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Dommr lS7. Mittwoch, SS. Juli 1814. AerMMLrMer Mschofswerdaer Tagekkatt. Amtsblatt -er RSttigliche« Amtshauptmannschaft, der Rönigliche« Schulinsprktton und des ASniglichen t^auptzollamt« zu Vautzeu, sowie -es Königlichen Amtsgerichts und -er Stadtrates zu Bischofswerda, und der Gemeindeämter des Bezirks. MU de« wöchentliche« Beilage«: Dienstags: Belletristische Beilage; Donnerstags: Der Sächsische Landwirt; Sonntags: Illustriertes So««tagsdlatt. Auzeigeblatt für Bischofswerda, Stolpen und Umgegend, sowie für die angrenzenden Bezirke. Aelteste» Blatt im Bezirk. Lrschentt seit 18^«. Telegr.-Adr.' Amtsblatt. Fernsprecher Nr. 22 Erscheint irden Werktag abend« Pir den folgenden Lag. Der Be« anmprei« ist einschließlich der S wöchentlichen Beilagen bei Abholung «ver E^redtton vtttteljLhrltch 1 Mk. SO Pfg., bei Zustellung Am Kan, 1 Mk. 7V Pfg.; durch die Post stet in, Hau, viertel tzLhrucht Mk. »2 Pfg., am Poftschalter abgeholl 1 Mk. S0 Pfg. Einzelne Nummern kosten 10 Pfg. 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Nach einer Meldung aus Kottbus hat der Regierungs- Hräfident seiue Vermittlung im Kampf in der Lausitzer Tuchindustrie augeboteu. S A« der Berliner Börse fanden am Montag infolge un günstiger Beurteilung der politischen Lage starke Kursrück- gäuge statt. ' Der österreichische Generalstabschef von Hötzeudorf, der 'seit drei Tage« zum Sommeraufenthalt in Tirol weilte, hat seinen Urlaub plötzlich abgebrochen und ist auf telephonische Berufung nach LPeu abgereist. Präsident Poincarö ist am Montag in Kronstadt ein- gettoffe« und vom Zaren Nikolaus empfangen worden. Abends fand große Gälatafel statt, wobei der Kaiser und Ler Präsident herzliche Trinksprüche wechselten. * König Georg von England hat eine Reihe von Staats- miinueru und Parlamentariern zu einer Besprechung über ^ie Ulsterfrage geladeu. Die englische Arbeiterpartei pro- testiert gegen die Konferenz, welche sie als eine Emmi- schlmg der Krone bezeichnet. Wie aus Galdar auf de« Ka«arische« Inseln gemeldet 'Wird, find durch de« Sturz eines Automobils in den Ab grund 7 Personen getötet, 12 lebensgefährlich und 2ü schwer verletzt worden. Der mexikanische Expräsideut Huerta wird sich an Bors des deutschen Kreuzers „Dresden" nach Jamaika und von -ort mit einer regelmäßigen Fahrgelegenheit »ach Paris be- «geben. (Weitere Nachrichten unter Letzte Depeschen.) Die Wolken am politischen Himmel. Der englische Schatzkanzler Lloyd George hat dieser Tage festgestellt, daß an dem niemals völlig blauen Himmel cher auswärtigen Politik auch heute Wolken vorhanden seien, dabei aber alle Zuversicht bekundet, daß die gegenwärtigen Schwierigkeiten ebenso wie die soviel größeren des vorigen Jahres überwunden werden würden. Herr Lloyd George ist bekanntlich ein sehr weit links stehender mit einem starken .Tropfen sozialistischen Oels gesalbter Staatsmann und sicherlich kein Kriegsfreund; so mag sich hinter seiner Zuver sicht auch ein mehr oder minder starker Wunsch verbergen, und man kann nicht sagen, daß dieser Wunsch ein gleichgül tiger Faktor sei. Im Gefühl seiner eigenen Schwäche ver läßt sich Frankreich mehr und mehr auf seine großen Brü der, und auch der Bramarbas, den der kriegshetzende Mann zum Präsidentenbesuch nach Petersburg geschickt hat, weiß nur mit der ungeheueren Präsenzstärke zu drohen, die dem russischen Reich zu Anfang des Jahres 1916 eine nieder schmetternde Ueberlegenheit über alle europäischen Heere verleihen werde, mit den strategischen Bahnen, die dem Za renreich über kurz oder lang eine ebenso rasche Mobilisie rung ermöglichen würden, wie den übrigen Militärmächten, mit den Schiffen, die Rußland baue usw. Nebenbei bemerkt riechen diese Ausführungen alle ein wenig nach den ngent provocateur; denn sie lassen doch eigentlich kaum ein? andere Folgerung zu als die, daß die mutmaßlichen Gegner M»ßkmdS diese