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Der Sächjilche Erzähler Beiblatt zu Nummer 250. Dienstag, de» 27. Sktoder LP1K. «MtUche Bek«»»t»ach»»se«. In »«rdech (AmtSh. Flöha) ist di« »emr« «ed «emeNs-mche cusgebrochrn. Dresden, den 24. Ostober 1S14. Minifteet«« de» I « « e r «. Mrlbepsticht ass dem Felde zmückkkhrendcr, kranker oder oerwaadrter MUUär-ersouea betreffead. Auf Anordnung wird hiermit bekannt gemacht, daß alle krauk oder verwundet o»S de» Uelde »wra««hre»de», iw Veidoipftegeftätte«. i« da» eigene, oder do» Ettermhaw» oufge»o»»e«e MUitLrperfome« dimw« »4 Gtmede« unter Angabe de» Namen», de» Truppenteil» und de» Lazarett», au» dem sie überwiesen sind, dei der lDei»doliIeided»rdo owtmmelüden sind. von diesen Meldungen haben di« OrtsbehSrden umgehend Abschrift an da» Sanität»amt XII in Dresden zu senden. Bautzen, am 24. Oktober 1214. Di e S S « i gliche AmtSH a«ptma»«schaft. Eine russische Unverschämtheit. Nom, 26. Oktccher. „Messaggero" teilt in Fettdruck an der Spitze de» Blatte» mit, daß der hiesige russische Botschaf ter KrupenSki vorgestern nachmittag der italienischen Re gierung angeboten habe, die in russischer Gefangenschaft be findlichen Österreicher italienischer Nasse an Italien auszu liefern unter der Bedingung, daß ihnen nicht erlaubt werde, nach Österreich zurückzukehren. Das Blatt t?ilt gleichzeitig mit, daß der Botschafter sein Angebot der „Agenzia Stefani" übermittelt, diese e» aber nicht verbreitet habe. Die allge meine Ansicht ist, dah die Regierung auch durch diesen Coup, -er nur darauf berechnet ist, Oel ins Feuer der irredentisti- scheu Bewegung zu gießeu, sich uicht um Haaresbreite aus ihrer korretteu Haltung dräugen lassen und da» russische An gebot mit der Begründung ablehnen wird, daß die italie nisch sprechenden Gefangenen österreichische Untertanen seien. Unliebsame» Aufsehen erregt e», daß KrupenSki allen diplomatischen Gepflogenheiten -um Trotz die Presse von -er noch nicht abgeschlossenen Verhandlung mit -er Regie- rung, bei der er beglaubigt ist, unterrichtet hat. Der Sturm auf Camp des Romains. Ein Mitkämpfer de» bayerischen 11. Jnf.-RegimentS „v. L. Tann" gibt in der „Frankfurter Zeitung" folgende prächtige Schilderung von dem Sturm auf das Maassott Camp de» Romains: Nach einem Gefecht mit der französischen Nachhut in Chaillon wurde der Wog bis Savonniöres frei, das etwa 10 Kilometer vom Fort Camp de» Romains entfernt ist. Dort und auf den benachbarten Höhen wurde am 22. September unser ganzes Regiment zusammengezogen. Am 23. Sep tember nachmittags 3 Uhr begann hier die Musik der 28- Zentimeter-Mörser-Batterie, die Grvnatstücke von solcher Größe und Schwere verschlang, daß man nur schauernd an den Hunger von Nr. 42 denken konnte. Bereits der dritte Schuß soll gesessen haben, wobei ein Fesselballon die Beo bachtung der Geschoßwirkung unterstützte. Den nächsten Tag donnerte die „grosse piSoe" weiter: die Infanterie-Aufklärung ging an diesem Tage bereits bis 700 Meter vor das Fort. Um Uhr nachmittags traten wir den Vormarsch an. immerfort durch Waldungen, Lichtungen und über Höhen, wo verlassene Schützengräben und weggeworfene französische Ausrüstungsstücke lagen. Eine letzte, sehr steile Steigung führte an den Waldrand. Als wir heraustraten, war alles, was weniger kartengelehrt war, aufs höchste erstaunt, sich auf dem weißen Sande des sogenannten