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Nummer 243 Sonntag, 18. Oktober 1914. DerSäHWeLrMer Bischofswerdaer Tageblatt Amtsblatt der Königlichen Amtshauptmannschaft, der Königlichen Schulinspektion und des Königlichen Hauptzollamtes zu Bautzen, sowie des Königlichen Amtsgerichts und des Stadtrahs zu Bischofswerda, und der Gemeindeämter des Bezirks. Mit den wöchentlichen Beilage«: Dienstags: Belletristische Beilage; Donnerstags: Der Sächsische Landwirt; Sonntags: Illustriertes Sonntagsblatt. Anzetgeblatt für Bischofswerda, Stolpen und Umgegend, sowie für die angrenzenden Bezirke. Aeltestes Blatt im Bezirk. Erscheint seit (8tz6. , Telegr.-Adrefse: Amtsblatt. Fernsprecher Nr. 22. 68. Jahrgang. Erscheint jeden. Werktag abend» für den folgenden Tag^ Der Be- »ua»prei» ist einschließlich der 3 wöchentlichen Beilagen bet Abholung mdrr Expedition vierteljährlich 1 Mk. SO Pfa., bei Zustellung in. Hau, 1 Mk. 70 Pfg.; durch die Post frei ins Hau« viertel- jährlich 1 Mk. S2 Pfg, am Postschaller abgeholt 1 Mk. SO Psg. Einzelne Nummern kosten 10 Pfg. Abonnements-Bestellungen werden angenommen in der Geschäfts stelle Altmarkt IS, sowie bei den Ieitungsbotrn in Stadt und Land, ebenso auch bei allen Postanstalten. — Nummer der Zeitungsliste SS87. — Schluß der Geschäftsstelle abend, 8 Uhr. ««zeigenprei,: Die Sgespaltene Korpuszeile oder deren Raum 12 Psg., mr Inserate von außerhalb des Verbreitungsgebietes IS Pfg. Die Reklamezeile 30 Pfg. Geringster Inseratenbetrag 40 Pfg. Bei Wiederholungen Rabatt nach aufliegendem Taris. Erfüllungsort für beide Teile Bischofswerda. Festbrstellte Inseraten- Aufträge können nicht zurückgezogen werden. Der Bedarf an Zechenkoks für die Trainkaserne soll öffentlich verdungen werden. Bedingungen liegen im Geschäftszimmer der Garnisonverwaltung zur Einsichtnahme aus Angebote sind bis 23. d. M. 10 Uhr vormittag- postmäßig verschlossen abzugeben. Wieder ein englischer Kreuzer in den Grund gebohrt. Berlin, 17. Oktober. Aus London wird amtlich unter dem 16. d. M. gemeldet: Am 15. Oktober nachmittags wurde der englische Kreuzer „Hawka" in der nördlichen Nordsee durch den Torpedoschuß eines Unterseebootes zum Sinken gebracht. Ein Offizier und 49 Mann wurden gerettet und in Aberdeen gelandet. Etwa 350 Mann werden vermißt. Zu gleicher Zeit wurde der Kreuzer „Theseus" angegriffen, aber ohne Erfolg. Wie von amt licher Seite mitgeteilt wird liegt in Berlin bis jetzt noch keine Bestätigung deutscherseits vor. Ganz Belgien besetzt. >1 Unaufhaltbarer Dormarsch der Deutschen auf die französische Küste. — Bevorstehende größere Kämpfe zwischen Dünkirchen und Boulogne. Rach erprobten Grundsätzen. Während die Engländer, Franzosen und Russen bald hier bald dort ihre Durchbruchsversuche anstellen und jedes- mal unter eigenen schweren Verlusten zurückfluten müssen, während sie unermüdlich ihre Umgehungen immer wieder aufnehmen und stets voller Enttäuschung auf deutsche Gc- genmatzregeln stoßen, geht die oberste Leitung der verbünde ten deutschen und österreichisch-ungarischen Truppen metho disch, fast möchte man sagen: pedantisch im besten Sinne des Wortes, vor. In früheren Zeiten haben mitunter toll kühne und rücksichtslose Draufgänger über besonnene Stra tegen zu siegen vermocht, als noch der persönliche Mut unk» die blanke Waffe, um mit Aorck zu reden, den Anfang, Mitt' und Ende des Kampfes in offener Feldschlacht oder im Ringen auf Dvrfstrahen und in Dorfhäusern