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800 ^t) verteilt. Die Neuanmeldungen von Mitgliedern gehen in außerordentlich großer Zahl ein, so daß der Bund bereits über 15 000 Mitglieder zählt. Neu angemeldet sind u. a. die Verbände Werdau und Radeburg. Außer diesen Verbänden sind noch eine große Zahl Klubs geschlossen aus genommen worden. In Limbach, Meerane und Chemnitz besteht die Absicht, mit den anliegenden Verbänden einen Extrazug zum Feste stellen zu lassen. Leipzig, 28. Juli. Ein Großfeuer brach am Sonnabend nachmittag auf dem Tagebau des Braunkohlenwerkes in Regis-Breitingen aus. Das Feuer griff so schnell uni sich, daß die Wehren seiner nicht Herr werden konnten. Zur Un terstützung wurde gegen abend die Leipziger Bernfsseuer- wehr zu Hilfe gerufen. Am Abend stand die Hälfte des Ta gebaues in Flammen, begünstigt durch den Wind und die große Trockenheit. Am Sonntag glaubte man schon, den Brand bewältig zu haben, als sich wieder ein Sturm erhob und die Flammen von neuem anfachte. Bald hatte der Brand bewältigt zu haben, als sich wieder ein Sturm erhob vorher. Man :ies noch die Chemnitzer Berufsfeuerwehr zu H'Ife, die in Gemeinschaft mit der Leipziger Berufsseuer- wehr den umfänglichen, schwer zu bekämpfenden Brand bis zuni Montag nachmittag erstickte. Der Schaden soll etwa drei Millionen Mark betragen. Reue« au« aller Welt. — Grubenbrand in Böhmen. Aus bisher unbekannter Ursache geriet das Kabel der Johanngrube in Libusin in Brand. In kurzer Zeit standen auch die Bretter der An kleidekabinen in Flammen. Ferner brannte das Seil des Förderkorbes durch, bei dessen Absturz ein Bergmann ge tötet wurde. Auch der Förderschacht geriet in Brand. Die Feuerwehren der ganzen Umgegend sind mit den Löschar beiten beschäftigt. — INunitionskatastrophe bei Pola. Eine in der Nähe von Pola (Italien) gelegene Pulverfabrik, in der große Munitionsbestände aufgestapelt waren, ist in die Luft ge flogen. Die durch die Explosion hervorgerufene Erschütte rung machte sich in der ganzen Stadt fühlbar, fast in allen Häusern sind die Fensterscheiben gesprungen. Ein Wald in der Nähe der Fabrik fing Feuer. Nach den letzten Nachrich ten sind mehrere Tote und etwa 100 Verletzte zu beklagen. — Var Linderelend im befehlen Gebiet. Anläßlich der Tagung des Vereins für Säuglingspflege im Regierungsbe zirk Düsseldorf hatte der Regierungspräsident auf das durch die Ansprüche der Besatzungstruppen gesteigerte Kinderelend hingewiefen. Auf ein Schreiben des Generals Denvignes, in dem der Regierungspräsident aufgefordert wurde, seine Behauptungen mit Tatsachen zu belegen, antwortete er mit folgenden Darlegungen der Verhältnisse: „Die Linderung des Kinderelends wird trotz Annahme des Ultimatums durch die fortdauernden Sanktionen und die starke militä rische Besatzung besonders im Regierungsbezirk Düsseldorf, mit vorzugsweise industrieller Bevölkerung, nahezu unmög lich gemacht. Die Wohnungsnot ist ungeheuer. Trotz Herab setzung der Besatzung von etwa 15 000 auf 7000 Mann wurden z. B. Ende Mai noch 100 Wohnungen mit zwei tägiger Frist angefordert. Kasernen und Massenquartiere sind restlos zur Unterbringung von Offizieren und Unter offizieren verwendet worden. Die durch den Krieg ohnehin verwilderte Schuljugend wird durch Verhinderung der Wiedereinsetzung des friedensmäßigen Unterrichtes weiter hin gefährdet. Düsseldorf verfügt heute nur über ein Fünf tel der früheren Schulräume. In den kleinen Städten ver hält es sich ähnlich, in einem Ort sind sogar alle Schulen bis auf das Waisenhaus für die Besatzungstruppen beschlag nahmt worden. Man könnte statt dessen aber mit Leichtig