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Nummer 18. Freitag, 18. Januar 1918. 72. Jahrgang. DerSächWeLrM'er Aischofswerda« Hageklatt Amtsblatt der Königlichen Amtshauptmannschaft, der Königlichen S^ulinspektion und des Königlichen Hauptzollamtes zu Bautzen, sowie des Königlichen Amtsgerichts und des " Stadtrates zu Bischofswerda und der Gemeindeämter des Bezirks. Anzeigeblatt für Bischofswerda, Stolpen und Umgegend, sowie für die angrenzenden Bezirke. Ältestes Blatt im Bezirk. Erscheint seit 1846. Telegr.-Adresse: Amtsblatt. Fernsprecher Nr. 22. Wöchentliche Beilage«: Der Sächsische Landwirt und Sonntags-Unterhaltungsdlatt. Geschäftsstelle: Bischofswerda, Altmarkt 18. Erscheint jedem Werktag abend» kür den folgenden_Tag. Der Be. »ugspreis ist einschließlich der wöchentlichen Beilagen bei Abholung ra der Geschäftsstelle monatlich 70 Pfg., bei Anstellung in» Haus monatlich soPfg.; durch die Poft »erogen vierteljährlich Mk. 2.28 ohne Zustellungsgebühr. 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Januar unternahmen leichte deutsche Seestreitträfte einen Streifzug durch die südliche Nordsee Sie trafen weder feindliche Kriegsschiffe noch Handelsfahr zeuge an, trotzdem sie nördlich der Themsemündung bis dicht unter die englische Küste vorskiegen. Dort nahmen sie wichtige Hafeaanlagen auf nächste Entfernungen btt guter Beobachtung mit über 300 Schutz unter wirksames Artillerie feuer. Der Ehef des Admiralstabs der Marine. Die Beratungen in Brest-Litowsk Nachdem wir über die Sitzung vom-15. Januar bereits gestern melden konnten, daß in einigen Punkten eine gewisse „Annäherung" festgestellt werden konnte, wird über den Der. lauf der Sitzung am 14. Januar noch ein Bericht ausgege ben, der beweist, daß die Diplomaten der Verbündeten auch mit ihren „bisherigen" Instruktionen vorwärts kommen^ wenn sie nur fest auftreten und auch nur den Versuch ma chen, dem Verschleppungsmanöver der Russen eine Ende zu bereiten. Mit erfreulicher Deutlichkeit hat sich der deutsche Unterhändler verbeten, daß die Russen einseitig Bedingun gen und die Form der Verhandlungen diktieren, und keinen Zweifel darüber gelassen, daß mit der letzten Nachgiebigkeit der letzte Versuch gemacht werden soll, zu einem Frie den zu kommen. In wenigen Tagen — das stellte Herr von Kühlmann ausdrücklich fest — müsse man erkennen, ob dieser Versuch Aussicht auf Gelingen habe, oder nicht. Schon die Antwort Trotzkis lieh erkennen, dah die Russen diese Sprache verstanden haben und daß sie es nicht darauf an kommen lassen werden, unverrichteter Sache aus Brest- Litowsk Heimreisen zu müssen. Dem ausführlichen Sitzungsbericht entnehmen wir fol gendes: * In der Antwort der Verbündeten heißt es am Eingang: „Die der deutschen und österreichisch-ungarischen Dele gation übermittelten Vorschläge der russischen Delegation betreffend die Entwicklung der Dinge in den von den Zen- tralmächten besetzten Gebieten Rußlands weichen dermaßen von den Ansichten der Verbündeten ab, dah sie in der vorlie genden Form als unannehmbar bezeichnet werden müssen. Ohne des näheren aus die äußere Form dieser Vor schläge eingehen zu wollen, kann doch nicht unbemerkt blei ben, daß sie nicht den Charakter des von den Mittelmächten angestrebten Kompromisses tragen, hindern sich vielmehr als eine einseitige russische Forderung darsteüen, die den Wunsch vermissen läßt, die berechtigten Gründe der Gegen seite in Kalkulation zu ziehen. Trotzdem sind die österreichisch-ungarische und die deut sche Delegatton bereit, nochmals und diesmal formuliert ihr« Anschauungen über die schwebenden Fragen klar zum Aus druck zu bringen und noch einen Versuch zu unternehmen, ob das von ihnen angestrebte Kompromiß eine Aussicht auf Verwirklichung bieten kann." KühlManns äußerste Vorschläge nber di« strittigen vier Punkt« sind in folgender Weis« zu- sammengefaßt: Zu 1. Die Behauptung, das Selbstbestimmungsrecht siche Nationen und nicht auch Teilen von Nationen zu, ent spricht nicht unserer Auffassung des Selbstbesttmmungsrech- les