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Wahlkampf werben bereit» B»rkehrungen getr»ffen. So hat ba» Zentralk»mitee der nationalliberalen Partei eine Sitzung abgehalten, in welcher Einmütigkeit bezüglich de» Verhalten» in der nächsten Zukunft sestgestellt wurde. — Zn der Wahlprüfung-kommisjion de» Reich» tage« hat sich etwa- nach nie dagewesene» ereignet. Die Kom mission hat — beiläufig demerkt in 110 Sitzungen — ihre sämtlichen Akten ausgearbeitet und ihre Arbeiten er ledigt. Dem Vorsitzenden wurde von den Milgliedern der Kammisston «in Vlumenbouquet überreicht. Sonst war der Reichstag eher mit seiner 3jLhrigen Frist, al» die Kommission mit ihren Prüfungen zu Ende. — Da- Unglaubliche scheint wahr zu sein: vom Schnei dermeister Dome in Mannheim wird man einst sagen, „er hat taS Vaterland gerettet I" Mit der von ihm erfun denen Masse sür kugelsichere undurchschlagbare Brusipanzer find abermals eingehende Lchießproben angestellt worden, welche ergaben, »aß an der Masse »hne Rücksicht aus die Entfernung jedes Geschoß wirkungslos abprallt. Eine verliner Gesellschaft bot dem Erfinder unter glänzenden Bedingungen den Ankauf der Erfindung an. — Der bekannte Feldwebel Kühne ist im Gefecht gegen die Marungura bei Manbera gefallen. Kühne stammt aus Beuchen in Schlesien. — Die Hoffnung, daß Emin Pascha sich noch am Leben befinde, wird immer geringer. Es wird der „Voss. Ztg." aus London berichtet: Die britische Ostasrikag-sell- schaft empfing ein Schreiben v»m Kapitän William«, in dem er sagt, er habe keine weiteren Nachrichten über Emin Pascha empfangen, er halte ihn für tot. — Die Lieferung von 3000 Tonnen Eisenftahlschienen sür die bulgarischen Bahnen ist Mille dieses Monats der Gußstahlfabrik von Fr. Krupp in Essen übertragen worden, welche die Anerbietungen der englischen, belgischen und öftreichischen Wettbewerber mit Erfolg unterboten hatte. Die Schienen sollen zum teil zum Ersatz alter englischer Schienen, zum bei Weitem größten Teil aber zum Bau der Eisenbahn Sifia-Parnik verwendet werden, welche be stimmt ist, die bei Parnik befindlichen Kohlengruben sür das Land zu erschließen. Der Sieg des deutschen Werkes ist um so erfreulicher, weil ln Folge dec billigeren Fracht sätze bisher in allen Balkanstaaten ausschließlich englische Schienen zur Verwendung gekommen sine, während die Tüchtigkeit der deutschen Schienen gegenüber den englischen niemals zurückzustehen braucht. England. Die Regierung brachte den Antrag ein, daß die Ge nehmigung zur Errichtung von Schankhäusern in Zukunft nur von der Bevöikerung des betr. Bezirkes selbst durch allgemeine Abstimmung erteilt werden könne. Zn Lvndon befindet sich augenblicklich der Negerbischof Turner. Er wurde in Süd-Karolina geboren. Im Zahre 1862 machte ihn Präsident Lincoln zum Kaplan in der amerikanischen Armee. Die ersttn beiden Neger kompagnien, die an dem amerikanischen Kriege teilnahmen, wurden von ihm gebildet. Später war er Pvsthalter, Steuerinspektor und gehe.mer Polizist. Im Jahre 1880 wurde er zum Bischof gemacht — eine echt amerikanische Laufbahn. Der Bischof sprach sich sür eine Rückwanderung der amerikanischen Neger nach Asrika aus: Der Neger ist nun frei und zivilisiert, bis zum bestimmte» Punlte gut erzogen und größtenteils zum Christentum bekehrt. Die Zeit ist daher für die Rasse gekommen, daß sie ein zivili siertes Reich in Afrika gründe. Von den 8 Millionen Negern in Amerika würden sicherlich 2 Millionen sofort bereit sein, nach Afrika zu gehen, wenn sie Gelegenheit dazu hätten. Auf die Frage, warum die Neger Amerika verlassen sollen, antwortete der Bischof, daß sie den Wunsch und achtungsvoll behandelte, so war der junge Mann bei ihm sür die Zukunst auf das Beste empfohlen. An einem Sonntag Nachmittag sehen wir Rothenberg der Behausung des alten Zehn zuschreiten. Sie