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DienStaK 22. September 1914. Nummer 220. 68. Jahrgang. DerSächWeLrMer Bischofswerdaer Hagekkatt. Amtsblatt der Königlichen Amtshauptmannschaft, der Königlichen Schulinspektion und des Königlichen Hauptzollamtes zu Bautzen, sowie des Königlichen Amtsgerichts und des Stadtrates zu Bischofswerda, und der Gemeindeämter des Bezirks. Mit de« wöchentlichen Beilagen: Dienstags: Belletristische Beilage; Donnerstags: Der Sächsische Landwirt; Sonntags: Illustriertes Sonntagsdlatt. Anzeigeblatt für Bischofswerda, Stolpen und Umgegend, sowie für die angrenzenden Bezirke. Aeltestes Blatt im Bezirk. erscheint seit sSHS. Telegr.-Adresse: Amtsblatt. Fernsprecher Nr. 22. Erscheint jeden Werktag abends für den folgenden Tag. Der Be zugspreis ist einschließlich der 3 wöchentlichen Beilagen btt Abholung «der Expedition virrteljährlich 1 Mk. SO Pfg., btt Zustellung ttr» Hau» 1 Mk. 70 Pfg.; durch die Post frei ins Haus viertel jährlich 1 Mk. 82 Pfg., am Postschalter abgeholt 1 Mk. SO Pfg. 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Die Ka-italkraft und vaterländische Opferwilligkeit des deutschen Volkes. — Ueber 4 Milliarden Mark vorläufiges Ergebnis der deutsche« Kriegsanleihe Die neuesten Meldungen vom Kriegsschauplatz, die wir Sonntag und Montag früh durch Extrablatt verbreiteten, lauten: Großes Hauptquartier, 19. Septbr, abends. (W. T. B. Amtlich.) Die Lage im Westen ist im allgemeinen unver- ändert. Auf der ganzem Schlachtfront ist das englisch-fran zösische Heer i>n die Verteidigung gedrängt wor ben. Der Angriff gegen die starken, zum Teil in mehreren Linien hintereinander befestigten Stellungen kann nur langsam vorwärts gehen. Die Durchführung des Angriffs gegen die Linie des Sperrforts südlich von Verdun ist vorbereitet. Im Elsaß stehen unsere Truppen längs der Grenze dem französischen Kräften dicht gegenüber. , Wettere Erfolge im Osten. Im Osten ist am 17. September die 4^ finnländische ^chützenbrigade bei Augustow geschlagen worden. Beim Vorgehen gegen Ossowiez wurden Grajewo und Szoznrzi» mach kurzem Kampfe genommen. Großes Hauptquartier, 20. Septbr., abends. (W. T. B. Amtlich.) Im Angriff gegen das französisch-englische Heer sind an einzelnen Stellen Fortschritte gemacht worden. Reims liegt in der Kampffront der Franzosen. Gezwungen, das feindliche Feuer zu erwidern, beklagen wir, daß die Stadt dadurch Schade« nimmt. Es ist Anweisung zur mög lichsten Schonung der Kathedrale gegeben worden. I« den mittleren Vogesen sind Angriffe französischer Truppen am Dono«, bei Senones und Saales abgewiesen worden. Auf dem östlichen Kriegsschauplatz sind heute keine Er- eigaisse zu verzeichnen. * Berlin, 21. September. Zur militärischen Lage schreibt der „Lokalanzeiger": Die von den Franzosen versuchte Um fassung des rechten deutschen Flügels mißlang trotz aller Opfer. Zwischen Marne und Aisne mußte der im deutschen Manöver so oft herangezogene Spaten seine Pflicht tun, und die französische Armee, die besonders an das Eingraben im Felde glaubt, ist in dieser Beziehung nicht weniger eifrig. So sehen wir den langen Bewegungskampf plötzlich -um Positionskampf werden. Die Stellung der deutschen Armee ist die günstigere. Der Feind hat jetzt zwei Flüsse hinter sich. Flüsse im Rücken üben einen beunruhigenden Einfluß aus, wenn das Gefühl der SiegeSgewißheit ins Wanken kommt. — Der „Generalanz." meldet aus Genf, daß General Pau »ur Organisation von Hilfstruppen nach Südfrankreich ent sandt worden ist. . Der glänzende Erfolg der deutschen Kriegsanleihe. Berlin, 21. September. (W. T. B.) Der Erfolg der Kriegsanleihen ist ein über alles Erwarten glänzender. Es sind abgesehen von einigen noch ausstehenden Teilergebnis sen gezeichnet 1,2k Milliarden Schatzanweisungen und 2,94 Milliarden Reichsanleihen, zusammen 4,2V Milliarden Mk. Das endgültige Ergebnis ist vor heute abend nicht zu er warten. Berlin, 20. September. (W. T. B. Amtlich.) Infolge des alle Erwartungen übersteigenden Zeichnungserzebnisses hat sich die Reichsfinanzverwaltung mit einer Aenderung der Einziehungstermine für die Kriegsanleihen dahin ein verstanden erklärt, daß spätestens am 5. Oktober 40 Prozent wie nach der Ausschreibung, spätestens am 26. Oktober 20 Prozent statt 30 Prozent, spätestens am 25. November 20 Prozent statt 30 Prozent und spätestens am 22. Dezember die restlichen 20 Prozent der zugedachten Beträge gezahlt werden müssen. Die Berechtigung der Zeichner, vom Zutei- lnngstage ab jederzeit voll zu bezahlen, wird dadurch nicht berührt. Ebenso verbleibt es bei der Bestimmung, daß Be träge bis 1000 einschließlich bis zum 5. Oktober ungeteilt zu entrichten sind. * Zu dem glänzenden Erfolge der Kriegsanleihen schreibt der „Berl. Lokalanz.": Dieser finanzielle Erfolg, der sich in seiner Art dem mit den Waffen errungenen würdig an reiht, wird weithin und nicht zuletzt in den Reihen unserer Widersacher Bewunderung und, so weit diese in Betracht kommen, auch eine tiefgedrückte Stimmung Hervorrufen. — Im „Berl. Tageblatt" heißt es: Das Resultat der Anleihe subskription hat den Beweis geliefert, daß der Geist, der unser Heer zum Siege geführt hat, auch im ganzen Volke lebt, im ganzen Volke, denn alle Schichten der Bevölkerung, von den reichsten Kapitalisten und Erwerbsinstituten Deutsch lands, die Millionenbeträge zeichneten, bis zu den kleinsten Sparern, die ein paar hundert oder tausend Mark beisteuer ten, haben an dem Gelingen des großen Werkes teilgenom- men. Die Zeichnungsfreudigkeit der Deutschen strömte aus dem tiefsten Innern, aus der festen und ruhigen Zuversicht des Volkes, daß es in diesem Kampfe siegen muß und siegen wird, wenn es alle seine Kräfte, auch die finanziellen, schnell und stark zusammenfaßt. — In der „Boss. Ztg." heißt es: Das ist nach den Siegen des wehrhaften der gewaltige Sieg des wirtschaftenden Deutschlands, es ist der Sieg jenes Deutschlands, das in der längsten Friedensepoche, die irgend eines großen Volkes Geschichte bisher kannte, durch uner müdliche, zäheste und mutigste Arbeit eine wirtschaftliche Weltmacht geworden ist. Das Volk hat auf den ersten Ruf Geldmittel zur Verfügung gestellt, deren Höhe den uner schütterlichen Entschluß bezeugt, diesen Schicksalskrieg so lange zu führen, bis seine Zwecke vollständig erreicht find. Rußlands falscher Ruhm. An Rußland verging die Macht des korsischen Eroberers: das hat dem Volke einen ganz unverdienten Nimbus ver liehen. Rußland war eS, an der das Riesenheer Napoleons und der in seinem Befehl stehenden Völker des westeuropäi schen Festlandes Schiffbruch litten, keineswegs die Russen; aber seit dem Winter 1812 halten sich die Russen für eine un überwindliche Nation. Die weite Ausdehnung ihres Landes war es, und demnächst der Winter, dann aber die