesetzt, der dem gegenwärtigen Dollarkurse einigermaßen entspricht. Außerdem sind nicht mehr die Beträge des Londoner Ulti matums, sondern der Reparationsnote vom 21. März 192?. berücksichtigt worden, wonach uns folgende Verbindlichkeiten zufallen: a) Barzahlung in Hohe von 720 Millionen Gold mark, d) Sachleistungen im Gegenwert von insgesamt 1450 Millionen Goldmark. Der Gesamtbetrag der Ausgaben in; ordentlichen und außerordentlichen Haushalt Ur dj^ Durch führung des Friedensvertrags stellt sich nunmehr auf 226 469 Millionen Pchsiermark. Zur Deckung dieser ungeheuerlichen Summen stehen nur die 16,5 Milliarden Mark zur Verfügung, die der or dentliche Etat als Überschuß aufweist. Alles übrige ist durch Schatzanweisungen und durch Banknoten abzugleichen. Die einzelnen Positionen zeigen, wie auf gegnerischer Seite zu unseren Ungunsten gewirtschaftet wird. Allein für Grundstückserwerbungen, Neubauten und Umbauten anläß lich der Unterbringung der Desatzungstruppen im Rhein land, sowie für die Projektierung von späteren Neubauten sind 2810 Millionen eingesetzt. Die bloße Instandhaltung der für die Besatzungstruppen im Rheinland benutzten Grundstücke und Baulichkeiten kostet 85 Millionen, die Be schaffung und Unterhaltung der EinrichtunzDgegenstände für die Besatzungstruppen 120 Millionen. Feuerung, Be leuchtung, Wasserversorgung usw. 140 Millionen, die Her stellung und Unterhaltung neuer Fernsprechverbindungslei tungen in den besetzten Gebieten anstelle der von den Be satzungsbehörden beschlagnahmten Leitungen 20 Millionen. Bon den Sachleistungen im Gesamtwert von 1450 Millionen Goldmark sollen 950 an Frankreich, 500 an die ' anderen Alliierten gehen, soweit Frankreich oder die anderen alliier- tenLänder oder ihre Staatsangehörigen solche Lieferungen fordern werden. Außerdem erwächst uns die Verpflichtung, Zuschüsse zu den von den Ländern und Gemeinden an die Beamten und Lohnangestellten gezahlten Wirtschaftsbeihilfen in den be setzten Gebieten zu gewähren. Diese Zuschüsse betragen 1 Milliarde Papiermark. Dazu treten Wirtschaftsbeihilfen des Reiches in den besetzten Gebieten mit 600 Millionen. Die Kosten der Reparationskommission be tragen nicht weniger als 1 Milliarde Mark. Sehr hoch sind ferner die Unkosten, die uns durch die Vertreibung der Elsaß-Lothringer, durch die Flüchtlinge aus den abgetrete nen oder besetzten preußischen Grenzgebieten und durch das Rcichskommissariat für Zivilgefangene und Flüchtlinge er wachsen. Die drei Posten zusamnten betragen mehr als eine halbe Milliarde Mark. Dabei muß anerkannt werden, daß das Reichskom - missariatfürZivilgesangene und Flücht linge eine sehr umsichtige und nützliche Tätigkeit entfaltet hat. Bisher haben etwa 70 000 Flüchtlinge vor ihrer Über leitung in das Erwerbsleben Aufnahmen in den Heimkehr lagern gefunden. Ihpe Arbeitskraft ist, soweit irgend mög lich, zweckentsprechend verwendet worden, so beispielsweise zur Urbarmachung von Truppenübungsplätzen. 40000 wer den es sein, die aus Oberschlesien, 3000, die aus Eupen- Malmedy abgedrängt wurden. Als Hauptaufgabe betrach tet es der Reichskommissar Stückten, die Flüchtlinge rasche- stens dem Erwerbs leben zuzuführen. Eine wei tere mit Glück gelöste Aufgabe ist die Bekämpfung der Seuchengefahr. - Wir haben von den Positionen, aus denen sich die schon genannte Gesamtsumme zusammensetzt, nur einzelne beson ders bezeichnete hervorgehoben. Die übrigen entfallen zum größten Teil auf Reparationen, Restitutionen und Substi tutionen. Weitere riesenhafte Ausgaben bedingt der S ch a- denersatz für liazzidtertes Eigentum. Wie hoch sich zuletzt diese Lnjuidationsschäden belaufen werden, läßt sich einstweilen nach gar nicht schätzen. Der-Betrag von 80 bis 90 Milliarden, von dem geleaentlich- gesprochen wird, ist sicherlich zu niedrig gegriffen. Nicht enthalten sind in dem jetzigen Etat ferner die Unkosten für die durch den polnischen Auf st and -eroorgerufenen Schäden. Po len weigert sich, die Schäden zu ersetzen, und möchte über die entgegenstehende deutsche Auffassung zur Tagesordnung übergehen. Bon deutscher Seite ist jetzt ein Kommissar be stellt worden mit dem Auftrag, auf eine gerechte und billige Regelung dieser Angelegenheit hinzuwirken. So sucht man uns alle» aufzubvrden, was irgendwie 's Kriegsschäden aufzufassen ist. Eine Abdürdüng aber ! verweigert