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gesagt haben: „W eshalb kann ich mich nicht auch entfernen.“ Allmählich nahm die Verschwendung am Hofe zu, die französische Beteiligung an den Kämpfen in Nordamerika verschlang Riesensummen, und um den Staatsbankrott zu vermeiden, wurden die Generalstände einberufen, aus denen sich der dritte Stand, das Bürgertum, das nicht mehr mit machen wollte, absonderte. Durch die Erstürmung der Bastille wurde die Revolution eingeleitet. Jetzt überstürzten sich die Ereignisse. Der König floh, wurde gefangen zurück gebracht, mit fünf Stimmen Mehrheit bei 727 Gesamtstimmen zum Tode verurteilt und schließlich im Januar 1793 ent hauptet. Er hat bis zuletzt eine bewundernswürdige Ruhe gezeigt. Erst neun Monate später wurde auch Marie Antoinette die die gleiche Gelassenheit zur Schau trug, guillotiniert. Der junge Dauphin, als Ludwig XVII. (1785—1795) von den Royalisten zum französischen König ausgerufen, teilte mit seinen Eltern die Gefangenschaft in Temple in Paris, wurde dann einem Schuster, namens Simon, in die Hände gegeben und starb nach roher Behandlung an der Rachitis. Später traten unter seinem Namen Schwindler auf, unter denen der Uhrmacher Naundorf aus Krossen am meisten Erfolg hatte. Einzelnen wie die Massen, aber seine Zugehörigkeit und seine heimliche Neigung zu Adel und Hof lassen sein revolutionäres Pathos, mit dem er bewußt und raffiniert das Volk bearbeitete und mitriß, nicht echt erscheinen. Von den Halbheiten Mirabeaus waren die Männer, die nach ihm zur Macht kamen, weit entfernt. Die konstitutionellen Monarchisten wurden von Radikaleren verdrängt, von Re publikanern (Girondisten), die nach Auflösung der gesetz gebenden Nationalversammlung im neugewählten National konvent am 21. September 1792 mit ihrer Forderung nach Beseitigung des Königtums durchdrangen. Hier bildete sich wieder eine radikalere Gruppe, die Bergpartei, in der Jean Paul Marat (1744—1793), ein quacksalbernder Arzt und grimmiger Pamphletist, zu großer Macht gelangte. Er hatte schon bei den Septembermorden des Jahres 1792 eine große Rolle gespielt, jetzt war er die Seele des Kampfes gegen die Girondisten geworden, hatte ihre Verhaftung und Aus stoßung aus dem Konvent betrieben und war mitten im Ent wurf neuer Vernichtungspläne, als er, gerade dem Bade ent steigend, von einem schwärmerischen jungen Mädchen, Charlotte Corday (1768—1793), deren Bräutigam als Ludwig XVII., Dauphin (1787—177j) Nach einer Miniatur von Alexander Kucharski In die Reihen der bürgerlichen Revolutionäre kam H o n o r e Gabriel Riquetti Graf von Mirabeau (1749—1791)» durch die despotische Strenge seines Vaters, der den leicht sinnigen Schuldenmacher, um ihn auf den rechten Weg zu bringen, einsperrte und nach Indien exportieren wollte, den Flüchtigen wieder einsperrte, und als der ungeratene Sohn mit der jungen Gattin eines ältlichen hohen Beamten floh und, in Abwesenheit zum Tode verurteilt, scharfe Broschüren gegen den Despotismus und den damaligen Zustand Frank reichs schrieb, wieder verhaften ließ. Der junge gräfliche Feuerkopf wollte sich als Vertreter des Adels in die Reichs stände wählen lassen, wurde aber von seinen Standesgenossen ausgeschlossen, kaufte sich einen Tuchladen und sprach für die Rechte des dritten Standes. So kam er in die verfassung gebende Versammlung, wirkte, insgeheim dem Hof ergeben, der ihm seine Schulden bezahlte, vergeblich für einen Aus gleich, und starb, bevor die Revolution das Königtum hinweg gefegt hatte. Durch sein stürmisches Temperament, seine wohlklingende, von lebhaften Gebärden begleitete Sprech weise, seine klaren Gedanken beherrschte er sowohl den Honore Gabriel Victor Riquetti, Graf von Mirabeau ( N49— Nach einer anonymen französischen Miniatur, um 17 87 Revolutionsopfer getötet war, erdolcht wurde. Sie ließ sich ruhig abführen und drei Tage später, mit dem roten Mantel der Meuchelmörder bekleidet, bis zum letzten Augenblick standhaft, aufs Blutgerüst bringen, wo ihr am 17. Juli 1793 der Kopf abgeschlagen wurde.