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MS-MkLrz örtlich« An-riaw LSS Mk. « ». di« Zgrjvaltrne Zeil«. Bet Nr. 104 7S. Zahrgaag Freitag, den 5. Mai 1922 «macht der Erde und dem Lande, um gen Ira, bllbü«. Unabhängige Zeitung für alle Stände in Stadt wrd Land. DichtesteDerbrettunginällenDolksschichtett Beilagen: Sonntag»-Unterhaltung»-!«« und Landwirtschaftlich« Beilage Geschäftsstelle Bischofswerda. Altmarkt 15. — Druck uud Verlag der Buchdruckerei Friedrich May in Bischofswerda. — Fernsprecher Nr. Li Hl ArlcHofsweröaer MschöfEda^^"^« "n Amtsgerlcht-bezirk ILanden Gebieten m-nnlch-ll, d-r Schul>nl»Mm d-lmnittm-chun,m d-i Aml-H«upl. England -Deutschland — Ruhland. Von vr. Fritz Mittelmann, Mitglied des Reichstags (Deutsche Doikspartei). Wenn man lediglich den dritten Band von Bismarcks Gedanken und Erinnerungen zu Rate zieht, in dem der kW mit der ganzen Politik Kaiser Wilhelms ii auch dm N trag über Heholand und Sansibar verurteilt, dann wird man tem erschöpfendes Bild über die Stellung d s A t- Reichstanzlers zu England gewinnen. Zwar erkennt Fürst Bismarck auch m dem hierfür grundlegenden elften Kapitel des dritten Bandes an, daß er einst übereilten und übertrie- benen- Kolomalproiekten gegenüber den Satz ausgesprochen habe daß England für uns wichtiger sei als Afrika, auch L'bt der Fürst wetter zu, chaß er während seiner Dienstzeit hohen Wert auf die Beziehungen zu England gelegt habe, aber er fugt doch den Satz hinzu, daß er an die Möglichkeit einer dauernden Sicherstellung dieser Beziehungen niemals geglaubt und daß er Niemals beabsichtigt habe, Opfer deut schen Besitzes für den Gewinn eines Wohlwollens zu brin- gen, das d,e Dauer eines englischen Kabinetts zu überleben, keine Aussicht habe. Trotz dieser Ausführungen, die wie ein« Abschwächung wirken und in der Erregung über den Sansibarvertrag wähl auch Äs solche gedacht waren, sind die Bemühungen Les Fürsten, in «in festes Verhältnis zu England zu kommen, sehr ernsthafter Natur gewesen, uiid sie reichen bereits weit zurück. Schon auf dem Berliner Kongreß soll gemäß Auf. Zeichnungen des Lord Rowtvn, der die rechte Hand von Lord Beaconsfield war, Fürst Bismarck dem englischen Premier minister den Vorschlag eines Lcutsch-englischcn Bündnisses gemacht haben. Dieser Vorschlag, über den der frühere Lon doner Botschaftsrat Freiherr von Cckhardstein in seinen Le- denserinnerungen berichtet, soll nicht nur außerordentlich günstig ausgenommen worden sein, sondern Lord Beacons- sield soll mich einen Vertragsentwurf angefertigt Haden, über den es nur darum nicht hinaustam, weil das englische Kabi nett im April 1880 bei den Wahlen gestürzt wurde. Die bedenkliche Haltung Rußlands ließ den Fürsten Bismarck indes auf seinen Plan eine« Zusammengehens mit England zurückkommen und so schrieb er im November 1887 jenen bedeutungsvollen Brief an Lord Salisbury, der erst nach dem Zusammenbruch im Dezember 1918 in der Öffent lichkeit bekannt wurde, und zwar durch Otto Hainmann, den langjährigen Leiter der Presseabteilung des Auswärtigen Amtes, der diesen Briefwechsel mit Lord Salisbury im An hang seines Buches „Zur Vorgeschichte des Weltkrieges" be kannt gab. In diesem Schreiben des Fürsten Bismarck wird u. a. in großen Zügen auf die panslawistischen Um- trieb« und die inneren ZustäMre des russischen Reiches als bedrohlich für d«n Frieden Europas hingcwiesen und Eng- land ausgefordert, mit den beiden Bundesgenossen des Deut schen Reiches einen Bund zur Aufrechterhaltung des sMus mio Im nahen Orient zu bilden. In der Einleitung des Briefe« war