Volltext Seite (XML)
Ore Wenn in unserm Vaterlande die Wiesen auch meist in Kultur genommen sind - sie werden durch Gräben und Dränage ent wässert, wenn sie zu naß sind, oder auf die gleiche Weise berieselt, wo es die Wasserführung ermöglichtso bieten doch diese Gras fluren den Blumen und Kräutern durchaus natürliche Lebens bedingungen. Daß sie sich wohlfühlen, wird niemand bestreiten, der die Fülle der Wiesenblumen vom Frühjahr bis zum Herbst beobachtet. Sie sind alle echte Sonnenkinder, denn Schatten gibt es auf der offenen Wiese nicht. Sie nehmen alle am gleichen Lichtgenuß teil, und das ist auch die Ursache für die zeitgebun dene Gleichartigkeit der Wiesenflora. Wer regelmäßig, vielleicht des Sonntags, seinen Spaziergang durch die Wiesen nimmt, für den ist es reizvoll zu verfolgen, wie das Bild der charakte ristischen Wiesenblumen ständig wechselt, wie gleichsamjedeWoche eine andere Art die Blütenherrschaft antritt, so daß die Som merzeit der Wiesen nach ihren vorherrschenden Blumen ein geteilt werden könnte. Da ist die Löwenzahn-Woche und die Hahnenfuß-Woche, dieWiesenschaumkraut-Woche und dieMar- gueriten-Woche, die Glockenblumen-Woche und die Dolden- pflanzen-Woche und so fort. Natürlich kann man die Blüten wochen nicht kalendermäßig auf sieben Tage festlegen, aber man wird finden, daß zu einer gewissen Zeit diese oder jene bestimmte Pflanze in ungeheuren Mengen blüht. Die Wiesenflora ist aber keineswegs einheitlich. Trockene und feuchte Wiesen werden bestimmt durch den Mineralstoff- und Feuchtigkeitsgehalt des Bodens, und damit wechseln auch die charakteristischen Wiesenblumen. Die Bodennässe kann so groß sein, daß die Wiese zum Wiesenmoor wird mit üppig wachsenden, aber sauren, harten Gräsern und feuchtigkeitsliebenden Kräu tern, wie wir sie am Grabenrand und Teichufer finden, aber die Wiese kann auch so arm sein an Feuch- tigkeits- und Mincralstoffgehalt des Bodens, daß sie nur einen spärlichen Graswuchs hervorbringt mit würzig duftenden Kräutern, die mehr oder weniger der Trockenheit angepaßt sind. Das sind die Triftwiesen. Zwischen diesen und den Wiesenmooren gibt es alle Abstufungen, die die Landwirt schaft durch Berieselung oder Trocken legung in die für die Viehzucht geeig neten Weiden oder Wiesen umzuwan deln und zu erhalten bestrebt ist. In soweit istdieWiese mehr oder weniger ein ackerbauliches Kunstprodukt, das ohne den ständigen Eingriff des Men schen sehr bald wieder in seine natür liche Form zurückkehren würde. Obwohl es jeder kennt, stelle ich mit gutem Grund das Gänseblümchen (Nellis psrenrüs) an die Spitze der Wiesenblumen. Dieser unscheinbare, mitjedemBodenvorliebnehmende,un verwüstliche Korbblütler (Lorrrxosiw) verdient es, daß man ihm einen Ehren platz einräumt. 2m Sommer schenkt ihmkaumjemandBeachtung, höchstens die Kinder, die seine hübschen Körb chenblütchen zu dicken Kränzen winden. Aber wenn im Herbst die letzte Rose, die letzte Aster im Garten längst ver blüht ist, wie freut man sich, ein Gänse blümchen zu finden, um das Knopf loch seines Wintermantels damit zu schmücken. Und wenn im Februar und März die ersten sonnigen Tage ein ziehen, wer grüßt uns zuerst mit rosa angehauchtem Blütenköpfchen? Wie der ist es das reizende Blumenrädchen des Maßliebchens. Seine Blütezeit kennt während des ganzen Jahres kaum eine Unterbrechung, und selbst mitten im Winter, wenn er schneefrei ist, werden wir immer einige fürwitzige Blüten finden. Solange das Gras ka^rr'Zreäa/rcaceen. LZrUerer't: §er'te