besteht auS einem kleinen, einstöckigen Häuschen, an welches sich rin kleiner Gemüsegarten anschließt. Zohn steht unter der offenen HauSthür und schmaucht sein Pfeifchen. Er sieht seinen jungen Freund des We ge» kommen und nickt ihm frenndllch zu. „Guten Tag, John," sagte Rothenberg, als er vor dem Alten stand. „Wie ist's, wollen Sie mit mir nach Reck- lingen gehen?" „Zu welchem Zweck?" „Nun, zum Vergnügen." John schüttelte den Kopf. „Wir Haden Besseres zu thun, als unserm Vergnügen nachzugehen," sagte er. „Aber heute ist ja Sonntag." „Wenn auch." „Ah, Sie haben etwas Besonderes vor?" sagte Rothen berg, indem er John erwartuugsvoll anblickte. Der Alte nickte fast unmerklich mit dem Kopf und sagte: „Wollen Sie nicht eintreten in mein bescheidenes Haus Herr Rothenberg? Mein Sohn wird sich freuen, Sie zu sehen." Rothenberg kam der Einladung gern nach. Er wurde in eine freundliche Stube geführt, sah sich aber h'er ver geblich nach dem Sohne des allen John um. „Ich hab' Ihrem Paul hur etwas mitgebracht," sagte Rothenberg, indem er ein Buch au- seiner Rocktasche zog: „ich weiß, er hat Freude daran." „Ganz gewiß," sagte John mit glänzenden Augen, in dem er da- einfach gebundene Buch liebevoll betrachtete und mit seinen rauhen Händen übe. aus zart onfaßle, als hegen, in einem Reiche zu leben, in dem ihre Stellung frei von den gesellschaftlichen Unannehmlichkeiten ist, wie sie in den Vereinigten Staaten vorherrschen. Der Neger ist dort frei, aber er kann nicht seine vollen bürgerlichen und politischen Rechte ausüben. In den Vereinigten Staaten beträgt die weiße Bevölkemng S7 Millionen und nur 8 Millionen Neger und in jedem amerikanischen Staate ist die Regierungsgewalt gegen die Neger. Der Neger ist nicht faul, wie es gewöhnlich heißt. Behandle ihn gtit und er zeigt sich als fleißiger Arbeiter. Nach welchem Teile er gehen soll? Nach Liberia ; es ist ein schönes Land. Jedoch in jedein Teile von Afrika würde er sich als nützlicher Arbeiter erweisen. Der Neger besitzt mechanische Handfertigkeiten, wovon die Welt bis jetzt noch keine Idee hat. Bulgarien. Fürst Ferdinand von Bulgarien, der «n einem schmerz haften Ohrenleiden krankte, hat sich mehreren Operatio nen unterzogen. Noch größeren Kummer macht ihm die Absicht Rußlands, energische Schritte gegen die Verfas sungsänderung zu unternehmen, denn »hne Verfassungs änderung keine Heirat ohne Heirat keine Dynastie. — Der Zar soll sehr ausgebracht sein und geäußert haben: „Mein Vater befreite nicht Bulgarien v»n Türkenjoche, damit es in die Hände einer katholischen Dynastie in die vrleanislischer Bourbin» solle." Das europäische Rußland hat nach der soeben beende ten Feststellung 102 Millionen Bewohner. In Brasilien ist es nicht geheuer. Eine Depesche des Neu-I)ocker Herold meldet, büß 3000 Mann unter dem Befehl des General Tellos stehende brasilianische Regie- rungstri'ppen durch aufständische Streitkräfte in die Flucht geschlagen worden sind. Bei der bekannten Feigheit welche unter den brasilianiichen Trupp:» herrscht, braucht man nicht daran zu denken, daß diese Zusammenstöße beson ders blutig gewesen sind. Amerika. In Nordamerika wohnen 7 Millionen Deutsche. Trotz dem ist sür den medizinischen Kongreß, der während der Weltausstellung in Chicago stattfinden soll, die deutsche Sprache nicht mit zugelassen worden. Englisch, Fran zösisch, Portugiesisch uno Spanisch darf gesprochen werden, Deutsch nicht. Der Heidelberger Chirurg Professor Czerny erklärt, daß er und viele deutsche Kollegen Abstand neh men, den Kongreß zu besuchen. Afrika. Das türkische Na rdafrika, vor allem das Villajet Bar- ka und in geringerem Grade auch Tripolis wird dieses Frübiahr durch «ine entsetzliche Dürre schwer heimgesucht. Seit 5 Monaten ist in Barka kein Tropfen Regen ge fallen, Felder und Wiesen sind verdorrt, die