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Auerthal-Zeitung : 06.01.1898
- Erscheinungsdatum
- 1898-01-06
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id173565485X-189801065
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id173565485X-18980106
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-173565485X-18980106
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Auerthal-Zeitung
-
Jahr
1898
-
Monat
1898-01
- Tag 1898-01-06
-
Monat
1898-01
-
Jahr
1898
- Titel
- Auerthal-Zeitung : 06.01.1898
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V-lMfchr Uodsch««. Dentschland. *Der Kaiser empfing a« Dienstag u. a. de« Minister v. Miquel und den Chef de» MUitärkabtnettS General v. Hahnke. »Die Kaiserin, deren Befinden nach dem HalSleiden sich gebessert hatte, ist aufs neue an einem Influenza-Anfall erkrankt. — Auch Prinz Eitel Fritz ist, Vie a«S Plön ge meldet wird, zur Zett unpäßlich. »Reichskanzler Fürst Hohenlohe ist dem Neujahrs - Empfang bei Hofe fern ge blieben. Auf seine Bitte hat der Kaiser ihm dazu Ermächtigung erteilt. * Am vorige« Donnerstag nachmittags signa lisierte der Zeichentelegraph im Hafen von Algier zwei fremde Kriegsschiffe am Horizont. Sofort versammelten fich Gruppen am Hafen. Wenige Minuten darauf erkannte man am Hinterteile der Fahrzeuge, die fich mit vollem Dampfe näherten, die deutsche Flagge. ES waren „Deutschland" und „Gefion". Ms die Schiffe nur noch eine Seemeile von der Küste entfernt waren, verlangsamten sie plötzlich ihre Fahrt, hißten die französische Flagge am Hauptmaste und gaben einen Salut von 21 Schüssen. Die Batterien der Admiralität erwiderten unverzüglich auf diese Höflichkeit. Die deutschen Kriegsschiffe schwenkten darauf wieder auf das hohe Meer ab, um bald am Horizonte zu verschwinden. Dieses Ereignis, das man auf einen Befehl des deutschen Kaisers zurückführen zu können glaubt, hat in Algier selbst und besonders in Frank reich einen überaus günstigen Eindruck hervor gerufen. *Auf der Fischerei-Kreuzer-Kon- ferenz der sechs Verttagsmächte ist der ,Danz. Ztg.' zufolge ein einheitliches Stander abzeichen für Fischereikreuzer und ein inter nationales Signalsystem aller Fischerfahrzeuge vereinbart worden. * Die Reichstags-Kommission zur Vorberatung des Gesetzentwurfs betr. das Wiederaufnahme verfahren freigesprochener Personen ist zum 12. Januar einberufen worden. An demselben Tage wird die andere Kommission zur Vorberatung des Gesetzentwurfs betr. die Angelegenheiten der freiwilligen Ge richtsbarkeit ihre zweite Lesung beginnen, nachdem die Redaktionskommission am 11. d- getagt und die zweite Lesnng vorbereitet haben wird. * Die preußische Regierung hat die Absicht, eine Vorlage über den Ausbau des Kanalnetzes an den Landtag zu bringen. » Das preußische StaatSministerium hat, wie ein Berichterstatter erfährt, dem Gesetzentwurf betr. die Neubewilliguug von 100 Mill. Mark für Ansiedelungszwecke in Posen und Westpreußen zugestimmt. »JnDeutsch-Südweftafrika waren unter den Zwartboi - Hottentotten Unruhen ansgebrochen. Die Aufrührer find indessen durch Hauptmann v. Estorfs und einen Teil der Schutztruppe in einem Gefechte zersprengt wor den. Die Reste des Stammes haben fich unter Zurücklassung ihres Besitzes an Pferden und Vieh nach Norden geflüchtet. Die Hereros find auch in diesem Falle der Regierung ergeben geblieben. Oesterreich-Ungarn. »In Oesterreich wird weiter notgedrungen mit Notverordnungen regiert. In ihrer