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moos (8xlläKllum) sitzt er verborgen wie ein Polyp zwischen den Felsen des Meeresgrundes und lauert auf harmlose In sekten, um sie mit seinen Fangarmen zu fangen und zu fressen. Von den wenigen Arten, die bei uns zerstreut, aber gesellig vorkommen, zeigt unsere Abbildung den Langblättrigen Sonnentau (Drüsers. lonKikölls — O. änZIiea), der in seiner Lebensweise mit der häufigeren Art, dem Rundblättrigen Sonnentau (Drosera rotunäiKNia), vollkommen übereinstimmt. Was ver anlaßt die Sonnentaugewächse (vrosk-rLossn) zur animalischen Nahrungssuche? Zu ihrer Verteidigung läßt sich nur anführen: die Humussäure des Moorwassers ist schuld daran, daß der Sonnentau vom ehrbaren Lebenswandel einer Pflanze abge wichen ist. Die Humussäure verhindert die Ansiedlung von Nitritbakterien, die die organischen Nährstoffe des Bodens in eine für die Pflanzen verdauliche Form aufspalten. Der Mange! an diesen Bodenbakterien drückt der ganzen Moorlandschast ihren Stempel auf. Und daher sind auch die Holzgewächse im Moor so verkrüppelt, so kümmerlich, so unterernährt. Ls ist also Hunger, nichts weiter als Stickstoffhunger, der den Sonnen tau genötigt hat, geeignete Werkzeuge auszubilden, um durch tierische Lebensweise seinen Speisezettel zu erweitern. Bei unserm Sonnentau sind die Blätter zu Fangorganen aus gebildet. Sie sitzen an langen Stielen und bilden eine kleine, grundständige Blattrosette. Die Oberseite der Blätter ist mit zahlreichen roten, beweglichen Drüsenhaaren (Tentakeln) be setzt, an deren Spitze aus einem Drüsenköpfchen ein Tröpfchen sehr zähen Schleims ausgeschieden wird. Diese Schleimtröpfchen glitzern wie winzige Tautröpfchen im Sonnenschein und haben Sonnentau Zon^r/cLZra) III. Fanrr'Zr'e.- O^ozez-aeeen. LZi/terert.- ^Zr, der Pflanze den poetischen Namen Sonnentau eingetragen. Aber wehe dem Insekt, das mit diesen harmlos aussehenden Tröpfchen versehentlich oder in der Absicht, sich daran zu er frischen, in Berührung kommt; es wird sofort festgehalten. Jeder Versuch, sich zu befreien, scheitert an der Klebkraft dieser Tröpf chen und verschlimmert seine Lage. Ls wird sich nur noch mehr in den Schleimtröpfchen verfangen. Und wenn es sich in sein Schicksal ergibt, Hilst ihm das auch nichts, denn alle benach barten Tentakeln werden durch Reizleitungen alarmiert, sobald sich ein Tierchen gefangen hat. Sie neigen sich, wie von einem Gehirn gelenkt, nach dem Opfer hin. Das Blatt hüllt das Insekt vollständig ein, falls das Tierchen nicht zu groß ist, und bildet so gewissermaßen einen mehr oder weniger geschloffenen Magen. Bei größeren Tieren eilen sogar die Nachbarblätter zu Hilfe, um das Opfer unter ihren Schleimmassen zu ersticken. Meist sind es natürlich nur kleinere Insekten: Mücken, Fliegen, Motten und kleine Käfer, die der Pflanze ins Garn gehen; größeren Insekten wird es meist gelingen, sich wieder zu be freien, wenn sie nicht das Pech hatten, einer allzu großen Zahl dieser Schleimtropfen zu nahe zu kommen. Aber daß auch so kräftige Insekten wie die Libellen sich in die Netze des Sonnen taus verstricken, beweist unsere Abbildung. Die tierische Lebensweise der Sonnentaugewächse hat der große englische Naturforscher Lharles Darwin eingehend untersucht. Durch Experimente hat er nachgewiesen, daß der Sonnentau seine Beute auch verzehrt. Lr hat die Pflanze mit gekochtem Rind fleisch und mit hartgekochten, zerkleinerten Eiern gefüttert, und siehe da: die Blätter reagierten auf diese Nahrung nicht anders als auf gefangene Insekten; während sonst Fremdkörper, wie Steinkörnchen oder kleine Holzsplitter, die auf die Drüsenhaare gelangen, bald wieder abgestoßen werden. Die Pflanze unter scheidet eben mit ihren Drüsenköpfchen sehr genau, was eßbar ist oder nicht. Selbst ein feiner Käse wird von ihr nicht verschmäht. Sobald der Fang gesichert ist, sondern die Schleimdrüsen einen eiweißlösenden Verdauungssast aus, der mit dem Magensaft eines Tieres durchaus verwandt ist. Gleichzeitig wird Ameisen säure ausgeschieden, deren antiseptische Wirkung die Bildung von Bakterien verhindert. Ls findet also eine regelrechte Ver dauung statt wie in einem Tiermagen. Nachdem die gelösten Ciweißstoffe von den Drüsenköpfchen aufgesogen sind, kehren die Tentakeln wieder in ihre ursprüngliche Lage zurück. Die unverdaulichen Lhitinteile der Insekten werden vom Winde abgestreist, so daß die Blätter ihr Mordhandwerk von neuem aufnehmen können. Allerdings kommt die Pflanze auch ohne Fleischnahrung aus, aber man hat im Experiment doch fest gestellt, daß die mit tierischem Liweiß gefütterten Pflanzen sich weit kräftiger entwickeln als die andern, denen man animalische Beikost vorenthielt. Der Sonnentau blüht im Juli und August. Die kleinen Blüten, die am ziemlich langen, blattlosen, rotbraunen Stiel einen ähren förmigen Blütenstand bilden, bieten nichts Besonderes. Lin fünf zipfeliger, becherförmiger, bleibender Kelch stützt die fünfteilige, glockige, weiße Blumenkrone mit fünf Staubgefäßen und einem oberständigen Fruchtknoten, dem drei kurze Narben, jede in zwei Schenkel gespalten, direkt aufsitzen. Am Grunde der Blumen blätter wird zwar etwas Nektar ausgeschieden, jedoch ist der Insektenbesuch sehr spärlich. Meist sind es kleine Fliegen und Käfer, die ebenso Fremd- wie Selbstbestäubung vermitteln, und die vielleicht nach diesem Liebesdienst den Fangblättern der selben grausamen Pflanze zum Opfer fallen. Der Fruchtknoten reist zu einer kleinen, einfächerigen Kapsel, die mit drei Klappen aufspringt und eine Menge winziger Samen ausstreut, so daß für eine reichliche Vermehrung gesorgt ist. Ls sei ausdrücklich darauf hingewiesen, daß der Sonnentau zum Sammeln nicht freigegeben ist, also unter Naturschutz steht.