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Der Sächsische LrM« Beiblatt zu Nummer 188. Des Krieges Baben. Auf Deutschlands Flur die Ernte steht, Die Halme schwer sich neigen; Es harrt das weite Aehrenfeld Des Schnitters scharfen Streichen. — Und tags darauf die Sense klingt, Hin sinkt das junge Leben, Die Feldespracht zu Tode geht, Um vieles uns zu geben. An Deutschlands Grenzen Feldwacht hält Des Vaterlandes Blüte, Daß vor des Feindes Uebermacht Die Heimat sie behüte. Es macht sich auf der Schnitter Tod, Zu mähen junges Leben; Wild rast der Krieg, er nimmt uns viel, Hat mehr uns schon gegeben. Vom Osten her tönt Kriegsgeschrei, Vom Westen klang es wieder. — Da reichte man die Hände sich Und ward ein Volk der Brüder: Begraben der Parteien Zank, Vergessen Streit und Fehde: Das ganze deutsche Volk sich eint Zum Kampf und zum Gebete. Und Liebe, fast vergessen schier Im Werkeltagsgetriebe, Lebt wieder auf im deutschen Volk Als reinste Nächstenliebe. Sie wird den Tapferen zu teil, Die freudig ziehn zum Streite; Und denen, die in Not und Tod, Steht helfend sie zur Seite. Fast schiens, als sei der deutsche Mut, Den Väter einst empfunden, In lieber, langer Friedenszeit Gestorben und geschwunden. Jetzt wacht er auf zu neuer Tat, Zum Siegen oder Sterben: Wir woll'n des Reiches Hüter sein, , Der Väter würd'ge Erben. Ernst ist die Zeit, und groß die Not, Doch Not lehrt gläubig beten. Demütig naht Alldeutschland sich, Vor Gottes Thron zu treten. — Zu Großem hat Herr Zebaoth Uns Deutsche auserkoren — In ernster Zeit ward Frömmigkeit Und Glaube neugeboren. Der Schnitter Tod die Sense weht. Es gilt manch junges Leben; Viel nimmt der Krieg doch mehr hat er Schon heute uns gegeben: Alldeutschland prangt in Einigkeit, Und Lieb' wir wieder haben, Der Mut, der Glaube sind erwacht: Das sind des Krieges Gaben. Artur Graul, Leipzig-Reudni y, (gebürtiger Bischofswerdaer.) Strandgut. Ein Roman au- dem Westerländer Badeleben von Anny Wothe, (34. Fortsetzung.) (Nachdruck verboten.) O«p7ki,I>t 1919 d, X007 Volk«, l-slprlr- „Aber Sie, Bünau, Sie sind doch ihr Freund, Sie haben ihr Vertrauen, Sie können ihr doch klarmachen, das; ich nicht ganz so schlimm bin, wie ich scheine, und daß ich mein zudringliches albernes Wesen zu ihr tief bereue." „Das wird nicht viel nützen, Freund, denn Ray Lassen bildet sich selber ein Urteil über den Menschen, die sich ihr nahen." „Lieber Bünau, gehen Sie -och mal in sich und helfen Sie mir. Sehen Sie, kein Opfer soll mir zu hoch und zu groß sein, dieses Mädchen, die einzige Frau, die mir jemals imponiert hat, zu erringen." „Was? Sie wollen Ray Lassen gar heiraten?" Ein erstaunter Blick traf Bünau. „Na, was sonst?" Bünau lachte hell auf. „Graf, Sie sind köstlich! Und das soll ich Ihnen glau ben? Sie, bei Ihren feudalen Anschauungen und die Toch ter des Kapitäns Lassen? Nee, mein Lieber, mit diesem Mnmpitz kommen Sie mir nicht!" „Und wenn ich Ihnen mein heiliges Ehrenwort gebe -aß es mein fester ynd unumstößlicher Wille ist, wenn - wenn sie mich nimmt." Bünau faßte schnell des Grafen Hand. Mit festem Druck umschloß er sie. „Das ist ein gutes Wort, Graf", sagte er lvarm, „aber wie ich Ray Lassen kenne, ist Ihre Aussicht gleich null." „Ach was, Sie gönnen mir das Mädchen nur nicht. Ha ben Sie etwa selber gar Absichten?" Bünau blickte ernst vor sich hin. „Wer weiß, wie alles gekommen, EckartShausen, wenn nicht etwas anderes in mein Leben getreten wäre. Wenn Sie hören, lieber Graf, daß ich mich vor ein paar Stunden mit Fräulein von Haßberg verlobt, und daß ich nachher hin gehen will, mir die Einwilligung ihrer Mutter zu holen, so