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JEIAEEITIX«» Will ein Staatsoberhaupt einem scheidenden Minister oder dem abreisenden Gesandten eines fremden Staates eine besondere Ehrung Zuteil werden lassen, so schenkt er ihm seine Photographie mit eigen händiger Widmung. Vor Erfindung der Photographie waren diese Porträt-Geschenke kostbarer. Da schenkte man kleine gemalte Bild nisse, oft von den ersten Künstlern dieses Spezialgebietes der Klein malerei ausgeführt, wahre Meisterwerke der Kleinkunst, fast immer kostbar gefaßt in edelsteinbesetzten Goldrahmen. Häufig kamen diese Freundschaftsbezeugungen direkten Geldgeschenken gleich, und mancher Gesandte genierte sich nicht, das brillantenbesetzte Schmuck stück dem fuwelier, der es angefertigt hatte, zurückyugeben und sich den Betrag, den der Hof dafür bezahlt hatte, in barem Gelde auszahlen ZU lassen. Der Wert dieser Kunstwerke war oft beträchtlich. Beson ders die französischen Ludwige gaben ungeheure Summen dafür aus, und man kann an der Kostbarkeit dieser Geschenke für die Vertreter auswärtiger Mächte ermessen, welchen Wert der französische Hof der freundschaftlichen Verbindung mit den Staatsmännern der anderen Höfe beilegte. So erhielten z- B. die Gesandten Englands von Lud wig XV. Miniatur-Porträts, die mit zahlreichen und großen Bril lanten geschmückt waren und einen Wert von 2/000 Franken und mehr repräsentierten, während die Vertreter kleiner deutscher oder italienischer Staaten sich mit Geschenken im Wert von 2—yooo Franken begnügen mußten. Diese Medaillon-Bildnisse trug man an goldenen Ketten auf der Brust oder am Hals, manchmal auch am Armreif, besonders klein ausge führte Bildchen sogar im Fingerring, fa es gab Ringe, die nicht nur einzelne Porträts enthielten, sondern mehrere Bildnisse, ja ganze Szenen mit Landschaften und Figuren. Aus dem 16. Jahrhundert gibt es Medaillons mit Kaiserbildnissen, die man sich an den Hut stecken konnte. Am Ende des 18. Jahrhunderts kam die Mode auf, die bunten Herrenfräcke mit Knöpfen zu versehen, die mit Bildnissen oder symbolischen Zeichen bemalt waren, während die Damen gerne Fächer benutzten, die mit den Miniaturbildnissen der Landesherrin geschmückt waren. Seit dem 17. Jahrhundert sind als Geschenke zier liche Golddosen besonders beliebt, die auf der Innenseite des Deckels das Porträt des Spenders enthielten, und als das Tabakschnupfen in Mode kam, wurde das Sammeln und Schenken porträtgeschmückter Tabatieren geradezu eine Manie. Auf diesen Tabaksdosen waren die Bildchen allerdings außen angebracht. Selbst der sonst so sparsame Preußenkönig Friedrich II. verwandte viel Geld darauf. In seinem Nachlaß fand man 120 Schnupftabaksbehälter, die mit Brillanten besetzt waren; er soll aber eine Sammlung von i/oo Dosen verschie densten Materials besessen haben. Auch er verstand es, beim Ver schenken solcher Kostbarkeiten Unterschiede z u machen und tröstete den Empfänger einer einfacheren Dose wohl mit den Worten, die Freundschaft erhöhe den Wert. Der Wert dieser Dosen und Medaillons lag natürlich meist nicht in der künstlerischen Arbeit der Malerei, sondern in den Brillanten und anderen kostbaren Steinen. Eines der teuersten Stücke dieser Art mag das Medaillon gewesen sein, das Napoleon I. seiner Braut Marie Louise geschenkt hatte; es soll 17/ 000 Franker, gekostet haben. Der Künstler, der das Miniatur-Porträt des Kaisers hierfür anfertigte, hat gewiß kaum den tausendsten Teil davon für seine Arbeit bekommen. Trotzdem aber haben sich einige Miniaturisten ein er kleckliches Vermögen verdient. So erhielt der deutsche Kupferstecher Chodowiecki für 20 Kleinporträts des Prinzen Heinrich, die er 176/ in vier Monaten fertigstellte, die Summe von 411 Talern, durchschnitt lich soll er mit seiner Miniaturmalerei 100 Taler im Monat verdien/ haben, für jene Zeit eine ganz hübsche Summe. Der Franzose Augu stin verdiente ungefähr 24 Jahre später jährlich /—6000 Franken, während weitere 2/ Jahre später Isabey sich im Jahre etwa den zehn fachen Betrag erarbeitete. Die meisten der in diesem Album enthaltenen Miniatur-Porträts befinden sich in öffentlichen Sammlungen, im Victoria and Albert Museum in London, im Nationalmuseum in Stockholm, in den Museen von Berlin, Wien, München, Dresden, Paris oder in den großen Privatsammlungen wie der des Amerikaners Pierpont Morgan, im Besitz ^ er Königin von Holland, des Herzogs von Buccleuch, des Herzogs von Devonshire. Einige haben in den letzten Jahren öfters