Volltext Seite (XML)
Nr. 188. Der Sächsische ErMer. «rite 6. ML Mein Chef sagte mir schließlich, es wäre ihm lieber, wenn ich als Deutscher Nancy verlassen würde, da er nicht für mein Leben bürgen könne. Ich ivartete jedoch noch einige Tage. Da ich nunmehr sah, daß die Saclse sich zuspitzte und das Bolk eine bedrohliche Haltung annahm, entschloß ich mich zur Abreise. Unsere Koffer waren bereits fertig. Reise ziel war zuerst Straßburg. Es war inzwischen der 3V. Juli herangekommen. Unsere Fahrkarten wurde ohne weiteres verabfolgt. Bis Lunöville, von Nancy eine Stunde mit der Bahn entfernt, kamen wir, dann hieß es plötzlich: „Alle« auSsteigen, der Bahnvrrkrhr an die deutsche Grenze ist ab geschnitten!" Der Zug kam von Paris und brachte verschie dene Deutsche mit, welche zum Vergnügen dort waren. Ich sah die Gruppe anf dem Bahnsteig stehen, beratschlagen, was nun zn machen sei. Keiner von ihnen ivar der französi- sischen Sprache völlig mächtig. Ich redete sie an. Die Leute waren von der Unhöflichkeit der Bahnbeamten derart be stürzt, daß sie vorzogen, ihre Koffer in Frankreich zu lassen und den weiten Weg von LunSville bis Straßburg zu Fuß zurückzulegen, sich immer nach den Bahnschienen richtend. Die Nacht durch sind diese Leute gewandert. Anfangs hatte ich die Absicht, ein Gleiches zu tun, ich wollte jedoch meine Koffer nicht im Stich lassen. So wandte ich mich an ver schiedene Bahnbeamte um Rat. Der eine sagte: „Arrangie ren Sie sich, man hat Ihnen gesagt, daß keine Bahn mehr geht." Der andere meinte: „Nehmen Sie einen Wagen." Als ich einen dritten fragte, wann der Bahnverkehr wieder hergstellt wäre, antwortete dieser: „Wenn die dreckigen Deutschen schnell machen, wir sind bald fertig mit ihnen." Dann sah ich eine Französin mit einem Chauffeur wegen eines Automobils verhandeln; ich tat dasselbe. Der Preis, der mir abverlangt wurde, war mir nicht zu hoch. Um mich her hatten sich die sauberen Bahnbeamten geschart und lach ten höhnisch. Ich wäre froh gewesen, aus der Lunöviller Atmosphäre rauszukommen, denn der Ort ist schmutzig, und von Deutschenhaß getränkt. Aber kein Automobil, keine Droschke durfte mehr an die Grenze, alles war schon am 20. Juli durch französische Truppen besetzt. Es blieb uns' Prüfend blickte er auf seine Uhr. Es blieben ihm im- merhin noch einige Minuten. Eiligst schritt er die Wandel- bahn entlang, Miramar zn, das hoch im Sonnengolde auf der Düne lag. Nicht weit davon am Südstrand hatten die Schollerns ihre Burg. Es war zwar noch zu früh für die Bowle, aber vielleicht konnte er doch Imogen treffen oder ihr durch eines der Kin der seine Entschuldigung übermitteln. Aufmerksam spähte er die Reihe der Strandburgen entlang. Ta flatterte Imogens blaugelbe Fahne. Eiligst schritt Bünau durch den tiefen Sand der Burg zu. Die kleine Alix kam ihm schon entgegen gesprungen. „Du, Onkel Bünau", rief sie schon von weitem, „komm doch erst einmal her. Wir haben einen Preis bekommen, unsere Burg war die schönste, und darum trinken wir jetzt eine Bowle, sieh nur, wie fein." Hasso faßte des Kindes Hand und trat mit leichtem Gruß in den Burgkreis. „Man darf also gratulieren, Baronin?" rief er schon von weitem Imogen zn, die mit