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Nimmt man an, dass die Kraft im einfachen verkehrten Verhältniss der Entfernung vom Ursprungsort abnimrot, dann ist der constante Stosswinkel für das Maximum der umwerfenden Kraft 45° und die Tiefe des Stoss-Centrums ist gleich dem Radius des meizoseismischcn Kreises. Das giebt uns eine Methode die Tiefe des vulkanischen Herdes unter der Erdoberfläche annäherungs weise seismometrisch zu bestimmen. Die allgemeine horizontale Stossrichtung (radial von einem, senkrecht über dem Erschütterungs-Centrum befindlichen, Punkte an der Oberfläche aus) ist grossen und oft sehr schnell abbrechenden Aenderungen unterworfen, wenn die Gegend sehr gebirgig oder vielfach eingeschnitten ist, oder wenn es selbst eine vollkommene Alluvial-Ebene ist, die aber (wie das Ganges-Becken) ein sehr unebenes Fels-Skelet zum Untergrund hat, oder wenn die Formationen plötzlich und häufig wechseln oder sehr unzu sammenhängend sind. Diese Aenderung beträgt oft im Azimuth bis 90“ und geht, was die Richtung betrifft, bis zu völliger Umkehrung. Eine grosse Störung in der Richtung wird auch hervorgerufen durch zwei aneinander grenzende Bergketten, welche häufig auch den w ahrnehmbaren Winkel des Anpralls (angle of emergence) verändern (Siehe hierüber 4 th Report Brit. Ass. Trans., 1857—58.) Zu den zweifelhaften Erscheinungen, über welche bisweilen berichtet wurde , gehören Umkeh rungen von Körpern, z. B. von Theilen des Pflasters, wo dass das oberste zu unterst gekehrt wurde etc. Solche Fälle oder sonstige fremdartige und bisher unerklärte Erscheinungen verdienen besondere Aufmerksamkeit. (Siehe Report, Facts of Earthquakes, section 6, Secondary Effects; Kosmos, IV. Band.) Bei sehr ausgedehnten Städten oder dicht mit Gebäuden bedeckten Gegenden sollte der Beobachter, nachdem er zuerst im Allgemeinen die Bewegungslinie der Welle bestimmt, an den zerrissenen Häusern ermitteln wo die Bewegungsrichtung bei dem Fortgang der Welle sich geändert zu haben scheint, und alle Bedingungen, die hier im Spiele gewesen zu sein scheinen, notieren. Er sollte auch eine genaue Einsicht zu erhalten trachten von dem wirklichen Durchgang der Welle; denn bisweilen scheint die Welle gleichzeitig an einen ganzen weitausgedehnten Landstrich anzuprallen, wenn der Ursprung tief gelegen und fast senkrecht unter demselben ist. Aenderungen im Betrag des horizontalen Verlaufs oder in der Stärke der Welle sollten nach ihren Wirkungen auf ähnliche Gegenstände an entfernten Punkten bestimmt werden. Solche Aenderungen kann man an den Grenzlinien verschiedener Gesteine oder Formationen erwarten. Wenn möglich, sollte man auch ins Klare zu kommen trachten bezüglich des Umspringens von primären Wellen in secundäre; es zeigt sich das dann, wenn an einem Orte mehrere Stösse gefühlt wurden, während in grösserer Nähe zum Ausgangspunkt bloss einer stattfand. Alles sollte so umständlich als möglich erforscht werden. Die Natur, recht befragt, lügt nie; die Menschen aber sind geeignet zu übertreiben, wenigstens wo neue und wunderbare Ereignisse in Frage stehen. Verschiedene locale Bedingungen müssen berücksichtigt werden: die geologische Bildung der Gegend im Grossen; nicht blos die Gesteine, welche die Unterlage bilden, mit den Richtungen ihres Streichens, Fallens, der Schieferung etc., sondern auch der topographische Charakter der Oberfläche, die Richtung und Höhe der vorzüglichsten Bergzüge und der wichtigsten Flusslinien, die Ausdehnung, Tiefe und Beschaf fenheit des Schwemmlandes etc. Je genauer die Kenntniss des Gebirgsbaues im Erschütterungsgebiet durch Durchschnitte etc. sich vermitteln lässt, desto besser. Die am wenigsten und die am meisten erschütterten Orte, dann diejenigen, welche vielleicht ganz verschont blieben, nebst ihren localen Bedingungen verdienen ferner eine ganz besondere Berücksichtigung. Was nun die secundären Erscheinungen betrifft oder die Wirkungen des Durchgangs der Erdwelle, (d. h. Erscheinungen, welche nicht bloss zu Messungen der Welle dienen) so haben wir besonders auf Felsstürze oder Erdschlipfe zu sehen. Erdschlipfe ändern ihre anfänglichen Richtungen häufig, wenn sie sich über gekrümmte oder unregelmässige Felsflächen bewegen; so mögen die früher gerade verlaufenden Furchen eines Feldes nach einem Erdbeben verwirrt gefunden werden. Rissen oder Furchen, welche durch solche Erdschlipfe in die Felsoberfläche eingegraben werden, ist sorgfältig nachzuspüren. Bergstürze stauen oft Flüsse auf oder füllen See’n aus; verschiedene Veränderungen der Erdober fläche erzeugen wieder Becken für neue See’n, welche dann von dem veränderten Lauf der Flüsse ihre Füllung erhalten. Alle Umstände hiebei verdienen die sorgfältigste Beachtung und der ursächliche Zusammenhang erheischt die eingehendste Berücksichtigung. Solche Erscheinungen müssen wohl unter- 3