Volltext Seite (XML)
Nummer 19S. Freitag, 28. August 1V14. 68. Jahrgang. DkrMlMLrMer Bischofswerdaer Tageblatt. Amtsblatt »er königliche« Amtshauptmannschast, der Aö»igliche» öchnliuspektion und des ^königlichen Hauptzollamtes zu Bautzen, sowie des Röniglichen Amtsgerichts und der Stadtrates zu Bischofswerda, und der Gemeindeämter des Bezirks. Anzeigeblatt für Bischofswerda, Stolpen und Umgegend, sowie für die angrenzenden Bezirke. Aelleste» Blatt im Bezirk. erscheint fett fSif«. lelegr.«Adr.' Amtsblatt. Fernsprecher N». 22. MU de« wöchentliche« BeUagea: Dienstags Belletristische Beilage; Donnerstags: Der Sächsische Landwirt; Sonntags: Illustrierte» Sonntagsblatt. Erscheint irden Werktag abends für den folgenden Tag. Der Br- mgsprei» ist einschließlich der 3 wöchentlichen Beilagen bet Abholung n brr Eppedtton vierteljährlich 1 Mb. SO Pfg., bet Zustellung la» Hau» 1 Mb. 70 Pfg.: durch die Poft frei in» Hau» viertel jährlich 1 Mb. »2 Pig., am Poftschaltrr abgeholt 1 Md. SO Pfg. Einzelne Nummern kosten 10 Pfg. Abonnements-Bestellungen werden angenommen in der Geschäfts stelle Altmarkt IS, sowie bei den Zeitungsboten in Stobt und Land, ebenso auch bei allen Poftanftalte». — Nummer der Zeitungsliste SS87. — Schluß der Geschäftsstelle abends 8 Uhr. ««zelgenpreiv: Die Sgespaltene Korpuszrile oder deren Rama 12 Pfg., für Inserate von außerhalb des Verbreitungsgebiete« 1k Pfg. Dir Reklamezeil« 30 Psg. Geringster Inseraten betrag 40 Pfg. Bei Wiederholungen Rabatt nach aufliegrndem Tarif. Erfüllungsort wr beide Teile Bischofswerda. Festbestelltr Inseraten« Aufträge können nicht zurückgezogen werdm. Inserat« «nd Abonuemeute-Bestellunge« nimmt entgegen in Bautzen: Weller'sche Buchhandlung, Schulftratze ». Siegreiches ordringeu aus der ganzen Linie im Westen. Namur, das Tor iFrankreichs gesprengt. — Die Festung Longwy genommen Berlin, 27. August. Amtlich wird gemeldet: Bei Namur find sämtliche Forts gesallen, ebenso ist Longwy nach tapferer Gegenwehr genommen. Gegen den linken Flügel der Armee des deutschen Kron prinzen gingen aus Verdun und östlich starke Kräfte vor, die zurückgefchlagen sind. Das Oberelfatz ist bis auf un bedeutende Abteilungen westlich Colmar von den Franzofen geräumt. Longwy, im französischen Departement Meurthe-et- Moselle nahe der belgischen Grenze, Knotenpunkt der Ost bahn, besteht aus einer unteren und einer oberen, von Bau- ban befestigten Stadt. Longwy hat bedeutenden Eisenberg bau, Eisenhüttenwerke, Fabrikation von Tonwaren, Gold- -rnd Juwelierarbeiten. Die Einwohnerzahl beträgt 11000. Im Jahre 1870 wurde Longwy in den letzten Tagen des No vembers zerniert, und vom 16. Januar 1871 ab wurde es beschossen. Die Stadt hielt, durch ihre hohe Lage und durch die starke Felsenbefestigung begünstigt, dainals das Bom bardement bis 25. Januar aus. Dann aber erfolgte die Ka pitulation. Berlin, 27. August. (W. T. B.) Die „Post" sagt: Mit dem Fall Namurs ist das Tor Frankreichs gesprengt. — Die „Voss. Ztg." hebt hervor: Alle durch Namur laufenden Ver kehrswege können nunmehr von den deutschen Truppen für den Nachschub benutzt werden. Wenn die Belgier auch die Bahnen und Brücken zerstört haben, so werden unsere Ver kehrstruppen und Pioniere sie doch in kurzer Zeit wieder Herstellen. Nochmals haben die Franzosen versucht, das Vor gehen der Deutschen zum Stehen zu bringen. Starke Kräfte aus Verdun und östlich davon gingen gegen den linken Flü- gel der Armee -es Deutschen Kronprinzen vor. Sie hoff ten dadurch ihn von der verderbenbringenden Verfolgung abzubringen. Dieser Versuch ist mißlungen und der Angriff abgeschlagen, so daß der weitere Vorstoß des Kronprinzen unbehindert durchgeführt werden kann. Begeisterung in Berlin. Berlin, 27. August. Infolge der Siegesnachrichten von gestern waren die Linden und die angrenzenden Straßen bis in die Nachtstunden sehr stark belebt. Unter begeisterten Jubel-, Hurra- und Hochrufen zog am späteren Abend eine unabsehbare Menge zum Kronprinzlichen Palais. An der Lpitze befand sich eine Gruppe Österreicher, die eine große österreichische Fahne entfalteten. Vor dem Palais ange- kommen, staute sich die Menge und plötzlich sah man in der Hand der in den ersten Reihen Stehenden