Auch Teile von Nationen können Selbständigkeit und Absonderung rechtmäßig beschließen. Es ist hierbei keines wegs angenommen, daß die Okkupattonsgrenze für di« Ab grenzung dieser Telle maßgebend sttn soll. Kurland, Li» tauen bilden, auch historisch angesehen, völkisch« Ein heiten. ' Deutschland und Ssterrttch-Ungarn haben nicht die Ab- ficht, sich die setzt von ihnen besetzten Gebiete einzuvettttben. Sie beabsichtigen nicht, die fraglichen Gebiete zur Annahme dieser oder jener Staatsform zu nötigen, müssen aber sich und den Völkern der besetzten Gebiete für den Abschluß von Verträgen aller Art freie Hand behalten. ' Zu 2. Was die Ausführungen hierzu betrifft, so gehen sie an dem grundlegenden Unterschied vorbei, auf den die verbündeten Delegationen immer wieder hingewiesen haben. Eine Zurückziehung des Heeres ist, solange der Welt- krieg dauert, unmöglich, jedoch kann angestrebt werden, die Truppen, falls es die militärischen Umstände gestatten, auf diejenige Zahl zurückzuführen, die zur Aufrechterhaltung der Ordnung und der technischen Betriebe im Lande unbedingt nötig ist. Die Bildung einer nationalen Gendarmerie kanp angestrebt werden. Was die Rückkehr der Flüchtlinge und der während des Krieges Evakuierten betrifft, so wird wohlwol- lende Prüfung von Fall zu Fall zugesagt, Diese Frage kann, da sie nicht von ausschlaggebender politischer Bedeutung ist, einer besonderen Kommission überwiesen werden. Zu 3. Der russische Vorschlag ist in seinen Einzelheiten nicht klär genug und bedarf der weiteren Aufhellung. Es ist aber ohne weiteres zugegeben, daß mik -er fortschreiten den Annäherung des allgemeinen Friedens den gewählten Vertretern der Bevölkerung des Landes in immer steigen dem Umfang die Mitwirkung auch an den Verwaltungsaus gaben ttngeräumt werden soll. Zu 4. Die verbündeten Delegationen sind grundsätzlich bereit, zuzusttmmen, daß ein Volkvotum auf breiter Grund- läge die Beschlüsse über die staatliche Zugehörigkeit der Ge biete sanktionieren soll. Eine einseitige Festlegung auf ein Referendum erscheint unpraktisch. Auch das Votum einer auf breiter Grundlage gewähl ten und ergänzten repräsentativen Körper schaft würde nach Anschauung der verbündeten Delegatto nen genügen. Es mag darauf hingewiesen werden, daß auch die von der Regierung der Volkskommissare anerkannten Staatenbildungen innerhalb Les ehemaligen russischen Kai serreiches, wie zum Beispiel der Ukraine und Finnlands, nicht im Wege eines Referendums, sondern durch Beschlüsse von auf breiter Grundlage gewählten Nationalversammlun gen erfolgten. Von dem Wunsche beseelt, es neuerdings zu versuchen, zu einer Verständigung mit der russischen Regierung zu ge langen, haben die Regierungen Deutschlands und Osterreich- Ungarns diese weitgehenden Vorschläge gemacht, fügen je doch gleichzeitig hinzu, daß sie den äußersten Rahmen bilden, innerhalb dessen sie eine friedliche Verständigung noch erhoffen können. Sie waren bei der Entwicklung dieser Grundsätze ebenso von der pflichtgemäßen Absicht durchdrun gen, die eigene Wehrfähigkeit nicht schwächen zu lassen, so lang« der unselige Krieg noch fortgeht, als auch von der In tention, einige Völker, die an ihr Gebiet angrenzen, instand- zusetzen, endgültig und selbständig über ihre eigene Zukunst zu entscheiden, ohne dabei in einen Zustand der äußersten Not, des Elends und der Verzweiflung zu geraten. Eine Verständigung zwischen Rußland und den Mittelmächten über diese schwierigen Fragen jedoch ist nur dann möglich, wenn auch Rußland den ernstlichen willen zeigt, zu einer Vereinbarung gelangen zu wollen und wenn es anstatt des Versuches, einseitig Diktate aufzustellen, sich bemüht, die Frage auch von der Gegenseite aus zu betrachten und jenen Wog zu finden, -er allein zu einem friedlichen Ergebnis füh ren kann. Nur unter der Voraussetzung solcher Intentionen kön nen die Delegattonen der verbündeten Mächte noch an der Hoffnung einer friedlichen Beilegung de, Konflikte, fest halten. Trstzkis Antwort. Hierauf ergriff Herr