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KISSEAAD JJas itn Osten Europas gelegene große russische Reich war im 17. Jahrhundert die Beute machtgieriger Nachbarn ge worden. Die Ostseeküsten waren von den Schweden besetzt, im Süden waren die Türken weit vorgedrungen, so daß Rußland keinen Zugang zum Meere hatte, und das Zentrum des Landes stand unter der Gewalt eines polnischen Prinzen. Gegen diesen erhob sich ein Volksaufstand, und Adel, Geist lichkeit und Bürger wählten einen Großfürsten aus dem Bojarengeschlecht der Romanow zum Zaren und übertrugen ihm die unumschränkte Gewalt. Ein gewalttätiges, im Blute watendes und schließlich blutig ausgerottetes Geschlecht war damit zur Alleinmacht gelangt. Anfangs blieb aber Rußland noch im Dunkel eines halbasiatischen Staates stecken. seinem Reiche einen westeuropäischen Anstrich zu geben, gründete Druckereien, stiftete Schulen und ordnete das Kirchenwesen, indem er sich an die Spitze der neuen kirch lichen Organisation stellte. Jetzt galt es, auch im Norden des Reiches einen Zugang zum Meere zu erhalten. Er erklärte dem Schwedenkönig Karl XII. den Krieg, wurde anfangs schwer geschlagen, trieb ihn aber dann durch sein ganzes Land nach Süden ab, so daß dieser zu den Türken fliehen mußte. Der Norden Rußlands war nun Schweden entrissen. Peter gründete auf ungünstigem Boden seine neue Residenz Petersburg. Aber von Karl XII. angestiftet drangen jetzt wieder die Türken vor und umzingelten ihn mit seinem Heer. Da rettete ihn die List seiner zweiten Gemahlin, die er als Erst mit dem vierten Romanow, mit Peter d. Gr., und jetzt allerdings mit einem Schlage, trat Rußland in die Geschichte Europas ein, um nach anderthalb Jahrhunderten wieder in den asiatischen Zustand zurückzusinken, aus dem es sich erst jetzt wieder in gänzlich veränderter Form zu erheben trachtet. Mit einer Gewalttat begann der 17jährige Peter I., d. Gr. (1672—1725) seine Regierung: er schob die Regentin Sophia, seine herrschsüchtige Schwester, beiseite und steckte sie ins Kloster, erstickte mit Hilfe einer aus Ausländern gebildeten Truppe den Widerstand der militärischen Hauptmacht im Staate, der Strelitzen, und schuf sich nach dem Beispiel der Westmächte ein stehendes Heer. Mit einer neu erbauten Flotte schlug er die Türken und setzte sich am Schwarzen Meer fest. Dann bereiste er das Ausland, arbeitete in Holland inkognito in einer Schiffswerft (bekannt aus Lortzings Oper „Zar und Zimmermann“), schlug, zurückgekehrt, einen neuen Aufstand der Strelitzen nieder, deren Anführer er — 130 Mann — vor den Fenstern seiner mitverschworenen Schwester aufknüpfte, und steckte seine vielleicht ebenfalls am Aufstand beteiligte erste Gemahlin ins Kloster. Mit Hilfe einer großen Zahl aus dem Ausland mitgebrachter Ingenieure und Offiziere suchte er dann mit Riesenschritten Rußland, Bauernmagd in Litauen, nachdem sie durch verschiedene Hände gegangen war, zu sich genommen und zunächst heim lich geheiratet hatte. Es war die nachmalige Kaiserin Ka tharina I. (1684—1727). Sie bestach mit ihren Juwelen den türkischen Großwesir und befreite so das russische Heer aus der Umklammerung. Peters Eroberungen am Schwarzen Meer aber gingen verloren. Wieder wandte er sich gegen die Schweden und sicherte seine Grenze im Norden, um dann im Südosten des Landes gegen Persien vorzugehen, wo er seine Herrschaft erweiterte. Es gelang ihm aber nicht im deutschen Mecklenburg Fuß zu fassen. Inzwischen hatte er im Innern wieder einen Aufstand niederzuschlagen, was mit rücksichtsloser Gewalt geschah, und wobei auch sein Sohn aus erster Ehe hingerichtet wurde. Seine Gemahlin Katharina wurde nun zur Kaiserin erklärt und in Moskau gekrönt. Als Peter gestorben war, verheimlichte sie eine Zeitlang im Ein verständnis mit wenigen Günstlingen dem Volk den Tod des Zaren, um Zeit zu gewinnen und ihre Herrschaft zu befestigen. Sie regierte noch zwei Jahre. Peters großer Gegner Karl XII. von Schweden (1682 bis 1718) wurde bereits 15 jährig König der damals in Nord europa vorherrschenden Macht. Gegen ihn verbündeten sich Sachsen- Peter I., der Große, Kaiser von Rußland (1672—1727) Nach einer anonymen französischen Miniatur des 18. Jahrh. Polen und Däne mark und fielen 1700 über ihn her. Allein der taten lustige, jetzt 18- jährige König Karl schlug die Dänen und zwang sie zum Frieden, stürzte sich dann mit 8000 Mann auf die zehn mal stärkeren Rus sen, warf sie zu rück, trieb in schnellem Sieges zug die Sachsen aus Polen hinaus, wo er Stanislaus Les- czinski zum König einsetzte, und nö tigte August II. zum Frieden und Verzicht auf Polen. Inzwischen hatte Katharina I., Kaiserin von Rußland (1684—1727) Nach einer Miniatur von Charles Boit nach dem Gemälde von Natiier