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ersten Auftreten hatte sie sich in dem zu sammenhängenden Kanalspstem Mit telenglands so vermehrt, daß sie nicht nur Fischerei undSchiffahrtbehinderte, sondern sogar hier und da, wo sie den Abfluß des Wassers verstopfte, große llberschwemmungenverursachte.Einem solchen Schädling mußte energisch zu Leibe gegangen werden. Dutzende von Erfindungen wurden patentiert,die den Kampf gegen diesen mpsteriösen Feind aufnehmen sollten, und - die voll ständig versagten. Alle mechanischen Mittel, wie Unterwassermäher und ähnliche Maschinen, mit denen man die Pflanze zu vernichten hoffte, bewirkten gerade das Gegenteil, weil jeder ab getrennte Sproß die Fähigkeit hat, sich zu einer neuen Pflanze zu entwickeln. Vielleicht wäre die Einwanderung der Wasserpest auf die englischen Inseln sAeZo^a Unr'Zr'e 1807 ist die Pflanze aus dem Berliner Botanischen Garten ent wichen, und in den 130 Jahren hat sie sich weit über Deutschlands Grenzen ausgebreitet. Sie gedeiht auf sonnendurchglühten Schutthalden, so daß man sich fragt, wie sie ihren Wasserbedarf deckt, sie wächst an feuchtem Grabenrand und auf Kulturland, besonders gern auf Kartoffeläckern, die sie häufig völlig über wuchert. 2n manchem ungepflegten Vorgarten der Mietska sernen in den Großstädten ist sie die einzige Blütenpflanze über haupt. Mit ihren kaum erbsengroßen, gelben, von fünf bis sechs kleinen, weißen Strahlen umgebenen Korbblüten fällt sie aller dings nicht sonderlich auf. Sie bildet mehr oder weniger dichte Büsche von 30-70 cm Höhe, deren reichverästelte Stengel mit gegenständigen, herz-eiförmigen, gezähnt gesägten Blättern be setzt sind. Vom Juni bis zum Herbst blüht sie ununterbrochen. Aber diese Angriffe außereuropäischer Unkräuter auf unsere heimische Flora sind ein Kinderspiel gegenüber der Wucht und der Kraft, mit der die Kanadische Wasserpest (Usloäsa o-mrulensis) unfern Kontinent erobert hat. Feder Aquarienfreund kennt sie, die ihm zur Pflege seiner Zierfische fast unentbehrlich ist. Und wer ein rechter „Aquarianer" ist, der sucht sich seine Wasserpflanzen selbst. Die Wasserpest zu finden, ist wirklich nicht schwer; sie wächst fast in jedem Teich und Süß wasser mit mäßiger Strömung. Vielleicht hat man mehr Mühe damit, das Wachstum und die Ausbreitung der Pflanze den Größenverhältniffen des Aquariums anzupaffen, denn gerade ihre ungeheure Vermehrungskrast ist es, die um die Mitte des vorigen Jahrhunderts alle an den Wasserstraßen Interessierten in die größte Aufregung versetzte. Es war eine merkwürdige Ge schichte. Vor genau hundert Jahren tauchte die Wasserpest, die in Nordamerika in allen Flüssen von Kanada bis zum Mississippi zu Hause ist, urplötzlich in einem Teiche Irlands auf. Wahrscheinlich ist sie mit nordamerikanischen Fischen eingeschleppt worden, die dort ausgesetzt werden sollten, oder auch mit Wasserpflanzen, unter die sich vielleicht ein Sproß der Usloäsa eingeschmuggelt hatte. Jedenfalls hatte sie sich 1836 zur allgemeinen Über raschung in diesem Teich zu einem undurchdringlichen Schling dickicht ausgewachsen, so daß man sie tonnenweise entfernen mußte, um den Fischen wieder einige Bewegungsfreiheit zu schaf fen. Wenige Jahre später zeigte sie sich auch in einigen Seen Eng lands und Schottlands, und binnen zwanzig Jahren nach ihrem LLt-re-t. beschränkt geblieben, wenn nicht im Jahre 1854 ein Berliner Botaniker auf die Idee gekommen wäre, sich die Pflanze zur Untersuchung aus England schicken zu lassen. Und nun wiederholt sich dasselbe Schauspiel in Deutschland. 1857 hatte die Wasserpest bei Pots dam glücklich die Freiheit erreicht und bereits 1864 die Havelseen ausgefüllt. Durch die Havel gelangte sie in die Spree und in alle mit ihr in Verbindung stehenden Kanäle. Die Elbe blieb nicht verschont von ihr, sie nahm sogar vom Alsterbecken in Hamburg Besitz. Von Stettin und Breslau aus, wohin sie ver schleppt wurde, drang sie in die Oder und nach Ostdeutschland vor, von Holland aus eroberte sie dm Westen. Die Befürchtung, daß die Wasserpest alle Flüsse Europas ausfüllen würde, hat sich glücklicherweise nicht erfüllt. Da sie in Europa nur in weiblichen Exemplaren vorkommt, konnte sie auch niemals Früchte tragen, und in ihrer vegetativen Vermehrungskrast durch Sprosse und Winterknospen hat sie sich augenscheinlich erschöpft. Die Wasserpest, fälschlich auch Llockcs csnsäcnsis genannt, ist ein Vertreter der Froschbißgewächse (kl^äroollsriracesii). Sie entwickelt weiche, bindfadenstarke, im Wasser flutende Stengel, die bis zu 3 m Länge erreichen können. An den reichverzweigten Stengeln stehen in drei- bis fünfzähligen Quirlen kleine, schmal- lanzettliche Blätter. Merkwürdigerweise besitzen weder Blätter noch Stengel der schleimig-schlüpfrigen Pflanze, die einen un angenehmen Fischgeruch verbreitet, eine Oberhaut, sondern die blattgrünführenden Zellschichten werdm unmittelbar vom Wasser umspült. Die Wasserpest gehört zu den zweihäusigen Pflanzen, deren männliche und weibliche Blüten auf getrennten Stöcken wohnen. Man sieht ihre kleinen, weiblichen, rötlichen Blüten, die auf langen Stielen zur Wasseroberfläche emporgetragen werden, bei uns nur selten, während sie in ihrer nordamerika nischen Heimat reichlich blüht. Nicht dem Wind, nicht den In sekten vertraut die Wasserpest die Bestäubung ihrer Blüten an, sondern dem Wasser. 2n ihrer nordamerikanischen Heimat werden die männlichen Blüten während des ganzen Sommers vom Mai bis August als kleine kapselartige Gebilde unter Wasser angelegt. Wenn sie reif sind, lösen sie sich ab und steigen zur Oberfläche empor. Die Kapseln öffnen sich, und die neun Staubgefäße schütten ihren Stachelpollen auf das Wasser aus. Von den Wellen wird er dann in die weiblichen Blüten hinein geschwemmt. Seit etwa 50 Jahren hat die Wasserpest keine größeren Fortschritte gemacht. Sie beginnt an vielen Orten, wo sie sich breitgemacht hat, langsam wieder zu verschwinden. Ihre Angriffskrast ist erlahmt.