die Befürchtung Lord Salisburys widerlegt, daß Prinz Wilhelm, wenn er dermaleinst die Zügel der Re gierung in der Hand hielte, grundsätzlich zu einer anti-engli schen Politik hinnrigen könnte. Der englische Premiermini ster ließ in seiner Antwort die aus etwaigen anticnglischen Neigungen des Prinzen Wilhelm geschöpften Bedenken gegen den Beitritt Englands zu dem Orientbund mit ÖsterrcA-Un- gorn und Italien fallen, wich aber einem weiteren Gcdan- kenaustausch über die russische Gefahr im Augenblick aus. Immerhin, ein bedeutungsvoller Schritt aus dem Wege der Annäherung zwischen Deutschland und England war ge schehen, und Fürst Bismarck verfehlte nicht, diesen Tranken wettcr zu propagieren. So sagte noch den Angaben des Freiherrn Lucius von Ballhausen der Altreichskanzler m einer Sitzung des preußischen Ministeriums vom 17. August 1889, also ein halbes Jahr vor seinem Sturz«, daß da« ganze Ziel der deutschen Politik feit zehn Jahren sei, England für den Dreibund zu gewinnen. Cs kann mcht Aufgabe dieser kurzen Zellen sein, die Se- ichichte der Dündnismöglichkeiten zwischen Deutschland und England, wie sie sich in den vicrundzwanzig Jahren zwischen pem Sturze des Fürsten Bismarck und dem Ausbruch de» Weltkrieges abgespielt hat, im einzelnen zu v-rfvlgcn, wohl aber dürste allein schon di« Feststellung von Wert sem. daß dcr Gründer Les Brutschen Reiches für dce Sccheruna Deutschlands da» Eingehen einer engeren V«rbtt»ung mit England als notwendig erkannt hat. H^e Fürst Bismarck in den acht Jahren, in denen er, ohne politisch um Rat -e- iragt zu werde», abseits am Wege ^nd. dos Steuer des Ncichsschiffes noch geführt, dann hätte er höchstwabAch-irMch die Verständigung mit England unter Dach und Fach bracht, und zwar wohl sicherlich, ohne deuten BHtz oder deutsche Lebens,nteresscn dabei zu opfern. Di« milhelmini- sche Politik machte statt dessen bedeutende territoriale Zuge ¬ ständnisse in Afrika, verstand es im übrigen aber nicht, eine Verständigung mir England herbeizuführen, und so gerieten wir zugleich mit Rußland und England in Konflikt, zugleich mit der größten Seemacht der Erde und dem Lande, das durch sein schier unausschövfliches Menschenreservoir der gefährlichste Gegner auf dem Festlande werden mußte. So war der Krieg bereits militärisch verloren, noch ehe er mili tärisch begonnen hatte. Es ist wichtig, sich dieser Tatsache bewußt zu sein, dann kann mancher Fehler in der Gegenwart wie in der Zukunft vermieden werden. Genua brachte uns den Anfang einer Verständigung mit Rußland. Die Tatsache als solche war zu begrüßen, denn Rußland ist das große Wirtschafteland der Zukunft, ohne dessen Gesundung und Wiederherstellung eine Gesundung des übrigen Europa nicht möglich ist. Anderer seits dürfen wir aber nicht etwa in den Fehler verfallen, um dieser Verständigung willen Beziehungen zu vernachlässigen, die sich in den letzten Monaten trotz allem zu England ange- bahitt haben. Nicht nur für Deutschland, sondern auch für das Wirtschaftsleben und die Sicherung der ganzen Welt märe cs von höchster Bedeutung, wenn es gelänge, aus den Feinden im Weltkriege, England und Rußland, m gleicher Weise Freunde ui machen. in" V»stsch«ck»'K»«to: Amt Dresden Rr. lägt. Gemein»«« An,rt,e«prei»: Die «geipaltcne Grunbzrtte (Akn. Bloss« 14) -»aus manmiU monatlich verband.-ir-kafl- Bischofswerda Konto «r. S4. oder dkren Raum 3- M-örtlich. Anzciaen LSÜ Mk. I» Lqt, oie Po» „«zogen vrmeljährlich Ms, 4» — mü A.«', durch Im Falle Hühner Gewalt — Krieg oder sonsttarr irgend welcher teil (Ilm. Maske 14) S.— Md. di« 3g«jvaltrneZetle. 