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—i> 50 Hinter ihr her erklang ein kurzes, hartes, spöttisches Lachen, bittend, ries er: Daheim angekommen, warf sie sich aufs Bett und weinte Da wendete Sie aber stieß ihn jetzt zurück und entfloh mit schnellen Schritten. Dann ging sie stumm an ihm vorüber ins Haus. Erstaunt sah er ihr nach. Er verstand sie nicht. Und leise, wie ' rief er: „Sophie". wendete sie sich um, sah ihn lange an, und als er dann mit ausgebreiteten Armen zu ihr hintrat, umfing sie ihn mit einem heißen, langen Kuß ... Der alte Freund. Skizze von Heinrich Jäger. (Nachdruck verboten.) »UV ehr und mehr senkte sich die HWv Abenddämmerung hernieder und Uetz kaum mehr die Gegen stände im Zimmer erkennen. Auf dem Sofa lag Selmann, ein Mann in mittlerem Alter und rauchte vor sich hinsinnend seine Zigarette. Wie heute war er stets einsam in dem vornehmen Raume, der, wie alle anderen Zimmer dieses Hauses, die Luft behaglichen Reichtums ausat mete. Dem Träumer auf dem Sofa sah man dieses wohltätige Gefühl nicht an. Unruhig flackerte das Licht seiner dunklen Augen, die Stirne durchzogen Falten. Manchmal ent rang sich den bleichen Lippen, ein Seufzer. Nur einen Menschen, wenn er den hätte, mit dem er reden könnte und wollte, ja dann! Aber einsam und still wie eben jetzt, so war es hier alle Tage, nichts hörbar als die schleifenden Schritte der alten Die nerin, die hier die Arbeit zu besorgen hatte. Selmann grübelte weiter, da klang plötzlich laut die Hausglocke. Erschrocken, bleicher als je, fuhr Selmann auf und horchte. Die Dienerin meldete einen Herrn an, er sei ein alter Bekannter. Sie reichte Selmann eine Visitenkarte hin und wartete auf seinen Bescheid. Selmann hielt die Hand an die Stirne, als müsse er fest nach denken. „Kurt Wellano," wiederholte er halblaut, in welche Zeit ruft mich dieser Name! Er ist mir bekannt, ja in lieber Erinnerung, ein Schulfreund, ha natürlich, der gute Wellano, wohl dreißig Jahre liegen zurück, seit wir mit einander die Schulbank verlassen. O damals!" Wieder seufzte er tief. „Laß ihn eintreten, Magda, und mache Licht", befahl er, innerlich in freudiger Erregung, endlich einen Menschen ins Haus zu bekommen, mit dem er reden, ach so viel reden bitterlich ihr Traum war zu Ende. * * * Die Blätter fielen. Der Som mer ging zu Ende. Der Förster kam nicht mehr ins Pfarrhaus. Er blieb von selbst weg, denn er ging jetzt auf Freiersfüßen. Eine reiche Bauerntochter war ihm verlobt. Als der Pfarrer seiner Tochter die Verlobungskarte zeigte, lächelte sie nur und sagte: „Viel Glück!" Sie konnte lächeln. Der Sturm in ihr war vorüber. Jetzt war sie frei und um eine große, wenn auch bit tere Erfahrung reicher. Ende September kam ein jüngerer Amtsbruder des alten Herrn, ein braver, sympathischer Mann. Sophie kannte ihn schon. Er hielt um ihre Hand an. „Ist es dein Wunsch, Vater?" „Mein Kind, ich möchte dich ver ¬ sorgt sehen und in guten Händen «in deutsche» Leukmal für Amerika. <Mi- Text.) wissen. Der Hellwig ist ein braver, guter Mensch. Du wirst glücklich mit ihm leben, — aber drängen will ich dich nicht." Sophie überlegte. Der Vater hat recht. Sie kannte ben jungen Pfarrer, man durfte ihm vertrauen, er war ein einfacher, stiller Mann, herzensgut. Sie wurde sein Weib. Schon im November machten sie Hochzeit. Es kam alles, wie sie es vorausgesehen hatte. Ein einfaches, stilles Heim, — ein Tag wie der andere, — ein guter, weich herziger Mann, der sich leiten ließ und mit allem einverstanden war, was sie tat und anordnete. Da kam die Frühlingszeit wieder, und alles grünte und blühte und duftete in prangender Schönheit. Sophie saß allein im Garten und schaute träumenden Auges in all die blühende Herrlichkeit, und weit fort trugen sie ihre Träume, weit fort in ferne, ferne Tage und da, berauscht von all dem süßen Duft, halb betäubt fast, da erwachte mit einem mal wieder, was so lange tot und vergessen war, starr, mit träumenden La» Schloß Joham, vrth» bet »muide« «l» «rholm,-»heim für Forstleute. (Mit Text.) als Bub," schne Selmann auf, „o schöne, o Jetzt waren die letzten Zweifel erloschen. Vergnügt setzten sich die beiden Freunde an den Tisch. Magda brachte reichliches und seines Abendessen mit aus- erlesenem Wein und guten Zigarren. „Dir, lieber Jugendfreund, will ich erzählen," begann Sei- großen Augen saß sie da, — alles, alles kam wieder, — all der heim liche Schmerz, all das stille, verhal tene Drängen, all die uneingestan dene wilde Sehn sucht nach starker, stürmischer Liebe, und vor ihres Geistes Auge stand er wieder, der starke, wilde Förster, der Mann, den sie einst so heiß geliebt hatte in all seiner wil den Kraft und Schönheit. Da plötzlich stand ihr Gatte vor lhr. Erstaunt blickte er sie an. Ganz ratlos war er. Endlich fragte er zart und weich: „Mein liebes Frauchen, was hast du denn nur?" Da schrak sie jäh zusammen. Zu Ende war der Traum. „Fehlt dir etwas, Frauchen?" fragte er noch einmal weich. Im Nu war alles fort, fort, wie weggewischt, weit, weit fort. Und sie stand auf, reichte ihm die Hand, und mit ganz leiser Wehmut antwortete sie: „Mir fehlt nichts." konnte. In wenigen Mi nuten flutete vom großen Lüster Licht durch das Zimmer. „Grüß dich Gott, alter Freund, kennst du Mich wohl noch?" Mit diesen Wor ten trat Wellano in das Zimmer. „Bei Gott, du ollst mein Spiel- amerad gewesen ein; können drei- jig Jahre einen Menschen so ver ändern", erwiderte Selmann. Da lachte der andere, nahm et was aus der Brust tasche und hielt es Selmann vor die Augen. „Ach Gott, ich wunderselige Zeit."