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t/tv/ L/r/z/re/r Wer denkt bei diesem klangvollen Namen nicht zuerst an die Blütenwunder, die in vielen großstädtischen Blumenhand lungen im Mittelpunkt der Schaufenster stehen; Blüten, die in Form und Farbe wirklich etwas Besonderes zeigen. Neben den zarten und leuchtenden Tönungen, die sich manchmal zu zwei, drei und mehr Farben in einer Blüte vereinen, sind die Blumen blätter oft noch durch reizende Strich- und Fleckenmuster oder durch feine Punkte verziert. Manche leuchten in seidenartigem Glanz, andere scheinen aus weichem Samt gebildet, und viele erfreuen uns außerdem durch einen herrlichen Duft. Die Mannigfaltigkeit der Form der Blüten steht der Farben schönheit nicht nach, die einen stehen einzeln oder zu wenigen am aufrechten Blütenstengel, andere hängen in lockeren Rispen am schwankenden Stiel. Manche Blüten schauen uns an wie ein merkwürdiges Tiergesicht, kalt und starr; andere sind von einer wunderbaren Eleganz derForm und erinnern anschwingendeFal- ter.Dagibteswelche,derenBlütenrändersindgekräuseltodcrplis- siert, bei anderen wieder sind die Blumenblätter spiralig gewun den wie einBohrer, oder sie hängen in langen Bändern Hemieder. Die edelsten Kostbarkeiten aus aller Herren Ländem werden hier in unfern Orchideenhäusern unter sorgfältigster Pflege gezüchtet. Die Kunst des Züchters hat durch willkürliche Kreu zung verschiedener Arten und Gattungen eine ganze Anzahl neuer Arten herangezogen, die in der freien Natur über haupt nicht vorkommen. Allerdings wird die züchterische Arbeit dadurch erleichtert, daß fast alle Orchideen, mehr als irgendeine andere Pflanzenfamilie, von Natur aus die Neigung haben, untereinander leicht Bastarde zu bilden. Obwohl die heißen Länder in botanischer Hinsicht bei weitem noch nicht restlos durchforscht sind, zählt man doch heute schon rund 15000 Or chideenarten, und es ist sehr wahrscheinlich, daß sich diese Zahl in einigen Jahrzehnten auf 18000 oder 20000 erhöht, denn ständig werden auf allen Expeditionsreisen zahlreiche neue Gattungen und Arten entdeckt. Allein in dm Orchideenhäusern aller Kulturländer werden bereits mehr als 2000 Arten gezüchtet. Daß diese Kultur schließlich zu einer Orchideenliebhaberei ge führt hat, ist dann nicht mehr verwunderlich, genau so wie sich die Mode den Tulpen, dm Rosen und anderen Blumen zu gewandt hat. Und wie der Sammeleifer der Menschen auf allen Gebieten, sei es in Briefmarkm, in altm Münzen oder anderm Dingen, dm seltmen oder einmaligen Stücken den höchsten Wert beimißt, so hat auch der Orchidemkult für neuartige Züchtungen phantastische Summen ausgegeben. R. H. France berichtet z. B., daß vor dem Kriege ein Ausstellungsbesucher der englischen Firma Hugh Low L Eo. für eine neue Unterart von OäoiUoAlossum crtspuiri 28000 Mark bezahlt hat. Da diese Pflanze nur drei Blüten besaß, kostete also, wie France launig bemerkt, ein mit ihr geschmücktes Knopfloch für den Abmd über 9000 Mark. Nicht alle wissen, daß auch unsereHeimat eine Anzahl Orchideen beherbergt, zwar keine baumbewohnendm Pflanzen, die in den höchsten Wipfeln der Bäume ihre prächtigen Blüten entfaltm wie in den Tropen, sondern ausschließlich Erdbewohner, deren Blüten aber doch reizvoll und schön sind und in biologischer Hinsicht manches Interessante bieten. Cs sind immerhin 22 Gat tungen mit 55 Artm, die in Deutschland anzutreffen sind, aber mit Ausnahme der Gattung Ürollis sind die Knabenkräuter, wie der deutsche Name für die Familie der Orcliiäscsen lautet, mehr oder weniger selten. Für die Seltenheit spricht der Umstand mit, daß unsere einheimischen Orchideen 5-9 Jahre zu ihrer Entwicklung brauchen, bis sie blühreif sind; bei dm tropischen Arten währt die Entwicklungszeit oft noch länger, bis zu 12 Jahren. Außerdem fällt die Blütezeit der meisten bei uns gerade in die erste Heuernte, so daß nur ein verschwindend kleiner Teil, der der Smse nicht zum Opfer fällt, zur Frucht entwicklung gelangt. Die meisten Arten sind auf ganz bestimmte Gegendm unseres Vaterlandes beschränkt. Die schönste von -II-» Is< -msttMg d-r (L^pi-ipöäilum Lslcöo1u8), der in Mittel- und Süddeutschland an den Rändem der Laubwälder im Hügel- und Bergland, besonders auf kalkhaltigem Bodm, hier und da noch blüht. Die Ränder der Buchenwälder werden bevorzugt, doch wagt sich die Pflanze auch auf die angrenzenden Wiesen; in den deutschen Alpm, z. B. bei Berchtesgaden, steigt sie sogar ziemlich hoch auf die Almen und Matten. Leider ist der Frauenschuh fast voll ständig ausgerottet, und selbst in den eigentlichen Fundgebieten zählt er zu den Seltenheiten; er steht daher im ganzen Reich unter strengstem Naturschutz. Ende Mai oder im Juni öffnet sich die herrliche, große, zart duftende Blüte, die wie die Lilim sechs Blütmbläüer auf einem kleinen unterständigen Fruchtknoten besitzt. Die Orchideen sind der Lilienfamilie am nächsten verwandt, jedoch sind die Blüten blätter nicht strahlig-symmetrisch angeordnet wie bei den Lilim, sondem seitlich-symmetrisch, etwa wie eine Schmetterlingsblüte. Die zwei äußeren, breit-lanzettlichm und die beiden inneren, schmal-lanzettlichen, etwas gedrehten Blütenblätter sind schön purpurbraun gefärbt, die beidm restlichen sind zu einerpantoffel artigen Lippe umgestaltet, die herrlich in grünlichem Golde I. Umi/reO^o/rÄaceen.