werden Sie ja wohl glauben, daß die hohen und heiligen Abwendung des Konkursverfahrens zur Kriegszett. Jeder Krieg hat natürlich auch schwere wirtschaftliche Schäden im Gefolge, von denen selbstredend Handel und Gewerbe in besonderem Maße betroffen werden. Es liegt im Interesse des Staates, diesem Uebel nach Möglichkeit zu steuern und dadurch die Vernichtung zahlreicher Existenzen zu verhindern. Als ein solches Vorbeugungs- und Schutz mittel muß die Verordnung angesprochen werden, die der Bundesrat am 8. August erlassen hat; hiernach kann, wer in folge des Krieges zahlungsunfähig geworden ist, bei dein für die Eröffnung des Konkursverfahrens zuständigen Ge richte unter Einreichung eines Verzeichnisses der Gläubiger (mit Angabe ihrer Adressen), einer Uebersicht des Ver mögensstandes in Form einer Gegenüberstellung der ein zeln aufzuführenden Aktiven und Passiven (ein Kaufmann hat auch die letzte Bilanz einzureichen) die Anordnung einer Geschäftsaufsicht zur Abwendung des Konkursverfahrens be antragen. Wenn die Behebung der Zahlungsunfähigkeit nach Beendigung des Krieges in Aussicht genommen werden kann, ist dem Antrag stattzugeben, jedoch entscheidet das Gericht nach freiem Ermessen. Nach Annahme des Antrages bestellt das Gericht eine oder mehrere Personen zur Beauf sichtigung der Geschäftsführung des Schuldners, der ihnen Einsicht in seine GesclMsbücher und sonstigen Aufzeichnun gen zu gewähren und Auskunft über den Stand seines Ver mögens und über seine Geschäfte zu geben hat. Die Auf sichtspersonen haben gegen den Schuldner Anspruch auf Er stattung angemessener barer Auslagen und auf Vergütung für ihre Geschäftsführung. Während der Dauer dieser Ge schäftsaufsicht darf das Konkursverfahren über das Ver mögen des Schuldners nicht eröffnet werden. Arreste und Zwangsvollstreckungen in das Vermögen des Schuldners finden nur zu Gunsten der Gläubiger statt, die vom Verfah ren nicht betroffen werden; es sind das 1. Gläubiger, deren Ansprüche auf Rechtshandlungen des Schuldners beruhen, die dieser nach der Anordnung der Geschäftsaufsicht mit Zu stimmung der Aufsichtspersonen vorgenommen hat oder ohne solche Zustimmung vornehmen durfte; 2. Gläubiger, denen nach 8 43 der Konkursordnung im Falle des Kon kurses ein Anspruch auf Aussonderung zusteht; 3. Gläubi ger, soweit sie im Falle des Konkurses abgesonderte Befrie digung beanspruchen können und 4. die im 8 61 Ziffer 1 und 2 der Konkursordnung bezeichneten Gläubiger wegen der dort angegebenen Forderungen, auch soweit sie nach der Anordnung der Geschäftsaufsicht fällig werden. Für die Gläubiger ist durch die weitere Bestimmung gesorgt, daß die vorhandenen Mittel zu ihrer Befriedigung verwendet wer den sollen, soweit das Geld nicht zur Fortführung des Ge schäfts und zu einer bescheidenen Lebensführung des Schuldners und seiner Familie erforderlich ist. In Streit fällen entscheidet das Gericht, seine Entscheidungen sind un anfechtbar; das Verfahren ist gebührenfrei. Man kann nur wünschen, daß diese auf die Nöte der Zeit berechnete Ver ordnung des Bundesrats nicht oft gebraucht werden muß. Wir reihen hieran noch folgende Meldungen von amt licher Seite: Aufsichtspersonen. Das durch die Verordnung des Bundesrats vom 8. d. M. eingeführte Verfahren der Anordnung einer Geschäftsauf- Gefühle, die ich für Ray Lassen hege, nur freundschaftlicher Natur sind." Graf Eckartshausen sah Bünau ebenso erstaunt wie schmerzlich bewegt an. „Ich wünsche Ihnen natürlich alles Glück, Baron", nahm er zögernd das Wort, „aber haben Sie wohl bedacht, — die Mutter und gar der Bruder — ich möchte ja nichts Böses auf