Heerden und Hauslhnre der Bevölkerung verendet und die Araber der Verzweiflung nahe gebracht. Schon vor etwa 3 Mona ten >ührle das allgemeine Elend zu aufrührerschen Bewe gungen, die aber nieder geschlagen wurden. Heule ist die unglückliche Bevölkerung deS Landes von Hunger und Krankheit gänzlich entkräftet und hat sich stumpfsinnig in ihr Schicksal ergeben. Infolge der Verwesung der vielen gefallenen Tiere ist die Luft ceö ganzen Landes mit Mias men erfüllt, die eine pestartige Krankheit crzcugt haben. In Bengasi der Hauptstadt Barka-, ist wie eil heißt, die Hallte der Bevölkerung dieser Krankheit zum Opfer ge fallen. Auch der Gouverneur der Provinz un» der Kadi find ihr erlegen. Von den 2000 europäischen Bewohnern Bengasis haben sich die Wohlhabenderen alle nach Egyp ten oder Malta eingeschisst. Da es »ollständig an Aerz- hätte er es mit einem sehr zerbrechlichen Ding zu thun. „Ob er sich freuen wird, der Pauli I Er ist ja eben La be. I" „Wobei?" „Nun, bei seinen Büchern." Der Alte sprach eS flüsternd, als hege er die Beftirch- tu ng, daß das große -Geheimniß von unberufenen Ohren erlauscht werden könne. John »ar in »en Lebensan schauungen groß gezogen worden, daß der „einfache Mann" nichts weiter zu thun habe, als zu arbeiten, und daß jece Thätigleit, die nicht dem nützlichen Erwerb gelte, vom Uebel sei. Er selbst hatte nolhdürftig lese» und schreibe» gelernt, und in früheren Jahren hatte er Zerem, der eine über das ihm bekannte Maaß hinauSgehende Fertigkeit in diesen Künsten zeigte, e n starkes Mißtrauen entgegenge tragen, >ofern diese Leute nicht dem Gelehrten- oder Be- amtenstanbe angehörten, die freilich ein Anrecht auf die Ausübung dieser Wissenschaften besaßen. Später kam John ja allerdings zu der Ansicht, daß das Lesen von Büchern nicht gerade sündhaft und verdammenSwerth sei, aber er hielt es immer noch für eine noble Passion, die nur bevorzugte reiche Leute sich gestatten dürsten. Aber selbst diese vorgeschrittene Ansicht überholte er, als sein Sohn Paul heranwuchs und ein« leidenschaftliche Zunei gung sür Bücher an den Tag legte. John konnte sich gar nicht erklären, wie der Junge zu dieser Neigung gekommen war. Er hatte sie ihm gewiß nicht eingepflanzt und er vermochte auch weit ringsum keine Mcnschenseele zu entdecken, die den Jungen auf solche Wege gejührt haben konnte. Der Trieb zu diesen Dingen mochte wohl in der Lust liegen, und da er als» direkt von Gott kam, so konnte er auch nicht verdamment- werth sein. So sagte sich der alte Zohn und er lj«ß sei nen Jungen gewähren. Nach und nach kam John zu der Ueberzeugung, daß ten und an Medizin mangelt, und die Nahrung-Mittel, immer teurer werden, so scheint e» ausgeschlossen, daß sich das unglückliche Land ohne fremden Beistand wird retten können. Aus dem Auerthal und Umgebung. Mttthettungen von »oralem Juteeess« find »er «edattto« stet- willkommen. Heute Nacht gegen 12 Uhr brannte das Photographische Atelier des Herrn Linke in der Bahnhofsstraße Zelle bis auf den Grund nieder. Man vermuthet Brandstif tung. Am 1. April d. I. tritt das Reichsgesetz betreffend die Einführung einer ctnheitlichen Zeilbestimmunz in Kraft. Vorau-sichtlich wird sich die gleichzeitige und gleichmäßige Annahme »er neuen Zeitbestimmung in allen deutschen Bundesstaaten, in welchen die mitteleuropäische Zeit nicht schon gegenwärtig angcwendet wird, ohne Schwierigkeiten »ollziehen, wenn nicht nur die öffentlichen VerkeyrSan« stallen, sondern auch die Behörden kni ber Ordnung ihre- Dienstes und bei allen Zeitangaben sich vom 1. April ab alsbald ausschließlich der mitteleuropäischen Zeit be dienen wollen. Die» läßt sich aber dadurch befördern, daß aus rechtzeitige Umstellung aller öffentlichen Uhren Zorge getragen wird, alle öff ntlichen Uhren daher vom Morgen des 1. April ab alsbald die nme Zeit