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AL ZV ' In Rom und Florenz haben die Bürger große patrioti- chr Gegenkundgebungen gegen de« Massenstreik veranstaltet. Der Mafseustreik in Italien. Der italienische Massenstreik hat seinen Anlaß in bluti gen Zusammenstößen zwischen Arbeitern und Schutzleuten in Ancona. Als die Regierung erfahren hatte, daß die Ar beiterkammern verschiedener Städte beabsichtigten, auf An regung der Arbeiterkammer in Ancona am 7. Juni, dem na- tionalen Festtag der Verfassungsfeier, antimilitaristische Kundgebungen zu veranstalten, wies sie die Präfekten an, diese zu verbieten. Tas Verbot dieser Kundgebungen wurde im ganzen Reiche ohne Zwischenfälle durchgeführt mit Aus nahme von Ancona. Hier versuchte ein Trupp von 200 So zialisten und Anarchisten, nach dem Platze vorzudringen, wo das Festkonzert stattfand, wurde aber von Schutzleuten daran gehindert. Als diese aus dem Volkshause mit Steinen, «Stühlen, Bänken und anderen Wurfgeschossen beworfen wurden, als sogar Schüsse aus den verschlossenen Fenster läden auf sie abgefeuert wurden, machten sie von ihren Waf fen Gebrauch, wobei zwei der Demonstranten getötet und fünf verwundet wurden, aber auch 17 Schutzleute erlitten mehr oder weniger erhebliche Verletzungen. Kaum waren die Nachrichten von diesen Zwischenfällen bekannt, so trat in der Kammer in Rom die Leitung der sozialistischen Par tei zusammen und beschloß, den Massenstreik als Protest ge gen das Vorgehen der Behörden anzuordnen. Der Wunsch der Massen, der bei dem ewig blauen südlichen Himmel be sonders rege ist, wieder einmal einen schönen Dmunertag zu genießen, kam dem Verlangen des Parteivorstandes entge gen, und so sehen wir denn alle Städte von Mailand bis Rom und Neapel in Hellem Aufruhr. Der Erfolg ist jedoch nur gering. Insbesondere ist der Ausstand der Eisenbahner vollständig mißglückt; auf allen italienischen Bahnen blieb der Betrieb aufrecht. Die neue Massenstreikbewegung scheint also einmal wieder ein Schlag ins Wasser, eine Bewegung ohne Stoßkraft zu sein, die dem Proletariat einen ungeheueren und schwer erträglichen Ver lust an Zeit, Geld und Ansehen bringen muß, Verluste, die der Staat leichter überwinden wird, als die Massen. Da gegen hat sich das Bürgertum in den größeren italienischen Städten zusammengeschart und große Straßenkundgebungen für die Armee und die Monarchie veranstaltet. Wir verzeichnen heute folgende Meldungen: Blutige Zwischenfälle in Neapel und Florenz. Neapel, 11. Juni. (Dep.) Mehrere Manifestanten war fen gestern Steine gegen Artilleristen, die sich innerhalb der. Gitter des Depots der Eisenbahnen befanden und verletzten einige von ihnen. Die Artilleristen kamen unter dem Be fehl eines Leutnants aus der Einfriedigung heraus, worauf noch heftiger mit Steinen geworfen wurde. Die Manifestan ten gaben auch vier Revolverschüsse ab. Darauf hin gaben die Artilleristen mehrere Gewehrschüsse in die Lust ab. In dem folgenden Handgemenge wurde einer der Manifestan ten getötet. Darauf flohen diese. Die Persönlichkeit deS Ge töteten ist noch nicht festgestellt worden. Zahlreiche Artil leristen sind durch Steinwürfe und Stockschläge verwundet worden. Eine Gruppe von Manifestanten zerschlug die Fen ster und zerschnitt die Telephondrähte im Hause der Elektri zitätsgesellschaft. Ein Zng Bersaglieri verhinderte die Mani- Das Rußland eigentlich keinen ernsteti Grund hat, mit dem Handelsverträge, der zwischen ihm und Deutschland be steht, unzufrieden zu sein, ist unbestreitbar. Denn Rußland genießt aus dem bestehenden Handelsverträge erhebliche Vorteile. Das zeigen schon die Einfuhrziffern. Kein anderes Land hat in dem letzten Jahrzehnt eine derartig starke Zu nahme seiner Einfuhr nach Deutschland aufzuwei'en, wie Rußland. Der Jahreswert der Wareneinfuhr aus 'Rußland betrug im Durchschnitt der Dreijahrsperiode 1901/03 797 Millionen Mark, für die Periode 1911/13 lautet diese Ziffer aber auf 1568 Millionen Mark. Besonders die Getreideein fuhr aus Rußland ist ganz gewaltig gewachsen, namentlich bei der Futtergerste. Aber auch Kleie, Flachs, Hanf, Kartof feln, Buchweizen, Federvieh, Eier usw. weisen eine starke Zunahme auf. Demgegenüber fällt die Ausfuhr von deut- schem Roggen nach Westrußland nur wenig ins Gewicht. Die Gesamtausfuhr aus Rußland hat sich vom Jahre 1904, wo sie einen Wert von 823 Millionen Mark darstellte, innerhalb eines Zeitraumes von sieben Jahren, Um mehr als das Dop pelte, nämlich auf 1670 Millionen Mark im Jahre 1911, ver mehrt. Allerdings ist sie 1912 und 1913 ein wenig zurückge gangen. Diese rückläufige Bewegung dürste jedoch durch die Steigerung im laufenden Jahre wieder ausgeglichen werden. Wenn auch unsere Ausfuhr nach Rußland erheitich gestiegen ist, so bleibt doch die Tatsache bestehen, daß sie nur zwei Drittel unserer Einfuhr aus Rußland ausmacht. Auf Grund des geltenden Handelsvertrages steht Ruß land hinsichtlich der Einfuhr nach Deutschland weit besser da, als Österreich-Ungarn. Eine statistische Gegenüberstellung der Einfuhr Österreichs und Rußlands nach Deutschland zeigt das klar. In den Jahren 1891/93 war unsere Einfuhr aus Lfterreich-Ungarn noch um 130 Millionen Mark jährlich an Wert größer als unsere Einfuhr aus Rußland, in der Periode 1901/03 war sie bereits um 96 Millionen Mark von dieser überflügelt und in dem Zeitraum 1911/13 stand sie gar um jährlich 7tz9 Millionen Mark hinter dieser zurück. Die russische Landwirtschaft hat in keiner Weise Grund, den bestehenden Handelsvertrag zu bekämpfen, denn kein Land der Erde hat eine so starke Getreideeinfuhr nach Deutschland aufzuweisew, wie Rußland. Die russische Landwirtschaft war z. B. im Jahre 1912 an der Einfuhr nach Deutschland mit 761 Millionen Mark allein für Getreide und sonstige Ackerbauerzeugnisse und mit 349 Millionen Mark nur für Tiere und tierische Erzeugnisse beteiligt. Die Gersteeinfuhr aus Rußland z. B. hatte im Jahre 1902 einen Wert von 73 Millionen Mark, 1913 dagegen 400 Millionen Mark, und diese Aufwärtsbewegung scheint noch kräftig weiter zu gehen. Rußland und insbesondere die russische Landwirtschaft ziehen demnach aus den bestehenden Handelsverträgen der artig große Vorteile, daß sie eS sich wohl zweimal überlegen dürften, einen Zollkrieg vom Zaune zu brechen. Uns aber zeigt die Statistik, daß wir uns durchaus nicht durch irgend welche Drohungen einschüchtern zu lassen brauchen. Anderer seits lehrt uns aber auch die Statistik, daß wir allen Grund haben, an dem Mindestmaß des Schutzes für unsere Land wirtschaft, das in den bestehenden Handelsverträgen enthal ten ist, unbedingt festzuhalten. Da» Neueste vom Tag« Der bayerische Fmnnzminister kündigte in der Kammer »ergischea Widerstand Bayerns gegen wettere direkte Reichs- teuer« an. I« Sofia hat die Bevölkerung neue Kuudgebungcn legen die Griechen veranstaltet. Griechenland fordert Scha- enersaK. Nach einer Meldung des Auswärtigen Amtes in Tokio st der japanische Gesandte in Mexiko Adachi, von dem man ürchtrte, daß er von den Rebellen gefangen genommen sei, eur auf feiner Reise nach derHauptstadt aufgehalten worden. (Weitere Nachrichten unter Letzte Depeschen.) Der von Uhyft *. L. nach Bischofswerda führende KommumkattonSweg wird wegen Beschüttung m Flur Uhyst a. T. vom iS. vts mit t«. dss. Mr», gesperrt. Der Fährverkehr wird über Großhäncheü und Glaubnitz-Burkau gewiesen. Bautzen, am 9. Juni 1914. Die Havdelsbeziehuiraeil zwischen Deutschlaud und Rußland. Schon seit längerer Zeit haben weite politische Kreise in Rußkind aus politischen wie aus wirtschaftlichen Gründen sich bemüht, Stimmung zu machen gegen eine einfache Ver längerung des zwischen Deutschland und Rußland bestehen den Handelsvertrags. Man will unter allen Umständen bei der bevorstehenden Erneuerung der Handelsverträge günstigere . Bedingungen für Rußland herausschlagen. Be sonders glaubt die russische Landwirtschaft Grund zur Un zufriedenheit mit dem jetzigen Zolltarif zu haben. Infolge- dessen find nicht nur in der russischen Presse, sondern auch in der Duma vielfach Stimmen laut geworden, die Deutschland durch mehr oder minder unverhüllte Drohungen zur Nach giebigkeit veranlassen sollen. Man spielt mit dem Gedanken eines Zollkrieges und als besonders wirksames Kampfmittel wird düs Verbot der Auswanderung für Saisonarbeiter in Ausficht gestellt. Abgesehen davon, daß Rußland bald am eigenen Leibe verspüren dürste, daß die Waffe deS Zoll- kriege« ein sehr zweischneidiges Schwert ist, dürste auch ein Verbot der Auswanderung für Saisonarbeiter kaum beson ders von Deutschland zu fürchten sein. Denn erstens würde «iS russische Nationalvermögen durch ein solches Verbot eine nicht gering einzuschätzende Verringerung erfahren, vor allem aber dürste die Gefahr, die sich aus dem Mangel an Beschäf tigung für Hunderttausende von Arbeitern ergeben würde, diesem Plane energisches Halt gebieten. 8K kV 8» * s* Fürst Wilhelm von Albanien hat m Duraztzo eine Parade iiber sämÜiche ihm zur Verfügung stehenden militärische« Streitkräfte abgehalte«. * Das Zentralkomitee der italienische« Gewerkschaft hat >ie Beendigung des Generalstreiks für Mittwoch Mitternacht estgesetzt. In Neapel und Florenz kam es wieder zu bluti- ,e« Zwischenfällen. Inserat- «»onnemeuts-BefteLuuOe« rttnmtt eutgege» m Barwerr: WeNer>sch< BmBpmNIrmg, Schulftraste S. Pf, Bautzen, am 9. Juni 1914. Bautzen: Kamenz: Löbau: Zittau: 68 Pf. 31 - 78 - 28 - Hafer 100 kg Heu 100 Icg 16 M. 38 Pf. 17 - ' IS - 15 - Für den Monat Mai 1914 sind behufs Vergütung deS von den Gemeinden resp. Quartierwirten innerhalb der betreffenden Lieferungsverbände kn Monat Juni 1914 m »Klitär-Pferde zur Verabreichung gelangenden PferdefutterS in den Hauptmarktorte« der LieferuugSverbäude des AegierrnrgSbezirks »nutze« folgende Durchschnitte er höchste« Preise sür Pferdefutter mtt eine« Ausschläge von süus vom Hundert festgesetzt worden - Stroh 100 kg 3M. 3 - 3 - 3 - 7 M. 14 20 - 8 - SO 80 - 6-30 75 - 6-72 Abonnements-Bestellungen werde« angenommen tu der Geschäft«- pell« Altmarkt IS, sowie bei de« Aeitungsboteu in Stadt und Land, ebenso auch bei alle« Postanstallen. — -lummer der Aeitungsliste SSS7. — Schluß' der Geschäftsstelle abend» '8 Mr. 12. Juni 19t». »8. Iah, Der SälMche LrMer Wschofswerdaer Tageblatt. Mtt de« wSchentttche« Beilage«: Dienstags: Belletristische Beilage; Donnerstags: Der Sächsische Landwirt; Sonntags: Illustrierte« Son«tag«blatt. Amtsblatt der Königlichen Amtshauptmannschaft, der Königliche« Schnlinspektion und des Königlichen Hauptzollamtes zu Bautzen, sowie des Königlichen Amtsgericht» und des Stadtrates zu Bischofswerda, und der Gemeindeämter des Bezirks. rschrtnt irden Werktag abend« für de« folgende« Tag. Der Be- agoprei« ist etnschlteßlich der S wSchentttche« Beilagen bet Abholung a der Expediton mertrliährlich 1 Mk. SV Pfg., bei Anstellung a, Lian« 1 Mk. 70 ML.: durch die Do« frei in« Hau« viertel ährl Anzeigeblatt für Bischofswerda, Lehren und Umgegend, sowie für die angrenzenden Bezirke. A-Uestes Blatt tm Bezirk. ' erscheint fett (SHS. e«legr.-Abr.' Amtsblatt. Fernsprecher Nr. 22. Anzeige«»»^: Die Sgespaltene Korpuszeile ober dem» Rau« 12 Mg., für Inserate von außerhalb de« Verbreitungsgebiete« IS Mg. Di« Rrklamrzeile SV Pfg. Geringster Inseratenbrttag 40 Pstz. Bei Wiederholungen Rabatt nach anfliegendem Tar«. Erfüllungsort für beide Telle Bischofswerda. Festbestellt« Inseraten- Aufträge können nicht zurückgezogen werden. V2 Mg., am Postschalter abgebolt L Mk. SO Psg. Ginzel«« Nummern koste« 10 Psg.