prüfendem Blick den weiß gedeckten Tisch überflog, ans dem die silberne Bowle in einem Kranz von lichtrotcn Wicken thronte. Imogens duftiges, weißes Kleid wehte im Winde. Ihren Gürtel schmückte ebenfalls ein Strauß hellroter Wicken, die einen feinen, füßen Duft aushauchten. Ein hell roter Schleier schlang sich wie ein Turban nm Imogens Haupt, das goldene Haar vor dem Winde zu schützen. „Sie kommen früh, Baron, aber ich bin mit meinen Vorbereitungen znm Empfang unserer Gäste bereits fertig. Wollen Sie da in dem Strandkorb inzwischen Platz nehmen? Ich bringe Ihnen gleich eine Zigarette." Leicht, wie ein junges Mädchen, eilte sie an den großen Vorratskorb, der sich im Grunde der Burg unter bunten Fahnen barg, und halb zn Bünan znrückgcwandt, fragte sic lachend: „Und wie gefällt Ihnen meine Burg?" Bünau blickte zerstreut um sich. „Sehr hübsch", bemerkte er artig. „Na, ich danke, liebenswürdig sind Sie nicht. Meinen Sie denn, es wäre eine Kleinigkeit, die Unmenge der schö nen, blaugrünen Stranddisteln zu finden? Schauen Sie, nur, welch' eine Pracht. Tagelang bin ich mit Hasso in den Dünen danach umhergeirrt." „Aber wir haben ja den ersten Preis, Mama", rief Alix dazwischen. „Ja", lächelte Imogen. „Die Bade-Direktion oder viel mehr die Preisrichter-Kommission war so liebenswürdig, bei der Preis-Konkurrenz unsere Burg für die am schönsten ge schmückte anznsehen, aber sehen Sie doch Baron, ist die Strandburg nut den dicken Heidekränzen da drüben und den flatternden lila Bändern nicht viel schöner, oder die da drü ben mit den grotesken Bildern, zierlich aus Muscheln und Seesternen gebildet?" Sie brach jäh ab. Sie sah plötzlich, daß Bünau gar keinen Blick für ihre allerdings ganz reizend geschmückte Burg hatte. „Ich muß sehr um Verzeihung bitten, meine allergnä- digste Frau", entschuldigte sich Bünau flüchtig, Imogens Hand an seine Lippen führend, «wenn ich unaufmerksam bin, ich bin nur gekommen, nm abzusagen." „Abzusagen?" Jinogcns Antlitz wurde um einen Schein blasser. „Ja, es wird mir ja selber schwer, Baronin, aber viel- leicht werden Sie es begreiflich finden, wenn ich Ihnen künde, daß ich mich heute verlobt habe." Einen Augenblick bebten ihre Augen unter seinem Blick, dann entgegnete Imogen in königlicher Haltung: „Da wünsche ich Ihnen viel Glück, Baron." Eiskalt war die Hand, die er in der seinen hielt. „Darf man fragen, wer die Glückliche ist?" „Syrta von Haßberg." Nun kam doch ein schrilles Lachen von JmogenS Lippen. „Es scheint fast, als habe die Kleine alle Männer be hext. Mein Mann ist auch ganz bezaubert." Ein fast drohender Blick traf Imogens Antlitz, dann aber wurden Hassos dunkle Augen weich, als er anf Imogen zntretend sagte: „Sie sind mir einst so viel gewesen, Imogen, viel mehr, als ich sagen kann. Denken Sie jetzt freundlich an das Kind, das ich an niein Herz nehmen will, nachdem endlich die Wunde geheilt, die lange geblutet." Ein Zittern rann durch Imogens Gestalt. Mit beiden Händen umspannte sie seine Rechte. 1. Kriegsbegeisterte Reservisten auf einem Last-Automobil. 2. Landsturmwache zum Schuh eines rheinischen Bahnhofs. 3. Ein ausrtickcndes Feldlazarett. 