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ZSMHofswerüaer -Hauptblatt und gelesensteZeitungimAmtsgerichts- Dezirk Bischofswerda und angrenzenden Gebieten Dies Blatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen der Amtshaupt- Mannschaft, der Schulinspektion und des Hauptzollamts zu Bautzen, Les Amtsgerichts, des Finanzamtes und des Stadtrats zu Bischofswerda. dcrgebccrtt-- Unabhängige Zeitung für alle Stände in Stadt und Land. DichtesteVerbreitung inallenVolksschichten Bellagen: Sonntags-Unterhaltungsblatt und Landwirtschaftliche Bellage. Geschäftsstelle Bischofswerda, Altmarkt 15. — Dtück und Verlag der Buchdruckerei Friedrich May in Bischofswerda. — Fernsprecher Nr. 22. W«fche1mu»g»we1s«: Jeden Werktag abend» für den folgend. Tag. Bezugoprets: Bet Abholung in der Geschäftsstelle monatlich Mk. 3.75, bet Zustellung ins Haus monatlich Md 4—, durch Ue Poft bezogen oi-rteliährlich Mk. 11.25 ohne Zustellungsgebühr. Postboten, sowie Zeitungsausträger und die -Geschäftsstelle des Blattes nehmen jederzeit Bestellungen entgegen. 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Die Regierungsmänner aber, welche die Völkerschick- sale gegenwärtig lenken, sind eifrig an der Arbeit, alles so vorteilhaft wie möglich für den Kampf in Genf vorzubs- reiten. Natürlich glaubt wie in Deutschland so auch in den alliierten Ländern kein Mensch daran, daß irgendein Mit glied des Völkerbundsrates seine Entscheidung in der ober schlesischen Frage anders als nach bestimmten Weisungen seiner Regierung trifft. Nicht nach Recht und Gerechtigkeit wird ein Spruch gefällt werden, betont der B. L. A„ son dern unter Wahrung des Scheins und der Form nach den Interessen der im Völkerbundsrat vertretenen Mächte. Ein zelheiten, die das beweisen, kann man schon jetzt beobachten. In der französischen Presse werden die Stimmen stän dig zahlreicher, die für Verschleppung der Entscheidung sich aussprechen; außerdem wird von der Pariser Regierung Polen angehalten, Deutschland durch ein gewisses Entgegen kommen möglichst einzuwickeln. Auch die Franzosen selbst spielen mit dem Gedanken, daß Frankreich und Deutschland vielleicht am besten täten, sich auf der Grundlage des Bcr sailler Vertrages und der Kriegsentschädigung zu verständi gen. Daß die Briand, Poincatt-, Millerand, Delcasss, Tie- mcnceau, Foch usw. jemals eine ehrliche Verständigung mit Deuncbland wollen, ist selbstverständlich ausgeschlossen. Alle Polilit. auch die ..Verständigungspolitik", bleibt für d.e Franzosen ein Mittel zur Zertrümmerung des einiger deut schen Reiches und zur Herbeiführung seiner politischen und wirtschaftlichen Ohnmacht. Der französische Wiederaufbauministcr Loucheur gebt nach London, um dort vor seiner neuen Besprechung mit Rathenau den Versuch zu machen, Englands Widerspruch gegen deutsch-französische Sonderabmachungen zu beseitigen. Bei der Spannung zwischen London und Paris ist kaum da ran zu denken, daß Lloyd George sich einfangen lassen wird. Im Gegenteil: jedes Mittel, der französischen Politik Schwierigkeiten zu machen, wird in Landon benutzt werden. Der Pariser „Temps" wendet sich gegen das Gerücht, daß Frankreich gegenwärtig einen Druck auf Spanien aus übe, damit der spanische Dölkerbundsdelegierte in Genf für Frankreich Partei nehme. Mag das Gerücht.zutreffen oder nicht, Tatsache bleibt doch, daß die Spanier in den Franzo sen die Anstifter Les