Neujahrsnummer veröffentlicht die amtliche .Wiener Zeitung' das Uebereinkommen vom 31. Dezember 1897 zwischen dem Finanzminister und der Oesterreichisch-Ungarischen Bank bett, die Verlängerung des Bank-Privilegiums bis zum 31. Dezember 1898 auf Grund der kaiser lichen Verordnung vom 30. Dezember 1897. — Die ungarische Regierung hat einen anderen Weg gewählt. Sie hat keine Verord nungen wegen Einführung des Provisoriums erlassen, sondern die österreichische Negierung durch eine Note verständigt, daß, sofern.von Oesterreich die Reziprozität provisorisch aufrecht erhalte» werde, Ungarn gleichfalls zur ölende- rung des bestehenden Zustandes nichts thim werde. Somit bleibt der bisherige Zustand einstweilen von selbst bestehen. Frankreich. * In der Angelegenheit Ester hazy gab General Sausfier seinen Spruch da hin ab, daß Major Esterhazy an das erste Kriegsgericht zu Parts zu verweisen ist. Die Verhandlungen werden unter Ausschluß der Oeffentltchkeit am Montag den 10. d. in Cherche- Midi stattfinden. »ES ist vom Standpunk de» vollkommen unbeteiligten und unparteiischen Beobachters gewiß lebhaft zu bedauern, daß die neue Ler- Handlung über den Fall DreyfuS — denn eine solche muß ja der Prozeß Esterhazy unbe dingt indirekt werden — abermals im geheimen stattfindet und dadurch die Möglichkeit, un zweifelhafte Klarheit zu schaffen, wiederum ab schneidet. Denn wie auch der Spruch deS Kriegsgerichts auSfallen möge, Zweifel, Bedenken und Verdächtigungen werden auch ihm gegenüber unter solchen Umständen nicht auSbletben; und die etwaige Absicht, die Verteidiger von DreyfuS mundtot zu machen, wird man auf diesem Wege gewiß nicht «reichen. Italien. * In Siculiana (Provinz Girgenti) kam eS am Sonntag zu einer Kundgebung ländlicherArbeiter, welche die Rufe: „Wir wollen Brot, wir wollen Arbeit" aus- stießen. Die Kundgebung artete in Ruhe störungen auS, wobei das Rathaus in Brand gesteckt und geplündert wurde. ES wurden Truppen herangezogen, wobei ein Beamter, ein Polizei-Unteroffizier und zwei Polizisten leicht ver letzt wurden. Ein Bauer wurde getötet. Den Orts- behörden gelang die Wiederherstellnng der Ruhe. Sr amen. * Dem ,Nacional' zufolge ist die Protest - schrift deS Generals Weyler trotz der Beschlagnahme der Zeitungen in alle Kasernen gelaugt. Der .National' richtet heftige Angriffe gegen den Präsidenten der Ver. Staaten Mac Kinley und den Botschafter der Ver. Sta rten von Amerika Woodford. — Montag abend fand bei Römers Robledo wiederum ein Fest mahl statt, zu welchem fast alle Generale, darunter auch General Weyler, geladen waren, ü utem Vernehmen nach haben an dem Tage, an welchem General Weyler seine Protestschrift überreichte, 18 höhere Offiziere der Garnison dem General ihre Glückwünsche überbracht. ! »Ueber die Sachlage auf den Philip pinen wird gemeldet, daß der Führer der i Aufständischen, Aguinaldo, in Hongkong einge- j troffen ist. Derselbe weigerte sich einem Bericht- ! erstatt« gegenüber, fich über seine Pläne für die Zukunst auszulassen. — Das ist allerdings - nicht gerade vertrauenerweckend, denn wenn er ein für allemal seinen Frieden mit der spani schen Regierung gemacht hätte, läge für ihn kein Grund vor, das zu verhehlen. Man kann eS daher nur begreiflich finden, daß vorsichts halber eine aus 22 000 europäische Soldaten bestehende Armee auf den Philippinen bleiben soll. Portugal. »Die portugiesischen Cortes wurden am Montag vom König eröffnet. In seiner Thronrede gedachte der König