Trotzki das Wort und erklärte, er hoffe, daß die eben verlesene Antwort der Zentralmächte jedenfalls die Zweifel über die formalen Schwierigkeiten be seitigt habe, die für die russische Delegatton durch die in der vorigen Sitzung gehaltene Rede des Generals Hoffmann ent standen wären. Die russische Delegatton fei der Ansicht, daß sie im vorliegenden Falle Verhandlungen mit einer Partei führe, die verkörpert werde durch die deutsche Regierung. Der Herr Staatssekretär habe darauf hingewiesen, Laß alle Punkte dieser Verhandlungen aus dem alleinigen politischen Willen der deutschen Regierung herrühren. Solange diese Ansicht von niemanden formell widerlegt sei, sehe die russi sche Delegatton dies als eine formale Erklärung an. Wenn General Hoffmann darauf hingewiesen habe, daß die russi sche Regierung sich auf ihre Machtstellung begründe und mit Gewalt vorgehe gegen alle anders Denkenden, die sie als Gegenrevolutionäre und Bourgeois stempele, so müsse aller dings bemerkt werden, daß, auch die russische Re gierung aus d^r Macht fuße. In der ganzen Geschichte kenne man bisher keine anderen Regierungen. So lange die Gesellschaft aus kämpfenden Klassen bestehe, so lange werde sich die Macht der Regierung auf Kraft begrün den und durch Gewalt ihre Herrschaft behaupten, (l) Er müsse aber auf das kategorischste gegen die Behauptung protestie ren, daß seine Regierung jeden anders Denkenden für vogel frei erkläre. Das, was die Regierung anderer Länder bei den Handlungen der russischen Regierung abstoße, sei die Richtung, in der sie von ihrer Macht Gebrauch mache und in der sie sich durch nichts beirren lasse. So hätten er un feine Freunde, als die rumänische Regierung versucht habe, auf russischem Gebiete Gewali-naßregeln gegen revolutio näre Soldaten und Arbeiter anzuwenden, von hier aus der Petersburger Regierung vorgeschlagen, den rumänischen Ge sandten, sein ganzes Gesandtschaftspersonal und die rumä nische Militärmission zu verhaften, und sie hätten die Ant wort erhalten, daß dies bereits geschehen sei. Nachdem Trotzki noch längere juristische Ausführungen über die besetzten Gebiete gemacht, forderte Staatssekretär v. Kühlmann Schluß der allgemeinen Aussprache und bean tragte, nunmehr über die von -er russischen Delegatton selbst vorgeschlagenen vier Punkte in der von ihr angeregten Ord nung in eine geschäftsmäßige Behandlung einzutreten. Nach dem sich Herr Trotzki diesem Vorschlag angeschlossen hatte, wurde die Sitzung beendet und die nächste Sitzung für den folgenden Tag 11 Uhr vormittags anberaumt. Die Sitzungen am 15. Januar. Brest-Litowsk, 16. Januar. (W. T. B.) Am 15. d. M. haben zwei weitere Sitzungen der deutsch-österreichisch-unga- risch-russischen Kommissionen zur Regelung der territorialen und politischen Fragen stattgefunden, in denen der getroffe nen Vereinbarung entsprechend in die geschäftsmäßige we° sprechung der vier zur Diskussion vorgeschlagenen Punkte unter vorläufiger Zurückstellung von Punkt 1 bett, das Ter ritorium eingetreten wurde. Der Vorsitzende der russischen Delegatton regte zunächst, auf die früher bereits besprochene Frage der Zuziehung von Vertretern -er besetzten Gebiete zurückgreifend, an, solche Vertreter nunmehr an den Verhau dl :mgen teilnehmen zu lassen. Staatssekretär v. Kühlmann gab erneut seiner Be reitwilligkeit Ausdruck, solche Vertreter heranzuziehen, dies jedoch unter -er schon früher festgelegten Voraussetzung, daß das Erscheinen dieser Vertreter in Brest-Litowsk auch von der russischen Delegation dahin aufgefaßt werde, daß die Staatswertung dieser Gebiete durch die Zulassung ihrer Ab geordneten auch russischerseits wenigstens präsumtiv aner kannt werde. Herr Trotzki erklärte sich außer Staude, auf die vom Vorredner al» notwendig bezeichnete Voraussetzung ttnzu- gehen. Staatssekretär v. Kühl mann stellte fest, wenn es ge länge, über die Bedingungen einer Ästättgenden Dolkskund- gebung auf breiter Basis Übereinstimmung zu erzielen, so würde die Meinungsverschiedenheit darüber, ob dies« Bolts»