man auch da, wo sie dem Billigkeitsgefühl ent spräche. Der Wert der Kolonien, die wir verloren haben wird uns beispielsweise von der Entente nicht be rechnet. Auch sonst erfolgt die Auslegung der oft recht zwei felhaften Stellen des Versailler Vertrages fast stets stu un seren Lasten. Es war deshalb nur natürlich, daß der Hauptausschuß des Reichstages' von der Re gierung eine Denkschrift forderte, in der alles,von uns seit dem Waffenstillstand Geleistete zusammengefaßt und dem Urteil der Welt unterbreitet wird. Ursprünglich ging der Antrag noch, weiter und wollte auch die Zeit seit Kriegs beginn mit einbeziehen. Diese Ausdehnung ist indes gestri chen, weil man dadurch den Gegnern nur Anlaß zu allerlei Einwendungen gegeben und die Schlagkraft des Ganzen beeiträchtigt haben würde. Man darf erwarten, daß die ge wünschte Denkschrift bald erscheint, da die Regierung die I Zahlen inzwischen bereits zusammengestellt hat. Sie wird wuchtigste Anklagematerial gegen unsere Feinde bilden. Beginnende Entspannung? In Genua ändert sich das Bild täglich. Nach den heute vorliegenden Meldungen herrscht angeblich zur Abwechslung wieder einmal Optimismus. Lloyd G e o r g e hat es für notwendig erachtet, Öl in die hochgehenden Wogen zu gie ßen. In einer Versammlung der amerikanischen und engli schen Presse hat er eine Stunde lang Fragen beantwortet, die ihm von den Journalisten gestellt wurden. Die Fragen waren unvorbereitet und infolgedessen zusammenhanglos und zum großen Teil unklar. Man tut daher gut, sich die Ant worten des britischen Ministers zu ordnen und zusammen zufassen. Es ergibt sich alsdann folgendes Bild von der Auf- fassung Lloyd Georges über die gegenwärtige Lage: Lloyd George erwartet von den Russen kein end gültiges Ja oder Nein zu dem kürzlich überreich ten Memorandum. Die Weiteroerhandlung mit den Russen hängt von dem Ton der Antwort und den Möglichkeiten einer zukünftigen Verständigung ab. Eine direkte Anleihe von Staat zu Staat kommt nach Lloyd George nicht in Frage und zwar hauptsächlich deshalb nicht, weil die von den Parlamenten der Weststaaten nicht bewilligt werden würde. In der Frag« des Konfliktes mit Frankreich demen tiert Lloyd George auf das entschiedenste die Behauptung der „Times": er habe nicht von dem Ende der Entente gesprochen. Lloyd Birkenhead habe ihm nicht geraten, mit den Franzosen zu brechen. Den Artikel der „Times" bezeichnet er als „Tobsuchtsanfall eines verrückt gewordenen Menschen, der nur den Zweck verfolge, die Konferenz zu sprengen . Die Weiterarbeit mit Frank reich hänge von der Antwort der Russen ab. Auf die Konferenz der Signatarmachte habe er noch nicht verzich tet, doch scheint er einen Rückzug in dieser Angelegenheit vorzubereiten. Lloyd George äußert sich weiter über den Artikel 7 (früher 6) des Memorandums an Rußland, der die Rück erstattung des Privateigentums betrifft, sowie Wer die Oe-sure-Anerkenmmg der russischen Regierung. In beiden Fragen verwies er einfach auf die Beschlüsse von Cannes. Auch im Falle einer nicht befriedigenden Antwort glaubt Lloyd George nicht an eine Abreise der Franzosen. Zu den Besprechungen mit den deutschen Delegierten gab Lloyd Georae ausweichend« Antworten, indem er er klärte, daß alle^ Konferenzfragen, insbesondere da« deutsch russische Problem berührt worden feie«. Am Schluß der langen Besprechung sagte Lloyd George: „Genua Ader W«nd« punkt der europäischen Politik. Wenn die Russen mit «tnem glatten Nein ant worten, dann wird dl« Konferenz natürlich beendet fein." Nach einer anderen Lesart lautet die Antwort auf die Frage: „Wird die Konferenz zu Ende sei», wenn die Russen mit Nein antworten?" „Ja. Frankreich und England befinden sich in diesem Falle in vollkommener Übereinstimmung." Nach dieser Äußerung werden die Russen sich hüten, mit einem glatten Nein auf da» Memorandum zu antworten! Im Zusammenhang mit diesen Erklärungen vor den Pressevertretern hat Lloyd George »och «inen viel weiter gebenden Schritt unternommen, er Heck den französischen Minister Barthou al» Zeugen angerufen.. Dieser hat darauf folgenden Brief an den englischen Ministerpräsiden ten Lloyd George «richtet, der um Mitternacht der eng lischen Presse übergeben wurde: „Sie appellieren an mein Zeugnis hinsichtlich unserer Besprechung vom SomrabeNd nachmittag, die soviel Auf sehen erregt hat. Hier