Marokko-Unheils sehen und das fran zösische Protektorat über Marokko für eine schwere Ver letzung der spanischen Interessen halten. Die Vermutung wird daher bestehen bleiben, daß die Pariser Regierung in Madrid alle Mittel des Drucks und der Überredung anwen det, um nicht in Genf bei der obcrschlesischen Frage die spa nische Quittung für Marokko zu erhalten. Den allcrschwersten Schlag, der während der letzten Wochen zu verzeichnen ist, versetzt England dem Regime Briand gegenwärtig im nahen Orient. Die Londoner Presse bereitet seit Tagen darauf vor, daß Konstantinopel den Grie chen gegeben werden müsse, wenn sie jetzt ihren Krieg gegen die Angora-Türken siegreich zu Ende führen. Daß zwei der größten englischen Schlachtschiffe nach Konstantinopel gehen, ist Beweis dafür, daß England sich seine Entscheidung über Konstantinopel zugunsten der Griechen nicht stören zu lassen gedenkt und daß es unter Umständen mit Waffengewalt zur Niederhaltung eines Aufstandes in Konstantinopel vorgehen will. Auch die in diesen Tagen erfolgte Krönung des Emirs Feisal zum König von Mesopotamien ist Sondcrvorteil für England und gleichzeitig ein ^Schlag gegen die Franzosen: das ganze Arabertum, das auch in dem von den Franzosen erstrebten Syrien ausschlaggebend ist, wird damit für Eng land mobil gemacht. Lloyd George hat es in der Hand, jeden Augenblick den Franzosen auch in Syrien einen Brand .zu entfachen. Es hängt wohl mit all diesen Gefahren und Schwie rigkeiten, die sich -er Politik Driands entgegentürmen, zu sammen, -ah in Paris die Einberufung des Parlaments zu einer außerordentlichen Tagung erwogen wird. Die Schwierig Kelte« des Völkerbundrates. Der spanische Vertreter lehnt die Berichterstattung über Vberschiesien ab. Varis, 23. August. (Drahtber.) Havas ersetzt seine erste positive Fassung, daß Quinones de Leon das Berichterstatter- amt im DSlkerbundsrat abgetehnt habe, durch folgend« Mel- Donnerstag, Sen 25 August 1921 düng: Madrid. Havas. Nach gewissen hier eingegangenen Informationen soll Quinones de Leon das Angebot des Grafen Jshii abgelehnt haben, das Amt eines Berichterstat ters in der oberschlesischen Frage zu übernehmen. Der „Temps" bemerkt dazu, daß diese Nachricht noch nicht amt lich bestätigt sei. Ihre Richtigkeit erscheine aber nicht zweifelhaft. Paris, 23. August. (Drahtber.) Havas veröffentlicht folgende Erklärung: Welches auch die Beweggründe sind, -ie Quinones de Leon veranlaßt haben, das Berichterstatter amt über die oberschlesische Frage abzulehnen, sie können in keiner Weise die Prüfung der Angelegenheit verstehen. In diplomatischen Kreisen erklärt man, daß Vicomte Jshii dis Ablehnung de Leons nicht als endgültig betrachte. Man glaubt hier, daß der belgische Delegierte Huys- mcms zum Berichterstatter ernannt werden wird. London, 23. August. (Drahtber.) Reuter meldet -- Madrid, daß die öffentliche Meinung in Spanien irgend einer Intervention in der oberschlesischen Frage ablehnend gegenüber zu stehen scheine. Die feindlichen Truppentransporte für Oberschlesien. Berlin, 24. August. Die Reichsregierung ist von der Entente verständigt worden, daß die Truppenoerstärkungen für Oberschlesien vom 25. ab Mainz verlassen werden. Für ihre Durchfahrt durch Deutschland sind die Eisenbahn- und sonstigen Behörden zur Anordnung aller notwendigen Maß nahmen aufgefordert worden. Es handelt sich um zwei eng lische Bataillone, die mit vier