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Nr. tt. — Müssen. Ur gesetzliche Regelung Wird, wenn dir erweiterte Fürsorge ohne Unterbrechung über den 31. Dezember 1918 Fortbestehen soll, noch im Lause des ersten Halbjahres ISIS HU treffen sein. Dte hohen Kosten der durch die Bekanntmachung vorge sehenen Leistungen — sie sind aus rund v Millionen Mark monatlich veranschlagt — verbieten es, die Fürsorge für zu- rückkiegende Zeiten eintreten zu lassen. Dazu würden noch verwattungstechnffche Schwierigkeiten getreten fein. Bet der jetzt vorgesehenen Regelung wird die Zulage ohne An weisung de» Versicherungsträgers bezahlt. Der Berechtigte besorgt sich eine Quittung über die Zulage — in der Regel erhält er sie bet derjenigen Stelle, welche hie Bescheinigungen , aus der Rentenquittung erteilt — und bekommt daraufhin ' von der Post die Zulage ausgezahtt. Jede Zahlung für zu- rückliegende Zeiten wäre ohne Mitwirkung der Dersiche- rungsträger nicht möglich, da sie allein auf Grund ihrer Rentenlisten die Bezugsdauer der Zulage einwandfrei fest- stellen können. Die Versicherung-träger hätten alsdann den Berechtigten einen Bescheid zu erteilen und die Post zur Zah lung anzuweisen, eine Arbeit; di« für mehr als eine Million Rentenempfänger geleistet werden müßte. Dazu sind die verstcherungsträger bei dem großen Mangel an Hilfskräften außerstande. Dies« Rücksichtnahme auf die Berwaltungsschwierigkei- ten der Versicherungsträger hat auch dazu geführt, den Per sonenkreis, dem die Fürsorge zuteil werden soll, auf Invali den-, Witwen- und Witwer-Rentenempfänger zu beschran ken- da sie in erster Linie unter der Teuerung leiden und bet ihnen die Durchführung der erforderlichen Maßnahmen am einfachsten zu erreichen war. Für Empfänger von Al ters- und Waisenrenten* wird im Fall« eines Bedürfnisses die gemeindliche Kriegswohkfahrtspflege eintreten können. Was die Ausbringung der Kosten für die Zulage betrifft, so ist bemängelt worden, daß sie nicht allein vom Reiche ge tragen, sondern aus die Versicherungsträger abgewälzt seien. Dem ist entgegenzuhalten, daß die Finanzlage des Reiches es nicht gestattet, für einen Bruchteil der Bevölkerung hohe Lasten zu übernehmen. In der Sitzung des Reichstags vom 11. Oktober 1917 hat ein Vertreter der Reichsfinanzverwal tung darauf hingewiesen, daß Mein die vom Reichstage in seiner letzten Tagung geforderten Fürsorgemaßnahmen einen jährlichen Aufwand von mehr als zwei Milliarden Mark er fordern würden. Es ist aber auch nicht richtig, daß das Reich die Aufwendungen für die Zulage auf di« Derstcherungsträ- ger abwälzt. Das Reich stellt vielmehr die erforderlichen Mittel zinslos zur Verfügung und erhAt sein« Auslagen in Zehnteln zurück: es hick Mo einen nicht unbeträchtlichen Zinsverlust. Nimmt man den Zinsfuß, zu dem das Reich die Mittel für di« Borschußzahlungen der Post aufzubringen hat, nur zu 5 vom Hundert an, so verliert das Reich bis zur Rückzahlung des letzten Zehntels rund 25 Millionen Mark, beteiligt sich Mo an den Aufwendungen für die Invaliden versicherung außer den 100 Millionen Mark für den Reichs zuschuh mit einem recht erheblichen Betrag«. Durch die Zurückzahlung in Teilbeträgen ist der nicht günstigen Vermögenslage «irriger Versicherungsträger hin reichend Rechnung getragen. Durch die voraussichtlich im Jahre 1919 eintretende, bei der Höhe der zu übernehmenden Lasten nicht unerhebliche Beitragserhöhung wird es den Ber- sicherungsträgern leicht möglich sein, die Zehntel aus den laufenden Beitragseinnahmen zu erstatten. Erbauliches aus Österreich. Es ist im Deutschen Reiche, wenn auch nur in Bruch stücken, bekannt geworden, daß die Tschechen während oes Krieges eine Aushungerungspolitik gegen die deutsch« Bevölkerung in Böhmen getrieben ha ben und noch treiben, und Laß aus Grund dieser Aushunge- rungspolitik die Sterbefälle m dem deutschen Gebiet sich um etwa 4 v. H. denen im tschechischen Gebiet gegenüber ver mehrt haben. Es ist schon mancher Notschrei der deutschen Bevölkerung Böhmens nach Wien gelangt, und auch in gut besucht. sehnsucht und sprechen da» immer wieder au». L. Trotzdem müssen wir jetzt weil erkämpfen: denn ine am 10. Januar in Bist Ein Leser schreibt uns: Der Ksmserunttue De» in» EchLtzemtzem« i» H«tel K»«r> «ltzrrt sagte: . saA: 1. Wir hegen große Friedens- L.Wir heg« große Frieden», sthnsucht. - - . . 