Volltext Seite (XML)
Nischofsrverdaa Tageölatt. WSchentttche Vellage«: Der Sächsische Landwirt »«d Sonntage-Uaterhaltungsblatt. Amtsblatt der Köiiigüchen Amtshauptmmmfchast, der Königliche« Schuünfpektion und d« KSnigKchen ^auptzollamtes zu Bautzen, sowie des Königlichen Amtsgerichts und des Stadtrate» zu Bischofswerda und der Gemeindeämter des Bezirks. Anzeigeblatt für Bischofswerda, Stolpen und Umgegend, sowie für die angrenzenden Bezirke. Ältestes Blatt im Bezirk. " Erscheint seit 1846. Tckgr.-Adr«ffe: Amtsblatt. Fernsprecher Nr. 22. »«da, «t den fatz« ltlichen s7 - Pfg., bet ; durch die Poft bezogt« i' ohne Zustrllungigebübr. PoftfcheG^kovtor Amt Leipzig St». 21S4S. — Gemeinde- »eekott»^»» kaffe Bischofnmerda N»«t» Mr. S4. 7° _ »der sonstig« irgend welcher „ «triebe« der Zeitung »der der Brförderungreinrich« — hat der Bezieher keinen Anspruch auf Lieferung oder Nachlieferung der Zeitung oder auf Bückzehlung de« Bezugspreise«. - »«»«.tzogirokafie Bischof» Beilaß«« bAchtbholung 5im Falle höherer Gewalt — Krieg )«t Znstsihmg in» Hau» Störung de« Betriebe« der Zeitung «ttSchährtich «K. 22« tungen - Anzeigenpreio: Die Sgespaltene GrundzrUe (Alm. Masse 28 oder deren Raum 28 Pfg- örtliche Anzeigen 18 Pfg. Im Text, teil (Zlm. Masse 17) SV Pfg. di« Sgespaltene Zeile. Bei Wieder holungen Rabatt nach feststehenden Satze«. — Amtliche Anzeige« di« Sgespaltene Zeile 40 Pfg. — Mr bestimmt« Tage oder Platz« wird keine Gewähr geleistet. — Erfüllungsort Bischohrwerda. Die Kanzlerrede im Hauptausschutz. , Frett Hand gegenüber der Entente. — Freihett der Meere. England soll auf Gibraltar, Malta, Ade» u. s. w. verzichten. — Aeugestaltung des Welt - Kolonial - Besitzes. — Die belgische Frage lst für uns noch Nicht diskutabel. — Unversetzbarkeit der Türkei. — Unsere militärische Lage ist gut. — Ein guter Friede» , i wird und mutz kommen. « Berlin, 24. Januar. (W. T. B.) In der heutigen Sitzung des tzauptausschusses des Reichstages führte der Reichskanzler Dr. Graf v. Hert» Ling au»: Meine Hmven! Als ich zum letzten Male di« Ehre chatte, vor Ihrem Ausschuß zu sprechen — es war am 3. Ja nuar —, standen wir, so schien es, vor einem in Brest-Li- towsk ««getretenen Zwischenfall. Ich habe damals die Mei- nung ausgesprochen, daß wir die Boentsigung des Zwischen» Mles in aller Sttche abwmckrn könnten. Die Tatsachen ha- den dem auch Recht gegeben. Die russische Delegation ist wieder in Brest-Litowsk eingotroffm und die Verhandlun gen sind wieder aufgonommen und fortgesetzt worden. Sie gehest langsam weiter mch sla find autzerordeiMch schwierig. Auf die näheren Umstärche, die diese Schwierigkeiten be- drngen, habe ich schon das vorig« Mal hingewiesen. Manch mal könnte, in der Tat der Zweifel entstehen, ob es der rus- Pschen Delegation ernst sei mit den Friedensverhandlungen, und allerlei Funksprüche, die durch di« Wett gehen mit höchst seltsamem Inhalt, könnten diesen Zweifel bestätigen. Trotz dem halk ich an der Hoffnung fest, daß wir mit der russi schen Delegation in Brest-Litowsk demnächst zu einem guten Abschluß gelangen werden. Günstiger stehen unsere Verhandlungen mit den Ver tretern der Ukraine. Auch Per sind noch Schwierigkeiten zu überwinden, aber die Aussichten find günstig. Wir Hoffen, demnächst mit der Ukraine zu Abschlüssen zu kommen, die im beiderseitigen Interesse gelegen und nach der wirtschaftlichen Seite vorteilhaft fein werden. Em Ergebnis, meine Herren war bereits am 4. Januar, abends 10 Uhr, zu verzeichnen. Wie Ihnen allen bekannt ist, hatte di« russische Delegatton zu Ende Dezember den Vorschlag gemacht, eine Einladung an sämtliche Kriegsteil nehmer ergehen zu lassen. Sie sollten sich an den Verhand lungen beteiligen, und als Grundlage hatte die russische De legation gewiff« Vorschläge sehr allgemein gehaltener Art unterbreite«. Wir haben uns damals auf den Vorschlag, die Kriegsteilnehmer zu den Verhandlungen einzuladen, einge lassen, unter der Bedingung jedoch, daß diese Einladung an «in« ganz bestimmt« Frist gebunden sei. Am 4. Januar, abends 10 Uhr, war diese Frist verstrichen. Eine Antwort