der guten Dienste der Mächte gelegentlich der gegen Portugiesen an der Küste von Marokko verübten Seeräube reien sowie der Pacifikation von Gaza-Land. DeS wetteren erklärte der König, daS Budget werde einen Ueberschuß haben. Die Regierung sei damit beschäftigt, die Konversion der äußeren Schuld vorzubereiten ohne Erhöhung der Lasten, da die Umstände, in denen das Land fich be fände, es nicht erlaubten, die gegenwärtigen Lasten noch zu erhöhen. Schließlich stellte der König den Abschluß von Handelskonventionen mit anderen Staaten in Aussicht. Balkanstaa'i,. »Zur Kandidatur des Prinzen Georgvon Griechenland für den kretischen Gouverneurposten wird offiziös erklärt, daß ein sörmlicher Vorschlag, den Prinzen Georg zum Gouverneur zu ernennen, bisher noch nicht erfolgt sei; sein Name sei beim Anlasse von Schwierigkeiten bezüglich der Kandidatur des Bozo Petrowitni' gesprächsweise erwähnt, bis her jedoch nicht zur Erörterung gezogen worden. Afrika. »Die englisch-ägyptische Ex pedition «egen den Mahdi wird mit grober Energie Betrieben. Die .Daily Matt' meldet auS Kairo, «an glauLe, die französischen Nllexpeditionen ständen ganz dicht bei Ehartum; deshalb sei eS notwendig geworden, sobald als möglich den Befehl zmy Vormarsch auf Metemmeh zu geb««. Aken. »Währmd dar unznverläsfige englische Büreau Dalziel aus Schanghai meldet, der Tsung-li-Yamen nehmeeine festereHaltung ge genüber Deutschland an, dieses solle Kiaotschau räumen, meldet der Draht auS Peking vielmehr folgenden diplo- malischen Erfolg Deutschlands: „Die deutschen Missionare in Tsaotschou (Schantung) beklagten fich bei dem deutschen Gesandten Frei- Henn v. Heyking darüber, daß der Befehls- Haber der chinesischen Garnison eine drohende Sprache zu ihnen oder üb« sie geführt habe. Frhr. v. Heyking verlangte die Absetzung de» Kommandanten, welche denn auch telegraphisch verfügt wurde. »Die Verhandlungen Chinas mit Rußland wegen einer garantierten Anleihe werden lebhaft fortgesetzt. Wenn die Verein barungen zum Abschluß kämen, würden die Russen unter dem Borgeben, die Einziehung der Grundsteuer zu überwachen, das Recht erhallen, in jeden VerwallungSzweig Chinas einzugreifen. Dir Keifen de» Kaiser» im Jahre 1897 galten wie in den Vorjahren nur zu einem Teil der Erholung und Muße, zumeist waren Rücksichten der Repräsentation bestimmend. Eine Ueberficht über die Reisen ergibt, daß der Kaiser den an Hoffesten reichen ersten Monat deS Jahres 1897 fast ausschließlich in Berlin verlebt hat. Am 30. Januar ftlhr der Kaiser zur Taufe seines Neffen Prinzen Sigismund nach Kiel. Am 2. Februar kehrte er nach Berlin zurück, 19. Februar Jagd in Hubertusstock. März 4. Oldenburg, Vereidigung der Rekruten in Wilhelmshaven. — 5. Bremen. — 29. Bei setzung der Großherzogin in Weimar. Ap il 21.-22. Wien. — 23. Dresden. — 24. Karlsruhe. — 24.-27. ^uerhahnjagden in Kaltenbronn, Schwetzingen. — 28. Cronberg. — 29.—31. Jagden in Schlitz. Mai 4. Stettin, Stapellauf des Dampfers „Kaiser Wilhelm der Große". — 7. Jagd in Madlitz. — 9.—15. Urville, Kürzel, Metz. — 15. —20. Straßburg, Wiesbaden.—21. Sibyllen- ort, Jagd in Tschotschwitz und Idahos. — 22.-27. Jagden in Wirschkowitz und Pröckel- witz. — 28. Marienburg, Danzig, Langfuhr. Juni 16. Liegnitz, Regiments-Jubiläum und Grundsteinlegung zum Kaiser Wilhelm-Denk mal. — 18. Bielefeld, Besuch bei Pastor von Bodelschwingh und Köln. — 19. Niedermendig, Abtei am Laach« See, Neuwied, Bonn. — 20. Kuxhaven, Brunsbüttel. — 21.