keit Tanzsäle, Kinos und andere Räumlichkeiten beschlag nahmen. Die Besatzungstruppen haben auch das notwen dige Winterfutter an vielen Orten beschlagnahmt. Dadurch leidet die Milchproduktion und dadurch wird das Kinder elend vergrößert. Ich habe," schließt der Regierungspräsi dent, „selbst auf die Gefahr hin, persönliche Unannehmlich keiten zu haben, offen gesprochen und hoffe, daß meine Aus führungen den Herrn General veranlassen werden, beson ders die für die Schulkinder schädigenden Folgen der Be satzung nach Kräften zu mildern." — Entente cordiale. Ein niedliches, aber wahres Ge- schichtchen, das beweist, daß in Einzelfällen der Völker haß sich gar wohl überbrücken läßt, hat sich dieser Tage in Bayerns Hauptstadt abgespielt. Ein Kölner „Kaufmann", der über ausgezeichnete internationale Verbindungen zu verfügen scheint, hatte bei einer Münchner Firma drei Auto mobile gegen eine Anzahlung von 20 000 „ll gekauft. Lei der vergaß er die Restzahlungen in Höhe von 100 000 M zu' leisten, veräußerte dafür die drei Kraftwagen schleunigst weiter. Die Münchener Polizei, an die sich die geschädigt« Firma gewandt hatte, verstand keinen Spaß und nahm den „Kaufmann" fest. Wenige Tage später trafen zwei Da men, eine Engländerin und eine Amerikanerin, in München ein und boten das Menschenmögliche auf, um den „vergeb lichen Kölner freizubekommen. Die Engländerin bot der Staatsanwaltschaft 200 000 Kaution und 100 000 M zur Begleichung der Kaufsumme, wenn man den Festgenom menen auf freien Fuß setze. Das Gericht hatte jedoch Be denken, als die Amerikanerin auf den Plan trat und für den festgesetzten Freund 400 000 -ü Kaution und die Beglei chung der Schulden anbot. Diesem Angebot vermochte dar Gericht nicht zu widerstehen, es enthaftete den Kölner, der nun mit seiner Retterin schleunigst verduftete. Die über botene Engländerin aber blieb racheschnaubend in München sitzen. Automobil-Sport Bergrennen nach der Saalburg. Der dem A. D. A. S angegliederte Frankfurter Motorrad-Club hatte für Sonn tag, den 17. Juli eine Geschicklichkeitsprüfung in Form eine- Bergrennens auf den großen Feldberg geplant, aber infolge der Rheinzollgrenze mußte sie nach der Saalburg verlegt werden. Die neugewählte Strecke war 3,5 Kilom. lang, bei etwa 5—7 Proz. Steigung. Trotzdem die Veranstaltung erst im letzten Augenblick vom Feldberg nach der Saalburg verlegt wurde, war sie äußerst rege besucht. Die Hauptzug- kraft und wiederum Sieger in seiner Klasse war der in der Homburger Automobil-Sportwoche populär gewordene Adler-Fahrer Jrion mit seinem 18/48 1'8. Adler-Touren- wagen. Der herrliche Sieg im 90 Kilom.-Bahnrennen zu Rüsselsheim als auch die einzig dastehenden Leistungen des gleichen Wagentyps in der Homburger Automobilsport woche haben den 18/48 1'8. Adler zum Favoriten aller Autosportfreunde gemacht. Die heute erwarteten Leistun gen dieses Wagens wurden aber dennoch verblüffend Über boten. Mit über 90 Kilom. Geschwindigkeit durchfuhr der Adlerwagen das Ziel. Die kurze Kilom. Bergfahrt mit stehendem Start und zwei äußerst gefährlichen Kurven hatte der Wagen mit einer Durchschnittsgeschwindjgkeit van ea. 80 Kilom. zurückgelegt. Der neu errungene Sieg des Adler- Wagens ist umso höher zu bewerten, da vor dem Rennen keine Versuchsfahrten oder ein Training stattgefunden hatten. N.