war nicht erfolgt. Das Ergebnis ist, daß wir der Entente gegenüber in keiner Welse mehr gebunden sind, daß wir die Bahnen frei haben für Ämderverhand- lungen mit Rußland, und daß wir auch selbstverständlich an jene von der russischen Delegatton uns vorgelegten allgemei nen Friedensvorschläge der Entente gegenüber in keiner Meise mchr gebunden find. Anstatt der damals erwarte ten Antwort, die ausgoblieben ist, sind inzwischen, wie die Herren all« wissen, zwei Kundgebungen feindlicher Staats- männer erfolgt, die Rede des englischen Ministers Lloyd 4SLVrge vom ö. Januar und die Botschaft de» Präsidenten Wilson am Tage danach. Ich erkenne gern an, daß Lloyd "George seinen Ton geändert hat. Er schimpft nicht mehr und scheint dadurch seine früher von mir angezweifelte Der- Handlungsfähigkeit jetzt wieder nachweisen zu wollen. (Hei terkeit.) Immerhin kann ich «wer nicht soweit gehen, wie manche Stimmen im neutralen Ausland» die in dieser Rede Lloyd Georges einen ernsten Friedenswillen, ja sogar freundkche Gesinnungen hevauslesen wollen. Estst wahr, er erklärt, er wolle Deutschland nicht vernichten, habe es nie «-vernichten wollen, er gewinnt sogar Worte der Achtung für unser« politische, wirtschaftliche und kutturttl« Stellung, ober dazwischen fehlt es doch auch nicht an anderen Äußerungen. Ivchfwischen drängt sich doch immer wieder di« Auffassung vor, daß er über das schuldige, Mer möglichen Verbrechen schuldige Deutschland Recht zu sprechen habe, «ine Gesin nung, meine Herrenhaus die wir uns selbstverständlich nicht einlassen können, in der wir von ernstem Friedenswillen noch nichts verspüren können. Wir sollen die Schuldigen sein, über die die Entente nun zu Gericht sitzt. Das nötigt mich, aus di« dem Kriege vorgngegangenen Verhältnisse und Vorgänge einen kurzen Rückblick zu werfen, aus die Gefahr hin, längst Bekanntes noch einmal zu wiederholen. Der Kavier führte sodann aus, wie das Deutsche Reich seit seiner Wiederaufführung ehrlich vom Friedenswillen durchdrungen gewesen, sei und wie es, um den Frieden zu er halten, ein Defensrv-Bündnis mit Österreich-Ungarn geschlos sen habe. Lediglich die Einkreisungspolittk Englands habe Deutschland gezwungen, seine militärisch« Rüstung zu ver stärken. „Und nun ElsaßBothringen", fuhr der Kanzler fcrt, „von dem auch jetzt wieder Lloyd George redet als von dem Unrecht, das Deutschland im Jahre 1871 Frankreich angetan hat. Elsaß-Lothringen umfaßt bekanntlich zum größten Teil rein deutsch» Gebiete, die durch Jahrhunderte fortgesetzte Vergewaltigung und Rechtsbrüche vom Deutschen Reich los gelöst wurden. Als wir nun im 1870er Kriege die uns fre ventlich entrissenen Landstriche zurückoerlangten, war das nicht Eroberung fremden Gebietes, sondern recht eigentlich das, was man heute Desannexion nennt, und diese Desan nexion ist dann auch von der französischen Nationalversamm lung mit großer Stimmenmehrheit ausdrücklich anerkannt worden und auch in England sprach man damals ganz an ders als heute. Der berühmt« englische Historiker Thomas Carlyle schrieb im Dezember 1870: Kein Volk hat «inen so Mimmen Nachbar, wie ihn Deutschland während der letzten 400 Jahre an Frankreich befaß. DeutsMand wäre verrückt, wenn es nicht daran dächte, «inen Grenzwall Wischen sich und einem solchen Nachbar zu errichten, wo es Gelegenheit dazu hat. Ich weih von keinem Naturgesetz, von keinem Hinnnelsparlamentsbeschluß, kraft dessen Frankreich allein von allen irdischen Wesen nicht verpflichtet wäre, einen Teil der geraubten Gebiete zurückzuerstatten, wenn die Eigentü mer, denen sie entrissen sind, eitle günstige Gelegenheit ha ben, sie wiederzuerobern, amd im Zeichen Sinn« sprachen angesehene englische Preßorgane. Ich komme nunmehr zu Wilson. Auch hier erkenn« ich an, daß der Ton ein anderer gewor den ist. Es ist nicht mehr die Rede von Unterdrückung des deutschen Volkes durch eine autokratische Regierung, und di« früheren Angriff» auf- das Haus Hohenzollern sind Echt wiederholt worden. Aus schief« Darstellungen der deut schen Politik in Wilsons Botschaft will ich nicht eingehen, sondern