furchterregende Entwicklung gar nicht erst obwarten sollten, zumal da sie vorerst auch noch den Vorteil haben, daß die französische Armee keine Schuhe hat und mit etwa einem Drittel ihres Bestandes in den Lazaretten liegt. In Rußland aber ist man gerade in dieser Beziehung sehr empfindlich, wie seinerzeit das Geschrei über die sehr viel mildere Ausdrucksweise der „Kölnischen Zeitung" gezeigt hat. Indes der „Matin" will zunächst auch nur beweisen, daß Deutschland heute schon Rußland fürchte, wie er sich aus drückt, und daß es allen Grund habe, dies zu tun. Dieses Geschwätz ist einer Entgegnung nicht wert. Aber es ist in diesem Zusammenhang immerhin besonders interessant, daß selbst der „Matin" die englische Flotte nicht in die franzö sisch-russische Wagschale zu werfen sich getraut und daß die englischen Stimmen tatsächlich nicht die geringste Sehnsucht nach einem europäischen Kriege erkennen lassen. Der „Ma tin" versichert ja nun, daß auch Rußland und Frankreich kei nen Krieg wollen, aber er glaubt der Sache des Friedens zu dienen, indem er den Mund gegen Deutschland so weit wie-sur irgend möglich aufreißt, währmüudie englische Presse in bemerkens- und dankenswerter Weise ihre Mahnungen torthin richtet, wo zurzeit in der Tat die Gefahr für den europäischen Frieden liegt, nämlich nach Serbien. Die ganze Kulturwelt hat sich in den letzten Wochen ent setzt über die zuchtlose Roheit der Sprache der serbischen Presse. Darauf ist beschwichtigend bemerkt worden, man dürfe die Bedeutung dieser journalistischen Nichtswürdigkei ten nicht überschätzen, die Haltung der Regierung sei korrekt, und sie werde tun, was Gerechtigkeit und Anstand erfordern. Nun hat aber ein Leipziger Blatt dieser Tage einen Bericht über die Unterredung eines seiner Mitarbeiter mit dem serbischen Ministerpräsidenten Pasitsch veröffentlicht, der, wenn er den Verlauf der Unterredung getreu wiedergibt, zu allerhand Bedenken Anlaß geben muß. Wenn Herr Pasitsch wirklich wiederholt gesagt hat, man soll uns endlich einmal in Ruhe lassen, so ist das eine Sprache, die man unter den gegebenen Verhältnissen nur als dreist bezeichnen kann, weil sie auf eine frivole Verdrehung der tatsächlichen Verhältnisse hinausläuft. Bisher hat niemand von Serbien etwas ge wollt, und noch weniger hat ihm jemand etwas getan, es ist vielmehr einzig und allein die gehässige Sprache des schlech ten Gewissens in der serbischen Presse, was die Stimmung so verschärft hat. Aber über kurz oder lang wird Osterreich- Ungarn seine Forderungen in Belgrad stellen, und dann wird sich ja zeigen, ob die serbische Regierung im Vertrauen auf die anderen Kleinen, die ebenfalls mit diesem Großen abzurechnen haben — mit dem großen russischen Stock wagt Herr Pasitsch natürlich nicht direkt zu drohen, er könnte sich aber in Wirklichkeit auf nichts anderes verlassen —, den ' Mut haben wird, diese Forderungen abzulehnen, weil Ser- bien in Ruhe gelassen sein will. Wir halten es für mehr als fraglich, ob Serbien wirklich auf Rußlands Hilfe zählen kann, schon weil man in Petersburg doch eine gewisse Ab neigung gegen Fürstenmord und Fürstenmörder haben muß, dann aber auch, weil man dort nicht an die Möglichkeit glau ben wird, mit einem isolierten Osterreich-Ungarn abrechnen zu können. Und so würde man schließlich in Belgrad wohl oder übel tun müssen, was man anständigerweise ohne Zwang tun sollte. Aber immerhin, wenn Herr Lloyd Georgs gewisse Wolken am Horizonte sieht, so kann man nicht sagen, daß er zu schwarz sehe. G ZI Der französische Präsident beim russischen Zaren. Kronstadt, 21. Juli (Dep.) Der Kaiser empfing den Präsidenten Poincarö an der Schiffstreppe der Jacht und begrüßte ihn in herzlicher Weise. Am Großmast ging die Flagge des Präsidenten hoch. In Begleitung des Kaisers befanden sich der Hofminister, die Minister des Auswärtigen und der Marine, der französische Botschafter, der französische Militär, und