—26. Helgo land. - 27. bis 1. Juli Kiel. Juli 2.-5. Travemünde. — 5.—30. Nord landsreise. — 30. bis 4. August Kiel. August 5.—13. Reise nach Petersburg. — 13.-15. Rückkehr nach Kiel. — 16.-24. Wil- helshöhe. — 25. Magdeburg, Enthüllung des Kaiser Wilhelm-Denkmals. — 30.—31. Koblenz, Enthüllung des Denkmals Kaiser Wilhelms l. September Manöver, Würzburg. — 2. Nürn berg. — 3.-7. Homburg v. d. H. — 7. Wies baden. — 8.—11. Homburg. — 12.—15. Oester- reichische Manöver bei Totis. — 16.—19. Jagden in Mohacs, Bezdar und Prokopfok in Ungarn. — 20.—22. Budapest. — 22. Breslau. — 23. bis 5. Oktober Trakehnen und Rominten. Oktober 5. Danzig, Stapellauf des Dampfers „Kaiser Friedrich Hl.", Langfuhr. — 6. bis 10. Jagden in Hubertusstock. — 10. Lieben walde, Einweihung der Kirche. — 11.—13. Hubertusstock. — 18.—20. Wiesbaden, Ent hüllung des Kaiser Friedrich-Denkmals. — 21. Karlsruhe, Darmstadt. — 28. Jüterbogk. — 29.—31. Jagd in Liebenberg. November 5. Jagd in Piesdorf. — 8. Be such des Ueberschwemmungsgebiets in Schlesien. — 9.—10. Jagd in Groß-Strehlitz. — 11. bis 12. Jagd in Kuchclna. — 12.-14. Jagd in Pleß. - 19.-20. Jagd in Letzlingen. - 22.-24. Kiel, Rekruteuveretdigung. — 26.-27. tzosjagd in der Göhrde. Dezember 1. Jagd in Barby. — 4. Hof- jagd in der Duberov. — 1b. Hamburg und Siel. — 16. Kiel, Abfahrt des Prinzen Heinrich. — 21. Einweihung der Garnisonkirche in Thora, Graudenz. M»« Matz Fern. Jüterbogk. Beim Kugelsuchen auf dem allen Schießplätze fanden zwei Soldaten in einer Höhlung ein richtiges Räubernest. Auch Ä--NREI.H-» Da die Soldaten fürchteten, e» mochte» noch mehrere Bewohner in der Höhle sein, zogen sie fich zurück und Hollen Verstärkung herbei. Man fand nun zwar viele gestohlene Gegenstände vor die Räuber aber waren verschwunden. Nur ein Schuß aus de« nahen Walde, der die Schulter deS anführenden Offiziers streifte, gab Kunde, daß sie eben erst abgezogen. Die gestohlenen Gegenstände wurden nach der Kommandantur geschafft. Den Banditen wird u. a. auch ein Einbruchsdiebstahl im Pfarrhause zu EckmannS- dorf zur Last gelegt, dem sie schon zweimal einen Besuch abgestattet hatten. Dresden. Auf dem Borortbahnhof im hiesigen Hauptbahnhof fuhr am NeujahrStage, eine Rangiermaschine gegen den um 7'/, Uhr abends nach Pirna abgehenden Zug. Güt Vor arbeiter wurde getötet, drei Personenwagen deS Zuges wmden beschädigt. Bremen. Der wegen Unterschlagung von 93000 Mk. flüchtige Buchhalter Jacobi wurde am Neujahrstage in Nizza ourch einen bremi schen Kriminalbeamten verhaftet. Die Aus lieferung findet nach Erledigung der üblichen Formalitäten statt. Krefeld. Einen gräßlichen Tod fand in der Ortschaft Hehn die 65jährige Witwe Theodor Uelhes. Nachbarn fanden die alte Frau in ihrer Wohnung, wo sie fich allein aufhiev, in Hellen Flammen. Die Kleider brannten lichter loh, und die Frau war bereits besinnungslos. Sie hatte schreckliche Brandwunden davongetragen und starb nach kurzer Zett. Neben ihr lag eine völlig zertrümmerte Petroleumlampe. Sie war mit der Lampe gefallen, und danach hat fich das brennende Petroleum über ihre Kleider er soffen. Diedenhofen. In die glühende Masse eines Hochofens stürzten in der Hütte „Rote Erde" bei Deutsch-Oth zwei Arbeiter und ver schwanden spurlos. Ein dritter, der gleichfalls in den Hochofen fiel, konnte noch dem Feuer schlunde entrissen werden, erlag aber seinen Brandwunden. Ms Ursache des Unglücks wird der Umstand bezeichnet, daß eine lohartige Kleisterkruste, mit