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3) die Schallwelle durch die Erde; und in einem kürzeren oder längeren Zeitraum darauf 4) die Schallwelle durch die Luft. Wenn hingegen der Ursprung des Erdbebens unter der See ist (und das scheint bei vielen grossen Erdbeben der Fall zu sein), so können wir in folgender Ordnuug erwarten: 1) Die grosse Erdwelle oder den Stoss. 2) Die forcierte See-Welle, welche in demselben Augenblick entsteht, in welchem der wahre Stoss oder die coseismische Undulation des Meeresgrundes auf seichtes Wasser trifft und gerade über sich selbst eine Wasseraufstauung bewirkt, welche die Erdwelle bis zur Küste begleitet. Diese Aufstauung scheint auch die Ursache der kleinen Veränderungen des Seeufers zu sein, die man oft im Momente des Siosses wahrge nommen hat. 3) Die Schallwelle durch die Erde (wie im vorigen Fall). 4) Die Schallwelle durch die See, welche später ankommt als jene durch die Erde, aber früher als 5) die Schallwelle durch die Luft. Wo die Erschütterung nicht durch einen einzigen Impuls veran lasst wird, sondern durch eine rasche Folge von Stössen , oder wo sich ein einziger Impuls längs einer be trächtlichen, seitwärts vom Beobachter sich hinziehenden, Stosslinie ausdehnt: da werden die Schallwellen ein dumpfes Getöse bilden und in jedem Mittel mehr oder weniger verwirrt werden ; und wo keine Spalten bildungen oder Explosionen stattfinden, da können die Schallwellen auch ganz fehlen. Zuletzt und gewöhnlich ziemlich spät nach dem Stoss rollt die grosse See-Welle landeinwärts. Diese ist eine Uebertragungs-Welle (wave of translation): eine Masse Seewassers ist an oder über dem Ursprungsort des Bebens durch die eingetretene Störung der Ruhe des Meeresgrundes aufgeworfen worden; oder das Wasser ist in der Richtung der Erdwelle, wenn diese die See unter einem stumpfen Winkel zum Horizont getroffen hat, emporgehoben worden und beginnt sich in Wellen zu bewegen, gleich den Kreisen auf einem Teiche, in den man einen Stein fällen liess. Diese Erscheinungen hängen von Gesetzen ab, welche verschieden sind von denen der andern (elastischen) Erdbebenwelleu. Die ursprüngliche Höhe (über dem Spiegel des Ruhezustandes der Flüssigkeit) und das Volumen dieser Flüssigkeitswelle (liquid wave) hängt von der Raschheit und Ausdehnung der ursprünglichen Erschütterung ab und von der Tiefe des Wassers oberhalb des Ursprungsortes. Ihre Fortpflanzungsge schwindigkeit an der Meeresoberfläche ist verschieden nach der Tiefe des Wassers an jedem gegebenen Punkt; ihre Gestalt und ihre Dimensionen hängen eben so wohl davon ab, als von der Beschaffenheit des Meeres-Beckens, in welchem sie sich bewegt. In dem Wasser des tiefen Oceans kann eine dieser Wellen so lang und niedrig sein, dass sie unter einem Schiff durchgehen kann, ohne dass man es bemerkt; aber wie sie eine steile Küste erreicht, wird ihr vorauseilender Abfall steiler (its advancing slope beebmes steeper), und wenn die Tiefe des Wassers geringer wird als die Höhe der Welle, überstürzt sie sich und kommt am Ufer als lebhafte Brandung an. Bisweilen sind jedoch bei ihr Volumen, Höhe und Geschwindigkeit so gross, das sie ganz wie sie ist an die Küste kommt und weit ins Land einbricht. Die Richtung, von welcher aas sie an einem gegebenen Punkt des Landes anlangt, ist nicht nothwendig dieselbe, in welcher der Ursprungs ort sich befindet; die Welle kann ja ihre Bewegungsricktung bedeutend ändern, entweder wenn sie dadurch, dass das Wasser häufig und plötzlich in seiner Tiefe wechselt, in mehrere kleinere Wellen aufgelöst wird, oder indem sie den Linien einer stark eingeschnittenen oder inselumgürteten Küste folgt. (Vergleiche Rüssel, Report on Waves, Brit. Assoc. 1844; Mailet. 4th. Report, 1857—58 etc.) Beobachtungen über jede der erwähnten Arten von Wellen können entweder direkt mit Hülfe speciell vorgerichteter oder in Eile zusammengestellter Instrumente, oder indirekt nach gewissen Wirkungen der Erschütterung an Gegenständen auf der Erdoberfläche gemacht werden. Direkte Beobachtungen mit vollständigen, selbst-registrierenden Seismometern liegen nicht im Zwecke dieser Anleitung. Die Principien die Einrichtung, Beobachtungsinethode und Anwendungs weise der besten bekannten Instrumente dieser Art sind ausführlich beschrieben in R. Mallet’s 4th Report, Brit. Assoc. 1857—58. Was immer für Instrumente angewendet werden mögen, stets machen die Störungen in den Haupt richtungen des Auftauchens der normalen Erd-Welle (welche vorzüglich in der Ungleichartigkeit des Gefüges in der Tiefe und in der Unebenheit der Oberfläche ihren Grund haben) eine besondere Wahl der Orte zur Anstellung seismometrisclier Untersuchungen nothw'endig, wenn man die Lage des Ursprungs oder Herdes der Erschütterung ermitteln will. Bei dieser Wahl muss man auf Folgendes Rücksicht nehmen: