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Der Sächsische Lrzähter 12 Uhr 37 Min. den und kom- auch KU Rurmutk 347. O ja, auch ihr machten die französischen Offiziere ver liebte Augen! Aber ihr Vater konnte ruhig fein, einen Franzosen, einen von denen, die ihr Volk knechteten und quälten, hätte sie nie genommen. Aber auch des Vaters Wünsche wegen Pastor Wernicke konnte sie nicht erfüllen. Er hoffte, sie dadurch vor dem Schicksal der Schwester zu be wahren. Wollte sie sicher wissen in der Hut eines treuen Mannes. Aber sie liebte ihn nun einmal nicht und konnte ihm nicht mal die kleinste Sympathie entgegenbringen. „Ich weiß gar nicht, Annchen," sagte Meister Lühring, „was du gegen den Pastor hast! So'n hübschen Mann und so klug und belesen! Dat wär noch lang de slechteste nich! Büst 'ne dumme Deern, wenn de em nicht magst!" „Vater, vergessen Sie denn ganz, daß dieser Mann ein Deutscher ist, der sein eigenes Herz verkauft hat an unsere Feinde?" „Ach, dröhn! Wat verkässt he denn? Sein Gehalt kriegt er von unserer Stadt. Das geht den Franschen gar nix an." „Ja, aber daß ers bekommt, daß er all die Jahre im Amt belassen wurde, als so mancher andere aufrechte deutsche Mann die Heimat verlassen mußte, weil er sich nicht den französischen Bestimmungen fügen wollte, das dankt er sei ner Franzosenfreundlichkeit, dem Katzbuckeln vor allem, was von oben kommt." „Kind, Kind, wat büst du unverstännig! Red' di nix an den Hals! Weißt doch, daß die Kerls überall ihre Ohren haben." „Sehen Sie, Vater, Sie lieben sie auch nicht! Und ich sollte diesen Mann heiraten? Nein, nichts von den Fran zosen! Und auch keinen Deutschen, der nicht seinem Lande und seinem Wesen getreu ist!" Vater Lühring sah, daß hier vorläufig nichts zu wollen war. Er kraute sich seinen grauen Bart, die Schifferfräse, die ältere Männer an der Wasserkante damals trugen. Dann sah er sich nach einem Fidibus und Feuer um. Seine Pfeife war ihm über dem Reden auSgegangen. Anna hatte den Blick gesehen und schon für seine Be haglichkeit gesorgt. Als die Pfeife wieder brannte, nickte er ihr dankend zu. „Bist doch 'ne gode Deern, Annchen! Wenn de man nich so'n Dickkopp wärst! Anna lachte. Freitag, de« 23. Oktober 1SL4. Gedenktage: 22. Oktober 1685: Aufhebung des Ediktes von Nantes. 700000 Franzosen w ndern aus. 1858: Kaisers Auguste Viktona geboren. s Die Gefahre« der Feldpost. Auf einer Straße, die an sich nicht als gefährlich gilt, rst Westlich von Metz ein Postautomobil mit seiuer Bemannung spurlos verschwunden. Wahrscheinlich ist es mit der ganzen Bedeckung einem Franktireurüberfall zum Opfer gefallen. Die in weiten Kreisen des Publikums verbreitete Ansicht, daß die Feldpost nicht ins Feuer kommt, ist irrig. Etwa 20 Mitglieder sind bereits mit dem Eisernen Kreuze ausge zeichnet worden und zwar teils deshalb, weil sie mit der Waffe die Feldpost gegen feindliche Angriffe verteidigt ha ben, teils deshalb, weil sie mit eigener hoher Lebensgefahr die Sendungen durch bedrohtes Gebiet bis in die vordere Front geführt haben. Bei der Ausübung ihres Dienstes sind auch schon mehrere gefallen. morgens angekommen. Dann habe ich Befehl bis Mittag geschlafen. Abends gab eS als Vorfeier 3 Aepfel und 1 Kübel Glühwein. Feiner Pikus. Am 5. morgens wie bis jetzt jeden Morgen 1 Teller GrieS. Vormittags habe ich ge- ko«W, Kartoffelbrei und Schöpsenfleisch. Nachmittags kam Post. Große Freude natürlich. Abends 6 Uhr war Feld- gotteSdienst. Als wir das Vaterunser beteten, sausten über uns die Granaten