welcher Füllstellen der Hoch- öfen bedeckt werden, um ein langes Fortglühen der Oefen zu ermöglichen, beim Betteten durch die Arbeiter zusammenbrach. Pose«. In der Silvesternacht, unmittelbar nach 12 Uhr, belästigte den auf dem Kohlen lagerplatz unterhalb des Kernwerks stehenden Militärposten eine nicht näher festgestellte Per sönlichkeit. Diese schlug dem Soldaten den Helm vom Kopfe und ergriff sogleich die Flucht. Der Soldat schoß zweimal auf den Fliehenden, der fich inzwischen hinter einer starken Pappel ver steckte. Die Projektile schlugen in die Pappel ein. Durch die Schüsse wurde die Wache des Kernwerks (Fort Winiary) alarmiert, doch ent kam der Thäter infolge der Dunkelheit. Memel. In der Nacht zum Donnerstag versuchte ein russischer Grenzsoldat in voller Bewaffnung bei dem Besitzer Brusdeylius in Trüschen an der Ostgrenze eine Kuh auS dem Stalle zu stehlen. B. erwachte über einem verdächtigen Geräusch und ging mit einem Nachbar auf die Suche. Dabei fand er seine Kuh auf freiem Felde stehen. Als beide Besitzer auf das Gehöft zurückkehrten, trafen sie dort den Dieb, der sein Bajonett verloren hatte, und zurückgekommen war, eS zu suchen. Der Russe wurde, nachdem er mit einer Brechstange gegen seine beiden Gegner losgegangen war, über wältigt und in daS Gerichtsgefängnis zu Memel eingeliefert. Arei Schwestern. 14j Roman von C. v. Berleps ch. «Üoiilcruug.I Magda hatte schon die Schreckcnskunde ver nommen und spähte erwartungsvoll einer Bot schaft entgegen. Als sie aber den allen Diener erblickte, schrie sie laut auf, denn sie glaubte nicht anders, als der Vater sei tot. „Nein, Komtesse Magda, noch lebt der gnädige Herr und wird sich hoffentlich bald wieder erholen. Der Doktor sagt, es ist nur ein leichter Schlaganfall." Sie bestieg mit dem Kinde den Wagen, und im vollen Trabe jagten die Pferde davon. Ein Schauer durchrieselte sie, als sie die Schwelle de» väterlichen Hauses überschritt. War dies HauS schon eine Stätte des Todes, oder kam sie noch zeitig genug, vom Vater Vergebung für sich und den Segen für ihr Kind zu er bitten ? An der Thür deS Krankenzimmers kam ihr Bertha entgegen, der Bat« war noch immer bewußtlos; doch schien fich etwa» Empfindung bei ihm einzuftellen, denn er zuckte jedesmal zusammen, wenn eine kalte Kompresse seine Stirn berührte. Magda sank vor dem Bett in die Kniee und weinte laütloS in die Kiffen hinein. Dann über gab sie Olga an Bertha and übnnahm eS selb«, die Umschläge zu «neuern. So verging d« Tag und ein Teil der Nacht. Der Arzt Mr noch einmal spät gekommen und hatte einige Zett ^Mweilt. Er verabschiedete fich dann von Magda und verlleß daS Zimm«. Johann begleitete ihn. „Ist von der Frau Gräfin Antwort ge kommen ?" „Nein, He« Sanitätsrat, obgleich die Rück antwort bezahlt ist." „Hm, hm, man sollte noch einmal de peschieren." „Steht es so schlimm mit dem Grafen?" „Man muß auf alles gefaßt sein. Gute Nacht!" In diesem Augenblick kam Bertha, von ihrem Mann begleitet. Johann teilte des Doktors Aeußerung mit; Oldenburg wollte sogleich sebft zum Telegraphenamt, um eine neue Depesche aufzugeben. Bertha hielt ihn zurück. „Laß eS l Wenn die erste nicht angekommen ist, wird auch die -wette nichts nützen. Warten wir bis morgen. Bertha wollte Magda ablösen. Sie lehnte es ab und richtete dann einen so sehenden Blick auf die Schwester, daß diese nachgab und zu Oldenburg ins Nebenzimmer trat. In banger Furcht verging die Nacht. Segen Morgen hatte sich eine