- Der schöne Adolar. " Skizze von Curt K ü h n s - Friedenau. Mit klopfenden Pulsen und glänzenden Augen saß Hed wig an der Seite ihres Detters, des jungen Hermann Brauer, im großen Saale des Schützenhauses und studierte den Theaterzettel. Ja, er trat auf, drei Sterne bezeichneten den angebeteten Mimen, den Abgott aller jungen Mäd chen, Adolar Höchst, den schönen Adolar, wie er im Städt chen allgemein genannt wurde. Die jungen Mädchen hiel ten den Atem an, wenn der schöne Adolar austrat, wenn er die dunklen Locken schüttelte und seine veilchenblauen Augen rollen ließ. Der schöne Adolar war unübertroffen, ein Lieb haber, — ein Liebhaber, ein schwärmerischer Augen ¬ aufschlag der jungen Damen pflegte auszudrücken, was Worte nicht mehr ausdrücken konnten. „Gott sei Dank! Adolar spielt mit!" sagte Hedwig mit einem tiefen Seufzer der Befriedigung. „Es hieß schon, er wäre krank und könnte nicht auftreten." „Das wäre aber ein Verlust gewesen!" spottete Her mann. „Der weibliche Teil der Besucher hätte unbedingt sein Geld zurückverlangt." „Spotte nur!" gab Hedwig zurück, tief errötend vor Ärger und Zorn. „Ich weiß, daß du ihn nicht leiden kannst, daß ihr Männer alle ihn nicht leiden könnt, weil er euch ein Vorbild edler Tugend sein könnte!" „Na, na, na!" besänftigte sie Hermann. „Eigentlich kemrst du ihn ja gar nicht. Was weißt du denn von ihm? Nichts." „Ich weiß, daß, wer so spielt, so edel, so voll Anstand, auch ein dementsprechender Mensch sein muß, der nicht wie gewiße Leute schlechten Tabak raucht und sich manchmal be schwipst!" versetzte Hedwig spitz. Hermann lachte. „Also verehre du deinen Adolar!" er widerte er. „Ich maße mir nicht an, mit solcher Blüte -er Menschheit in Wettbewerb zu treten." Das Klingelzeichen ertönte und enthob Hedwig einer weiteren Antwort. Es war langweilig, entsetzlich langwei lig, — Adolar kam nicht, volle dreizehn trostlose Austritte lang! Endlich erschien er: die Lippen schmerzlich zusammen gezogen, die schönen, veilchenblauen Augen schmerzlich in die Ferne gerichtet, der unglückliche Liebhaber! und stürmischer, rasender Beifall empfing ihn. Hedwigs Aufregung wuchs von Szene zu Szene. Sie hatte etwas Ungeheures gewagt! Sie hatte ihm einen Blumenstrauß geschickt, dazu ein Brieschen, in dem sie um ein Zusammentreffen bat. Ihre Pulse klopften hörbar. Wie konnte sie nur denken, daß er sie erhören würde, er, den die Frauen umdrängten, — nein! nein! Es war ja unmöglich, undenkbar! In der Pause stellte ihr ein Logenschließer eine duf tende Karte zu, die Aufschrift zeigte eine feine, fast damen hafte Hand! Hedwig erglühte bis in den Nacken, — in einer dunklen Ecke riß sie das Brieschen aus. Es lautete: „Holdes Fräulein! Sie machen mich glücklich. Ich erwarte Sie nach der Vorstellung am Parkeingang." Hedwig wußte nicht, wie ihr geschehen, ihr schwindelte vor Glück. Sie sehnte das Ende der Vorstellung herbei in einem Fieber der Aufregung. Es gelang ihr, ihren Det ter zu verabschieden. „Ich gehe schon!" sagte der. „Ich weiß, du mußt Spalier bilden!" Dor dem Theaterausgang pflegten die begeisterten Kunstschwärmerinnen nämlich zu warten, bis der Angebetete erschien, sie waren von seinem Gruß beglückt. Hedwig huschte zu dem dunklen Parkeingang und war tete klopfenden Herzens. Da kam er! Sie erkannte seinen leichten Tritt. Er sah ohne Schminke bleich aus, etwas schwammig, auch so alt! Oder war es nur das ungewisse Laternenlicht, das von ferne durch die Zweige fiel? Dor Verlegenheit und bangem Glück wußte sie nichts HU sagen, nur mit glücklich glänzenden Augen sah sie ihn . an. ' Der schöne Adolar lächelte. „Wollen wir etwas tie fer in diese nächtige Wildnis eindringen?" fragte er mit ge dämpftem Heldentenor. „Ja!" hauchte Hedwig. Nächtliche Wildnis! Wie poe tisch er sich ausdrückte! Der schöne Adolar zog ihren Arm in den seinen. „Arm in Arm mit dir!" flüsterte er. „Sie kennen doch den Aus spruch?" > Hedwig nickte, beklommen vor Glück. Seite an