Zügen, und eine ganze f'-an- zö-sische Brigade, die mit 16 Zügen befördert werden wird. Die Truppen werden von Mainz über Erfurt, Sazan vnd Breslau nach ihrem Bestimmungsort gebracht werden und unterwegs an mehreren kleinen Stationen Verpflegungs aufenthalt haben, über die Frage italienischer Truppenoer- stärkungen für Oberschlesien ist hier noch nichts bekannt, doch wird angenommen, daß es sich um «ine Entsendung von zwei neuen Bataillonen handeln wird. Die oberfchlesischen Polen gegen Kongretzpolen Der oberschlesische Polenführer Mestrasch von polnischen Offizieren ermordet. Breslau, 23. August. Wie sehr sich die Gegensätze zwi schen den polnischen Oberschlesiern und den Kongrehpolen verschärft haben, beweist ein Vorfall, den eine bekannte pol nische Persönlichkeit, die an den Verhandlungen des volni- schen Obersten Volksrates in Schoppinitz am 14. August teilgenommen hat, berichtet. Während dieser Verhandlung nahm der kongreßpolnische Oberstleutnant Barczak, der den Vorsitz führte, das Wort. Er meinte, daß die oberschlesische Frage vor den Völkerbund gebracht werde. Darauf sprach van den oberschlesischen Polen der bekannte und angesehene Führer Wiestrasch. Seine Erklärungen gipfelten darin, daß genügend Elend über Oberschlesien gekommen und es ein Verbrechen sei, einen neuen Aufstand in Szene zu setzen, wovon die oberfchlesischen Polen nichts wissen wollten, Hierauf entstand eine überaus scharfe Debatte, welche sich bald zu Lärmszenen entwickelte und in grobe Tätlichkeiten ausartete. Wiestrasch und seine Anhänger wurden als Ver räter Polens bezeichnet. Auf einen Befehl von Barczak kam eine Abteilung Hallersoldaten und erklärte Micst- rasch fiir verhaftet. Wiestrasch ging nicht von semem Standpunkt ab, widersetzte sich der Verhaftung und wurde, ehe seine oberfchlesischen Kameraden ihm zu Hilfe eilen kann ten, von dem kongreßpolnischen Offizier Barczak durch fünf Schüsse zu Boden gestreckt. Offiziere, die -en Ausführungen Wiestrafck)s Beifall geklatscht hatten, wur-en sofort verhaf tet und wegen Meuterei vor ein Kriegsgericht gestellt. Auf Befehl der I. K. darf die oberschlesische Presse über den Ver fall nichts berichten. Die Erregung in der oberfchlesischen polnischen Bevölkerung ist groß. Jedenfalls wird man sich für die Ermordung des allseitig beliebten oberfchlesischen Po- lcnführers zu rächen wissen. In der Nähe -es Kirchhofes von Lipiene bei Beuchen ist ein Grab entdeckt worden, in welchem vier Deutsche lie gen, welche während des dritten Aufstandes von den Insur genten erschaffen wurden. Nach Aussag« eines Ortsansässi gen soll unter ihnen ein Gendarm sein. Die Gefallenen hat ten niederknien müssen nist» wurden dann von hinten von den Polen erschaffen. 75. Jahrgang. Der polnische Eisenbahnerstreik. Danzig. 24. August. (Drahtb.) Der Eisenbahnerstreik in Pommerellen und Posen dehnt sich weiter aus. Der ge samte Eisenbahnverkehr ruht. Der polnische Arbeitsminister hat sich nach Posen begeben, um sich über die Lage zu un terrichten und Verhandlungen einzuleiten. Die deutsch-amerikanischen Verhandlungen. London, 23. August. Der Daily Telegraph meldet: Aus Washington einlaufende Nachrichten erklären, daß der Ab schluß eines Friedensvertrages mit Deutschland bald von der amerikanischen Regierung beschlossen werde. New dort World berichtet, daß dieser Vertrag, der in Ausarbeitung begriffen sei, die Frage der Derantworkichkeit am Kriege nicht erwähne. Die meisten Bestimmungen dieses in Vorbereitung befindlichen Dokumentes laufen auf den Abschluß eines Handelsvertrages hinaus. Hierauf bezüg liche Bestimmungen sind bereits getroffen. — New Port Times meldet, daß Staatssekretär Hughes alle notwendige.» Vereinbarungen getroffen habe, damit ein Handelsvertrag niit Deutschland sofort geschlossen werden könne. Schwere Unruhen in Indien. London. 