die beiden sagen — die Kleine ist ja einfach entzückend, und es gab eine Zeit, wo ich lichterloh für Syrta gebrannt habe — aber die Familie, Brr!" Büna» nickte ernst. „Das ist der einzige dunkle Punkt bei der Sache. Aber ich hoffe, alles glücklich zu lösen." Eckartshausen nickte vor sich hin. „Mit Geld", dachte er, und weiter fiel ihm ein, wie der Kerl, der Lockwitz, ihn kürzlich um 1000 Mark angepumpt hatte, natürlich anf Nimmerwiedersehen. Aber wozn das noch erörtern. Er hatte wohl mehr als genug gesagt. Mit warmem Druck umfaßte er Bünaus Rechte. „Sie sind trotz alledem zu beneiden, Baron, denn Sie werden geliebt, und wenn Sie jemand gebrauchen, um da die Familienbande glatt entzwei zu schneiden — denn, das wollen und müssen Sie doch — so stehe ich jederzeit gern zur Verfügung. Anf meine Diskretion können Sie bauen." „Damit ich bei Ray Lassen ein gutes Wort für Sie ein lege?" versuchte Bünau zu scherzen. Graf Eckartshausen sah ihn fast finster aus den stahl blauen Augen an. „Sie haben ganz recht, Baron, mein Ansinnen abzu lehnen. Selbst ist der Mann! Kann ich Ray Lassen nicht selber von meinem Wert oder Unwert überzeugen, so wird cs ja wohl auch ein anderer nicht können. Ich bitte Sie, über mich zu schweigen." Dann gingen sie mit einem festen Händedruck auseinan- der. Beide aber fühlten, der heutige Tag hatte sie zu Freun- den gemacht. Und dann hatte Bünau lange unter dem Apfelbaum bei Ray Lassen gesessen und hatte ihr, der so ernsten, verstehen den Freundin, sein übervolles Herz auSgeschüttet. Und Ray Lassen hatte die Hände über der Brust gefal tet, als er von seiner Liebe zu Syrta sprach und ihn gebeten- „Bringen Sie mir Ihre kleine Braut noch heute, lieber Ba- Sonnabend, »« IS. «Vst 191« sicht zur Abwendung des Konkurses wird in seiner prakti- scl)en Durchführung sehr wesentlich davon abhängen, daß die Amtsgerichte die geeigneten Aufsichtspersonen auswählen. Ter Justizminister hat sie deshalb angewiesen, sich mit den Handelsvertretungen in Verbindung zu setzen und sich von ihnen zu diesem Amte befähigte und bereite Personen Vor schlägen zu lassen. Unter Umständen wird es auch zweckmä ßig sein, Rechtsanwälte als Aufsichtspersonen zu bestellen. Der Vorstand der Anwaltskammer in Berlin hat sich bereits, in dankenswerter Weise erboten, den Berliner Gerichten bei der Auswahl hierfür geeigneter Anwälte behilflich zu sein. Es steht zu erwarten, daß auch dieVorstände der übrigen An waltskammern diesem Beispiele folgen werden. Beschleunigung der Schlußverteilung. In den jetzigen wirtschaftlichen Schwierigkeiten wird es als Uebelstand empfunden, daß in den Konkursen erhebliche Vermögenswerte festgelegt sind, die anderweit bessere Ver wendung finden könnten. Es kann jedoch, abgesehen davon, daß häufig die Schlichverteilung beschleunigt werden kann, besonders dadurch, wenigstens teilweise abgeholfen werden, daß die Konkursverwalter, soiveit irgend möglich, Abschlags verteilungen vornehmen. Der Justizminister hat daher den Amtsgerichten anheimgegeben, auf die Konkursverwalter in dieser Hinsicht einzuwirken, damit die in den Konkursen ver fügbaren Mittel den Gläubigern möglichst bald ausgezahlt werden. Aus Nancy geflüchtet. Der „Vogtl. Anzeiger" veröffentlicht die Schilderung eines Plaueners, der feit weheren Jahren in Naucy lebte und bei Ausbruch des Krieges mit seiner Familie von dort flüchten mußte, wenn er nicht Gefahr laufen wollte, samt seinen Angehörigen von fanatischen, haßerfüllten Franzosen nmgebracht zu werden. Abgesehen davon, daß auch diese Darstellung ein weiterer Beleg ist für die unglaubliche Ro heit, mit der die „ritterliche