4. Abfahrt eines Zuges nnt einem österreichischen Regiment zum Kriegsschauplatz. Momentbilder von Deutschland und Oesterreich-Ungarn. Siegesfreude und EiegeSgewiß- heit beherrschen unsere Armee, aber zugleich macht sich auch ein tiefer Ernst im ganzen Volke be merkbar. Wenn die Reservisten zum Bahnhof ziehen, so erschallt fröhlicher Gesang aus ihren Reihen, und jubelnde Begeisterung reißt alles mit. Auch der altbewährte Soldatenhumor bricht überall durch, wo sich nur eine Gelegen heit bietet. Wenn die Reservisten in einem Automobil fahren, kennt ihre Lustigkeit keine Grenzen; sie freuen sich des schönen Augen blicks. Aber auch ernste Bilder sehen wir überall. Teilweise ist der Landsturm schon bei der Bahn- und Brückenbewachung tätig. Die auSrückenden Feldlazarette werden in stummer Ehrfurcht bewundert, sind sie doch dazu da, Schmerzen und Wunden zu lindern und zu heilen. Bei unseren Verbündeten geht es ähnlich zu: überall macht sich der Wille zum Sieg geltend. also nichts übrig, als nach Nancy -urückzukehre»; in Luns- Ville hätten wir nicht bleiben können, mau hätte u»S ge lyncht. Um 9 Uhr des Abends kamen wir an, 4 Stunden Reise. In der Straße trafen wir den Direktor meiner Fir- ma. Der Herr ist Schweizer und war ganz erstaunt, uns noch zu sehen, da wir doch schon um 1 Uhr abgereist waren. Er hatte eben noch keine Ahnung, daß der Bahnverkehr schon abgeschnitten war. Er sagte uns: „Gehe» Sir ja nicht nach Hause, man würde Sie tvtschlage», das ganze Heer zieht fort an die Grenze, das Volk ist wild. Wir blieben also die ganze Nacht in der Stadt und hatten die Absicht, den ande ren Morgen früh durch die Schweiz nach Plauen zu reisen. Diese Nacht vergesse ich nie. Das Volk war wie rasend, es brüllte und sang Spottlieder auf Kaiser Wilhelm. Man wurde ängstlich, wenn ein Trupp Soldaten vorbeikam. Rufe ertönten: L Berlin! Nieder mit den Deutschen! Es lebe der Krieg! Wir bekommen unser Elsaß wieder! 10 Milliar den Kriegskosten müssen die Deutschen zahlen! Frauen wein ten und riefen: „Man nimMt unS unsere Männer fort!" Tie ganze Nacht fuhren Züge mit Reservisten, Mäuuer bis 58 Jahre, die tatsächlich an Stöcken gingen. Schwindsüchtige, gesundheitlich heruntergekommene Leute, alles mußte mit. Jeder Reservist mußte seine Stiefel selbst mitbringen. An der Bahn hörte ich sagen: Bevor man die Deutschen ein schifft, die noch dort sind, wird man ihnen Denkzettel geben. 5 Uhr 30 Min. fuhren wir ab. Bis an den französischen Grenzort Delle waren die Züge mit Soldaten und Reservi- - sten zum Brechen voll. In unserem Wagen befanden sich 10 Deutsche, der Rest war Militär. Was für Redensarten führ ten diese Leute! Den Sieg hatten sie natürlich in der Tasche. Unter anderem wurde gesagt: Rußland wird uns verteidi gen, diesmal attackieren wir die Prussiens. Jedem deutschen Soldaten, der ihnen in die Finger käme, dem schnitte» sie die Zunge heraus, wie sie die Nägel an den Händen schnit- ten. Alles das wurde uns erzählt; wir gaben uns gegensei tig Zeichen, nicht zu antworten. Die Leute haben uns der art belästigt, daß zwei Damen und sogar ein Herr ohnmäch tig wurde. Wehe uns, wenn die geahnt hätten, daß wir Deutsche waren. So kamen wir bis Belfort. Eine Stunde mußten wir dort warten. Die Stadt bot ein trauriges Bild. Kein