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DEUTSCHE BURGEN Wen umfängt nicht der Zauber der Romantik beim Anblick einer Burg! Mag sie auf steilem Felsen thronend stolz die Gegend beherrschen, mag unvermutet ihr altersgraues Gemäuer aus grünem Waldesschatten auftauchen, selbst im Zerfalle ist sie noch das Sinnbild des Selbstbewußtseins und des Beharrungs willens, aber auch Mahnung an die Vergänglichkeit allen Menschenwerkes und schiene es auch für alle Ewigkeit gegründet. In der Burg hat sich sichtbar und eindringlicher als in anderen Resten der Vorzeit die Vergangenheit in unsere laute Gegenwart hinübergerettet. Es war im 11. Jahrhundert, als abseits der dörflichen Siedlung nach und nach jene trotzigen Quaderbauten entstanden, deren festes Gefüge die Stürme der Zeit überdauert hat. Wie aus einem Guß steht von Anfang an fest und markig die Burg vor uns: Mannigfaltig ist ihre Anlage, es ist nicht so, daß Bergfried, Palas, Wohn- und Wirtschaftsgebäude, Ringmauern mit Toren und Türmen stets vorhanden sein müssen, es genügt die Wehrhaftigkeit und die dauernde Bewohnbarkeit, um den Begriff „Burg" zu schaffen. Von den kleinen Felsen nestern auf engst beschränktem Raum bis zu den umfangreichen Festen, die alle Bestandteile einer ausgebildeten Burganlage besitzen, gibt es viele Varia tionen. Doch liegt der grundsätzliche Unterschied weniger in der Größe be gründet als in der Art. Wir unterscheiden die Höhen- und die Tiefenburg, d. h. die Burg auf einzeln stehendem Berggipfel oder auf dem Bergvorsprung und dagegen die Burg im Tal oder in der Ebene. Je nach der gegebenen Örtlichkeit ist die Befestigungsanlage verschieden. Bei der Gipfelburg bildet die Ringmauer mit Türmen und Tor die Stärke der Befestigung, bei der Burg auf dem Bergvorsprung liegt auf der Hauptangriffsseite gegen den Berg der charakteristische „Mantel" hinter dem Halsgraben, ’ene oft gewaltige, hohe Schutzmauer, hinter der die übrigen Bauten sich bergen. Bei der Burg im Tale oder in der Ebene ist es das Wasser, das Schutz gegen Angriffe bietet. In der Mitte des 16. Jahrhunderts hatten die Burgen, von wenigen Ausnahmen abgesehen, ihren Verteidigungswert gegen die immer wirkungsvolleren Feuer waffen verloren. Die Zeit der Burgen war dahin, Krieg und Feuer, Gleich gültigkeit und Unverstand haben den einst reichen Bestand gelichtet, aber was noch vorhanden ist, prägt dem Antlitz unserer Heimat oft seinen bestimmen den Ausdrude auf, der dort am reinsten ist, wo sich das Menschenwerk am unaufdringlichsten der Landschaft einfügt, wo Natur, Kunst und Geschichte, Gegenwart und Vergangenheit sich zu einer glücklichen Einheit verbinden.