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Mag sich auch der eine oder andere selbstarbeitende Gewerke oder Eigenlehner mit seiner kleinen Landwirtschaft eine Zeitlang über Wasser gehalten haben, wenn die Grube nichts mehr hergab, für die Ärmeren war das nicht möglich, besonders dann nicht, wenn noch Unglücksfälle hinzu kamen. Es blieb ihnen dann nichts weiter übrig, als eine Wohnung zu mie ten und Arbeit bei Gewerken anzunehmen, die ihnen den Lohn reichen konnten, ohne gleich auf einen Ertrag des Bergwerks angewiesen zu sein. Von der anderen Seite betrachtet kann es durchaus so ausgesehen ha ben, daß z. B. ein Gewerke körperlich nicht mehr die schwere Arbeit leisten konnte, sei es wegen Krankheit, Invalidität oder Alter, und einen Ersatz mann stellte, selbst aber Anteilbesitzer blieb. Der Ersatzmann konnte zu nächst der Sohn oder ein anderer Verwandter sein. Ebensogut aber auch ein Fremder, der sich bereit erklärte, gegen Lohn die Verpflichtung zur Mitarbeit für den Kuxbesitzer zu erfüllen. Heydenreich schreibt: „Es war eine Art Lotteriespiel, das aus den Arbeitern immer wie der einzelne in die Reihen der Besitzenden emporhob, wenn auch die große Menge der wirklich mit der Hand Tätigen gegen 1400 nur noch ausnahmsweise Berganteile wertvollerer Art besaß. Im Jahre 1447 klagen die Amtleute in Freiberg, daß ein Häuer, der unbedeu tende Teile in einer Grube habe und selber da einfahre, die Macht beanspruche, sich nicht ablegen und durch einen besseren Arbeiter ersetzen zu lassen. Es war der letzte Rest der älteren Auffassung des Gewerken als anteilbesitzenden Bergarbeiters. Die Masse gehörte seit 1400 zu den „armen Leuten“, wie die Mehrzahl der Bauern. Sie waren damit nicht besitzlose Proletarier, aber doch wesentlich auf ihren Lohn angewiesene, am Kapitalbesitz der Bergwerke nicht oder nur vereinzelt beteiligte Lohnarbeiter.“ 711 Der durch die Natur des Produktionsprozesses bedingte Differenzierungs prozeß kommt auch in Balthasar Rößlers „Bergbau-Spiegel“ zum Ausdruck: „Denn weil immer eine Zeche nach der anderen ausgebauet wird und in Abnehmen geräth, müssen neue wieder erbauet und rege ge- machet werden, darzu man oft viel Gänge erforschen muß, ehe auff manchem ein beständig Gebäude kan angestellet werden, weil derer viel unbauhaff tig, darbey sich mancher Gewerke (der etwan zu viel übers Eisen genommen, wie Berg-Leute zu reden pflegen, welches nicht brechen will, wann ihme das Glück zuwider ist) in Armuth bauet.“ 80 79 Heydenreich: a. a. O., Seite 35. 80 a. a. O., Dresden 1700, Seite 91.