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Rotterdam, 80. September. (W. T. B.) Der Rotter- Lamsche Courant meldet aus Eindhoven vom 2d.: Dreihun dert Flüchtlinge sind aus Moll eingetroffen, daS von deut- scher Artillerie besetzt zu sein scheint. Ostende, 30. September. (W. T. B.) Reutermeldung. Sonntag früh wurde Alost von feinen Bewohnern verlassen. Berlin, 1. Oktober. (W. T. B.) In einem von den „Hamburger Nachr." mitgeteilten Briefe schreibt ein Ham burger Kaufmann: Die Franzosen versuchen auf das äußer ste einen Durchbruch zu erreichen, doch die Deutschen stehen wie Eisen. — In einem Briefe beschreibt laut „Berl, Tgbl." ein englischer Fliegeroffizier den wunderbaren Anhlick der meilenweit rechts und links zerspringenden Granaten und das Feuer der antwortenden deutschen Geschütze. Es wer den entsetzliche Kämpfe ausgefochten werden müssen, ehe diese Bilder der Vergangenheit angehören. — Ein Bericht erstatter der „Flandre liberale" berichtet laut „Voss. Ztg." über das Bombardement von Mecheln, das ganz unerwartet am Sonntag Morgen 8 Uhr begann. Gegen Mittag war es unmöglich, in der Stadt zu bleiben. Selbst in den Kellern war man nicht sicher. Die Geschosse schlugen mannshohe Breschen. — Laut „Berl. Tagebl." läßt General Rennen kampf seinen Offizieren und Soldaten sagen: Seid froh, um Weihnachten werden wir in Berlin sein. Der französische amtliche Kriegsbericht. Paris, 30. September. (W. T. B. Amtlich) I« der Lage nichts neues. — Die „Times" melden aus Paris vom 26. Sept.: Der Fall von Maubeuge ist jetzt in Frankreich allgemein bekannt geworden, obgleich er bis jetzt amtlich noch nicht zugegeben wurde. Der Angriff auf Antwerpen. Oberstleutnant v. Bremen schreibt in -er „Deutschen Tagesztg.": Mit hoher Befriedigung ist in unserem Vaterlan-e die Nachricht ausgenommen, daß nun auch der Angriff auf Ant werpen eingesetzt hat. Am 28. haben die deutschen Geschütze ihr Feuer auf die Forts Waelhem und Wavre St.-Catharine eröffnet. Die dem „Telegraaf" nach Amsterdam gebrachte Meldung, daß die 3 Forts Waelhem, St.-Eatharine und Wavre beschossen würden, muß dahin berichtigt werden, daß es nicht 2 Forts „St.-Catharine" und „Wavre" gibt, sondern nur 1 Fort, das eben „Wavre St.-Catharine" nach einer gleichnamigen Ortschaft heißt. Bon den genannten beiden Forts liegen Waelhem 2 Kilometer nördlich Wavre St.- Catharine 5 Kilometer nordöstlich Mecheln. Beide Forts lie gen 15 Kilometer südlich von Antwerpen. Im Jahre 1907 wurde die Anlage der jetzt Antwerpen in einer Entfernung von 15 bi- 18 Kilometer umgebenden Forts begonnen. Die alten Forts, die bis dahin die Stadt in einem Umkreise von 3 bis 5 Kilometer umgaben, sollten die Kernpunkte der neuen Stadtumwallung bilden, während die alte, von dem belgischen Ingenieur Brialmont, angelegte Stadtumwallung fallen sollte. Diese jetzige neue Stadium- , Wallung zwischen den alten Forts ist fertig, und mit dem Abbruch der alten, die Entwicklung von Antwerpen hindern den Stadtumwallung ist begonnen worden. Die neuen, jetzt fast sämtlich fertiggestellten 17 Forts bilden niit den dazwischenliegenden sogenannten „Zwischen werken" einen Kreis von 100 Kilometer Umfang, der durch die Schelde, deren Nebenfluß, die Rüpel, und -en Kanal nach Turhout in vier Abschnitte zerlegt wird. Hiervon ist jetzt das Vorgelände vor den beiden westlichen Abschnitten durch Durchstechung der Dämme unter Wasser gesetzt, so daß wohl eine Beschießung, aber kein Nahangriff und somit eine Ein nahme nur durch Kapitulation erfolgen könnte. Die jetzt zu nächst beschossenen Werke liegen im südöstlichen Abschnitt, dem die Stadt Mecheln