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Erasmus von Rotterdam (1461/6—tfi6) Nach einer Miniatur von Hans Holbein d. J. Johannes Calvin gelernt hatte. Er, der durch sein tiefes Eindringen in Geist und Sinn der Lehren der Kirchenväter und der Heiligen Schrift die Reformation vorbereiten half, der das Klosterleben als etwas Naturwidriges geißelte, der den Unterricht aus starren Fesseln befreien wollte (die Kinder müßten im Spiele zum Lernen gebracht werden, am besten mit Hilfe von Bildchen), er rückte von Luther ab, als dieser eine gütliche Einigung mit Ulrich Zwingli dem Papsttum für unmöglich erklärt hatte. So hatte Erasmus auch vorher Reuchlin, so hat er später Hutten im Stich ge lassen. Über die Händel dieser Welt stellte er die Beschäftigung mit der Literatur der Antike und die sittliche Erziehung. Er erwartete eine Erneuerung der Kirche, der Gläubigkeit, der Gesittung als Frucht der klassischen Bildung, zu deren Vor bereitung keiner so wie er beigetragen hat. Natürlichkeit, Ein fachheit, Reinheit, Versöhnlichkeit und Vernunft sind für diesen echtesten Humanisten die beherrschenden Forderungen, die erst zwei Jahrhunderte später erneut aufgestellt wurden, nachdem die Zeit der blutigen Glaubenskämpfe endgültig überwunden ist. Ebenso wie Luther war der humanistisch und philosophisch gebildete Schweizer Laienpriester Ulrich Zwingli (1484 bis 15 31) durch den Ablaßhandel veranlaßt worden, gegen den Mißbrauch der Religion schärfer aufzutreten, doch konnte er sich mit Luther nicht einigen. Seine Absicht, das reine Evan gelium zu predigen, fand bei dem Rat zu Zürich Unterstützung, und als Zwingli in seiner Säuberungsaktion alles aus dem Gottesdienst und dem kirchlichen Leben entfernte, was ihm die reine Lehre zu verdunkeln schien, folgte ihm das Schweizer Tiefland mit den Städten. Die Bilder wurden verbrannt, die Klöster aufgehoben, die Messe abgeschafft. Es kam zu einem auf beiden Seiten grausam geführten Krieg mit den katholisch gebliebenen Kantonen. Zwingli fiel in der Schlacht bei Kappel, sein Leichnam wurde gevierteilt, verbrannt und die verun reinigte Asche in alle Winde zerstreut. Die Reformation aber hatte in den Schweizer Städten Fuß gefaßt. In Genf wirkte in ihrem Sinne der in Paris heran gebildete Franzose Johannes Calvin (1509—1564), streng in seinen Grundsätzen, herb in seinen Anschauungen, hart in der Verfolgung Andersgesinnter. Seine Auffassungen drangen in der Schweiz, in den Niederlanden, in Frankreich, in England und Schottland und in Teilen Deutschlands durch, hatten aber in einigen dieser Länder keinen Bestand.