Volltext Seite (XML)
IIEITMIILAVI) im Befreiungskriege Napoleon hatte 1805 im Bunde mit süddeutschen Fürsten Österreich niedergeworfen (am 13. November war Wien in seine Hand gefallen, am 2. Dezember hatte er bei Austerlitz einen glänzenden Sieg errungen), sich im Rhein bund nach Zerschlagung der deutschen Reichs Verfassung einen ihm ergebenen deutschen Fürstenbund geschaffen, am 13. Oktober 1806 das viel zu spät auf den Plan tretende Preußen bei Jena und Auerstedt vernichtet und durch den Frieden zu Tilsit schließlich Deutschland bis zur Elbe in seine Gewalt bekommen. Außer Preußen und Österreich waren alle deutschen Fürsten seine Vasallen geworden. Als Österreich sich 1809 nochmals erhob, wurde es erneut niedergeworfen. 1812 begann Napoleon den Feldzug gegen Rußland, er drang, unterstützt auch von preußischen Truppen unter York, sieg reich bis Moskau vor, aber der von den Russen selbst verur- zaudernden Schwächling war es beschieden, in einer stür mischen Zeit, die einen ganzen Mann verlangt hätte, an der Spitze Preußens zu stehen. Zur Friedfertigkeit um jeden Preis geneigt, versäumte es er, rechtzeitig dem Vordringen Napoleons sich in den Weg zu stellen, und als Preußen und Deutschland am Boden lagen, er selbst mit seiner Familie nach Memel geflüchtet war, als dann Napoleons Heere auf den weiten Schneefeldern Rußlands zusammenschmolzen und sein General York eigenmächtig mit dem russischen Zaren eine Konvention zur Vernichtung der napoleonischen Herrschaft beschlossen hatte, da wagte er es noch lange nicht, dem allge meinen Verlangen nach Befreiung vom fremden Joch nach zugeben, bis er sich im Frühjahr 1813 endlich von der Be geisterung mitreißen ließ. Anfangs aus eigenem Antrieb zu Reformen bereit, ließ er die von Stein und Hardenberg einge- sachte Brand ihrer Hauptstadt zwang ihn zur schleunigen Umkehr. Am 13. Februar 1813 wurde zwischen Rußland leiteten umwälzenden Neuerungen unter dem Druck Metter nichs ins Stocken geraten, ja seine lange Regierung endete und Preußen ein Zusammen gehenbeschlossen. Von Breslau erließ Friedrich Wilhelm III. seinen Aufruf „An Mein Volk“. Im Frühjahr 1813 kämpften die Verbündeten unter russischem Oberbefehl unglücklich gegen Napoleon. Jetzt schlossen sich England und Österreich an, während Sachsen auf Seiten Napoleons kämpfte. Nach der dreitägigen Völkerschlacht bei Leipzig war Napoleons Macht in Deutschland gebrochen, die Rheinbundfürsten gingen zu den Verbündeten über, und der Krieg wurde 1814 in Frank reich hineingetragen. Nach der Eroberung von Paris, war Napoleon zur Abdankung und Flucht nach Elba gezwungen. Am 1. März 1815 landete er wieder in Frankreich, aber die Schlacht bei Waterloo besiegelte endgültig seinen Sturz. Aus tief- sterErniedrigung hatteDeutsch- land sich wieder erhoben. Ge rührt hatteFriedrich WilhelmlH. seinem Volk, das ihm sein Friedrich Wilhelm III., König von Preußen (1770—1840) Nach einer Miniatur von Hans Henrik Plöt-^ schließlich mit einer Jahr zehnte andauernden finsteren Reaktion, in der alle wahren Patrioten gehässig verfolgt, alle freieren Regungen ertötet wurden. Er war in erster Ehe verheiratet mit einer der edelsten Frauen gestalten, die auf einem Throne gesessen haben, mit der meck lenburgischen Prinzessin Luise (1776—181 o), die in ihrer stillen Wirksamkeit damals als der gute Genius des preußischen Staates erschien. Mit einem verklärenden Schimmer war und ist noch heute ihre anmutige Gestalt umgeben, die mit dem König während seines Exils die Leiden und Sorgen teilte, aber mit freierem Blick und ent schlossenerer Gesinnung tat kräftiger als er die Befreiung herbeiführen half, wenn es ihr auch nicht mehr vergönnt war, die Tage der Erhebung zu erleben. Im tiefsten Elend nach dem völligen Zusammenbruch er- Königreich zurückerkämpft hatte, eine Verfassung ver sprochen, aber er hielt ebensowenig wie Österreich sein Versprechen. Gegen alle freieren patriotischen Regungen wurde mit mittelalterlicher Strenge vorgegangen, und erst die bürgerlichen Revolutionen von 1830 und 1848 verschafften dem Volk den ihm gebührenden Anteil an der Regierung. Friedrich Wilhelm III. (1770—1840), am Hofe seines liederlichen Vaters von frömmelnden Erziehern zu äußerster Sittenstrenge erzogen, ein ernster und pflichtgetreuer Monarch, der, von dem Wunsche nach zeitgemäßen Reformen beseelt, nach seinem Regierungsantritt die Mätressenwirtschaft weg fegte, war in seinem ganzen Auftreten derartig scheu und schüchtern, daß er nur in abgerissenen Sätzen, meist in Infinitiven, sprechen konnte. Und diesem ständig gehemmten, wuchs dem preußischen Staat der Retter, der hellsichtig die Ursachen der inneren Katastrophe sah, in Karl Freiherrn vom und zum Stein (1757—1831). Im preußischen Innen dienst bis zum Minister emporgestiegen, entließ ihn der König ungnädig, als er die Kabinettspolitik kritisierte. Die ver zweifelte Lage des Staates führte schon in wenigen Monaten zur Rückberufung. Den nun folgenden großen Reformen, die seinen und Hardenbergs Namen tragen, verdankt der preußische Staat seinen noch heute bestehenden Aufbau. Die wichtigsten seiner Neuerungen sind die Bauernbefreiung und damit die Aufhebung der Leibeigenschaft und die Städte ordnung von 1808. Bald erkannte Napoleon in Stein seinen gefährlichsten Gegner, den er mit der Reichsacht verfolgte. Erst 1813 konnte Stein aus Rußland zurückkehren, nachdem