Restaurant war mehr offen, nirgends war noch eine Semmel zu haben. Die Einwohner sind alle geflüchtet. Von unserer Bahn hat man viele Frauen und Kinder ausgesetzt, um nur das Militär zu befördern. Bis Delle waren wir gekommen; unsere Körbe jedoch sind zurückgeblieben. Wir dankten Gott, mit heiler Haut aus Frankreich herausgekom- men zn sein. Unsere Möbel und sonstige Wohnungs-Ein richtung hatten wir zurücklassen müssen. Die Schlüssel hak ten wir mit der Miete dem Hauswirt, einem Franzosen, übergeben. Sogar unser Gel- hat man zurückbehalten. Am 20. Juli verließen wir Nancy und am 3. August kamen wir in Planen an. Aus Sachsen. Dresden, 14. August. Wie u. a. die Zeißwerke in Jena und die Grusonwerke in Buckau-Magdeburg, haben auch sächsische Firmen in aufopfernder Weife für ihre ins Feld rückenden Beamten und Arbeiter gesorgt. So haben die In- Haber der Firma Schimmel L Co. in Miltitz bei Leipzig, ob gleich fast die Hälfte der zum ordnungsmäßigen Betrieb der großen Fabrik nötigen Leute eingezogen ist, für die Dauer des Krieges allen zur Fahne einberufenen Chemikern, Kon torbeamten und Arbeitern die Fortgewährung ihrer vollen Gehälter zugesichert. Dresden, 14. August. Abhaltung öffentlicher Tanzmusiken. Bei dem Königlichen Ministerium des Innern ist von ver schiedenen Seiten der lebhafte Wunsch zumAusdruck gebracht worden, es möchte bei den gegenwärtigen Zeitläufen die Ab haltung öffentlicher Tanzmusiken, sowie private Vergnügun gen unterbleiben. Das Köngliche Ministerium glaubt indes sen von einem allgemeinen Verbot derartiger Vergnügungen absehen zu können, denn es versieht sich zu dem gesunden Sinne und dem gerade in den letzten Tagen so wohltuend hervorgetretenen Taktgefühl der Bevölkerung, daß sie sich nicht Vergnügungen hingeben werden, die mit dem Ernst der Zeit und dem in tausenden von Familien herrschenden Kummer in schreiendem Widerspruch stehen würden. Großenhain, 14. August. Die Mittagsspeisung der Krie gerfamilie« hat heute begonnen. Heute wurden 16 Frauen und 29 Kinder gespeist, inzwischen sind aber so zahl- reiche Anmeldungen eingegangen, daß schon morgen 66 Frauen mit 122 Kindern Essen erhalten werden- Die von den Ausschuß-Damen übernommene Liebestätigkeit wird also sehr bedeutende Anforderungen an die Aufopferungs fähigkeit jeder Einzelnen stellen. In dankenswertester Weise sind außer reichen Geldgaben auch von einer Anzahl hiesiger Geschäftsleute bereits Waren aller Art geschenkt worden. Fortgesetzt werde» Quartal». u»d Ro » »t»-Ab,», nemeat» sowohl von der Expedition al» ,»ch do» sämtliche» Posta»st»lte», Laadtrtes- träger« »»d u»sere» Zeit»,g»b»te» a»,i- »omme». ter «aurerr» am 13. August 1S14. so «iw ur u» 8 «rdw » io »78 . io so 8 - „ s — SSO , 940 - ' 12 - Güster 4 80 S0 Kilo 3 - 1200 Pfd. 2, - 1 Kilo 280 80 so »er RS» Lchulmsx Vautzex, Erscheint irden zugsprei, ist ein ln der Expedit tn» Han, 1 W lührüch 1 «Ul. A mrsbrrrche wird gleicht, Förderung 1 Aussicht gel Mai «ine Arr-ss -ie dem Un U freie «ücksa gemeinnütziger tragen und d> T T K T und zurück in Stempel der ' *) Nichtzutref L wir gleichzeitig A gemacht wird, T kann, sich der dafür vorliege nommener L wird. Nichts Zahlungsverp eingesessenen! 'Die Gläubige Ä Z