Nation" die Deutschen in Frankreich behandelt, geht aus den Mitteilungen unseres Landsmannes hervor, daß die Franzosen schon am 2V. Juli sich mitten in der Mobilisation befanden, also zu einer Zeit, wo im Deutschen Reiche noch niemand an die Entfesselung eines Weltkrieges glaubte, zu einer Zeit, wo der Deutsche Kaiser noch über eine Woche lang ernstlich bemüht war, den Frieden zu erhalten, wo im deutschen Heere zahlreiche Be urlaubungen der Offiziere stattfanden, also auch die deutsche Heeresleitung nicht mit dem nahen Ausbruch eines Krieges rechnete. Unser Landsmann schreibt: „Wjir haben unsere Wohnung in Nancy an der Rue de Strasbourg. Seit mehr als 8 Tagen herrschte dort reges Leben. Tag und Nacht zog Militär an die Grenze. Da wir an obenerwähnter Straße wvhnen, muß alles an unserem Haus vorbei. Es fiel uns wohl auf, daß die Banken und Sparkassen kein Geld mehr Herausgaben und die Bahn wie auch die Post kein französisches Papiergeld mehr annahmrn. Uns ist es sogar Passiert, daß, als wir uns in einem Restau rant etwas bestellten, die erste Frage war: „Haben Sie Kleingeld?" Verschiedenen Gästen wurde ohne weiteres das Bestellte wieder fortgenommen. Wir legten der ganzen Sache zunächst keine ernste Bedeutung bei, da wir täglich in der „Straßb. Ztg.", die uns nach Nancy geschickt wurde, be ruhigende Nachrichten lasen. Und alles das am 28. Juli? ron. Wie eine Schwester will ich sie lieben und sie an mei- nein Herzen halten, und wie Vat schon zu Syrta selber ge sagt hat, hier im Uhlenkamp soll sie eine Heimat haben, bis sie ganz Ihr eigen wird, wenn Sie Syrta nicht mehr in der Umgebung ihrer Mutter und ihres Bruders lassen Nullen. Ist es aber nicht sehr hart, sie so von allem zu trennen, die ihr nahe stehen?" „Es ist die einzige Bedingung, die ich Syrtas Mutter zu stellen habe. Sie muß gehen." „Und sie wird gehen? Aber kann man ein solches Op- ser von einer Mutter fordern?" „Ich glaube, die Fran besser zu kennen, als man nach so flüchtiger Bekanntschaft annehmen kann, aber nur weiß, vielleicht täusche ich mich. Etwas Unheimliches, Sckyveres lastet mir aus der Seele, wenn ich an Frau von Haßberg denke. Ihnen aber, Ray Lassen, danke ich tausendmal, daß ich Ihnen meine kleine Syrta bringen kann. In Ihrer Frenndeshnt treiß ich sie sicher und geborgen." Dankbar hatte er Rays Hand an seine Lippen geführt, und dann nur er an den Strand gegangen, ungeduldig die Stunde ersehnend, wo er in Haus Miramar treten durfte, sein junges Glück wieder zn sehen. Am äußeren Südende der Wandelbahn, lvo es ganz menschenleer, wandelte er schnellen Schrittes auf und nie der. Nun ging bald die Sonne scheiden, nun kam das Glück. Flüchtig dacksie er auch an Imogen. Er hatte sie recht vernachlässigt in den letzten Tagen, und ein etwas unbehag- lickus Gefühl guoll in ihm auf, wenn er sich vergegenwär tigte, daß Imogen es »var, die er einst so heiß geliebt, die noch die erste Zeit in Westerland, trotzdem sechzehn Jahre seit ihrer Trennung verflossen, seine Sinne entflammt, und die ihm doch jetzt so fern gerückt »var durch dieses zarte, kind liche Geschöpf, das sich ihm heute für immer zu eigen ge geben. Ihm fiel ein, daß heute nicht nur das große Strand- läufer-Fest im Kurhaus stattfinden sollte, wo er hinzukom men versprochen, sondern daß ihn auch Frau Imogen zu sich in die Schollernburg eingeladen hatte, um mit ihm un einigen ihrer Freunde, wie sie schrieb, am Strande eine Bowle zn trinken, und um dann noch gemeinsam das Strandläufer-Fest zu besuchen. Er hatte flüchtig zugestimmt, und jetzt fiel eS ihin schwer aus die Seele, daß er ganz vergessen hatte, abzusagen.