Wachslichter auf flammen. Ein Österreicher trat vor und hielt eine begei sterte Ansprache auf die Waffenbrüderschaft Deutschlands und Oesterreich, die in ein Hoch auf die beiden Monarchen und den Kronprinzen ausklang. In diesem Moment öffne ten sich die Balkontüren und die Kronprinzessin, begleitet von mehreren Damen ihres Gefolges, trat an die Brüstung. Unaufhörlicher Jubel erhob sich beim Erscheinen der hohen Frau. Alles rief und schwenkte begeistert die Hüte. Die Kronprinzessin dankte lebhaft^ach allen Seiten. Ueber die Kriegslage im Westen nach dem Stande am Montag schreibt uns General der Inf. i- D. v. BIume: Nicolasseden 24. August 1914. In einer Frontbreite von 250 Kilometer dringen die deutschen Heere unaufhaltsam in Frankreich vor. Gestern, am 23. August, erreichte die linke Flügelarmee unter Befehl des Kronprinzen von Bayern in der Verfolgung der am 20. südlich von Metz geschlagenen, mindestens 8 Korps starken französischen Armee, die Linie Luneville—Blamont—Cirey. Die letztgedachte Armee hatte, aus der bekannten, durch zahl reiche Forts befestigten Maaslinie Nancy—Verdun hervor- brechend, die Mosel und die lothringische Grenze überschrit ten, erlitt dann aber südlich Metz durch den gegen ihre mehr als 60 Kilometer lange Front und zugleich gegen ihre links Flanke kraftvoll geführten Gegenangriff des Kronprinzen von Bayern eine schwere Niederlage, durch die sie von ihrer natürlichen, in der Richtung nach der Verteidigungsstellung hinter der Maas liegenden Rückzugslinie nach Süden abge drängt wurde. Ein derartiger Rückzug einer starken ge schlagenen Armee nach der Flanke ist stets mit großen Schwierigkeiten verbunden und kann bei kräftiger Verfol gung, wie solche gegenwärtig stattfindet, leicht zu einer Ka tastrophe führen. Denn da die Marschkolonne eines Armee korps um ein mehrfaches länger ist als die Front, die es in der Schlachtlinie einnahm, geraten die Korps einer Armee beim eiligen Abzug nach der Flanke unvermeidlich, je größer ihre Zahl ist, um so mehr, in- und durcheinander, wodurch sich die in dem unglücklich verlaufenen Kampf schon stark er- schulterte Ordnung immer mehr löst. Dazu kommt daß in solchem Falle die Trains und Kolonnen, die die Lebensmit tel und Munitionsvorräte der Korps führen, am meisten in Verwirrung und außer Fühlung mit den Truppen, zu denen sie gehören, zu geraten pflegen, so daß die letzteren bei mehr- tägiger Tauer der Verwirrung Mangel am Notwendigsten leiden. Wenn dann obendrein die fliehenden Truppen in schwieriges Gelände, Vie im vorliegenden Falle in die Vo gesen, gedrängt werden, so ist es in der Regel um sie ge schehen. Geschütze und Fahrzeuge werden im Stich gelassen und Tausende und Abertausende von erschöpften Flüchtlin gen ergeben sich widerstandslos den Siegern. Freilich aber stellt eine energische Verfolgung nach heiß und blutig er- fochtenem Siege die höchsten Anforderungen an die Tatkraft und Ausdauer der Truppen wie ihrer Führer. Deshalb bietet die Kriegsgeschichte so wenige Beispiele einer solchen, und kaum eines, das gleichen Ruhmes wert wäre wie das in dieser Stunde von unseren heldenmütigen Truppen und ihren Führern gelieferte. Die Früchte werden sich, wenn wir erst nähere Nachrichten über sie erhalten, als großartig er weisen. Wie der Kronprinz von Bayern, so haben sich zu seiner Rechten vorgestern (den 22. August) der Deutsche Kronprinz und gestern der Herzog Albrecht von Württemberg je einer gegen sie vorrückenden feindlichen Armee entschlossen mit den von ihnen befehligten Armeen entgegengeworfen und nicht minder glänzende Siege erfochten. Auch sie haben be- reits reiche Ernte an Trophäen eingebracht und sind den ein gelaufenen Nachrichten zufolge in nachdrücklicher Verfolgung ihrer Gegner begriffen. Inzwischen ist die Heeresgruppe unseres rechten Flü gels durch Belgien vorgedrungen, hat sich durch einen Hand streich, der an Kühnheit seinesgleichen in der gesamten Kriegsgeschichte nicht hat, der Festung Lüttich bemächtigt, die belgische Armee zum Rückzug hinter die Wälle von Antwcr- Pen gezwungen, die Hauptstadt Brüssel und den südlichen Teil des Königreichs in ihre Gewalt gebracht, den Angriff auf die zweite Maasfestung Namur nahezu