Veränderung bei dem Kranken gezeigt. Er war unruhig geworden; als Bertha und Oldenburg ans Bett traten, schlug « die Augen auf und volles Bewußtsein leuchtete ihnen daraus entgegen. Er versuchte zu sprechen, doch nur ein unartikuliertes Lallen «tönte. Jetzt «ft schien er »um Gefühl seines Zu- standeS gekommen zu sein. Sichtlich erschrack «, dann versuchte er, Oldenburg die Rechte zu reichen; eS gelang ihm nicht, sie war gelähmt, « blickte suchend umher, jedenfalls vermißte er Marianne. Krankenzimmer geschlichen. Sie wollte sehen, warum man sie immer zurückhieit, wenn sie hinein wollte. Der Teppich dämpfte ihre be hutsamen Schritte, die Thür war imm« nur angelehnt gewesen. Die Schwester las in einem frommen Buche und gewahrte die Kleine nicht. So konnte sie bis an das Bett gelan gen, wo sie ihre Blumen auf der Decke ausbreitcte. Zuletzt berührte sie noch die Hand deS Kranken, um ihn auf ihr Werk ausmnksam zu machen. Er erwachte und sah das goldblonde Gelock des KindeS. Weit zurück in die Vergangenheit irrten seine Gedanken, sie blieben auf eben solchem Blondkopf hasten, und ebenso wie jener trug auch dieser ein schwarzes K eid. Seine Gedanken verwirrten fich wieder, ratlos blickte er auf die Thür. Da öffnete fich diese und Magda trat herein. Sie gewahrte auch sogleich den Keinen Wildfang und wollte ihn vom Beu entfernen. Doch di« gesunde Linke des Kranken hielt daS rosige Händchen deS Kindes fest und ein fragend« Blick begegnete Magdas Augen. Sie nickte und hob die Kleine auf daS Bett, und daS Kind leiste seine rosige Wange an das Gesicht de» Kranken und flüsterte ihm leise ins Ohr: „Großpapa l" Wie ein Leuchten ging eS üb« die Züge des Grafen. Er schlang den linken Arm um da» , Kind, da» seinen Kopf zutraulich an seine Brust gelegt hatte, und küßte daS Blondhaar. Der Doktor, der dazu kam, fürchtete, die Gemüts- Da blieb sein Auge starr an einer Stelle! Der Tag verging unter Hoffen und Be- haften, und als Bertha der Richtung seines sürchtungen. Nachmittag war Olga mit einem Blickes folgte, sah sie Magda, die fich in einen ! ganzen Arm voll Feld- und Wiesenblumen inS Lehnstuhl gekauert hatte. Zuerst war sein Blick finster, dann aber, als « ihre flehenden, thränenfeuchten Augen gewahrte, wurde er milder, und nach kurzer Zeit bewegten fich seine Lippen. Bertha erriet, daß er Magda habe rufen wollen, und winke sie herbei. Sie kniete vor dem Bette nieder und küßte heiß und inbrünstig seine Rechte, während die Linke wie segnend auf ihrem Haupte lag. „Kannst du mir verzeihen?" Er nickte. Der Arzt kam eben herein. Er fühlte den Puls, verschrieb eine Einreibung und verordnete etwas Bouillon. „Noch immer keine Nachricht von der Gräfin?" „Nein, Herr Sanitätsrat. Soll ich noch einmal depeschieren?" „Ja, Exzellenz, ich halte es für notwendig." Oldenburg gab diesmal selbst die Depesche auf. Dann ging « nach Haus und schickte die kleine Olga mit einem Dien« in da« Warrensche Haus. Ihn selbst rief der Dienst. Als er gegen Mittag zurückkehrte, empfing er die Nachricht, daß eS mv dem Grafen etwa» besser gehe. Auf den Rat deS Arztes hatte man eine barmherzige Schwester genommen. Da dn Graf in einen tiefen Schlaf gefallen war, hatte der Arzt darauf gedrungen, daß auch Bertha und Magda fich zur Rübe legten; « hatte zu be denken gegeben, daß der augenblickliche Zustand deS BaterS noch lange auhalten könnte, und daß fie mit ihren Kräften haushalten müßten.
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