Seite schritten sie langsam dahin. - „Wollen wir zu dem kleinen Fluß gehen?" fragte Hed wig. „Die Stelle liebe ich so!" „Was Sie lieben, liebe auch ich!" versetzte der schöne Adolar, und Hedwig lächelte glücklich. Wieder schritten sie schweigend dahin. „Ich wäre dem tlcmius loci dankbar," sagte der schöne Adolar wieder mit rollendem Heldentenor, „wenn er hier eine Laterne aufgestellt hätte. Ich glairbe, hier sind Pfützen." Hedwig maß ihn mit einem halb erstaunten Blick. Ihr Vater war Jäger, ebenso ihre Brüder, — vor einer Pfütze sich zu fürchten, das kannte sie gar nicht. „Nun ja," er widerte sie, „am Wasser ist es immer ein bißchen feucht." „Ein bißchen feucht? Hier sind regelrechte Pfützen!" versetzte der schöne Adolar sichtlich sich aufregend. „Ich habe schon ganz nasse Füße! Ich bekomme einen Schnup fen! Ich fühle es schon in der Nase kribbeln. Ich werde acht Tage lang nicht auftreten können!" Hedwig erschrak. „Wir können ja zurückgehen," lenkte sic ein und führte ihn in trockenere Gefilde. Wieder zufrie den schritt er an ihrer Seite dahin, von Zeit zu Zeit ihren Arm fester in den seinen ziehend. „Ich hätte nie geglaubt," sagte Hedwig leise und stok- kend, „daß mein -Briefchen Ihre Aufmerksamkeit erregen könnte, wo alle jungen Mädchen nach einem Blick von Ihnen geizen. Ganz unerwartet traf mich dieses Glück." Adolar lächelte. „Ich las Ihr Briefchen," erwiderte er. „Es war voll so holder Einfalt. Und — — ich suche Füh lung mit gut bürgerlichen Kreisen. Ich suche ein Mädchen, das gut kocht, gut wäscht und plättet, — ich halte große Stücke auf meine Glanzwäsche — kurz! ich möchte heiraten, und zwar ein junges Mädchen, das mich auf Händen trägt!" Hedwig blieb stehen — sprachlos! „Ja," fuhr der schöne Adolar fort und streckte die Arme nach ihr aus: „Willst du in meinem Himmel mit mir leben?" „Nein!" stieß Hedwig hervor, und fort mar sie, fort wie ein Wiesel. Der schöne Adolar stand noch immer mit ins Leere gebreiteten Armen und einem Gesicht wie ein gewis ses Geflügel, wenns donnert. „Du bist zu Hause?" fragte Hermann, der am anderen Abend bei Hedwigs Eltern vorsprach. „Ich bin platt! Der schöne Adolar spielt doch heut!" „Laß ihn!" lachte Hedwig. „Bei mir hat er verspielt." „Gott sei Dank!" erwiderte Hermann. Die Romantik des Eishandels. Es gibt wohl wenige Handelszweige, die io viel Risiko mit sich bringen, als der Handel mit Eis, denn Gewinn und Verlust richten sich hier nach dem Termometer, und das plötz liche Aufhören einer Hitzewelle kann dem Eisgroßhändler riesige Summen kosten. Bei der heißen Witterung, die ge genwärtig in England und Frankreich herrscht und auch bei uns eingesetzt hat, schnellt der Cisverbrauch gewaltig in die Höhe. London kühlt sich täglich mit 4000 Tonnen und Paris mit 1200 Tonnen Eis, und Newyork hat noch einen viel grö ßeren Eiskonsum. Die außerordeittlichen Ansprüche in gro ßen Hitzeperioden kann das aufgespeicherte Natureis und die Fabrikation des künstlichen Eises nicht befriedigen. Man ist daher auf Einfuhr von Eis angewiesen, und diese erfolgt aus Norwegen. „Wenn eine Hitzewelle einsetzt", so teilt ein englischer Eisimporteur mit, üxmn gehen augenblicklich Schiste von Norwegen ab, die Tausende von Tonnen gefrore ¬ ner Blöcke heranbringen. Aber wer steht dafür ein, -atz nicht, wenn die Ladung an Land gebracht wird, die Hitze vorbei ist und das Eis überflüssig wird. Nun kann man allerdings solches Eis lagern, und es gibt Firmen, die 10 000 Tonnen Eis aufgespeichert haben, aber sehr warme Zeiten vermindern diese Menge von selbst. Das Schmelzen von Eis läßt sich auch bei vorzüglich eingerichteten Lagerhäusern nicht ganz