im einzelnen di« 14 Punkte besprechen, in denen er sein Friedensprogramm formulierte. Erstens: Es sollen kein« gcheimen internattonalen Ver einbarungen mehr stattftnden. Die Geschichte lehrt, daß wir uns am.ehesten mit einer weitgehenden Publizität der dip lomatischen Abmachungen einverstanden erklären können. Im zweiten Punkt fordert Wilson Freihett der Meere. Die vollkommene Freihett der Schiffahrt auf dem Meer« in Krieg und Frieden wird auch von Deutschland al» «ine der ersten und wichtigsten ZukuNstsforderungen aufgestellt. Hier besteht also keine Mejnungsoerschiedenheit. Za hohem Grade aber wichst, wäre « M dle Fttihett der Schiffahrt la Anknnfh wenn auf di« starken befestigten -lostmfitih- pmllste aa wichst»« iaAraakoaalea Verkehnfftaßea, wie fie England in Gibraltar, Malta, Aden und manchen andere« Stellen unterhält, verzichtet werden könnte. Punkt 3. Mit der Beseitigung wirtschaftlicher Schran ken, die den Handel in überflüssiger Weise «mengen, sind wir durchaus einverstanden. Auch wir verurteilen einen Wirt schaftskrieg. 4. Der Gedanke einer Rüstungsbeschränkung ist durch aus diskutabel. über die vier ersten Programmpunkte könnte man Mo ohne Schwierigkeit zu^ckuer Verständigung gelangen. Ich komme zum fünften Punkt: Säsiichtung Mer kolonialen An sprüche und Streitigkeiten. Die praktisch« Durchführung des von Wilson ausgestellten Grundsatzes wird einigen Schwie rigkeiten begegnen. Jedenfalls kann es zunächst dem größ ten Kolonialreich, England, überlassen bleiben, wie es sich mit diesem Vorschlag seines Verbündeten abfinden will. Bei der unbedingt auch von uns geforderten Neugestaltung des Welt-Kolonial-Besitzes wird von diesem Programmpunkt seinerzeit zu reden sein. 6. Die Räumung des russischen Gebietes. Nachdem die Ententestaaten es abgelehnt haben, sich den Verhandlungen anzuschließen, muß ich im Namen der vier verbündeten Mächte eine nachträgliche Einmischung ablehnen. Diese Fra gen gehen allein Rußland und dis vier verbündeten Mächte an. Ich halte an der Hoffnung fest, daß es gelingen wird, zu einem guten Verständnis sowohl mit den russischen Rand völkern als mit dem ehemaligen russischen Kaiserreich zu ge langen. 7. Die belgische Frage. Zu keiner Zeil während des Kriege» hak eine gewalt same Angliederung Belgiens an Deutschland einen Pro- grmnmpunkt der deutschen Politik gebildet. Die belgische Frage kann im einzelnen erst durch die Krieg- und Friedens verhandlungen geordnet werden. Solange unsere Gegner sich nicht rückhaltsloy auf den Boden stellen, daß die Integri tät des Gebietes der Verbündeten die einzig mögliche Grund lage von Friedensbesprechungen bilden kann, mutz ich eine Vorwegnahme der belgischen Angelegenheit au» der Sesamkdlvkussion ablehnen. 8. Befreiung Les ftanzösischen Territoriums. Die ok kupierten Teile Frankreichs sind «in wertvolles Faustpfand in unserer Hand. Auch hier bildet die gewaltsame Angliede rung keinen'Teil der amtlichen deutschen Politik. Die Be dingungen und Modalitäten der Räumung, die den vitalen Interessen Deutschlands Rechnung tragen müssen, sind zwi schen Frankreich und Deutschland zu vereinbaren. Don einer Abtretung von Reichsgebiet kann nie und nimmermehr die Rede spin. Das Reichsland, das sich immer mehr den« Deutschtum innerlich ungegliedert hat, sich in hocherfreulicher Weise wirtschaftlich immer mehr fortentwickelt, von dem mehr als 87 Prozent die deutsche Muttersprache sprechen, werden wir uns von dm Feinden unter irgmdwelchen schö nest Redensarten nicht wieder abnehmen lassen. (Lebhaftes Bravo.) Punkt 9, 10 und 11. Italienische Grenzen, nationale Fragen der DonauMcmarchie, Dalkanstaaten: Hier werden größtenteils die Interessen unseres Verbündeten Österreich- Ungarn überwiegen. Do Deutschland» Interessen im Spiel« sind, werden wir sie aufs nachdrücklichst« wahren. Die treue Waffenbrüderschaft, die sich im Krieg« so glänzend bewährt hat, muß auch im Fried«» nachwirken, und so werden wir auch unsererseits alles daransetzen, Laß für Österreich-Un garn «in Frieden zustande kommt, der dm berechtigten An sprüchen Rechnung trägt. ' *