nur so. Ein Schauer überlief da wohl die meisten. Heute früh gab es Wein (nur für mich) und zum Frühstück erhielt ich von meinem Kameraden 1 Stück Wurst, Mittags speisten wir Kartoffelbrei und Rindfleisch Doch nun Schluß. Lebt hübsch wohl und denkt recht ost an mich Vor allem habt für das gesandte Dank, Und dauert der Krieg auch noch ein bischen lang, Bei unS geht es gemütlich immer zu, Denn jeder hat doch seine Ruh. Geschlafen wird bis in die sechste oder siebente Stunde, Dann geht eS fröhlich in die Kaffeerunde, Dabei ist es auch manchmal sehre nett, Doch leider fehlt zum Brot das nöt'ge Fett. Ein Stückchen stocken Brot hinunterschlingen, Das wollt den meisten erst garnicht gelingen Doch jetzt ist es mit Leichtigkeit hinabzukriegen, Denn in der Not da frißt der Teufel Fliegen. Darum wird mancher Witz gerissen Und dann Schrapnells, Granaten rausgeschmissen. Der Franzmann schießt von weitem. Doch immer auf die falschen Setten. Doch tut Euch nur nicht sorgen. Ich schrieb die Zeilen früh am Morgen. Schon früher hab' ich immer Euch geschrieben Und hoffentlich ist auch nichts ausgeblieben. Ich mache nun auf diesem Briefe Schluß Und sende Euch von Frankreich diesen Gruß. Euer Max U. Ein Bischofswerdaer an der AiSve. Nun will ich Euch mal das Leben vom 30. Sep tember bis heute (6. Okt.) von uns schildern. Am 1. gab cs Rindfleisch und Nudeln. Abends Kaffee, Brot und Speck. Das Wester war klar, Am 2. brach der Morgen mit trübem Wetter an. Nach unserer Kaffeepause ließ unser Haupt mann die Batterie ansteten und fragte, wer sich freiwillig zu einer Patrouille melde. Auch ich war mit noch 6 Kame raden dabei. Ich erhielt gleich die Führung. Nach Ein nahme des Mittagsbrodes von Rindfleisch und Reis rückten wir 2 Mann gegen 2 Uhr nachm. ab. Wir find bis ungefähr 250 Meter an den Feind gekommen. Auch einige Schüsse fielen auf uns. Mit guten Meldungen kamen wir gegen 2H.7 Uhr abends wieder bei der Batterie an. Wir mußten gleich zum Major, welcher uns lobte und mit 2 Zigarren entließ. Am anderen Morgen haben wir Barlauf und Staffettenlauf je 1 Stunde gemacht. Also Turnen im Kriege, auch schön. Abends bin ich um 8 Uhr wieder mit 1 Mann auf Patrouille gegangen und früh am 4. ^5 Uhr Hach«, Ernst Gustav, Soldat aus Fischbach — leicht verw« Hauptmann, Feldwebel aus Kamen- — verwundet. Richter, Gesteiter aus GtemigtwolmSdorf — verwundet. 3. Jnfauterie-Regiment Rr. 102, Zittau. Hausdorf I, Otto, Soldat aus Schmorkau — leicht verw. Liebscher, Ernst, Gesteiter d. R. aus Cunewalde — l. verw. Hache, Oskar, Reservist aus Fischbach — leicht verw., Kopf. Kutschke, Karl Alwin, Unteroffizier d. Res. aus Bautzen — leicht verwundet, Arm. Marschner, Edwin Erwin, Reservist aus Oberottendorf — leicht verwundet, Rücken. Pfeiffer, Fstedrich Max, Soldat aus Königswarthtz — leicht verwundet, Rücken. Knecht, Bruno Paul, Reservist aus Bautzen — leicht verw. Hermann, Gustav, Soldat aus Tröbigau — leicht verw. Leffler, Arno, Soldat aus Bautzen — leicht verwundet. Reserve-Jnfanterst-Regiment Nr. 103. Böhme, Friedrich Richard, Soldat aus Lauterbach (Amts hauptmannschaft ?) — gefallen. 6. Jnfanterie-Regiment Rr. 105, Straßburg. Grafe, Max, Soldat aus Cosel — gefallen. Thomaschke, Max, Sergeant d. Ldw. aus Bischofswerda — gefallen. 