2. Trotzdem müssen wir jetzt weiterkämpfrn bi» za einem günstigen Frieden. 3. Nach dem Kriege brauchen wir Lebensmittel von aus wärt». Und nm mehr er bauen zu können, müssen wir un» die Ostseeprovin zen angliedertz, wenigsten» wirtschaftlich. 4. Nach dem Kriege brauchen wir Rohstoffe für unsere Fabriken. Und weil wir freiwillig nicht» bekommen werden, so müssen wir den Versuch machen, daß sie sich infolge unserer Siege ver pflichten, vertraglich un» Rohstoffe zu liefern. 5. Wir wollen nicht freiwillig von vornherein auf Ent- schädigung verzichten, son dern solche wenigstens ver- langen, um nicht unter unserer eigenen Last zu er liegen. 6. Air brauchen Belgien jetzt für unsere Unterseeboote al» Basis und später für unsere Flotte. 7. Er blieb bei der Sache, bei dem Krieg und seinen Fol gen und mahnte, das Vater land über di« Partei zu stellen. Franzosen verlange« Wickler. Herstellung der Zerstörung, da» würde uns 80—10» Milliarden kosten, darunter müßten wir verarmen. , 3. Nach dem Kriege brauchen wir Lebensmittel von aus wärts. Die Ostseeprovin- zen mögen wir nicht. (Er vergaß nun aber zu sagen, wie wir zu mehr Lebens mitteln kommen können.) 4. Nach dem Kriege brauchen wir Rohstoffe für unsere Fabriken. Er vergaß auch hier zu sagen, wie wir zu den Rohstoffen kommen sol len. Denn bekanntlich haben sich die Feinde verschworen, uns auch nach dem Kriege abzuschließen, un» weiterhin wirtschaftlich zu töten. 5. lieber etwaige Entschädigung schwieg er, wenigstens so lange al» ich der Versamm lung beiwohnte. 6. Wir mögen Belgien nicht, weil die Belgier nicht zu un» mögen. 7. Er behauptete, daß die Kon servativen eine ganz schäd, liche Gesellschaft sind, die verschwinden müsse. Jeder kann sich aus der obigen Gegenüberstellung selbst ein Bild machen. Deutschland hat may sich mit der Haltung des tschechischen Bolkssplitters beschäftigt. Zu einer entsprechenden Maßnah me aber ist es nicht gekommen, und man muß wohl trotz Mer Zusagen von Wiener Seite aus die Hoffnung aufgeben, daß es je dazu kommen Wird. Wir haben schon manche Lie benswürdigkeit aus dem Reiche der schwarz-gelben Grenz pfähle erfahren, die nicht gerade bundesfreundlich anmutet, und die zeigt, daß einzelne Völkerschaften innerhalb der Do naumonarchie überhaupt noch nicht wissen, was die Dünd- nispolitik des Deutschen Reiches für ihr« Existenz bedeutet Jetzt kommt wieder als hübsches Gegenstück zu der tschechi schen Aushungerung eine ähnliche Kunde aus dem durch deutsche Hilfe befreiten Galizien, einem Gebiet also, in dem ohne das zähe Festhalten gerade der von dem Grafen Both- Lbgeordneten der polnischen Botkspärtck zu Anfang bwse» Kriege, In Krakau «ine Plenarsitzung abgchasten hat, die sich „mit laufenden politischen und wirtschaftlichen Angele, genheiten beschäftigte". Uns interessiert hier weniger die polnisch-politische Sette, als vielmehr die gegen da» Deutsch« Reich gerichtet«, wirtschaftspolitischen Luslaffungen des ge- nannten Blocks. Zu der Zett, da Herr Kuchorzewski an den Höfen in Berlin und Wien zum Frühstück zugezogen wird, da man hier Postn^v «rangiert und mw etwas erzM von dem übenoSltkgnchen Eindruck, den die Mitglieder des polnischen Regentschaftsrats empfangen haben, wird in Lemberg, wie das Organ der polnischen Volkspartei „Kurjer Lwowski" berichtet, von österreichisch-polnischen Abgeordne ten hervorgehoben, daß „deutsche Regimenter nach Galizien gesendet würden, einzig zum Zwecke ihrer Ernährung auf Kosten der einheimischen Bevölkerung". „Diese Regimen- 1er," heißt es wörtlich in dem angezogenen Bericht, „haben bereits eine ganze Reihe von