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Um 10 Uhr betritt der Präsident de Facta Len Saal und hält kurz darauf die Begrüßungs ansprache. Darauf ergriff Schänder das Wort. Er wie» darauf hin, daß die «achve-il «..L.grn den Weg zeigen und die Mittel angeben, däß aber die Staatsmänner di« nötigen Anstrengungen machen müßten, um da» Rettungswerk zu vollbringen und die Vorschläge in die Praxis wnzusetzen. Dcr Redner erinnerte an di« morali schen Probleme, die hinter den wirtschaftlichen stehen, an die notwendige Verminderung der Staats«»«gaben, dem Ver zicht der Klassen und Gruppen auf allzu große Ansprüche und die Regelung der Lebensführung der Einzelnen gemäß den Notwendigkeiten der heutigen Zeit. Nötig sei eine Friedens politik uiü» «ine internationale Solidarität. Die Welt erwarte von der Konferenz die Befriedigung der Geister. Der Mini ster schloß damit, daß er seinen unerschütterlichen Glauben an den Erfolg der Konferenz auvsprach. Hiernach sprachen der Holländer von Karncbeck und der Schweizer Schulthetz. Sodann ergriff Tschitscherin das Wort, um ausZufühten, daß die russische Delegation in den verschiedenen Kommissionen ihr Bestes getan habe. Da die russische Regierung in vielen Staaten kett« offiziellen Vertreter habe, entbehre sie vielfach der nötigen Instruktio nen. Der russische Verirrter unterstrich die Vorbehalte, die von der Sowjetdeleaativn gemacht werden. Rußland behalte sich v 0 ll«, y a » dl u n g s f re i h e it über die Re solutioncn bezüglich der finanziellen Zusammenarbeit vor. Infolge der Lage Rußlands sei cs nicht möglich, gewisse Kon- trollmaßnahmcn aufzuheden. Der Wiederaufbau Europa» sei >mr möglich durch die finanzielle Unterstützung der schwa chen Staaten durch die starten. Diese Unterstützung sollte nicht nur auf privatem Dege, sondern auch durch Regie rungsanleihen erfolgen. Die internationale Korporation müsse innerhalb der Grenzen, für die sie errichtet sei, bleiben und dürfe kein« Mmropolc schaffen. Der Wiederaufbau hänge von einer allgemeinen Lbrüstungspoliiik ob. — Hiernach sprach Raihrnau für die deutsche Delegation. Er hob die in dein Berichr der Finanzkommission gemachten Ausführungen hervor, di« sich mit den Folgen dieser Lasten beschäftigen u,ch verwies auf die Uissichcchkit der Märkte, auf denen die Gläubigernatio nen in bitterstem Wettbewerb mit de» ihnen ver schuldeten besiegen Böltern stehen, di«, zur Bezahlung ihrer Schulden gezwungen, sich auf diese Märkte dränqen. Dl« oatürliche Folge fei bei den SlSubigernatianen «ine Arbeit« lofigkrit, von der zehn MiMoaea Mensch«, d. h. etwa foulet «le »le Arbeitskväfi« einer ganzen zwWerten Nation, be troffen stad, bet den Schuldnern attoarn ein sariwährender Verfall ihrer LützrmG aad ein Aafhüren ihrer wirtschaft- sichen Sicherheit. »Mr befinden un». so führt Rathenau «ei ter au», in der tage von Menschen, die in einer dunklen Kammer eingesperrt stad und einander an die Gurgel stch- ren. statt gemeinsam einen Ausweg zu suchen." lDiefe Lorie riefen bei der französischen Delegation lebhafte Bewegung hervor.) Rathenau fuhr fort: Um di« Kriegsschulden za zahlen, müßte der europäische Export etwa auf dar dovv«Üe seines Umfanges vor dem Kriege gebracht werden. « fei aber infolge der Verschuldung der Völler auf zwei Driaü herabgesunken. Nach der Rede Rathenau» wurden di« Beschlüsse der . beiden Kommissionen angenommen. Die Anträge der Ber» A kehrrkommission, die darauf besprochen wurden, liefen da- H rauf hinaus, eine Konferenz der Cisendahnfachleute nach Pa- ris zusammenzuberusen. Nach einem Schlußwort von Facta wurde die Sitzung ^1 Uhr mittags geschlossen. London, 3. Mai. (Wolff-Telegramm.) Der dlplo««- . tische Korrespondent »er „Daily 1t««»" berichtet au» G», nua, daß Varthou «Iven neuen Plan Lloyd O«*r--Z »es zur umfassenden Regelung der interollilertey Lrtea»- H schulden nach Doris mitbnnge. Vieser Man fetze he» Le- W parattonsbetrag zunächst auf llll Milliarden fest, wobei tzle H bisher geleisteten Reporotioiwzahkungen die hewchfetzaNU^ von 1Z2 auf NO Milliarden erklärten. Der in zwei Kategorien von SS Milliarden und 40 AMGDhH -«teilt werden. Die erste ZoA bild« die GesMaffWckM We Z interalliierten Schulden und «erde vorlttuftg »MßuWw» h beifeite gestellt werden. Don Deutschland würde nicht aae«A langt werden, daß es irgendwelche Zahlungen zur Va-I gleichung dieser Forderung mache. Vie übrige« 4» MM«. W den würben den unmittelbaren Reparation»beti Nach einer solchen Herabsetzung drr Repara ... könnte Deutschland eine internationale Anleihe «nffachwan, - die etwa di, Zahlungen für diit nckhfte« fünf Jahre dell«. « Der Berichterstatter der „Daily News" fragt, ob Frank, reich eine so vernünftige Entscheidung annchmen werd«. W und stellt folgende Erwägungen an: 1. Unmittelbar vor Genua erklärte Großbritannien, daß eine Bereinbarung bezüglich de« Erlasse« der Zinsen für den von Frankreich an Großbritannien atfchuldeten Be» trag jederzeit zu Ende gehen könne. Rach Ansicht de« B« richterstattero der „Daily Rewe" könne da» Memorandum jedoch, wenn Frankreich den neuen Plan Lloyd George» nnnekche, fortgesetzt werden. 2. Frankreich brauche bringend Bargeld. Denn dio unmittelbare Verpflichtung Deutschland» auf 48 Milliarden herabgesetzt würde, so wUGe es möglich fein, ein« inter nationale Anleihe aufzunehmen, von der dex grüßt» Lost an Frankreich gehen würde in Gestatt von Vvrzugezghlungen auf die Reparationen für vier oder fünf Jahr«. 3. Während Frankreich» Reparationsanteil setzt Sß Prozent betrage, bestehe Grund zu der Annahme, daß. ' wenn der neue Plan gebilligt werde, Großbritannien, da» eine Stabilisierung Europa» einträglicher hatte al» Repa- rativnen. der Vergrößerung de» französischen Anteils auf Kosten Großbritannien» zustimmen würbe. * Man darf sich nicht darüber täuschen, daß es sich in dem vorliegenden Falle wiederum lediglich um einen Plan handelt, von dessen allgemeiner Annahme wir noch sehr weit entfernt sind. Er widerspricht dem Ziel und der Richtung der französischen Politik, und man braucht nicht Schwarzseher zu sein, um mit der Ablehnung durch di« Re gierung Poincare» zu rechn««. Eh« der Machtkampf zwi« schen England und Frankreich nicht endaüliig »ntschteden ist, ist an eine dauerhafte Regelung aller Fragen, die sich au» dem Versailler Vertrag ergeben, nicht zu denken. Barthou kehrt nach Genna zurüik. Vari«. S. Mai. (DrahW.) Kur, nach 0 Uhr abend» ««- breitete die A-enee Hava, folgend« offiziell« Mitteilung: Der Minister«« ist um Uhr nachmittag» im Ministerium für auswärtige «naelegenheilen zusammAWllreten. 2m Ramey stlmtltcher Mitgnrder bankte Voincarz Vartbaa für da» Talent und die VnkoriU«, die er in Genua entfallet HL», um die Arbeiten der Konferenz evkeichtera <?i) mck akeichzeitig bi« französischen Jnteresten zu »erkeibige». ver Kabl«ett»rat nab« von den au» Genna und Brüssel einae- tr^ftnen Nachnchten Kenntnis Rach vrüfuag bgr AN- ßatG dWU vEyDgE»» UtzEWGEUK WWaUE» Wlav Freitag »ormiltag «ach Genua znrückkehrm». Der Kampf n« da» St»ffemn«nornnk«n. Genua, 8. Mai. Rach langen LuseinandeHetzungen zwischen Lloyd George und Barrere hat die franZÜstsch» De-