alten Exerzierplatzes bei St. Mihiel zu befinden. Rechts davon lagen die Ka- fernen. Im Hintergründe aber breitete sich das vielfach ver schlungene Band der Maas aus, an der Biegung eingefan- gen durch die hohen Häuser der schönen Stadt St. Mihiel, mit Brücken, Inselchen, Waldungen, Wiesen und weitem Land. Gerade vor uns lag das furchtbare rauchende Fort, in das fortgesetzt neue Mörsergeschosse, über unsere Köpfe sausend, niederfielen. Mit Beginn der Dunkelheit grub sich unsere Infanterie 70 Meter vor dem Fort in Sturmstellung ein. Hui! da sau sten auch schon die Kugeln um unsere Köpfe. Auf Cymp des Romain» war eS lebendig geworden, heftigstes Gowehrge- prassel und Mitrailleusen-Getick empfing den Angreifer un hörte nicht auf, ihn zu begrüßen, bis daS Schicksal des Ber ges an der Maas durch die Kapitulation besiegelt war. Die uns zugeteilten 16. Pioniere begannen bereits am Abend ihre Heinzelmann-Tätigkett, besonders in dem das ganze Fort umgebenden Gewirr von Drahthindernissen. Camp des Romains hat die Form einer viereckigen Redoute mit der Front nach Osten; -er Eingang befindet sich an der Kehle im Westen. Unsere zwei Sturmbataillone wurden auf die Schulterpunkte und Facen -es Forts in acht Sturmko lonnen angesetzt, der Anzahl der Kompagnien entsprechend; jede Sturmkolonne wurde durch zugeteilte Pioniere ver stärkt. Das 1. Bataillon griff rechts, daS zweite links an. Der Angriff zum Sturm begann am 25. September, 5,30 Uhr. Am Abend vorher war das Fort als noch „nicht sturmreif" erklärt worden, dennoch wurde der Befehl zum Angriff erteilt, und der Angriff ge lang. Nach Ueberwindung -er Drahthindernisse gelangten die Sturmkolonnen durch Breschen und Löcher auf den äußer sten Wall und von dort in den Hauptgraben, in den die Sturmleitern hinabgelassen wurden. Der Hauptgraben ist, wie ich höre, 12 Meter breit und auf der äußeren Kante 8, auf der inneren 7 Meter hoch Aus der Tiefe dieses Gra- bens richtete die nachdrängende Infanterie die Sturmlei- tern auf das jenseitige Ufer, auf den Hauptwall, der mit kühnem Mut genommen wurde. Daß alle diese Bewegungen im stärksten feindlichen Feuer erfolgten, bedarf keiner besonderen Hervorhebung. Aus allen Mauerlöchern, Schießscharten und unterirdischen Schlünden flogen die Geschosse gegen uns. Es war ein Nahkampf auf Tod und Leben. Die Pioniere, mit Handgra naten, Stinkbomben und Brandfackeln ausgerüstet, räucher ten den Feind buchstäblich aus seinen Löchern heraus. Was nicht erschossen oder geflüchtet war, wurde in seinem unter irdischen Schietzwinkel verschüttet. Aber auch als der Haupt graben bereits genommen war, hörte das Schießen einzel ner, die sich versteckt hielten, nicht auf. Nachdem auch die vom 6. Infanterie-Regiment (Amberg) gestellte Unter stützung an den Hauptwall herangekommen war, erkannten! die Franzosen allerdings die Nutzlosigkeit weiteren Wider standes, und die Kapitulationsverhandlungen begannen. Um 8,20 Uhr vormittags waren sie zu Ende geführt. Camp deS Romains war unser. Nach der Kapitulation stieg die ganze unterirdische Welt des Forts an das Tageslicht empor. Aus allen Ecken tauch ten die Verteidiger auf, Artilleristen in blauer Uniform mit schwarzem Käppi, Infanteristen in Blau und Rot. Viele von ihnen hatten große, gelblich-schwarze Brandwunden an Gesicht und Händen. An einem Platz, wo sie gesammelt wur den, ließen sie