Bezirken vollständig Mer Le bensmittel beraubt, welche sie nicht nur allein konsumieren, sondern auch noch aus Galizien massenhaft nach Deutschland ausführen. Demgegenüber hat dann der Polenklub folgende Resolution gefaßt: „Der Klub der Abgeordneten der polni schen Lolkspartei verlangt angesichts des Waffenstillstandes an der Ostfront die sofortige Abberufung aus Galizien der sich daselbst aufhaltenden deutschen Truppen, besonders der Rekruten, die auf unser Land geworfen wurden, damit sie sich hier ihre Ernährung sicherstellen können, ferner die so fortige Entfernung der Müschen Lazarette in Galizhft, wel che ebenfalls ungeheuer viel Lebensmittel verbrauchen." Daß die deutsche DaffenWfe gerade gegen Österreich- Ungarn — und dazu gehört unseres Wissens Galizien — außerordentlich uneigennützig gewesen ist, läßt sich wohl nicht bestreiten. Das Entgegenkommen der Politik Deutschlands polnischen Wünschen gegenüber, die Rücksichtnahme auf die Polen im österreichischen Reichsrat hat auch in Friedens- zetten bekanntlich schön eine ganz besondere Rolle in Deutsch land gespielt. Und die Zicktzackbewegungen des preußischen Kurses in der Polenpolitik hängen zweifellos zum Teil da mit zusammen. Die Angelegenheit, um die es sich hier handelt, ist nun letzten Endes eine Sache der Obersten Heeresleitung, und wir wissen, daß sie den rechten Weg finden wird. Auf der anderen Seit« aber halten wir es für notwendig, daß die deutsche Öffentlichkeit über diese Dinge aufgeklärt wird, da» mit man „polnische Liebenswürdigkeit, einzig mögliche Lö sung der polnischen Frage, ein selbständiges Polen, austro- phile Lösung dieser Fragen", und wie die einzelnen Lösun gen und Lösüngsprobleme noch alle lauten, in einer den Tat- sachen entsprechenden Weise abzuschätzen vermag. Neues aus alle Welt. — Die Seehundsjagd wird jetzt an der friesischen Küste eifriger betrieben, Mein schon, üry Tran und Felle zu er zielen,. welch letztere bedeutend im Preise gestiegen find. An der friesischen Küste kommen Seehunde lange nicht so zahl reich vor wie an der niederländischen, wo einige friesländi sche Seehundsjäger im vergangenen Jahre 381 erlegt haben. Di« Jagd wurde eifriger als sonst betrieben, weil die in Deutschland zu erzielenden hohen Preise zu vermehrter Tä tigkeit anspornten. — Schneestürme in Ost- und Wefipreuhen. In der letz ten Nacht sind im Weichselgebiet ungeheuere Schneemengen niedergegangen, so daß die meisten Landstraßen unpassier bar sind. In den Forsten entstehen erhebliche Schäden in- olge Schnoebrüche. Aus Men Teilen Westpreußens und Sschreußens laufen fortgesetzt neue Meldungen über Todes- älle durch Schneestürme ein; es werden schon weck über 50 Opfer gezählt. mer befehligten deutschen Truppen heute ein selbständiges wirtschaftliches Leben wahrscheinlich überhaupt nicht mehr vorhanden wäre. Di« „Galizische Korrespondenz", die in Lemberg erscheint und von Julius Seidner herausgegeben wird, weiß zu melden, daß der parlamentarische Block der „Der Mann mit dem Koks" i« Winter 1917 18. „Mutter, der Mann mit dem Koks ist da!" „O welche Wonne! Hip hip Hurra! Führ' ihn herein! Gib schönsten Wein! Lad ihn zum' fürstlichen Frühstück ein!" „Mann mit dem Koks, o mein Herzensschatz! Nehmen Sie hier auf dem Sofa Platz! Rauchen Sie dies? Trinken Sie das? . Belieben Sie wohl ein« Ananas? ' Mann mit dem Koks, ach, zu Mer Zeit Öffnen sich Herzen und Arme weit. Denn jeder schrie Schon morgens früh: „Mann mit dem Koks, wir vergöttern Sie!" , („Kladderadatsch.") Frachtlose Friedensverhandlungen im September 1879. Bei der Wiederaufnahme der Friedensverhandlungen in Brest-Lttowsk sollten sich die Russen jener Verhandlungen er innern, die ihre verflossenen Bundesgenossen im Jahre 1870 unmittelbar nach der Gründung der Republik mit Bismarck anknüpften und die infolge Verkennung ihrer Lage zu keinem Ergebnis führten. Rach dem Aufbruch des preußischen Hauptquartiers von Reims am 14. September 1870 fand sich am IS. September in Meaux