vorgelagert ist. Bei Mecheln hat sich nun nut den Belgiern dasselbe Spiel in bezug auf Kunst- bauten und Kunstschätze wiederholt wie bei Reims mit den Franzosen. Mecheln hat die aus dem 15. Jahrhundert stam mende gotische Hauptkirche des Heiligen Romuald mit ihrem 100 Meter hohen, unvollendeten Turm und dem van Dyck- - schen Christus am Kreuz und die aus dem 16. Jahrhundert stammende Liebfrauenkirche mit Ruben's berühmten Fisch zuge. Die Deutschen schonten die Stadt, mußten sie aber natürlich, um den Angriff durchzuführen, besetzen. Nun ha- ben nicht die Deutschen, sondern die Belgier Granaten in die Stadt geworfen, aber gleichwohl bleiben natürlich die Deut schen die „Kulturzerstörer". Als wenn wir freundlichst im Umwege um Mecheln herumwandern könnten, das dicht vor der Fortlinie Antwerpens liegt. Neben dem Angriff von Süden dürfte sehr bald ein sol cher von Osten oder Nordosten einsetzen, denn nach anderen Nachrichten sind die Deutschen ja bereits im Osten bei Moll und im Nordosten bei Turnbout. d. h etwa 28 Kilometer vor der dortigen Fort linie erschienen. In bezug aus die Beschaffenheit der neuen belgischen Forts sei bemerkt, daß eS sich natürlich ebenso wie bei Lüttich und Namur um Betonklötze mit Panzertürmen handelt. In bezug auf ihre ar'illeristische Ausstattung sei erwähnt, daß sich in den neuen Forts 145 Panzertürme befinde» sollen. Von ihnen sollte das bekannte Lütticher Cockerill-Werk 63 Stück liefern, nämlich 15 für je zwei 15-Zentimeter- Kanonen, 28 für je einen 12 Zentimeter- Mörser, 14 für je eine 7,5-Zentiweter- Kanone und 6 für je eine 5,7 Zentimeter« Kanone. Ferner sollte die „Soz'ötö des Ateliers de la Meuse" 82 Türme iür je eine 7,5 Zentimeter-Kanone liefern. Die meisten Türme sind mit elektrischem Betrieb Ob sie alle bereits fertig eingebaut sind, ist nichf bekannt geworden. Recht zeitgemäß wäre es, wenn sich die Belgier jetzt einmal daran erinnerten, daß ihre heutigen Verbündeten, die Franzosen und Engländer, im Jahre 1832 Antwervcn nach gewaltiger Beschießung und 22'ägiger Belagerung nahmen, wobei sie nicht weniger als 63 000 Schüsse aui die Zitadelle und Stadt abgaben und letztere tüchtig zu- richteten. Die später geschleifte Zitadelle war einst 1567 von Alba als Zwingburg für die ousiässige Bürgerschaft errichtet. Jetzt steht Antwerpen zum fünften Male vor seinem Fall. Rk2N. 'N-"' V """ . ' '.El.—»» Sächsisch, Schiss, GMtz Zu den Operationen «>n Antwerpen. Die Aussichten im Osten. Tas Eingreifen deutscher Truppen auf den: galizischen Kriegsschauplatz wird in den österreichischen Blättern mit großer Genugtuung begrüßt. Das „Fremdenblatt" schreibt: Die Bekänrpfung des gemeinsamen Feindes wird sowohl bei uns wie in dem treuverbündeten Deutschen Reiche die größte Genugtuung und aufrichtige Begeisterung Hervorrufen. — Die „Neue Freie Presse" weist auf das seit 40 Jahren be stehende deutsch-österreichische Bündnis hin und sagt: Nun fechten beide Kaiserreiche im Norden zur Verteidigung ihrer Zukunft und Sicherheit. — Das „Neue Wiener Tagebl." be- tont die selbstsüchtigen Zwecke Frankreichs, Englands und Rußlands, während die beiden Kaiserstaaten fest zusammen ständen bis zum Sieg oder Untergang. Es zeige sich bei ihnen ein gigantisches Hinarbeiten auf das gemeinsame hohe Ziel. — In ähnlichem Sinne spricht sich das „Neue Wiener Journal" aus. In der Tat dürfte mit diesem Eingreifen ein Wende- punkt in der ganzen Kriegslage des Ostens eingctreten fein, Nicht nur, daß die jetzt gemeinsam vorgehenden österreichi- schen und deutschen Truppen dem Gegner auch numerisch ziemlich gewachsen sein dürften: Rußland wird durch das deutsche