entscheidend beeinflußten: damals, als man noch gemächlich aus Kanone und Flinte Schuß auf Schuß abgab und, wenn Regengüsse das Pulver durchnäßten oder die Teutonenwut die Angrei- 1er mit sich fortriß, das Gewehr umkehrte und mit dem Kol- den drauf losschlug, damit es „beter fluschte". Jetzt aber, wo Magazinfeuer und Maschinengewehre, Schnelladekanonen und die schweren Geschütze der fahrenden Feld-Fußartillerie ein ernstes gewichtiges Wörtlein mitre den, wo die Technik als ernste, fast überlegene Mit- und Wettbewerberin neben Menschenkraft und Menschenmut tritt, ist es anders geworden mit Angriff und Sieg. War der Krieg früher ein Handwerk, so ist er jetzt ein: Kunst, eine Kunst, die sich auf wirksamere und sichere Hilfsmittel stützt. Und wie gewaltig dehnt sich jetzt der Kriegsschauplatz aus. Früher eine Schlachtfront von 3,5 Meilen, schnurgerade oder im Halbkreise oder Vollkreise, jetzt 200, 400 Kilometer und mehr, winkelig und unregelmä ßig. Der Feldherr aber ist der große Künstler, der sich zu recht findet und das Rechte findet, der mit seinem Geiste, feinem Willen Menschen und Maschinen er füllt, bewegt, lenkt und zum Siege führt. Aus den unvergleichlich klaren und bestimmten, schlich ten und darum überzeugenden Tages-Berichten des Großen Hauptquartiers spricht zu uns dieser energische Geist über legener Führung, die nicht prahlt, aber um so mehr handelt. Es ist derselbe Geist, der Ostpreußens Grenze schützt und bei Schirwindt kvie bei Lyck mehrmals die Zarenhorden zum Stillstand, zur Flucht genötigt hat, derselbe Geist, der an San und Weichsel dem russischen Hauptheere in sieghaf ter Offensive, ent^egentritt und dem geknechteten Polen ge ordnete Zustände und wirkliche Freiheit bringt. Es ist der selbe Geist, der Antwerpens starke Festung in 12 Tagen nie derzwang, indem er planmäßig einen Sektor auS den bei den Fortskreisen eroberte, derselbe Geist, der Belgiens Küste in feste Hand bracht« und an Oise und nahe dem Meere, an Äisne und Maas Zoll um Zoll, Sprung um Sprung Ge lände erringt. Wenn er das Kunstwerk der Vorbereitung des Sieges Stein auf Stein, Tat auf Tat errichtet hat: dann gibt er das Zeichen »um letzten allgemeinen Froatan- griff. Dann, aber dann kommen die bisher gebändigte Kraft, der bisher gezügelte Mut zu ihrem Rechte und unter dem unwiderstehlichen Hurra der siegrei chen deutschen Truppen wirdder entschei dende Sieg, als Krönung des Ganzen, ge wönne n. D Berlin, 17. OKI. Der soeben aus Nordstankreich kommende Kriegskorre spondent des Rotterdamschen Courant berichtet, daß die Reste der belgischen Armee an» Antwerpen von französischen Marinetruppen und einiger Kavallerie unterstützt wurden, aber am 15. schon von den Deutschen angegriffen worden seien. Wahrscheinlich seien die Deutschen schon bei Dünkirchen. Zwischen Dünkirchen und Boulogne würden bald größere Kämpse erwartet. Der Korrespondent der Daily Mail gibt die schwere Nieder lage der Verbündeten westlich von Gent zu. Die Kopenhagener „Politiken" berichtet: Die Englän der haben Calais in unmittelbarer Erwartung der Deut schen in Verteidigungszustand gesetzt. Belgien nur noch ei« geographischer Begriff. Berlin, 17. Oktober. (W. T. B.) Das „Berl. Tagebl." berichtet aus dem Großen Hauptquartier, Belgien sei jetzt uur noch ei« geographischer Begriff, aber England habe auch dafür gesorgt, daß die belgische Regierung noch jetzt staats rechtlich wirken könne. Es soll der belgischen Regierung die