ein Engländer ein, der sich al» ein offiziöser Abge sandter der provisorischen Regierung in Paris vorstellte und einen Waffenstillstand zu vermitteln suchte. Jules Favre meinte, da mit Napoleon der eigentlich Kriegführende auf französischer Seite ausgeschieden sei, könne man ja nun ohne weiteres Frieden machen, ohne daß ein Fleck Landes oder eine Festung von französischer Seite abgetreten werden dürfe. Auf dies« Zumutung eines Friedens ohne Annexionen ant wortete Bismarck dem llbermittler mit Entrüstung, er habe es nicht mit Kindern sondern mit erwachsenen Männern zu tun, denen man bei der Lage der Dinge einen Waffenstill stand ohne wetteren Zweck, als daß er einer etwaigen neuen Rüstung Frankreichs zugute käme, nicht anbieten könne. Den Standpunkt Favres bezeichnete er als absurd. Nicht der Kaiser allein, sondern die Kammern und die Nation selbst hätten den Krieg herbeigeführt, um Rache für Sadowa zu erlangen und zugleich das unablässige französstsche Gelüste nach dem linken Rheinufer zu befriedigen. Zögen die Deut schen ab, ohne ein Dorf zu nehmen, dann würde der Frieden nur ein Waffenstillstand sein bis zu dem Zeitpunkte, wo Frankreich sich abermals stark genug fühle, um die „patrio tischen Beklemmungen" wegen der deutschen Siege loszuwer- den. Die gebrachten Opfer und die Lage der Dinge erfordern zur besseren Sicherung Deutschlands «ine wirksame Grenzsi cherung. Der britische Mittelsmann erdreistete sich zu drohen, daß Deutschland bei einer Änderung des territorial« (Reich- gewichts mich England gegen sich ein nehmen würde. Damit kam er bei Bismarck allerdings an den Verkehrten. Er wisse nicht, antwortet« der norddeutsche Bundeskanzler, welche Vorteile Deutschland durch die Liebe Englands in diesem Kriege genossen habe. Es bleibe abzuwarten, ob die Nach- teile aus der britischen Ungnade größer fein würden. Eng land habe nicht» getan, um Frankreich am Krieg« zu oerhin- dern, deshalb möge e» nun auch Deutschland den Krieg ge fälligst allein aus fechten und es die ihm gebührenden Früchte ernten lassen. Auf die Frage des Zwischenträger», ob der König Paris zu belagern gedenke, entgegnete Bismarck, das möge er abwarten. Zunächst werde es von 40000 Ulanen umschwärmt, di« keine Maus heraus und kein« Zufuhr hineinließen. Am 18. September wurde Favre selbst in Meaux er wartet. Er blieb aus. Am 19. auf dem Wertermarfche be gegnete der an der Spitze reitende Bismarck dem Wagen, in dem Favre saß, ohne daß einer den anderen erkannte. Erst als ihm von rückwärts gemeldet wurde, das Favre erschienen sei, ließ er ihn und sein« Begleiter durch ein paar Reiber zu rückholen. Bismarck wollte die Unterredung unterwegs machen, da er meinte, er werde Favre im Hauptquartier nicht wieder los. Aber nach der Verhandlung auf dem näch sten Marschtage mußte doch noch ein Tag im Hauptquartier zugegeben werden. Favre gebärdete sich sehr souverän, ob gleich er ohne alle Vollmachten seiner Kollegen war. Er wollte weder irgendeine Abtretung, noch einen Einzug in Paris zugestehen. Dagegen bot er Geld und bat, die Sum me nur bestimmen zu wollen. Der Hinweis auf die neu« französische Niederlage vom 10. September südlich von Parisblieb anscheinend ohne Ein druck auf Favre, weshalb Bismarck meinte, er schein« nicht zu wissen, was Kriegführen sei. Als Favre dann von Paris schriftlich mitteilte, seine Kollegen hätten die von Bismarck mitgeteilte Grundlage für den Frieden nicht angenommen, kam «in Abgesandter Gambettas in» Hauptquartier, mit dem sich Bismarck aber nicht weiter etnließ, da er nur mit einem hinreichend beglaubigten Bevollmächtigten des franzö sischen Gouvernements verhandeln wollte. So blieben diese Friedensfahrer ergebnislos, und Frank reich ging seinem Schicksal unaufhaltsam entgegen. Di« alte Erfahning bestätigte sich auch hier, daß dem Besiegten, je mehr er einen Friedensfchluh hinausgögert, desto schwerer« Bedingungen auferlegt werden. Das sollten jetzt auch die Russen bedenken und — auch die anderen.