Eingreifen auch gezwungen, seine Truppen auf einen größeren Raum zu verteilen, wodurch sie selbstverständ lich an Stoßkraft verlieren. Bisher hatte Rußland seine ge samte gegen Österreich stehende Truppenmacht auf die ver hältnismäßig kleine Linie konzentriert, die sich ergibt, wenn man von Norden nach Süden durch Galizien einen Strich zieht. Mit den gewaltigen Truppenmassen, die ihm in die sem Raum zur Verfügung standen, war es Rußland möglich geworden, die an Zahl weit unterlegenen Österreicher von Etappe zu Etappe weiter zurückzuwerfen, so daß die Öster reicher sich schließlich bis auf die Linie von Tarnow, d. h. et wa 225 Kilometer weit von Lemberg, zurückziehen und sogar zugeben mußten, daß die Russen die Festung Przemysl ein schließen konnten. Durch das jetzige Vorgehen der deutschen Kräfte auf iGu linken, nördlichen Ufer der Weichsel, die hier die Grenze zwischen Galizien und dem russisch-polnischen Gouvernement Kielce bildet, ist die Front des Kampfes aber um etwa das Doppelte verlängert. Rußland wird also ge zwungen, seine Kräfte auf die doppelte Ausdehnung ausein anderzuziehen, wenn es nicht riskieren will, daß es durch die deutschen Truppen von Norden aus eingekesselt wird. Da durch bekommen nun auch die Österreicher wieder Luft, und es wird ihm eine neue Offensive ermöglicht. Die Folge ist denn ja auch, wie die gestrige Meldung -es österreichischen Generalstabschefs mitteilte, ein erneutes Vorrücken der ge samten deutsch-österreichischen Front zu beiden Seiten der Weichsel, also sowohl in Galizien wie in Russisch-Polen, ge wesen, ein Dorrücken, das bereits zu Erfolgen gegen die dem russischen Heere vorauseilende Kavallerie führte. So ist denn die Lage auf dem galizischen Kriegsschauplatz eine weit günstigere geworden, und man darf wohl hoffen, bald von entscheidenden Erfolgen zu hören, die Deutsche und Oester reicher in treuer Waffenbrüderschaft hier erringen werden. Gäufttge Kriegslage siir Deutschland und Oesterreich. (Bereits in einem Teil unserer gestrigen Auflage Aus zugsweise veröffentlicht.) Wien, 30. September. (Amtlich.) Das K. und K. Armeeoberkommando hat nachstehenden Armeebefehl erlas sen: „Die Situation ist für uns und für das verbündete deutsche Heer günstig. Die russische Offensive ist im Begriff zusammenzubrechen. Gemeinsam mit den deutschen Trup pen werden wir den Feind, der bei Krasnik und Zamose, bei Insterburg und Tannenberg geschlagen wurde, neuerdings besiegen und vernichten. Gegen Frankreich drang dis deutsche Hauptmacht unaufhaltsam tief in das feindliche Ge biet ein. Ein neuer großer Sieg steht dort bevor. Auf dem Balkankriegsschauplatz kämpfen wir gleichfalls in Feindes land. Der Widerstand der Serben beginnt zu erlahmen. Innere Unzufriedenheit, Aufstände, Elend und Hungersnot bedrohen unsere Feinde im Rücken, währen- die Monarchie und das verbündete Deutschland einig und in starker Zuver sicht dastehen, um diesen uns freventlich aufgeKvungenen Krieg bis ans siegreiche Ende durchzukämpfen. Dies ist die Wahrheit über die Lage, sie ist allen Offizieren zu verlaut baren und der Mannschaft in ihrer Muttersprache zu er örtern. Erzherzog Friedrich, G. d.J." Die »n-erstärbare Solidarität zwischen Deutschland und Oesterreich. Wie«, 30. September. (W. T. B.) Die „Reue Freie Presse" meldet aus Bukarest: Das Blatt „Universul" erhält a«S rumänischem Regvenmgskreisen eine Information, wo nach zwischen Deutschland und Oesterreich-Ungarn noch eine« ausdrücklichen Erklärung der deutschen Regierung eine un zerstörbare Solidarität besteht. Antworttelegramm de» Kaiser» an die deutsche» Erwerbsstände. Auf das von der