meine Antwort: Sie haben nicht gesagt, daß das Bündnis zwischen Frankreich und Eng land am Ende sei. Sie haben nicht gesagt, daß Ihre Rat- geber Sie gedrängt hätte«, sich mit Deutschland zu ver- ständigen. Sie haben mit mir von den Schwierigkeit«» in den Beziehungen zwischen beiden Ländern ««sprachen, aber Sie haben kein Wort gesagt, daß als eine Absicht ge deutet werden könnte, die Freundschaft zu brechen, di« beide Länder vereint. Ich setze mein ganzes Vertrauen in diese notwendige Gemeinschaft." Die Methode, einen ausläiGischen Minister al» Kron zeugen gegen die eigene Presse anzurufen, ist durchaus unge wöhnlich und widerspricht der britischen Tradition: man muß befürchten, daß die Opposition im Unterhaus« auch hieraus Lloyd George einen Vorwurf machen wird. Der Vorgang kennzeichnet nicht nur die Macht der Northcliffe-Prefl«, sosd dern auch die unzweifelhaft erschütterte Autorität de» briti schen Ersten Ministers. Eines geht aus den Briefen Barthou» und PotncarW unzweifelhaft hervor, daß weder die britische noch die franzö sische Regierung den Mut haben, die Verantwortung fiir«» Lösung der Entente auf sich zu nehmen. Mag Aoyd Georg» die Notwendigkeit einer Neueinstellung der britischen Polltll erkannt haben, mag auch Poincarz im Grunde feine« Hev ens die Vorteile einer von allen Bündnispflichten «Nh aus- ländischen Einflüssen befreiten französischen Politik für Wfi» ßer halten als die Nachteile der Isolierung, so fchnnn «ch beide die Verantwortung für den folgenschweren SckMH Rücksicht auf die öffentliche Meinung spielt auch hierin «vßchtz« eine bedeutsame Rolle. Namentlich die Bereinigte« Staats deren Geschäftsinteresse mit denen Englands in mancher HM» sicht auseinandergeht, wie der Petroleumstreft kürMch zeigte, werden von Frankreich nach wie vor lebhaft «NtzkW» ben. Wiederum also wirb die Entscheidung vertagt wwWh Wie lange soll das zermürbende Schauspiel andauern? Für Deutschlarch ist Genua gegenwärtig weniger wichtig geworden. Die wichtigsten Entscheidungen über unsere mich- sie Zukunft hängen von dem Ausgang der Verhandlung« ab, die der deutsche Reichsfinanzminister Dr. Herme« tu Paris führen will. Nach einem Drahtbericht -aus Berka wird Dr. Hermes den ganzen Komplex der Reparafionsfvo- gen behandeln, so auch die Frage der Befatzungskosim roch der Spezialabkommen. Inzwischen ist die wettere Zahlung von 50 Milliool» Goldmark, die die Reparationskommission für den 1ö. Wal vorschrieb, sichcrgestellt und wird pünktlich entrichtet werden. Die Antwort an die Neparationskommissiou. Berlin, 10. Mai. (Drahtb.) Die die MlUgeabWM höre«, wird die Antwort der Reichsregleruug auf dl« MN der Reparationskommission vom 13. April, in der sich dl« Reparationskommission bereit erklärt, jede praktische An regung zn prüfen, die von der deutschen Regierung zvr Lö sung der Schwierigkeiten, in der sie sich befindet, vorgebracht werden könnte, heute der Reparafionskommifsion überreicht werden. Die deutsche Antwortnote, die einen Den zu wette- ren Verhandlungen eröffnet, war Gegenstand der Bespre chung der Parteiführer, die gestern in die Reichskanzlei Ge laden waren. Reichssinauzmiuifker Dr. Herme» erläuterte in großen Zügen die Note. '' Reichspräfidenteurvahl im Herbst. Wie die „Korr. Woth" von gutunterrichteter Seite härt, trifft die Reichsregleruug Borbereitungen, di« Reichspräft- dentenwahl im Septencker d. I. vorzunehmen. Voraus setzung ist, daß die übernahm« Deutsch-Oberschlesien» im Sommer erfolgt und kein« neuen Besetzungen deutschen Ge bietes kommen. Im besetzten Gebiete bestehen für die Vor arbeiten der Präsidentenwahl kein« Hindernisse, die EnteM» wird der Wahl keine Schwierigkeiten bereiten. Aus Sachsen. Die Gemeindereform und die sächsischen Landgemeinde» Der Sächsische Landgemeindeverband, dem setzt 4E Landgemeinden angehören, hiev am Montag in Dreetz« seine Jahreshauptversammlung. ob, di« sich zunächst mitWW schweren Finanznot der kleinen Landgemeinden befaßte. O» wurde eine Entschließung zu dieser Vorlage angenommckh in der darauf hingewiesen wurde, daß die Verschuldung dm Gemeinden immer mehr zugenommen hat und daß seit Aw fang März dieses Jahres in Sachsen keine Anteil« au» W» Reichseinkommensteuer mehr verteilt worden sind. »U Landgemeindeverband richtet an das ReichsfinanzministrkA um und an die sächsische Regierung den Hilferuf uNd M