sich willig und erschöpft nieder, lieber 800 Mann Besatzung hatte das Fort gehabt, über 500 streckten die Waffen. Der Divisionsbefehl gab 5 gefangene Offiziere, 354 unverwundete und etwa 50 verwundete Mannschaften als Gefangene bekannt. Während des Sturmes hatte die 11. Infanterie-Brigade feindliche Entsatzversuche siegreich zurückgeschlagen. Ein« Besichtigung des Forts nach der Kapitulation zeigte uns die ungeheueren Schäden, die die Mörser angerichtet hatten. Unglaublich tiefe Löcher gähnten in dem Boden und waren in die Gewölbe des Forts eingerissen. Außer ordentlich viel Munition war vorhanden. In den Kassemat ten befanden sich Lebensmittel auf mindestens drei Monate, die Fleischkonserven waren batterieweise aufgebaut, zentner weise gab es Zucker, tonnenweise Wein und Fruchtschnaps, auch eine eigene Bäckerei fehlte nicht. Durch die Kapitulationsbedingungen wurde det tapfe ren; Besatzung Abzug mit militärischen Ehren gestattet, die Offiziere behielten ihre Degen. Bis 2 Uhr nachmittags wurde den Franzosen Frist zur Verpflegung ihrer Verwun deten und zur Bestattung der Toten gelassen. Alles Gepäck, » Sinnsprnch. » Sei nicht milde und nachsichtig, wo Strenge A n notwendig ist; es wird dir nicht als Güte, sondern » als unverzeihliche Schwäche ausgelegt, und du be- 8 gehst auch eine Sünde! Martin. j» Gedenktage: 26. Oktober 1800: Moltke geboren 1807: Aufhebung der Erbuntertänigkeit auf den preußischen Domänen. 1894: Reichskanzler Graf Caprivi tritt zurück. Astronomischer Kalender. 27. Oktober: Sonnenaufg. 6 Uhr 44 Mn. Mondaufg. 2 Uhr 40 Mn. Sonnenunterg. 4Uhr43Min. Mondunterg. 12 Uhr Mtn. Los vom Zoch. Roman aus der Zeit der Befreiungskriege. Don E. v. Winterfeld-Warnow. (7. Fortsetzung). (Nachdruck verboten.) „Gute Nacht, Vater! Gute Nacht, Lenz!" „Gute Nacht, Anna! Bist nicht mehr bös? Nee?! Un morgen ho? ick wedder Melk!" In der Sülle der Nacht kam Anna ein Gedanke, der sehr bald völlig von ihr Besitz ergriff. War nicht Arsten südlich von Bremen? Und mußte nicht ihr Weg über Ar sten gehen? Ihr Schützling, der Kämpfer aus dem russi schen Feldzug, stammte aus Arsten. Er wollte dorthin, wo seine Familie zu den Halbbauern gehörte, die schon seit lan gen Jahren dort ansässig find. Steding hieß er. Und hatte viel erzählt vom Nieder- vieland und seinen Wasserstraßen. Genau wußte er darin Bescheid. Wußte auch, daß e» jetzt im Frühling durch Hoch- wasser ost beschwerlich und sogar gefährlich war, durch die Moore zu den Deicheir zu kommen. Aber das war gerade gut. So wäre e» auch fiir die Verfolger schwierig gewesen, Werin sie wirklich verfolgt würden. , , Eigentlich wollte er noch während dieser Vorfrühlings wochen in Bremen, bleiben, um diese Zeit erst vorübergehen zu lassen. Aber wenn sie ihn bäte, schon jetzt zu reisen, wenn sie ihn bäte, sie mitzunehmen, so würde er's sicher tun. Denn öffentlich die Stadt zu verlassen, dazu bedurfte es jetzt unendlich vieler französischer Erlaubnisscheine, Pässe und Signalements. Zu einem solchen hätten sie sich dein; General Thuillier melden müssen. Und das schien ihr nach ihrem gestrigen Zusammentreffen «ne Unmöglichkeit zu sein. Aber der Steding mußte ihr helfen. Dann ging es auch ohne Signalement. Vielleicht schrieb sie sich als seine Schwester ein? Von Arsten ging» dann nach Hannover oder nach Lüneburg zu. Da half ihr Gott wohl weiter. Ihm wollte sie vertrauen! Es