Versammlung der deutschen Erwerbs stände an Se. Maj. den Kaiser gerichtete Huldigungstele gramm ist beim Deutschen Handelstag nachstehende telegra- - phische Antlvort eingegangen: „Reichstagspräsident Kaempfi Berlin. Der einmütige Zusammenschluß der Vertreter des gesamten deutschen Wirtschaftslebens und die kraftvolle Be kundung des festen Willens, den unserem Vaterlande aufge drängten Existenzkrieg auch auf wirtschaftlichem Gebiet sieg reich durchzuführen, haben Mich außerordentlich erfreut. Mein herzlicher Dank und Meine wärmsten Wünsche gelei ten diese ernste patriotische Arbeit. Gott der Herr kröne daS Werk mit seinem Segen und lasse alle die schweren Opfer unserer Tage zu einer guten Saat werden für eine glückliche Zukunft des deutschen Volkes und Vaterlandes. Wil helm l. k." Die Sperrung der Dardanellen. Budapest, 30. September. (W. T. B.) Der Pestet' Lloyd meldet aus Konstantinopel, daß die türkische Regie rung auf die Forderung des englischen Botschafters, dem Rußland sich anschließen dürfte, die Sperrung der Darda nellen aufzuheben, erklärt habe, die Dardanellen blieben ge sperrt, bis England die Flottenpolizei vor den Dardanellen aufgehoben und seine Kriegsfahrzeuge zurückbeordert habe. Die „Franks. Ztg." meldet aus Konstantinopel: Die- Sperrung der Dardanellen trifft aufs empfindlichste die Ge treideausfuhr Rußlands und Rumäniens nach England. Gewöhnlich unternehmen die französischen Messageriedamp fer nur einmal wöchentlich die Fahrt Marseille—Odessa. Seit einem Monat verkehrten täglich kaum irgendwelche Pas sagiere, während starke Sendungen Kriegsmaterial und Goldladungen für Rußland befördert wurden, was nun mehr aufhört. Japanischer Angriff auf Tsingtau. Tokio, 20. September. (W. T. B.) (Meld, des Reuter- schen Bureaus.) Die Japaner haben am Sonntag die Deut schen fünf Meilen von Tsingtau entfernt angegriffen. — Eine amtliche Meldung besagt: Bei ihrem Landangriff auf die nächsten Umgebungen von Lingtao hatten die Japaner drei Tote und zwölf Verwundete. (?) Die „Emden" der Schrecke« des Indischen Ozeans. London, 30. September. Die Admiralität gibt bekannt^ daß während der letzten Tage der deutsche Kreuzer „Emden'* im Indischen Ozean die Dampfer „Tumerico", „Kmglud'V „Riberic" und „Toyle" weggenommen oder in den Grün gebohrt und rin Kohlenschiff weggenommen hat. Die Be mannungen der Schiffe wurden auf dem Dampfer „Gyfe- dale", der ebenfalls weggenommen war, aber sreigelassrn wurde, nach Colombo gebracht, wo sie heute früh eintrafen. Häusliche Wirren im Dreiverband. Aus Genf wird dem „B. L.-A." geschrieben: Von der niederschmetternden Wirkung, die der glanzvolle Sieg Hin denburgs zuerst in den leitenden Kreisen von Bordeaux und nach dem allmählichen Bekanntwerden aller Einzelheiten, auch in der gesamten Bevölkerung Frankreichs hervorge bracht hat, erhält man erst jetzt die richtige Vorstellung durch Privatbriefe, die aus Paris und aus der französischen Pro vinz hierher gelangen. Vereinzelte Stimmen in -er Pariser Presse bringen nicht bloß die verblüffende Enttäuschung über das „plötzliche Versagen des unwiderstehlichen Drauf gängers Rennenkampf" zum Ausdruck; auch die Gesamthal tung Rußlands gibt zu scharfer Kritik Anlaß. Ein vielbe sprochener Libertö-Arttkel, der der Petersburger Regierung bitter vorwarf, daß sic „fasziniert durch die Aussicht auf Len Wiener Stefansturm" sich um Frankreich und dessen Kriegs ziele absolut nicht zu kümmern scheine, wurde dem Botschaf ter Iswolski von mehr als dreißig Seiten rot angestrichen ins Haus geschickt. Seiner Gewohnheit gemäß versprach Is wolski den ihn wegen des „empörenden russischen Egois-