anzeigen. Zuver lässige Angaben über die letztere zu erhalten, wird nir gends auf Schwierigkeiten flogen, da bei allen Eisenbahn stationen und Telegr phenanstalten die Abweichung der neuen Zeit von der Orlsze l relannt ist. Bon dem Reichskanzler ist den Bundesregierungen dle Anregung ge geben worden, in diesem Sinne die Behörden anzuweisen. So ist zu erwarten, daß der Urbcrgang zur neuen Zeit rasch in weiten Kreisen ber Bevölkerung >ogar ohne jede bemerkbare Einwirkung vor sich gehen wirb. Leipziger Ostermesje. Wie aus der amtlichen Bekannt machung deS Raths der Stadt Leipzig hervorgeht, wird die diesjährige Leipziger Ojlermesse ,ur den Großhandel am 10. April (Montag nach Quasimvdogeniti) beginnen. Der Rath, die Handelskammer und ano re Körperschaften vereinigte» ihre Bemühungen, um den mefteitigen Scha ben, ber mr Handel und Gewerbe aus dem Wegfall der vorigen Michaerismesse erwachsen ist, ourch Erleichterung und Förderung des Verkehrs und ourch ivnslige geeignete Veranstaltungen nach Möglichkeit wieder auszugieichen. — Der vormalige Kaufmann und Kellner Richard Weigel aus Jo ha n n g o rge n st a b l, welcher am 14. November v. I. vom Schwurgericht in Zwickau wegen Raubmorde», begangen an dem Karlsbader Kutscher Treulker in der 'Nähe von SaOnthal, zum Tode verurlheilt wurde, lst, wie Mltgetheilt wird, begnadigt worben. 2e. Maj. der König hat die Tocesstcase in lebenslängliche Zuchthausstrafe verwandelt. Verhandlungen des Oeweröevereins Aue. Versammlung am 14. März 1803. Im Vereinslokal liegen die neu eingcgangenen Zeit schriften aus, sodann legt der Vorsitzende eine Anzahl Sitzungsberichte der Handelskammer Plauen vor, sowie die Einlavung des Gewerbevereins Elstra vor, dahin gehend, daß man sich einer Petition des gedachten Vereins an den Reichstag, Abänderung des Gesetz s, die Sonn tagsruhe betr., anschließen möchte. Aus der hierüber geführten Discussion ergiebt sich, daß man sich nach dem augenblicklichen Stande der Angelegen heit und den Anschauung n innerhaib unseres Gauver- bandes, dieser Petition nicht ohne Weiteres anschließen das, was sein Sohn trieb, nicht nur nicht tadelnSwerth sondern — nach dem Ermessen jeiues schlichten Verstaube- — sogar recht lobenswecth fei. Paul hatte sich in Rick lingen bei einem Manne, dec eine Hanvel mit allen Bü chern betrieb, von seinen Spargroschen einige Bände ge kauft, die den Titel „Naturwisjeuschaftuche Volksbücher", trugen. Darin las er sehr eifrig und erzählte seinem Vater was er selbst aus ben^Büchern erfahren hatte. Da meinte nun Jvhn, vag man nach solcher Wissenschaft die Natur mit ganz andern Augen betrachte, als man cs bi» dahin gethan, uno baß das gerade nicht zur Schädigung de« Ansehens der Natur gereiche. Wenn man erst wisse, wie so eine unscheinbare Pflanze, die am Weg-ranb wächst, sich allmählig entwickelt, so beachte man >ie uno trete sie nicht gleichgültig mit Küßen. Die „Natulwlsseuschaftuchen Volksbücher" befaßten sich aber nicht allein mit dem Pflanzenreich, sie gaben auch noch über vielerlei andere Dinge Aufschluß — auch über solche, die besonders den Bergmann luteressirlen. John schenkte den Studien seines Sohnes immer mehr Auf merksamkeit und er ließ sich zuletzt sogar herbei, selbst einige Groschen zur Anschaffung vvn Buchern zu opfern, obwohl Paul diese Unterstützung gar nicht Haven wollte. Eine« Tages waren sie im Galten von einen Gruben beamten überrascht worden, als Paul seinem Vater au» den „Naturwissenschaftlichen Volksbüchern" vorlas. „Was haben Sie denn da?" fragte der Beamte neu gierig und mißtrauisch. „Entschuldigen Sie," sagte der alte John, indem er seine Mütze zog, „wir überheben uns nicht, cs sind nur Bücher für da» Volk, die mein Sohn mir voillest." Der Schichtmeister — ->n solcher war es — gab sich mit dieser Auskunft zufrieden. (Fvitsetzung folgt.)