23. August. In Indien sind schwere Unruhen ausgebrochen. In Südindien zerstörten Meuterer alle Tele graphen-, Telephon- und Eisenbahnlinien, so daß der Eisenbahnverkehr unterbrochen werden mußte. Arbeiter, die mit polizeilicher Unterstützung die Linien aus zubessern suchten, mußten die Arbeit aufgebett, da die Be völkerung die Schienen aufriß. Zwei Offiziere und zwei Polizisten werden vermißt. In der Provinz Madras plünderten die Meuterer sämtliche Postämter. Die englische Regierung hat Polizei und Truppen herbeigsholt. Einer „Reuter"-Meldung aus Simla zufolge mußte der Vizekönig von Indien, Lord Reading, der soeben eine Jn- struktionsreise unternahm, sofort nach Simla zurllckkehren, wo ein außerordentlicher Staatsrat abgehalten wird. Der Reichskanzler über die Lohnerhöhungen. Neue Erhöhung der Eisenbahn- und Posttarife. Berlin, 24. August. Im Reichsfinanzministerium wur den Dienstag vormittag die Verhandlungen über die Teue rungsverhältnisse zwischen der Rcichsregierung und den Or ganisationen der Beamten und Arbeiter fortgesetzt. Am ersten Derhandlungstage erörterte Reichskanzler Dr. Wirth in einer ausführlichen Rede die außerordentlich schwierige Lage des Reiches. Er streifte auch die oberschlesische Frage und sprach die Hoffnung aus, daß die Entscheidung des Völ kerbundes Deutschland ermöglichen werde, seinen Verpflich tungen nach Kräften nachzukommen. Die Forderungen der einzelnen gewerkschaftlichen Organisationen würden ein« Mehrbelastung von 14 Milliarden betragen. Außerdem er forderten die Gehaltswünsche des Deutschen Beamtenbundes 16 bis 18 Milliarden jährlich. Weder für die eine noch für die andere Forderung sei Deckung vorhanden; sie würden den Etat sehr wesentlich belasten. Reichsverkehrsminister Gröner sprach über die Ver hältnisse bei den Reichseisenbahnen. Zwar sei der Perso nenverkehr befriedigend, dagegen wären die Einnahmen aus -em Güterverkehr im wesentlichen zurückgegangen. Dadurch, daß di« Bergarbeiter im Ruhrrevier das Überschichtenabkom men kündigten, würden täglich dreitausend Eisenbahnwag gons weniger verladen als zur Zeit der Oberschichten. Noch schlimmer sei der Ausfall, den die Eisenbahn in Oberschle sien nunmehr seit Monaten erleidet. Aus allen diesen Grün den habe man im Reichsverkehrsministerium bereits an eine neue Tariferhöhung gedacht, die sich wohl kaum werde um gehen lasten. Im gleichen Rahmen bewegten sich die Ausführungen des Reichspostmimsters Giesberts. Die Post hab« einen ungedeckten Fehlbetrag von über zwei Milliarden. Eine Erhöhung aller Post-. Aernfprech- und Telegraphengebüh- ren im Verhältnis 1 : 10 fel notwendig. Ein Brief würde künftighin eine Mark kosten. Da» Personal müff« alles tun, um den unhaltbaren finanziellen Verhältnissen «in Tickte zu machen. Jeder Beamte mich Arbeiter müff« intensivste Ar beit leisten, daß seine Arbeitskraft voll ausgenutzt werd«. Geheim rat Kühnemann vom Reichsfi nanzministerium tritt« mit, daß die Regirrung Maßnahmen treffen werd«.