durchgeführt, (ist inzwischen gefallen), und beabsichtigt auf Maubcuge — die französische Grenzfestung — vorzugehen. Am Sonntag hat ein erfolgreiches Gefecht gegen eine englische Kavalleriebri gade stattgefunden, was einigermaßen zu der Hoffnung be- rechtigt, daß das deutsche Heer bald auch die erwünschte Ge legenheit haben wird, sich mit dem englischen zu messen. Bis her waren wir lediglich auf Vermutungen darüber, ob und >yo es gelandet sei, angewiesen. Vermutungen über den wahrscheinlichen weiteren Verlauf der Ereignisse auf dem rechten Flügel unserer westlichen Streitmacht ausznsprechen, — Ein neuer Sieg des Kronprinzen hat um so weniger Zweck, als wahrscheinlich ist, daß wir da rüber bald Aufklärungen durch Tatsachen erhalten werden. Wir sehen dem gelassener entgegen, als vermutlich unsere Gegner. Frankreichs Lage furchtbar ernst! Wien, 27. August. Der hiesige spanische Botschafter er- klärte im Gespräch mit einem Vertreter des „Neuen Wiener Abendblattes", von dem Ausbruch eines Aufstandes in Pa ris sei ihm nichts bekannt, doch sei die Lage für Frankreich furchtbar ernst. Nach den über jeden Zweifel erhabenen An gaben des Deutschen Generalstabes sei die französische Armes im Zentrum durchbrochen und schon in der nächsten Zeit dürfte die deutsche Armee direkt auf Paris losmarschieren. Die Deutschen stehen schon vor Antwerpen. Berlin, 27. August. (W. T. B.) Aus dem Haag wird der „Voss. Ztg." geschrieben: In Antwerpen macht sich be reits Unzufriedenheit mit dem Verhalten der Regierung bemerkbar. Mittwoch mittag trafen in jämmerlichem Zu stande die ersten flüchtigen Truppen vom Schlachtfelde ein. Tie Schlacht bei Hannut und Wwen hatte drei Tage ge dauert. Tie belgischen Soldaten berichteten: Unser Vor marsch ist dreimal abgeschlagen worden. Wir haben gekämpft wie die Löwen. Aber wir konnten gegen die Uebermacht nicht an. Für jeden gefallenen Feind standen 10 neue aus. Und doch hätten wir ausgehalten, wenn unsere Leute nicht von dem grauenhaften Feuer der deutschen Maschincnge- wehre buchstäblich niedergemäht worden wären. Ferner be klagten sich die Leute über den Mangel an Offizieren. Dis Verzweiflung ist umso größer, als die Truppen sich von den Engländern und Franzosen betrogen glaubten. Mit allein Eifer werden die Befestigungen von Antwerpen verstärkt. Inzwischen rücken die deutschen Truppen vor. Sie haben alle Verbindungen mit Antwerpen durchschnitten. Man glaubt, daß die ersten Vorpostengefechte unmittelbar bevor stehen. Deutsche Flugzeuge überflogen die Forts. Sie wurden beschossen, jedoch ohne Erfolg. Bei der Schlacht von Löwen sind, wie es scheint, die Franzosen und Engländer zu spät gekommen. Doch müssen auch sie am Kampfe teilgenom men haben. Denn unter den nach Antwerpen gebrachten Verwundeten befinden sich auch Engländer und Franzosen. Kriegsschatzung in Lüttich. Berlin, 27. August. Die Deutschen haben der Stadt Lüttich eine Kricgsschatzung von zehn Millionen und der Provinz eine solche von 50 Millionen Franken auferlegt. Um Faustpfänder in der Hand zu haben, haben sie das Ei gentum der Banken und Finanzgesellschaftcn in Lüttich init Beschlag belegt. Der Geldumlauf stockt deswegen, und die Banken haben beschlossen, Geldbons in Umlauf zu setzen. Die behördlich organisierten belgischen Greueltaten. Berlin, 27. August. (W. T. B.) Ter Kriegsbericht erstatter der „B. Z. am Mittag" schreibt über den Kampf gegen die Franktireurs: Der Franktireurkrieg in Belgien ist die Schöpfung einer wohldurchdachten behördlichen Or ganisation. Ich habe selbst gesehen, wie man den Bürger- meister des von uns zerstörten Clermont einbrachte, wo die Weiber wie Bestien nachts über schlafende Verwundete her fielen und sie in nicht wiederzugebender Weise marder'ten, bis der Tod sic erlöste. Belgier haben mir erzählt, daß die- ser Bürgermeister trotz des inständigsten Abratens des Orts pfarrers die Bevölkerung zum Ueberfalle auf die deutschen Soldaten aufgefordcrt und mit Waffen versehen hat. Es unterliegt keinem Zweifel, daß die Verteilung von Waffen und Munition an die Zivilbevölkerung systematisch durchge- fiihrt worden ist. Der Mut der Bürger und die Wut gegen Deutschland wnrden künstlich durch lügnerische Nachrichten