12. Jnfanterie-Regiment Nr. 177, Dresden und Baracken- lager Königsbrück. Hübner, Albert, Soldat aus Wilthen — verw., rechter Arm. Seifert IV, Georg, Soldat aus Radeberg — verwundet. Gräfe, Ehrhardt, Reservist aus Vollung — gefallen. Schreier, Max, Soldat aus Bretnig — verwundet, Gesäß. Elle, Hermann, Gesteiter d. Res. aus Bautzen — leicht verw. Lehmann, Reinh. Adolf, Soldat aus Kirschau — gefallen. Nitzsche, Kurt Alfred, Gefreiter d. Res. aus Bautzen — leicht verwundet. ' Bellmann« II, Karl Otto, Reservist aus Radeberg — vermißt. Pietsch, Alfred, Soldat aus Gaußig — verwundet, Kopf. Lau, Heinrich Otto, Soldat aus Bischheim — verwundet. Nocke, Gustav Ernst, Soldat aus Sohland a. d. Spree — verwundet. Reserve-Jäger-Bataillon Nr. 12. Petasch, Georg, Gesteiter d. Ldw. aus Radibor — verw. Hommel, Georg, Gesteiter d. Res. aus Radeberg — verw. Flügel, Wilhelm, Jäger d. Res. aus Steinigtwolmsdorf — verwundet. Große, Edwin, Jäger d. Res. aus Lauterbach (?) — verw. Moschke, Paul, Gesteiter d. Ldw. aus Kamenz — verw. Bormann, Paul, Jäger d. Res. aus Wilthen — gefallen. Köhler I, Max, Jäger d. Ldw. aus Bautzen — gefallen. Petzold, Bruno, Jäger d. Ldw. aus Frankenthal — gefallen. Pietzsch, Ernst, Jäger d. Ldw. aus Steinigtwolmsdorf — schwer verwundet, rechte Schulter. Eisold, Edwin, Gefreiter d. Res. aus Arnsdorf — verw. Biermann, Gustav, Jäger d. Res. aus Schmiedefeld — verw. Hempel, Karl, Jäger d. Res. aus Wies« — verwundet. Sächsische Staatsangehörige in außersachsischen Truppenteilen. Malzahn, Willi, Reservist aus Bischofswerda — schw. verw. Etzold, Alfred, Kanonier aus Thonberg — gefallen. Feldpostbriefe der Söhve imferer Heimat Verlustliste Rr. 3S der König!. SSchf. Armee. ausgegeben am 21. Oktober 1914, nachmittags 5 Uhr. ('tUSMg . 'Reserve-Jnfanterie-Regiment Nr. 101. Steglich, Paul, Soldat aus Lauterbach — leicht verwundet. Löwe, Emil Paul, Soldat aus Langenwolmsdorf — schwer verwundet, Bein. Ium Geburtstag der Kaiserin. Berlin, 22! Oktober. Dio Kaiserin wünscht, den heuti gen Geburtstag mit Rücksicht auf die KriegSzeit in regelmä ßiger ArbeitStättgkeit ganz in der Stille -u verleben. ^ie „Nordd. Allg. Ztg." schreibt u. a.: Nicht allein an Schlagfertigkeit, sondern auch in der Gestaltung einer hin gebenden opferwilligen Liebesbetätigung, die heust alle Stände eint, steht Deutschland an erster Stelle. Kaiserin Auguste Viktoria hat seit Kriegsbeginn ihr Wirken bis zu einer Höhe gesteigert, die nicht mehr übertroffen werden kaum Keine Frage der Not oder des Bedarfs, die nicht von der hohen Frau, zugleich einer erfahrenen Kennerin und Beraterin für den großen Umkreis dieser Pflichten gefördert worden wäre. So verbindet sie die höchste Probe eines Le- benSwerkeS mit seinem schönsten Triumph, wobei die Un- zerstennlichkeit und der völlige Einklang zwischen dem in nersten Empfinden und Wollen bei Fürst und Volk zum rei nen und frohen Ausdrucke gelangt. — Die „Voss. Ztg." be tont, daß die Kaiserin sich als eine wahre LandeSmutstr be wiesen habe. Darum bringen ihr alle Kreise des deutschen Volles dankbare Glückwünsche dar. — Die „Kreuzztg." schreibt u. a.: Diese wahrhaft fürstliche Frau begnügt sich nicht mit landesmütterlicher Repräsentation. Sie ist vom frühesten Morgen bis zum späten Abend unterwegs. Sie bringt den Verwundeten Blumm und andere Gaben und fragt nach ihren Wünschen. Sie setzt sich an den Tisch der öffentlichen Speiseanstalten neben mittellose Flüchtlinge und verlassene Kinder. Sie nimmt an den Sitzungen der Wohltätigkeitsvereine teil und ist, wo Rat und Tat mangeln, die höchste und erfahrenste Instanz, die das Verstauen nie mals enttäuscht. Das deutsche Doll hat es begriffen, was es an seiner Kaiserin besitzt. — Auch die „Deutsche Tages- Leitung" hebt hervor, daß sich die Kaiserin jetzt in den Wo chen des Krieges ebenfalls als keue, tapfere Landesmutter bewiesen habe. ' ' Astronomischer Kalender 23. Oktober: Sonnenaufg. 