zeitweilige Kopflosigkeit des sieggewohnten Korsen, die den Untergang des größten Heeres der damaligen Zeit bewirkten. Im Strom der Weltgeschichte spiegelt sich das Bild des russischen Volkes weniger schmeichelhaft. Seine staatliche Entstehung verdankt es den schwedischen Warägern. Von den Mongolen ließ es sich für Jahrhunderte unterjochen. Besiegt hat es im Anfang des 18. Jahrhunderts Schweden, aber wenn Schweden damals mit Finnland, Estland und vielen deutschen Besitzungen auch mächtiger war als heute, so konn ten seine Kräfte sich doch mit denen Rußlands nicht messen, obgleich dieses noch nicht zur Teilung Polens geschritten war, und obgleich seine Grenzen noch nicht bis ans Schwarze Meer reichten. In einer Reihe siegreich endender Feldzüge hat Rußland mit der rasch alternden Macht der Türken und später der Perser und der Zentralasiaten gekämpft. Auch hat es in militärischen Spaziergängen, die kaum Kriege zu nennen find, die in vollständigstem Anarchismus versunkene polnische Republik überwältigt. Damit ist der Siegesruhm dieses einwohnerreichsten Staates Europas aber auch gründ lich erschöpft; er ist errungen durchweg gegen ganz ungleich schwächere Gegner. Seit 1813 ändert sich das Bild von Grund aus. 1828—29 führte Rußland Krieg gegen die Türkei; obwohl der Islam immer mehr verfallen war, wurde es dem als Tyrann Euro pas gefürchteten Kaiser Nikolaus l. schwer genug, ihn zu überwinden. Um den polnischen Aufstand von 1830—31 nie derzuwerfen, >var die ganze Macht des Zaren beinahe ei,: Jahr lang erforderlich. Im Krimkriege war Rußland nicht einmal imstande, die in der Krim, also in einem ganz winzi gen Teile seines großen Reiches gelandeten englischen und französischen Truppen hinauszuwerfen, obgleich es über eine starke Festung und über weit überlegene Menschenmassen verfügte. In, Balkankriege 1876—78 mußte es sich beque men, die anfangs hochmütig ausgeschlagene Hilfe Rumä niens zu erbitten und, als es dann siegte, wich es doch dem Konimando Englands, das nur seine Flotte in die Darda nellen einlaufen zu lassen brauchte. Tie größte Blamage war ihm der ostasiatische Krieg 1904—05. Anfangs viel zu hochmütig, um die Japaner als ebenbürtige Macht anzucr- kennen, verlor es Flotte, Festungen und Landheer, und mußte sich zu einem demütigenden Frieden bequemen. Gegen Oesterreich-Ungarn hat Rußland niemals Krieg geführt: die Niederwerfung des ungarischen Aufstandes 1849 wird man doch wohl keinen Krieg nennen wollen. Ge gen Deutschlands Truppen hat es in den Schlachten von Kun- nersdorf und Zorndorf gekämpft, einmal siegreich, das an dere Mal unterliegend. Der Gegner war allerdings Fried rich der Große, aber dieser hatte ein kleines, von allen Sei ten hart bedrängtes Land und verstand doch die Russen auss Haupt zu schlagen. In europäischen Verhältnissen sind die Russen niemals ernstlich erprobt worden. . Wie versuchten sie, Westeuropa durch ihre große Volks zahl zu imponieren! 151 Millionen schon im Jahre 1897; seitdem ist nicht wieder gezählt worden. Was konnte Deutsch- land mit seinen 67 Millionen (1913) dagegen sein; und Oesterreich mit seinen 54 Millionen! Die wurden ja durch Frankreich (40), England (45) und Belgien (7sH Millionen) beinahe ausgewogen, dann blieb Rußland noch beinahe voll ständig übrig. Läßt man sich durch die echt russische Renommisterei nicht blenden, so bekommt man ganz andere Dinge zu sehen.