Insel Guernsey für die Dauer des Krieges abgetreten haben. Die Einnahme von Ostende. Rotterdam, 16. Oktober. Ostende ist gestern von den Deutschen besetzt worden. Als die deutschen Truppen sich Ostende näherten, waren die englischen Truppen schon teil weise eingeschifft, teilweise nach dem Süden abgezogen. Die Ueberreste der belgischen Armee waren nach Südwesten ab marschiert. Englische Kriegsschiffe kreuzen in der Nordsee auf der Höhe von Ostende. Die Zahl der belgischen Trup pen, die von Ostende aus nach Südwesten abrückten, wird auf 30000 Mann geschätzt. In der Nähe der brabantischen Grenze versuchen immer noch vereinzelte belgische Abteilun gen, die Deutschen zu belästigen. Gestern wurden zwei sol cher Trupps, im ganzen 121 Mann, über die Grenze ge trieben und interniert. Der Dienst im belgischen Grenz bahnhof Esfchen wird von deutschen Marinesoldaten ver sehen. Einer ivaltet an: Schalter, ein zweiter ist Kontrol leur, zwei fahren auf der Lokomotive, und ein anderer ist schließlich als Schaffner tätig. Amsterdam, 16. Oktober. (W. T. B.) „Nieuws van den Tag" meldet aus Brügge von gestern: Zwanzigtausend Deutsche befiirden sich in Maldegem (Arrondissement Eec- loo). Tie Engländer ziehen sich andanernd zurück. Belgi sche Soldaten überschreiten fortgesetzt die Grenze. Die zersprengte belgische Armee. Donnerstag früh aus Ostende gekommene Flüchtlinge erzählen, daß englische Truppen, als die Deutschen sich der Stadt näherten, schon zum Teil südlich gezogen waren, zum Teil sich eingeschifft hatten. Englische Kriegsschiffe kreuzen in der Nordsee auf der Höhe von Ostende. In der Nacht zum Dienstag zogen auch 30 000 Mann belgische Truppen in einer Entfernung von einigen Kilometern an Ostende in südwestlicher Richtung vorbei. In Meir, fast an der hollän dischen Grenze, erschoß ein belgischer Soldat einen Deut schen: der deutsche Kommandant befahl strenge Untersuch ung, und der Bevölkerung bemächtigte sich Furcht vor Maß nahmen zur Wiedervergeltung. Uebrigens überschreiten noch immer kleinere belgische Abteilungen und Streifwachen, die den sie aufscheuchenden deutschen Truppen nicht entkom men können, die holländische Grenze. Das wichfigste Vor kommnis dieser Art ereignete sich unweit von Chaam an der Grenze der Provinz Nordbrabant. In der Nähe jenes Dor fes fand am Donnerstag ein Scharmützel zwischen Deutschen und fliehenden belgischen Soldaten statt, rund hundert Mann unter Führung eines Hauptmanns und zweier Leut nants. Diese Belgier gehörten ursprünglich zur Besatzung der Antwerpener Forts, hatten, nachdem die Festung gefal len war, einen vergeblichen Versuch gemacht, über die Schelde zu setzen, und waren schließlich nach der Gegend vor: Kempen geflohen: sie hatten sich unterwegs mit Fahrrädern versehen: später gesellte sich ein Trupp Pioniere zu ihnen, denen der Auftrag erteilt worden war, die Eisenbahnlinien zu zerstören. Die Belgier irrten nunmehr ziellos umhe: und hatten die größte Not, Hunger und Durst zu stillen. In der Nähe von Meerle stießen sie in Wäldern auf deut- sche Truppen, die das ganze Grenzgebiet von belgischen Sol daten zu säubern hatten. In der Nähe der holländischen Posten entwickelte sich ein Feuergefecht, das damit endete, daß die Belgier sich auf holländisches Gebiet retteten. Spä- ter folgte ihnen wiederum ein Trupp von rund 20 Mann, die erzählten, daß noch zahlreiche Gruppen von ihren Ver bänden getrennter belgischer Soldaten umherstreifen. Dis