Marineattache, der russische Botschafter in Paris und das Gefolge. Präsident Poincarö betrat in Be- gleitung des Marineministers Grigorowitsch die Jacht Alexandria, die dann die Rückfahrt nach Peterhof antrat. An dem Landungsplatz in Peterhof, wo eine Ehrenwache aufgestellt war, wurde Poincare von den Großfürsten, den Generalen, dem Gouverneur von Petersburg, dem Kom mandanten von Peterhof und dem Personal der französi schen Botschaft begrüßt. Der Kaiser geleitete den Präsiden- ten in vierspänniger Equipage, die von zwei Zügen des kai serlichen Convois begleitet wurde, in das Große Palais, wo der Präsident Aufenthalt nahm. Bald nach dem Eintreffen wurde der Präsident von der Kaiserin empfangen. Heute abend findet im großen Peterhofer Palais ein Galamahl statt. Trinkspruch des Kaisers bei. der Galatafel. Peterhof, 21. Juli. (Dep.) Bei der Galatafel, die gestern Abend um Uhr im Großen Palais stattfand, richtete der Kaiser folgenden Trinkspruch an den Präsiden ten Poincarö: „Herr Präsident! Lassen Sie mich Ihnen zum Aus druck bringen, wie glücklich ich bin. Sie hier willkommen zu heißen. Das Oberhaupt des befreundeten und verbündeten Staates ist immer sicher, in Rußland der wärmsten Auf nahme zu begegnen. Aber heute ist unsere Befriedigung, den Präsidenten der französischen Republik begrüßen zu können, noch verdoppelt durch das Vergnügen, in Ihnen einen alten Bekannten zu finden, mit dem ich vor zwei Jah ren persönliche Beziehungen anzuknüpfen die Freude hatte. Vereinigt von langher durch gegenseitige Sympathie der Völker und durch gemeinsame Interessen, sind Frankreich und Rußland seit bald einem Vierteljahrhundert eng ver bunden, um besser dasselbe Ziel zu verfolgen, das darin be steht, ihre Interessen zu wahren, indem sie Mitarbeiten an der Erhaltung des Gleichgewichts und des Friedens in Europa. . - > ---> Ich zweifle nicht, daß unsere beiden Länder, getren ihrem friedlichen Ideale und sich stützend auf ihr erprobtes Bündnis, ebenso wie auf gemeinsame Freundschaften, auch fernerhin die Wohltaten des durch die Fülle ihrer Kräfte gesicherten Friedens genießen werden, indem sie die Bande, die sie einigen, immer fester knüpfen. In diesem sehr auf- richtigen Wunsche erhebe ich mein Glas auf Ihre Gesund heit, Herr Präsident, ebenso wie auf die Wohlfahrt und den Ruhm Frankreichs." Die Erwiderung des Präsidenten. In seiner Erwiderung dankte Präsident Poincarö für die herzliche Aufnahme und gab seiner Freude darüber Aus- druck, daß es ihm vergönnt sei, heute dem erhabenen Herr scher des befreundeten und verbündeten Volkes einen neuen Besuch abstatten zu können. Poincarö wies darauf hin, daß nunmehr vor fast 25 Jahren die enge Verbindung der bei den Länder durch Kaiser Alexander UV. und dem Präsiden ten Carnot inauguriert worden sei, begründet durch die Ge meinsamkeit der Interessen, geweiht durch den friedlichen Willen beider Regierungen, gestützt auf die Armee zu Was- ser und zu Lande, die sich kennen, sich schätzen und sich ge wöhnt haben, sich zu verbründern, machen sich die glücklichen Wirkungen dieser andauernden Verbindung fühlbar in dein Gleichgewicht der Welt. Der Kaiser könne versichert sein, daß Frankreich nach wie vor in innigem und gütlichem Zu sammenwirken mit seinem Verbündeten das Werk des Frie dens und der Zivilisation verfolgen werde, an dem die bei- den Nationen nicht aufgehört haben, zu arbeiten. Der Prä- sident erhob sein Glas und trank auf das Wohl des Kaisers, der Kaiserin, der kaiserlichen Familie und. der Größe und Wohlfahrt Rußlands. S Berlin, 21. Juli. Zu den Trinksprüchen in Peterhof sagt die „Voss. Ztg.": „Poincarö sprach länger als der Zar. Er machte mehr Worte, sagte aber womöglich noch weniger. Man ist nach dem Petersburger Galadiner genau so klug wie zuvor. G Rußlands Kriegsstärke. Paris, 21. Juli. Der Petersburger Sonderberichterstat ter des „Matin" sagt in seinen angeblich aus dortigen hohen