ging ja in einen heiligen Krieg, in einen Krieg für Vaterland und Heimat! Beruhigt schlief sie ein. Aber sie träumte unruhig. Sie träumte von Schlach tengetümmel. Sie Hütte Kanonendonner. Und sich selbst sah sie auf einem schneeweißen Roß über das Schlachtfeld jqgen. Bald war sie hier, bald dort! Ueberall erschien ihr Schimmel! Un- Plötzlich wachte sie von einem jähen Schlag auf. Verwirrt blickte sie um sich Dy wieder ein greller Blitz, ein krachender Donnerschlag! Das erste Frühlingsgewitter ging über die Erde dahin. Kurz und heftig. Schon wurde der Donner schvächer. Sie wachte noch ein paar Minuten. Dann fielen ihr die Augen zu. Und diesmal schlief sie fest und traumlos. Als sie am anderen Morgen zum Buchhändler Lampe kam, hatte er allerhand für sie bereit gelegt. Da War vor allem die Meldung, daß der König von Preußen am 10. März das Eiserne Kreuz gestiftet habe. »Jetzt gcht eS loS! Jetzt geht es wirklich los", frohlockte der Buchhändler. „Ach, Demoiselle, jetzt möchte ich mitkönnen! Aber wenn hier in Bremen der Feind vertrieben wird, dann bedarf'« auch hier der Männer! Dann bin ich hier nötig zur Vertei digung von Weib und Kindern." „Und da ist noch etwas für Euch, Demoiselle! Ihr kennt die Gesche noch, die Gesche Katharine Kruse, die früher bei Euerem Vater im Dienste war? Es ist lange her. Ihr wart damals noch ein Kind." „Freilich kenne ich sie! Unsere Gesche! Was ist mit ihr?" „Sie machte schon den Krieg von 1806 als Marketende rin und Frau ihres Mannes, des Hornisten Kruse mit. Sie geht auch jetzt wieder mit." „Aber woher wißt Ihr das?" „Ich schrieb ihr! Als Ihr zum ersten Male mit Euerer Sehnsucht und Begeisterung zu mir kamt, Demoiselle Ann chen, da fiel mir die Gesche ein. Ich schrieb ihr von Eueren» Vorhaben und fragte sie um Rat. Hier ist die Antwort, dis ich heute erhielt." In der ungelenken Schrift der einfachen Frau aus den» Volke und in ungelenken Worten teilte Gesche Katharine ihm mit, daß sie selbst am 23. nach Schlesien aufbreche, um dort ihren Mann zu treffen, der sich schon jetzt beim Frei korps der Lützower befinde. Am 27. sollten sie alle in einem kleinen Ort nicht weit von Breslau sein. Von dort wollte sich das Regiment in Marschbewegung setzen. „Und ich?" fragte Anna. „Ihr müßt bis zum 23. in Guben sein. Trefft Ihr Gesche noch, so schließt Ihr Euch der an." „Aber wenn ich sie nicht treffe? Sie nennt den kleinen Ort in Schlesien nicht." „Dann hört Ihr wohl dort, wohin sie aufgebrochen ist! In jetziger Zeit fliegen in Preußen die Nachrichten wie der Blitz. Nur in den Ländern, wv wie bei uns die Fremd herrschaft regiert, wird jedes freie Wort unterdrückt. In Preußen kommt Ihr sicher rasch weiter. Das Schlimmere ist hier! Wie wollt Ihr aus der Stadt herauskommen, ohne Paß! Wie wollt Ihr durch die Posten an die Tore kommen?" „Mit Steding." „Ach! Mit Eurem Soldaten aus Rußland." „Nein!" lächelte Anna schelmisch. „Nicht aus Rußland stammt er, sondern aus Arsten, dem kleinen Dorfe in Nie- dervieland." „Wird er Euch mitnehmen, wenn er merkt, wohin Ihr wollt? Er ist ein Kämpfer Napoleon»!" „Er ist es nicht mehr! Doch besser ist eS freilich, wenn auch er nicht weiß, wohin mein Ziel mich führt." „Un- erlaubt mir noch eine Frage: Habt Ihr genug ba res Geld, um Eure Einkleidung zu bezahlen? Auch da» nmß bedacht werden!" „Ja, sorgt Tuch nicht. Seit Monaten sparte ich dafür/