vermeiden. Das Eis wird von Stoffen umgeben, wie Kork oder Wollabfällen, die Hitze nicht leiten, und so kann man in dem kalten Klima Norwegens Eisblöcke jahre lang aufbewahren, ohne daß sie viel an Gewicht verlierens Das Natureis wird in diesem Lande in starken hölzeren Schiffen befördert; in einem Stahl- oder Eisenschiff würde die Ladung sehr schnell zu Wasser werden. Das norwegische Eis kommt von den hohen Bergseen. In jedem Frühjahr werden diese kristallklaren Eisfelder durch den Pflug von tiefen Furchen durchschnitten, so daß eine Art riesiges Schach brett entsteht. Dann kommen Arbeiter mit langzähnigen Handsägen, heben die Blöcke heraus, legen sie in eine feste hölzerne Umrahmung und lassen sie zu Tal gleiten, von wo die Eismassen dann in die Schiffe gebracht werden. Tau sende von Tonnen finden jeden Sommer ihren Weg nach England, Frankreich und Deutschlaich; eine geringere Zufuhr erfolgt auch von den schweizerischen Gletschern. Das norwe gische See-Eis ist das reinste und beste nach dem künstlichen Eis. Der Gefrierprozsß bei der künftigen Eisherstellung nimmt etwa eine Woche in Anspruch, und da die Hitzen sehr plötzlich einsetzen, so kann man nicht rasch genug genügende Mengen Kunsteis zur Hand haben, so daß man auch aus diesem Grunde auf die Einfuhr des Natureises angewiesen ist." Der Mensch als Kraftmaschine. Der Vergleich des Menschen mit einer Maschine, der zuerst von den französischen Enzyklopädisten verbreitet und dann von dem Materialismus des 19. Jahrhunderts wieder ausgenommen wurde, ist in dieser grobmechanischen Form nicht zutreffend. Wenn der Mensch schon eine Maschine istz so ist er jedenfalls die feinste und komplizierteste, wie sie noch keinem Techniker zu erfinden gelungen ist. Diese Tat sache führt der bekannte Chemiker Prof. Karl Oppenheimer in einem neuen Werk „Der Mensch als Kraftmaschine", über das in der „Umschau" berichtet wird, näher aus. Während die Pflanze hauptsächlich ihre Energie aus den Sonnenstrah len bezieht, ist der Mensch auf Sauerstoff und die Nahrungs mittel angewiesen. Zu Nährstoffen eignen sich ganz be stimmte Salze, die der Organismus mit Hilfe seiner Zell kräfte verdauen kann, und hierin liegt schon ein starker Un terschied von der toten Maschine. Sodann aber ist der Mensch hinsichtlich des Verbrauches der Energien in sehr hohem Maße von der Zufuhr unabhängig. Er legt nämlich Energiereserven an, Depots von tierischer Stärke, dem Gly kogen, in den Muskeln und in der Leber, sodann Fettteser- ven. Während das Glykogen sozusagen das tägliche Geld bei der Bank des menschlichen Organismus darstellt, lassen sich die Fette mit dem in Notfällen anzugreifenden Vermö gen vergleichen. Die zugeführte und umgesetzte Energie dient nur zum Teil maschinellen Zwecken, wie sie bei der Herz- und Darmtätigkeit, bei der Atmung, auftreten, und da von wird wieder nur ein Bruchteil für äußere Arbeit ver wendet. Im Gegensatz zu einer Maschine, die eine bestimmt' äußere Arbeit leisten soll, hat der Mensch die Aufgabe, seine Existenz zu erhalten. Der Vergleich des ruhenden Körpers mit einer leer laufenden Maschine ist also falsch; ihm fließen während der ganzen Dauer des Lebens Energieströme zu. Nicht mit der Maschine kann der Körper in Parallele gesetzt werden, sondern höchstens mit einem Kraftwerk, das eine- Summe zahlloser, von einander unabhängiger chiemo-dyna mischer Maschinen darstellt, die wieder unter einem höheren Prinzip zusammenarbeiten. Diese überaus komplizierte, überaus wunderbare Zusammenarbeit geht in ihrer unend lich feinen Einrichtung über alles hinaus, was ft der mensch liche Verstand zu schaffen vermochte.