6 Uhr 37 Min. Mondausg. Sonnenumerg. 4 Uhr 51 Min. Mondunterg. 7 Uhr 16 Min. „Und ich habe Sie so lieb, Vater, wenn Sie mich nur mit dem Domine in Frieden lassen wollten!" Nun lachten sie beide, und der Friede war geschlossen. Anna überließ den Vater seiner Pfeife und ging in das Zimmer der Mutter. Hier streckte ihr die Kranke mit güti gem Lächeln die Hand entgegen. „Was gab es wieder, Annchen? Ich hörte Vater platt deutsch reden. Dann ist er immer erregt." „Die alte Sache, Mütterlein! Ich soll den Domine her raten. Aber beruhigen Sie sich, liebe Mutter, fürs erste hat Vater den Gedanken aufgegeben. Bis der Pastor wieder hier gewesen ist," setzst sie mit trübem Lächeln hinzu. „Ja, ich verstehe nicht, was mein guter Mann an ihm für Gefallen findet! Mir bringt er weder Trost noch Frie den, wenn er mich besucht. Seine schönen Worte sind Schaum und Seifenblasen! Und für die Schmach unseres Volkes hat er kein Herz. Hast du etwas gehört von Kämpfen aus Rußland?" Anna kniete vor dem Bett der Mutter nieder blickte zärtlich an ihr empor. Sie kehren jetzt nach und nach zurück! Aber es men immer nur wenige! Die Franzosen lassen sie nicht gern herein. Trotzdem sie für Napoleon gefochten haben. Das Volk soll nicht sehen, wie er geschlagen ist. Aber, Mutter, ich habe ein Lied bekommen. Heimlich! Der Buchhändler Lampe hat's durch die Douaniers durch» geschmuggelt, und unser Lenz hat mir's gebracht." „Aber Kind, wenn sie dem Lenz mal so ein Blatt ab nehmen, dann erschießen sie ihn, und du hast das Leben des armen Blödsinnigen auf dem Gewissen!" „Bei dem suchen sie nichts! Der Lenz mit seinem immer lachenden Gesicht, seiner kindlich gutmütigen Art dünkt sie durchaus ungefährlich. Sie lachen über ihn. ken nen ihn alle, verstehen ihn nicht, wenn sie Mal mit ihm reden und lassen ihn laufen." „Und wenn er's selbst ausplaudert?" „Da seien Sie beruhigt. Das tut er nicht! Was ich ihm sage, das behält er wie ein gesunder Mensch. Und für mich tut er alles." „Ja, Klein-Annchen war seine Wonne von ll'rcr Ge burt an. Als er zu uns ins HauS kam, warst du gerade ge boren. Damals nahm Vater den armen Menschen zu sich, den sie im Siechenhanse nicht behalten wollten. Dazu war Los vom Joch. Roman aus der Zeit der Befreiungskriege. Von E. v. Winterfeld-Warnow. (4. Fortsetzung). (Nachdruck verboten.) Meister Lühring hatte einen tiefen Kummer zu tragen. Einen, der sein deutsches Gefühl schwer gekränkt, und der seiner armen, zarten Frau fast das Herz gebrochen hatte. Er hatte noch eine Tochter gehabt, ein schönes, lebhaf tes Mädchen, Annas ältere Schwester. Die war vor mehr als Jahresfrist mit einem französischen Offizier auf und da von gegangen. Seitdem war sie verschollen und für den Vater tot. Niemals erwähnte er ihrer. , Desto mehr gedachte. Anna der geliebten Schwester. Sie waren nur zwei Jahre auseinander. Alles hatten sie ge meinsam erlebt, alles geteilt. Und die könnte ihr deutsches Herz so weit vergessen, daß sie mit einem der Feinde, mit einem Franzosen, heimlich davon ging?! Annas leidenschaftliches Herz schämte sich der Schwester, die wie eine Dirne mit einem fremden Manne davongelau fen war! .... .... » Tiuufpruch. » L Zur Ausführung großer Taten, zur lieber- A » Windung immenser Schwierigkeiten muß man mit > der festen Hoffnung auf einen glücklichen Ausgang » A die Sache angreifen. Cavour. ---- - <